Arbeitsgericht Kassel

Urteil vom - Az: 7 Ca 71/01

Keine Feiertagsbezahlung für Freischichten

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung gem. §2 I EntgFG besteht nur dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist. Daran fehlt es, wenn der Arbeitnehmer ohne Feiertagsruhe nicht gearbeitet hätte.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2.  Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.  Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 184,56 DM festgesetzt.

4.  Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt jetzt noch die Zahlung des Entgeltes für den gesetzlichen Feiertag "Christi Himmelfahrt" für Donnerstag, den 24. Mai 2001.

Die Beklagte ist ein weltweit tätiges Unternehmen der chemischen Industrie. In Korbach produziert sie Pkw-, Industrie- und Zweiradreifen mit ca. 1.850 Mitarbeitern.

Der Kläger war von 1998 bis zum 30. Juni 2001 bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er arbeitete zuletzt in der Abteilung Pkw Radialreifen Vorbereitung, Kostenstelle 25702. Er wurde als Staplerfahrer/Transporteur eingesetzt.

Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge der chemischen Industrie Anwendung so auch der Bundestarifvertrag vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 15. Mai 2000.

Im Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Vorsitzender ist Herr ....

Aufgrund eines Bewilligungsbescheides nach § 13 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz wird bei der Beklagten seit dem 01. September 1996 in bis zu 21 Schichten gearbeitet. Grundlage dafür ist die Betriebsvereinbarung "Rahmenbetriebsvereinbarung über Lage und Verteilung der Arbeitszeit in der Produktion der Pkw Reifenfabrik einschließlich der dazugehörigen Servicebereiche bei max. 21 Schichten/Woche" vom 23. November 2000 der Betriebsparteien. Diese Betriebsvereinbarung sieht eine vorwärtsrollierende Schichtfolge (Früh-, Spät-, Nacht-, Freischicht), einen 2-2-3-Rhythmus vor sowie bis zu 21 Schichten mit Absagemöglichkeit.

Der jeweils zur Anwendung kommende Schichtplan wird gegen Ende des ablaufenden Jahres mit dem Betriebsrat für das gesamte kommende Jahr (Schichtplan für das Jahr 2001 Bl. 6, 6 RS d. A.) abgestimmt, so auch für das Jahr 2001.

Der Kläger war der sogenannten "grünen Schicht" zugeordnet. In der 21. Woche hatte er Montag und Dienstag Nachtschicht, am Mittwoch und am Donnerstag den 24. Mai 2001 jeweils eine Freischicht und am Freitag, Samstag und Sonntag Frühschicht.

Der Kläger trägt vor:

Aufgrund des rollierenden Schichtsystems habe er den Feiertag "Christi Himmelfahrt" bereits vorgearbeitet. Die in einer regelmäßigen 5-Tage-Woche arbeitenden Beschäftigten hätten dies nicht getan. Der Schichtplan für das Jahr 2001 verdeutliche den Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. So würden in der "grünen Schicht" 4 Freischichten auf Feiertage entfallen, so auch der Feiertag "Christi Himmelfahrt". Aufgrund des Schichtsystems ergäben sich weitere Ungleichbehandlungen, da gerechnet auf das ganze Jahr der Kläger mehr arbeiten müsse als die Beschäftigten, die in einem anderen Arbeitszeitsystem, insbesondere in der 5-Tage-Woche, tätig seien. Im Jahre 2000 habe er 4 Tage mehr gearbeitet und im Jahre 2001 bis zu seinem Ausscheiden am 30. Juni 2001 bereits 3 Tage.

Aufgrund seines Ausscheidens bei der Beklagten zum 30. Juni 2001 sei ihm wenigstens der Feiertag "Christi Himmelfahrt" zu vergüten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 184,56 DM brutto an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zahlung des Entgeltes in der an sich unstreitigen Höhe von 184,56 DM brutto für den Feiertag "Christi Himmelfahrt". Voraussetzung dafür wäre, dass die Arbeit infolge eines gesetzlichen Feiertages ausgefallen sei. Am 24. Mai 2001 habe der Kläger nicht gearbeitet. Ursache dafür sei nicht der Feiertag gewesen, sondern die auf diesen Feiertag fallende Freischicht. Die Schichtpläne seien von der Feiertagsruhe an bestimmten Tage unabhängig. Es handele sich um das sogenannte "Glück-Pech-Prinzip". Der Arbeitnehmer der Schicht, der an dem Feiertag arbeiten müsse, habe Glück, der Arbeitnehmer mit der Freischicht an dem Feiertag habe Pech. Aufgrund des rollierenden Schichtsystems träfen jedoch jeden Arbeitnehmer Glück und Pech einmal.

Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht vorhanden. Die in der 5-Tage-Woche arbeitenden Arbeitnehmer seien mit den Arbeitnehmern nicht zu vergleichen, die in vollkontinuierlicher Schicht in einer 7-Tage-Woche arbeiten und damit generell auch an Samstagen und Sonntagen zu arbeiten hätten.

Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf die Klage nebst Anlagen (Bl. 1 bis 6 d.A.) und auf dessen Schriftsatz vom 11. Juli 2001 nebst Anlagen (Bl. 39 bis 41 d.A.) und schließlich auf die von dem Kläger im Termin vom 01. August 2001 überreichte Aufstellung (Bl. 47 d.A.) verwiesen. Wegen des Vorbringens der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 10. Mai 2001 nebst Anlagen (Bl. 16 bis 36 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Vergütung des Feiertags "Christi Himmelfahrt" in der an sich unstreitigen Höhe von 184,56 DM brutto, wobei die Parteien sich auf diesen Betrag ziffernmäßig geeinigt haben und die Beklagte angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2001 auch auf die Beachtung des § 17 BTV im Termin vom 01. August 2001 verzichtet hat, so dass hier die Frage nicht beantwortet werden muss, ob ggf. der Feststellungsantrag den Anforderungen der tariflichen Ausschlussfristen im Sinne eines Geltendmachens genügte.

Die Arbeit ist für den Kläger am 24. Mai 2001 nicht "infolge" eines gesetzlichen Feiertags ausgefallen (§ 2 Abs. 1 EntgeltFG). Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung besteht nämlich nur dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist. Daran fehlt es hier, weil der Kläger ohne Feiertagsruhe nicht gearbeitet hätte. Am 24. Mai 2001 war er durch die bei der Beklagten verfahrene "grüne Schicht" von der Arbeitsleistung freigestellt. Wird ein Arbeitnehmer nach einem im voraus bestimmten Arbeitsplan an einem bestimmten Wochentag von der Arbeit freigestellt, so ist seine Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag, der nach dem Arbeitsplan arbeitsfrei ist, nicht infolge eines Feiertags ausgefallen. Dies gilt ebenso in den Fällen, in denen die Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage so verteilt wird, dass in Wochen mit geraden Zahlen nur an 4 Tagen in der Woche, in Wochen mit ungeraden Zahlen an 5 Tagen in der Woche gearbeitet wird und der freie Tag in der geraden Woche auf einen Wochenfeiertag fällt. Hier erfolgte die Arbeit des Klägers während seiner Beschäftigung bei der Beklagten zuletzt grundsätzlich an 7 Tagen einschließlich den Feiertagen. So hatte der Kläger in der "grünen Schicht" in der 20. Woche am 14. und 15. Mai 2001 seine Freischichttage. Er arbeitete sodann vom Mittwoch, den 16. Mai bis einschließlich Dienstag, den 22. Mai 2001, zuletzt am Montag und Dienstag in Nachtschicht und sodann waren der 23. und 24. Mai 2001 Freischichttage. Für den Kläger fiel deshalb die Arbeit am 24. Mai 2001 wegen der Arbeitszeitverteilung und nicht wegen des Feiertages aus (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 24. Januar 2001, Az.: 4 AZR 538/99).

Es sind auch keine Regelungen insbesondere in dem zur Anwendung kommenden Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung vom 23. November 2000 ersichtlich, wonach für auf einen Wochenfeiertag fallende Freischichten ein zusätzlicher Freizeitausgleich an einem anderen Tage zu gewähren wäre. Insoweit ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa gar böswillig der Freischichttag auf den Feiertag am 24. Mai 2001 gelegt worden wäre. In § 3 III BRTV ist im übrigen festgelegt, was als Feiertagsarbeit zu gelten hat. Soweit ersichtlich gibt es keine tarifliche oder betriebliche Regelung, dass in Ausführung der vollkontinuierlichen Arbeitsweise der Freischichttag nicht auf einen Feiertag gelegt werden darf, insbesondere sagt § 4 III BTV darüber nichts aus. Da insoweit § 12 II BTV für Arbeitnehmer in vollkontinuierlicher Wechselschichtarbeit einen Zusatzurlaub von 3 Urlaubstagen bei regelmäßiger Sonntagsarbeit vorsieht und ein Ausgleich für Feiertage, die auf einen Tag in der Woche von Montag bis Freitag fallen, nicht vorsieht, ist davon auszugehen, dass für Freischichttage, die auf einen Feiertag von Montag bis Freitag in der Woche fallen, eine "Gutschrift" und damit eine Bezahlung, bei dem Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht erfolgen soll.

Auch ein Verstoß gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot ist nicht vorhanden. Die gewerblichen Arbeitnehmer, die in einer vollkontinuierlichen Arbeitsweise tätig sind, können mit den Arbeitnehmern, die eine normale Arbeitswoche haben von Montag bis Freitag nicht verglichen werden bzw. erfolgt, wenn denn der Arbeitstag auf einen Feiertag fällt, eine Kompensation durch Zuschläge und eine Kompensation durch zusätzliche Urlaubstage, wenn an Sonntagen gearbeitet wird.

Soweit der Kläger dargelegt hat, er müsse für das Jahr 2001 6 Sonntage Urlaube einreichen bzw. habe aufgrund der Feiertage im ersten Halbjahr 3 Tage für Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingstsonntag mehr gearbeitet als die Arbeitnehmer, die in der regelmäßigen 5-Tage-Woche arbeiten, war dies vorliegend nicht mehr streitgegenständlich durch die Umstellung des Antrags, da es nur noch um die Entgeltfortzahlung für den 24. Mai 2001, den Feiertag "Christi Himmelfahrt" ging.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes entspricht der Klageforderung (§ 3 ZPO).

Die Berufung war gem. § 64 ArbGG zuzulassen.

 



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