Arbeitsgericht Kassel

Urteil vom - Az: 3 Ca 191/06

Wechselschichtzulage für Teilzeitkräfte nach dem TVöD

Die Wechselschichtzulage für Teilzeitkräfte gemäß § 24 Abs. 2 TVöD sieht eine Zahlung in dem Umfang zu, der dem Anteil der individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht. Teilzeitbeschäftigte erhalten demnach nicht die "volle" Wechselschichtzulage, sondern nur einen entsprechenden Anteil.

Das Urteil wurde in der Berufungsinstanz durch das LAG Hessen bestätigt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 1.325,52 festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer der Klägerin zustehenden tariflichen Wechselschichtzulage.

Die Klägerin ist seit dem 01.10.1985 bei dem Beklagten als Krankenschwester bei einer vertraglichen Wochenarbeitszeit von 25 Stunden beschäftigt. Die Klägerin ist nach einem Dienstplan eingesetzt, der ständig Wechselschichtarbeit vorsieht.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), Allgemeiner Teil und Besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K) sowie die diese ergänzenden Tarifverträge und Regelungen in der jeweiligen gültigen Fassung Anwendung.

Für die von der Klägerin geleistete Wechselschichtarbeit zahlt der Beklagte an die Klägerin jeweils einen auf den Anteil ihrer Wochenarbeitszeit verminderten Betrag von jeweils monatlich € 68,18 brutto als Wechselschichtzulage.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage den Anspruch auf Zahlung der vollen Wechselschichtzulage in Höhe von € 105,00 brutto entsprechend § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD.

Nach Auffassung der Klägerin verletze der Beklagte das Diskriminierungsverbot gegenüber Teilzeitbeschäftigten aus § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfrG. Sie arbeite wie ihre vollzeitig beschäftigten Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen nach einem Schichtplan, nach dem Nacht-, Früh- und Spätschicht sowie freie Tage im Wechsel anfallen. Es seien keine sachlichen Gründe erkennbar, weshalb die vollzeitbeschäftigten Pflegekräfte die volle tarifvertragliche Zulage, die Klägerin jedoch nur eine anteilige Zahlung erhalten soll. Die Klägerin erfülle wie andere Vollzeitbeschäftigte die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage in der tariflichen Höhe von € 105,00 brutto. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet, die Differenzen ab November 2005 auszugleichen. Zugleich begehrt die Klägerin die Feststellung einer dementsprechenden Zahlungsverpflichtung.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 220,92 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 36,82 seit dem 01.12.2005, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04.2006 zu zahlen;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine monatliche Wechselschichtzulage in der in § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD genannten Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin könne entsprechend § 24 Abs. 2 TVöD lediglich die Wechselschichtzulage in dem Umfang beanspruchen, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigten entspricht. Die Kürzung verstoße auch nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfrG. Die Zahlung einer vollen Wechselschichtzulage würde dagegen zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Klägerin führen, weil sie bezogen auf eine einzelne Arbeitsstunde eine höhere Zahlung erhalten würde. Im Übrigen sei eine anteilige Zahlung auch sachlich gerechtfertigt, da Teilzeitbeschäftigte in Wechselschicht weniger belastet seien als Vollzeitmitarbeiter. Sie werden an weniger Tagen in entsprechenden Schichten eingesetzt. Zwischen ihren Arbeitseinsätzen lägen auch im Vergleich zu den Vollzeitkräften längere Arbeitsunterbrechungen - in der Regel 5 oder 6 freie Tage - und damit längere Regenerationszeiten.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für die von der Klägerin begehrte Feststellung. Die Klage führt jedoch in der Sache selbst nicht zum Erfolg.

Die Klägerin hat keinen tarifvertraglichen Anspruch auf Erhalt der ungeminderten Wechselschichtzulage in Höhe des § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD. Als Teilzeitbeschäftigte steht ihr vielmehr gemäß § 24 Abs. 2 TVöD eine Zahlung in dem Umfang zu, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht. Das Gericht sieht darin keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 1 TzBfrG. Danach darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Zwar erfüllt die Klägerin grundsätzlich die Voraussetzungen für den Erhalt einer Wechselschichtzulage. Eine sachliche Rechtfertigung für einen Anspruch auf lediglich eine verminderte Zulage der Höhe nach ist in dem Umstand gegeben, dass die Klägerin wegen ihrer geringeren Wochenarbeitszeit auch in geringerem Umfang durch die Wechselschicht belastet ist. Der Ausgleich dieser Belastungen soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien durch Zahlung der Zulage ausgeglichen werden. Durch die Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 2 TVöD wird erkennbar auf den zeitlichen Umfang geleisteter Wechselschichtarbeit abgestellt. Danach erhalten Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten, eine Wechselschichtzulage von 0,63 € pro Stunde. Der Faktor 0,63 € pro Stunde entspricht umgerechnet auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden in Vollzeit gerundet dem in Satz 1 genannten Betrag von € 105,00. Damit wird hinsichtlich der Beschäftigten, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten, auf die konkrete Belastung, nämlich die in Wechselschicht geleistete Arbeit abgestellt. Eine Differenzierung zwischen ständig in Wechselschicht eingesetzten Teilzeitarbeitnehmern und solchen, die nur vorübergehend Wechselschicht leisten, ergibt sich nach der tariflichen Vorschrift nicht. Wäre eine Differenzierung gewollt, hätte eine Klarstellung nahe gelegen, sei es durch eine ausdrückliche Regelung oder dass die nicht ständig Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit Leistenden in einem gesonderten Absatz des § 8 TVöD in die Regelung aufgenommen würden. Anders in der zitierten Entscheidung des BAG vom 23.06.1993 - 10 AZR 127/92 - AP-Nr. 1 zu § 34 BAT) kommen in der tariflichen Regelung selbst zum Ausdruck, die sachlichen Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können, nämlich die unterschiedliche Belastung durch Wechselschichtarbeit und damit auch Nachtarbeit je nach Anzahl der darin geleisteten Arbeitsstunden (so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD, 3. Lieferung, Stand Januar 2006 Teil II/1 § 8 Rz. 71 f).

Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Wertfestsetzung erfolgt nach Maßgabe des § 42 Abs. 4, 5 GKG in Höhe des 36-fachen monatlichen Differenzbetrages.

Das Gericht hat - unabhängig von der Zulässigkeit des Rechtsmittels bereits nach dem Gesetz - die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 b) ArbGG zugelassen und dies gemäß § 64 Abs. 3 a) ArbGG im Urteilstenor aufgenommen.

 



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