Arbeitsgericht Wiesbaden

Beschluss vom - Az: 1 BV 3/04

Fahrtkostenerstattung für Betriebsratstätigkeit

Für Fahrten von Betriebsratsmitgliedern zu Zweigniederlassungen des Arbeitgebers zwecks Unterrichtung der dortigen Mitarbeiter über die Teilnahme an der anstehenden Betriebsratswahl kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber Fahrtkostenerstattung verlangen.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an das freigestellte Betriebsratsmitglied, ..., 50,40 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten wegen der Fahrten zu den Filialen M und M C B zu zahlen;

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an das freigestellte Betriebsratsmitglied, ..., 53,40 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten wegen der Fahrten zu der Filiale G zu zahlen;

3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Betriebsratsvorsitzenden, ..., 21,60 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten zwischen seiner Arbeitsstelle und dem Betriebsratsbüro für den 23. Januar 2004 zu zahlen.

Tatbestand

I.

Der Antragsteller verlangt die Erstattung von Fahrtkosten seiner Mitglieder ..., ... und ... wegen der Besuche in den Niederlassungen M, M C, G und zwischen Arbeitsstätte und Betriebsratsbüro.

Die Antragsgegnerin ist eine amerikanische Militärbank, die eine Vielzahl von Filialen in ganz Deutschland unterhält. Die Hauptverwaltung hat ihren Sitz in M.

Der bei der Antragsgegnerin gewählte Betriebsrat der Hauptverwaltung, der Antragsteller, war bis zur Neuwahl im Frühjahr 2004 auch für die Filialen M, M C B und G gewählt. Darüber hinaus ist der Betriebsrat der Hauptverwaltung auch für die Außenstelle in G zuständig. In der Außenstelle G ist der Betriebsratsvorsitzende, ..., tätig.

Die Wahl des Betriebsrats der Hauptverwaltung war von der Antragsgegnerin erfolgreich angefochten worden. Daraufhin trat der Betriebsrat am 09.12.2003 zurück, um Neuwahlen einzuleiten. Darüber hinaus hat der Betriebsrat beschlossen, am 10.12.2003 die Filialen M, M C und G zu besuchen, um dort das Abstimmungsverfahren gemäß § 4 Abs. 1 BetrVG zu veranlassen. Deshalb beantragte der Betriebsrat bei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.12.2003 einen Firmenwagen, um zu den genannten Filialen am 10.12.2003 zu fahren (vergl. Bl. 20 d. A.). Der Betriebsrat hatte beschlossen, dass die Betriebsratsmitglieder ... und ... zu den Filialen in M fahren und dass die Betriebsratsmitglieder ... und ... zu der Filiale in G fahren sollten, um das genannte Abstimmungsverfahren zu veranlassen.

Der vom Antragsteller beantragte Firmenwagen wurde nicht genehmigt. Ferner teilte die Antragsgegnerin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.12.2003 (vergl. Bl. 4 d. A.) mit, dass vor dem Besuch der Filialen eine Abstimmung der Termine mit den einzelnen Banking-Managern erfolgen müsse.

Mit Schreiben vom 13.02.2004 (vergl. Bl. 5 d. A.) verweigerte die Antragsgegnerin die für diese Fahrten geltend gemachten Fahrtkosten zu ersetzen.

Des weiteren weigerte sich die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25.02.2004 (vergl. Bl. 6 d. A.) die dem Betriebsratsvorsitzenden, ..., entstandenen Fahrtkosten für die Strecke Bad N - M - H - G zu ersetzen. Dies hat den Hintergrund, dass der Betriebsratsvorsitzende in der Abteilung Logistics in H tätig ist. Das Betriebsratsbüro befindet sich in der Hauptverwaltung in M. Am 23.01.2004 war ... im Betriebsratsbüro und ist erst gegen 14.05 Uhr an seinen Arbeitsplatz in der Abteilung Logistics in G zurück gekehrt. Mit dem bereits oben angeführten Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.02.2004 hat die Antragsgegnerin den Reisekostenantrag des Betriebsratsvorsitzenden nicht in voller Höhe genehmigt. So wurde ein Kilometergeld für die Reisetätigkeit am 23.01.2004 für die Strecke Bad N - M - G von insgesamt 72 Kilometern à 0,30 Euro = 21,60 Euro in Abzug gebracht.

Mit Schreiben vom 10.02.2004 (vergl. Bl. 7 d. A.) hatte der Betriebsrat zuvor die Geschäftsleitung dahingehend informiert, dass der Betriebsratsvorsitzende am 23.01.2004 Betriebsratsarbeit in der Hauptverwaltung erledigt habe.

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, an seine Mitglieder die beantragten Fahrtkosten zu zahlen, da es sich hier um durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden Kosten im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG handele. Wegen des diesbezüglichen Vortrags des Antragstellers im einzelnen wird auf die Ausführungen in der Antragsschrift vom 23.03.2004 sowie die Schriftsätze der Antragstellervertreterin vom 30.06.2004 (Bl. 30 ff. d. A.) und 06.09.2004 (Bl. 49 ff. d. A.) nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an das freigestellte Betriebsratsmitglied, ..., 50,40 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten wegen der Fahrten zu den Filialen M und M C B zu zahlen;

2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an das freigestellte Betriebsratsmitglied, ..., 53,40 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten wegen der Fahrten zu der Filiale G zu zahlen;

3. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Betriebsratsvorsitzenden, ..., 21,60 Euro als Aufwendungsersatz für betriebsratsbedingte Fahrtkosten zwischen seiner Arbeitsstelle und dem Betriebsratsbüro für den 23.01.2004 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die geltend gemachten Ansprüche unbegründet seien, da es sich nicht um erforderliche Kosten im Sinne von § 40 BetrVG handele.

Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich bereits, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Ankündigung des Antragstellers hin unverzüglich Einwände gegen den Besuch der Niederlassungen vorgebracht habe und zwar dahingehend, dass zuvor eine Abstimmung mit den Niederlassungsleitern zu erfolgen habe, damit die entsprechenden organisatorischen Vorbereitungen für die Durchführung einer Abstimmung getroffen werden könnten, da über diesen Zeitraum der Betrieb eingestellt werden müsse und der Besuch durch nur ein Mitglied absolut ausreichend sei.

Auch für den mit dem Antrag zu 3) verlangten Fahrtkosten handelt es sich nicht um erforderliche Kosten des Antragstellers. Es habe keine Notwendigkeit für das Betriebsratsmitglied ... gegeben, am Freitag dem 23.01.2004 im Betriebsratsbüro anwesend zu sein. Dies habe die Antragsgegnerin dem Betriebsratsmitglied ... auch schon mit Schreiben vom 16.02.2004 (vergl. Bl. 21 d. A.) begründet.

Wegen des Vorbringens der Antragsgegnerin im einzelnen wird auf die Schriftsätze des Antragsgegnervertreters vom vom 12.05.2004 (vergl. Bl. 17 ff. d. A.) und 19.08.2004 (vergl. Bl. 42 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Anträge sind zulässig und begründet.

Die vom Antragsteller mit den Anträgen zu 1) bis 3) geltend gemachten Fahrtkosten sind den betreffenden Mitgliedern des Antragstellers von der Antragsgegnerin gem. § 40 Abs. 1 BetrVG zu ersetzen.

Es handelt sich hierbei ausnahmslos um erforderliche Kosten der Betriebsratsarbeit.

Die Einwände, die die Antragsgegnerin gegen die Erstattung von Fahrtkosten der Mitglieder des Antragstellers ... und ... wegen deren Besuche in den Niederlassungen M, M C und G macht, sind nicht geeignet, diesen Fahrtkostenersatzanspruch zu Fall zu bringen.

Vor allem macht die Antragsgegnerin hier geltend, dass vor Besuch der Niederlassungen eine Abstimmung mit den Niederlassungsleitern zu erfolgen habe, damit die entsprechenden organisatorischen Voraussetzungen für die Durchführung einer Abstimmung getroffen werden könnten, da über diesen Zeitraum der Betrieb eingestellt werden müsse.

Hierbei verkennt die Antragsgegnerin jedoch, dass, ausweislich des Schreibens des Antragstellers vom 09. Dezember 2003 (vergl. Bl. 20 d. A.), dieser in den entsprechenden Filialen lediglich Abstimmungen zur Ermittlung der Teilnahme an der Wahl mit dem Hauptbetrieb durchführen wollte. Es sollte also offensichtlich lediglich informiert werden über die Möglichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Filialen, eine Abstimmung über die Teilnahme an der Wahl des Betriebsrats der Hauptverwaltung teilzunehmen.

Da der Betriebsrat der Hauptverwaltung gem. § 5 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG diese Abstimmung veranlassen kann, ist es grundsätzlich auch sein gutes Recht, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Filialen hierüber aufzuklären. Eine entsprechende Fahrt zu den Filialen zur Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch gegen den Willen des Arbeitgebers, insbesondere in einer Situation unmittelbar bevorstehender Neuwahlen, ist daher erforderliche Betriebsratstätigkeit, so dass hier entstehende Fahrtkosten auch als erforderliche Kosten im Sinne von § 40 Abs. 1 BetrVG anzusehen sind.

Auch die von dem Betriebsratsvorsitzenden ... geltend gemachten Fahrtkosten von seinem Wohnort zum Büro des Betriebsrats der Hauptverwaltung in M und von dort zu seinem Arbeitsplatz in G am 23.01.2004 sind als erforderliche Kosten der Betriebsratstätigkeit gem. § 40 Abs. 1 BetrVG anzusehen.

Der Betriebsratsvorsitzende hat mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 10.02.2004 (vergl. Bl. 7 d. A.) im einzelnen die Erforderlichkeit seiner Betriebsratstätigkeit am 23.01.2004 dargelegt. Soweit die Beklagte bereits mit Schreiben vom 16.02.2004 (vergl. Bl. 21 ff. d. A.) hiergegen Einwendungen erhebt, sind diese nicht überzeugend. Der Betriebsratsvorsitzende muss hier einen gewissen Ermessenspielraum haben, welche Tätigkeiten für die Erledigung seiner Betriebsratsaufgaben erforderlich sind und welche nicht. Der Arbeitgeber ist diesbezüglich nicht Zensor und Kontrollorgan des Betriebsratsvorsitzenden und kann diesem nicht vorschreiben, wann welche Betriebsratstätigkeit erforderlich ist und wann nicht. Jedenfalls liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die die Schlussfolgerung zuließen, dass es sich hier um nicht erforderliche Reisekosten handele.

Es war daher wie erkannt zu entscheiden.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.



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