Arbeitsgericht Wiesbaden

Beschluss vom - Az: 8 BV 29/99

Anspruch des Betriebsrats auf ein Büro und Sachmittel

Der Betriebsrat hat gem. §40 II BetrVG einen Anspruch auf Zuteilung eines Büroraumes, der innerhalb des Betriebsgeländes liegt. Dieser Raum muss funktionsgerecht ausgestattet, d. h. beheizbar, beleuchtbar und mit dem erforderlichen Mobiliar versehen sein. Abzustellen ist insoweit auf den vergleichbaren betrieblichen Standard.
Soweit es um Fragen der Erforderlichkeit von Sachmitteln geht, billigt das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat einen Beurteilungsspielraum zu. Im vorliegenden Fall kann der Betriebsrat einen entsprechend großen Konferenztisch, einen PC mit der notwendigen Software, einen Drucker sowie einen Aktenschrank verlangen.

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller

einen funktionsfähigen Büroraum auf dem Gelände des Betriebes M Str. ..., W als Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.

2.  Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller im

Büro zudem einen funktionstüchtigen Personal-Computer mit Betriebssystem, Textverarbeitungssoftware und Drucker zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren wird der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Antragsteller einen Konferenztisch für 7 Personen und 7 gepolsterte Stühle sowie einen zweiten verschließbaren Aktenschrank zur Verfügung zu stellen.

Tatbestand

I.

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Systemgastronomie und betreibt ... Antragsteller ist der dort gebildete, aus fünf Personen bestehende Betriebsrat.

Bereits seit Herbst 1997 sind die Betriebspartner im Gespräch über die Bereitstellung von Räumen für den Betriebsrat. Die Arbeitgeberin stellte dem Betriebsrat zunächst einen Kellerraum zur Verfügung. Anfang 1999 untersagte das Ordnungsamt W den dauerhaften Aufenthalt von Menschen in diesem Raum. Mit Schreiben vom 22. Januar 1999 und 28. April 1999 bat der Betriebsrat die Arbeitgeberin um die Bereitstellung eines anderen Raumes. Zum 01. September 1999 mietete die Arbeitgeberin Räumlichkeiten in ... an, die etwa 6 km vom Betrieb entfernt sind. Dort unterhält der Betriebsrat derzeit sein Büro. Der Weg vom Betrieb zum Büro dauert mit dem Bus 15 Minuten zuzüglich der Wartezeiten auf den Bus. Ab 20.00 Uhr besteht nur noch zweimal stündlich eine Busverbindung. Bereits mit Schreiben vom 31. August 1999 machte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin deutlich, dass er ein derart weit vom Betrieb entferntes Büro nur für eine sehr kurze Zeit akzeptiere.

Im vorliegenden Beschlussverfahren begehrt der Betriebsrat die Bereitstellung eines Büroraums auf dem Betriebsgelände. Ferner beansprucht er einen funktionstüchtigen Personal-Computer mit Betriebssystem, Textverarbeitungssoftware und Drucker. Hierzu trägt er vor, die Nutzung des Computers sei für die Betriebsratsarbeit erforderlich. Dies ergebe sich daraus, dass der Betriebsrat mit einer ungewöhnlichen Vielzahl von Problemen im Betrieb konfrontiert sei. Hinzu komme, dass die Mitglieder des Betriebsrats in der deutschen Schriftsprache teilweise nur sehr ungeübt seien. Die Nutzung eines Computers erlaube einerseits die automatische Korrektur der Rechtschreibung, andererseits erleichtere sie durch das Abspeichern von standardisierten Formularen die Arbeit. Der Betriebsrat ist bereit, ein bei der Arbeitgeberin überzähliges Gebrauchtgerät zu verwenden. Schließlich begehrt der Betriebsrat die Bereitstellung eines Konferenztisches für sieben Personen und sieben gepolsterte Stühle sowie einen zweiten verschließbaren Aktenschrank. Letzterer sei erforderlich, da der bisher genutzte Aktenschrank nicht mehr ausreiche.

Der Betriebsrat beantragt,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat einen funktionsfähigen Büroraum auf dem Gelände des Betriebes M Str. ... als Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen,

2. hilfsweise für den Fall, dass die Arbeitgeberin auf dem Gelände weder kurzfristig einen Büroraum schaffen noch einen Bürocontainer aufstellen lassen kann, der Arbeitgeberin aufzugeben, bis zum 01. November 1999 ein funktionstüchtiges Büro im Umkreis von höchstens 1 km zum Betrieb (das ohne Verkehrsmittel in höchstens 10 Minuten zu erreichen ist) anzumieten und dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen,

zudem der Arbeitgeberin aufzugeben, bis zum Ende dieses Jahres einen detaillierten und konkreten Zeitplan für die Schaffung eines funktionsfähigen Büroraumes auf dem Gelände des Betriebes dem Betriebsrat vorzulegen und diesen Zeitplan einzuhalten und dem Betriebsrat bis spätestens Ende August des kommenden Jahres einen Büroraum auf dem Betriebsgelände zur Verfügung zu stellen,

3. der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat im Büro zudem einen funktionstüchtigen PC mit Betriebssystem, Textverarbeitungssoftware und Drucker zur Verfügung zu stellen,

des Weiteren der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat einen Konferenztisch für sieben Personen und sieben gepolsterte Stühle sowie einen zweiten verschließbaren Aktenschrank zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Sie ist bereit, für den Betriebsrat außerhalb des Betriebsgeländes näher als bisher gelegene Räumlichkeiten anzumieten. Die Bereitstellung eines Personal-Computers hält sie für nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Antragsschrift nebst Anlagen sowie das Anhörungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag des Betriebsrats, der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm einen funktionsfähigen Büroraum auf dem Gelände des Betriebes ... als Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen, ist begründet. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel und Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Die dem Betriebsrat zu überlassenen Räume müssen grundsätzlich im Betrieb liegen. Nur in ganz besonders gelagerten Fällen können für dauernd oder vorübergehend auch Räume außerhalb des Betriebes zur Verfügung gestellt werden (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Auflage, § 40 Rn 84). Ein derartiger Ausnahmefall wird in der Literatur etwa dann angenommen, wenn es sich um einen Betrieb im Privatbahnbereich handelt und die Betriebsratsmitglieder ihren Arbeitsplatz an verschiedenen Stellen der Strecke haben. Eine vorübergehende Verlagerung des Betriebsratsbüros außerhalb des Betriebes wird ferner für zulässig erachtet bei dem Umbau des Gebäudes, in dem das Sitzungszimmer liegt. Für eine effektive Betriebsratsarbeit ist es unerlässlich, dass sich das Betriebsratsbüro auf dem Betriebsgelände befindet. Ansonsten ist es nicht gewährleistet, dass der Betriebsrat jederzeit für die Arbeitnehmer ansprechbar ist. Hiervon kann auch für ein McDonald's-Restaurant keine Ausnahme gemacht werden. Die Arbeitgeberin hat im Anhörungstermin lediglich pauschal eingewendet, es sei ihr nicht möglich, dem Betriebsrat auf dem Betriebsgelände einen Büroraum zur Verfügung zu stellen, da kein freies Zimmer vorhanden sei. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Betriebsrat auf externe Räumlichkeiten von vornherein verwiesen werden könnte. Vielmehr hatte die Arbeitgeberin seit Ende 1997 ausreichend Zeit, sich mit der Frage zu befassen, ob durch einen Umbau des Betriebsgebäudes ein Betriebsratsbüro geschaffen werden kann. Insoweit wäre entweder an einen Ausbau des Kellers, einen seitlichen Anbau an das Restaurant oder an ein Aufstocken des Gebäudes zu denken. Bei der Frage der Zumutbarkeit der hieraus entstehenden Kosten, zu deren Höhe die Arbeitgeberin, die eine eigene Bauabteilung unterhält, nichts vorgetragen hat, wird zu berücksichtigen sein, dass dieses McDonald's-Restaurant von vornherein so konzipiert war, dass kein Betriebsratsraum vorgesehen ist. Soweit später Umbaukosten für die Errichtung eines Betriebsratsbüros anfallen, beruhen diese damit lediglich auf der ursprünglichen (Fehl-) Planung. Dies kann hier jedoch dahinstehen, da die Arbeitgeberin die Kosten der erforderlichen Umbaumaßnahmen auch nicht ansatzweise dargelegt hat.

Der dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellende Raum muss funktionsgerecht ausgestattet, d. h. beheizbar, beleuchtbar und mit dem erforderlichen Mobiliar versehen sein. Abzustellen ist insoweit auf den vergleichbaren betrieblichen Standard.

Der Antrag, dem Betriebsrat einen funktionstüchtigen Personal-Computer mit Betriebssystem, Textverarbeitungssoftware und Drucker zur Verfügung zu stellen, ist begründet. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Soweit es um Fragen der Erforderlichkeit von Sachmitteln geht, billigt das Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat einen Beurteilungsspielraum zu (BAG, NZA 1999, 945). Danach unterliegt der unbestimmte Rechtsbegriff zunächst der Beurteilung des Betriebsrats. Dieser hat die Frage, ob ein Sachmittel für ihn erforderlich ist und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, nicht nach seinem subjektiven Ermessen zu entscheiden. Er hat bei seiner Entscheidung auch Interessen der Belegschaft und insbesondere das Interesse des Arbeitgebers an einer Begrenzung seiner Kostenbelastung angemessen zu berücksichtigen. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob der Betriebsrat seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen und hierbei insbesondere auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers und der Belegschaft angemessen berücksichtigt hat.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass sich das Begehren des Betriebsrats im Rahmen des diesem zuzubilligenden Beurteilungsspielraums hält. Der Betriebsrat hat im Einzelnen dargelegt, dass die Nutzung eines Personal-Computers für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Betriebsrat ständig mehrere Beschlussverfahren betreibt; allein im Jahre 1999 waren bei der 8. Kammer des Arbeitsgerichts Wiesbaden ca. 30 Beschlussverfahren zwischen diesen Beteiligten anhängig. Auch wenn der Betriebsrat insoweit anwaltlich vertreten wurde, ist gleichwohl eine aufwendige schriftliche Korrespondenz zwischen dem Betriebsrat und seinem Rechtsvertreter unumgänglich. Diese lässt sich mit einem Personal-Computer wesentlich effektiver als etwa mit einer Schreibmaschine erledigen. Insbesondere Korrekturen der Rechtschreibung lassen sich mit dem Computer einfacher ausführen. Ferner führt der Betriebsrat an, dass seine Arbeit durch das Abspeichern von standardisierten Formularen erleichtert werden könne. Der Betriebsrat hat auch die Interessen des Arbeitgebers angemessen berücksichtigt. Dies ergibt sich daraus, dass er sich mit der Nutzung eines bei der Arbeitgeberin bereits vorhandenen, derzeit ungenutzten, Gebrauchtgerätes einverstanden erklärt. Insoweit würden der Arbeitgeberin durch die Bereitstellung des Computers keine zusätzlichen Kosten entstehen. Aber auch wenn die Arbeitgeberin einen Computer nebst Software und Drucker anschaffen müsste, wäre ihr dies zuzumuten. Mittlerweile gibt es neue Personal-Computer bereits für ca. 2.000,00 DM zu kaufen; Gebrauchtgeräte sind deutlich billiger zu haben. Derartige Kosten belasten die Arbeitgeberin nicht in unverhältnismäßiger Weise.

Die Arbeitgeberin hat dem Betriebsrat auch einen Konferenztisch für sieben Personen und sieben gepolsterte Stühle zur Verfügung zu stellen, § 40 Abs. 2 BetrVG. Diese Ausstattung benötigt der fünfköpfige Betriebsrat, um seine Sitzungen abzuhalten. Hierfür reichen fünf Stühle nicht aus, da es denkbar erscheint, dass der Restaurantleiter oder ein Arbeitnehmer beratend an Sitzungen teilnimmt.

Schließlich kann der Betriebsrat einen zweiten verschließbaren Aktenschrank verlangen, § 40 Abs. 2 BetrVG. Dieser ist erforderlich, da der vorhandene Aktenschrank nicht mehr ausreicht.

Über den Hilfsantrag musste nicht entschieden werden, da dem Hauptantrag stattgegeben wurde.



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