Arbeitsgericht Wiesbaden

Urteil vom - Az: 8 Ca 2524/01

Keine Vertretungsbefugnis des Konzern-Juristen vor Arbeitsgericht

Eine Prozesspartei darf sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht nicht durch einen juristischen Mitarbeiter, welcher nicht bei der jeweiligen Partei beschäftigt ist, vertreten lassen. Vorliegend trat in der mündlichen Verhandlung ein juristischer Mitarbeiter aus dem Konzernunternehmen als Vertreter für den Arbeitgeber auf, was jedoch gem. §11 III ArbGG unzulässig ist.
Eine gewerbsmäßige Vertretung ist nur durch einen Rechtsanwalt zulässig.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.200,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Kette von Schmuckgeschäften. Die am 22. Dezember 1958 geborene Klägerin ist seit 01.04.2001 als Verkäuferin in der W Filiale der Beklagten bei einer durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 104 Stunden zu einer Bruttomonatsvergütung von 2.200,00 DM bei der Beklagten beschäftigt. Der schriftliche Anstellungsvertrag vom 29. März 2001 enthält u. a. folgende Regelung:

8.  Die Anstellung erfolgt befristet für die Dauer von 3 Monaten, d. h. für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 30.06.2001, auf Probe. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen zu jedem Tag gekündigt werden.

Wird das Probearbeitsverhältnis nach erfolgreichem Verlauf der Probezeit als Anstellungsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, so teilt dies die Firma dem/der Mitarbeiter/in spätestens eine Woche vor Fristablauf mit. Sodann gilt eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum Schluss eines Kalendermonats. Soweit Gesetz oder Tarifvertrag längere Kündigungsfristen vorsehen, gelten diese für beide Teile.

Mit Schreiben vom 01. Juni 2001, der Klägerin zugegangen am 21. Juni 2001, teilte die Beklagte dieser mit, dass das bestehende befristete Arbeitsverhältnis nicht verlängert wird und mit Fristablauf zum 30. Juni 2001 endet; insoweit wird auf Bl. 8 d. A. verwiesen.

Mit ihrer am 17. September 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin einen Vergütungsanspruch für den Monat Juli 2001 geltend. Sie ist der Ansicht, sie befinde sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Das Schreiben der Beklagten vom 01. Juni 2001 könne allenfalls bei wohlwollender Auslegung als Kündigungserklärung zum 31. Juli 2001 verstanden werden.

Im Gütetermin ist für die ordnungsgemäß geladene Beklagte (Postzustellungsurkunde Bl. 21 d. A.) ausschließlich eine Mitarbeiterin des Zentralbereichs Recht der ... erschienen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.200,00 DM brutto zu zahlen.

Die Klägerin beantragt

insoweit den Erlass eines Versäumnisurteils.

Entscheidungsgründe

Der Vorsitzende hatte nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG alleine zu entscheiden, da die Beklagte im Gütetermin säumig war. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ArbGG können die Parteien vor dem Arbeitsgericht den Rechtsstreit selbst führen oder sich vertreten lassen. Die Beklagte ist im Gütetermin nicht selbst aufgetreten, auch nicht durch einen bei ihr, d. h. der ... beschäftigten Arbeitnehmer. Vielmehr ließ sie sich von einer bei dem Zentralbereich Recht der ... beschäftigten Mitarbeiterin vertreten. Eine derartige Vertretung in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ist jedoch unzulässig. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist eine Vertretung durch Vertreter der Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände zulässig. Dies trifft auf die ... Holding AG jedoch nicht zu. § 11 Abs. 3 ArbGG bestimmt, dass mit Ausnahme der Rechtsanwälte Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als Bevollmächtigte und Beistände in der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen sind. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 26. September 1996 (2 AZR 661/95) entschieden, dass ein Rechtsbeistand zwar wirksam Klage zum Arbeitsgericht erheben kann, aber nach § 11 Abs. 3 ArbGG in der mündlichen Verhandlung nicht auftreten darf. Der Zentralbereich Recht der ... betreibt geschäftsmäßig Prozessvertretung für die Konzernunternehmen der .... Der Begriff der geschäftsmäßigen Prozessvertretung ist bereits erfüllt, wenn eine Wiederholung der Tätigkeit vorliegt, wenn sie zum dauernden oder wiederholten Bestandteil der eigenen Beschäftigung wird. Unter Umständen kann schon ein erstes Auftreten vor Gericht geschäftsmäßig sein (Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 11 Rn 38; GK-Bader, Arbeitsgerichtsgesetz, Stand August 2001, § 11 Rn 106). Im Zentralbereich Recht der ... werden mehrere Juristen beschäftigt, die Konzernunternehmen der ... beraten und erforderlichenfalls vor Gericht vertreten. Dies zeigt das vorliegende Verfahren. Kein fremdes Geschäft wird lediglich betrieben, wenn ein Angestellter für seinen Arbeitgeber vor Gericht auftritt, wie dies beispielsweise bei Angestellten von Personalabteilungen oder Rechtsabteilungen der Fall ist. Diese nehmen nämlich die Rechtsangelegenheiten des eigenen Arbeitgebers wahr (Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 11 Rn 40). Dagegen besteht bei einer konzernweiten Prozessvertretung zwischen dem jeweiligen Prozessvertreter und der von ihm vertretenen Prozesspartei keine arbeits- oder dienstvertragliche Rechtsbeziehung, mit der Folge, dass ein fremdes Geschäft betrieben wird. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine 100-prozentige Tochtergesellschaft handelt (Hannewald, DB 2001, 1830). Die Beklagten-Vertreterin ist Mitarbeiterin der ... und nicht Mitarbeiterin der Beklagten. Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers hat sie daher bei der Wahrnehmung des Gütetermins vom 12. Oktober 2001 nicht vertreten. Sie musste deshalb durch das Gericht zurückgewiesen werden, wobei der im Termin insoweit verkündete Beschluss lediglich deklaratorische Bedeutung hat (Germelmann/Matthes/Prütting, 3. Auflage, § 11 Rn 43).

Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin kann nicht Zahlung von 2.200,00 DM brutto von der Beklagten verlangen. Für den Monat Juli 2001 stehen ihr keine Vergütungsansprüche gegen die Beklagte zu, da das Arbeitsverhältnis aufgrund wirksamer Befristung zum 30. Juni 2001 endete. Nach Ziffer 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien erfolgte die Anstellung "befristet für die Dauer von 3 Monaten, d. h. für die Zeit vom 01.04.2001 bis 30.06.2001, auf Probe". Hiernach war ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart und nicht etwa ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit. Nach seinem klaren Sinn und Zweck betrifft der zweite Satz von Ziffer 8 des Anstellungsvertrages lediglich die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis während des Zeitraums der Befristung ordentlich zu kündigen. Dieser Satz kann nicht dahingehend verstanden werden, das Arbeitsverhältnis müsse in jedem Fall, d. h. auch wenn es zum 30.06.2001 beendet werden soll, zwei Wochen vorher gekündigt werden. Eine derartige Auslegung würde in Widerspruch zum klaren Wortlaut des Satzes 1 stehen, was so nicht gewollt sein kann. Der zweite Absatz von Ziffer 8 Arbeitsvertrag enthält Regelungen für den Fall, dass das befristete Arbeitsverhältnis später in ein unbefristetes umgewandelt wird. Diese Regelungen sollen nach ihrem Sinn und Zweck nur dann zur Anwendung gelangen, wenn eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gewünscht wird. Für den Fall einer Beendigung zum vorgesehenen Ende der Befristung (30.06.2001) enthält Ziffer 8 Abs. 2 Arbeitsvertrag keine Regelung.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wurde gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO im Urteil festgesetzt, wobei die Höhe des eingeklagten Geldbetrages maßgebend war.



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