Arbeitsgericht Frankfurt

Urteil vom - Az: 9 Ga 223/10

Rechtswidriger Streik wegen unzulässiger Streikforderung

Ein Streik ist unzulässig, wenn die Streikforderung ins Leere geht, weil (derzeit) eine tarifliche Regelung nicht erforderlich oder sogar überflüssig ist.
Für die Rechtswidrigkeit eines Streiks genügt bereits, dass eine von mehreren Hauptforderungen unzulässig ist.
In diesem Fall streikte eine Pilotengewerkschaft unter anderem für die Erhöhung des Bordpersonals bei Langstreckenflügen. Das bestreikte Flugunternehmen (Air Berlin) führte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keine Langstreckenflüge durch.

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, Arbeitskampfmaßnahmen aus dem Streikbeschluss vom 18. November 2010, insbesondere Streiks, gegen die Antragstellerin durchzuführen, ihre Mitglieder dazu aufzufordern, die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen öffentlich bekannt zu geben oder Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere Streiks, ihrer Mitglieder gegen die Antragstellerin zu unterstützen.

2. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bereits eingeleitete Arbeitskampfmaßnahmen aus dem Streikbeschluss vom 18. November 2010, insbesondere Streiks, gegen die Antragstellerin fortzusetzen oder bereits eingeleitete Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere Streiks, ihrer Mitglieder gegen die Antragstellerin zu unterstützen.

3. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus Ziffer 1) und / oder 2) ein Ordnungsgeld bis zu € 150.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Präsidenten, angedroht.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Antragsstellerin 10 Prozent, die Antragsgegnerin 90 Prozent zu tragen.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf € 500.000,00.

6. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen.

Die Antragstellerin ist das zweitgrößte deutsche Luftfahrtunternehmen. Sie befliegt überwiegend Strecken im innerdeutschen Netz sowie zu touristischen Zielen, unter anderem im Mittelmeerraum. Die Antragsgegnerin ein Zusammenschluss von ... in ... und Flugbetrieben dient sie der Interessenvertretung ihrer Mitglieder in allen berufs- und tarifpolitischen Belangen. Sie ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Frankfurt am Main.

Die Arbeitsbedingungen für das ... sind bei der Antragstellerin durch den „Manteltarifvertrag Nr. 1a für das ... “ (im Folgenden: „MTV“ geregelt. Die Antragsgegnerin hat diesen Tarifvertrag durch Schreiben vom 24. September 2009 zum 31. Dezember 2009 gekündigt.

Seit Anfang Dezember 2009 stehen die Parteien in Tarifverhandlungen über den Abschluss eines neuen MTV. Weiterer Gegenstand der Verhandlungen war unter anderem ein neu abzuschließender Tarifvertrag „Verstärkte Flugbesatzung“ (auch TV „Enlarger“), dessen Inhalt die Verstärkung der Flugbesatzung auf Langstreckenflügen sein soll. Gegenwärtig werden sämtliche Flüge - also auf Kurz- und Langstreckendistanz - mit einer Zweierbesatzung, bestehend aus Kapitän und Copilot, durchgeführt.

Verhandlungsführerin auf Seiten der Antragsgegnerin war die „ ... “, welche sowohl die Interessen der Mitglieder bei der Antragstellerin wie auch derjenigen der ... ( ... ) vertreten sollte. Die ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Komplementärin der Antragstellerin. Sie wird im Streckenverbund der „ “ eingesetzt, die Flüge werden von der Antragstellerin vermarktet. Die befliegt überwiegend Langstrecken, unter anderem in die USA, Afrika, Fernost und die Malediven. Für das Frühjahr nächsten Jahres ist eine Integration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ... bei der Antragstellerin vorgesehen, wobei Einzelheiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht noch nicht feststehen. Die Forderungen der „ ... “ wurden einheitlich erhoben und verhandelt.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2010 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin das Scheitern der Verhandlungen. Sodann leitete der Vorstand der Antragsgegnerin eine Urabstimmung über die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen ein, welche am 16. August 2010 abgeschlossen wurde. Das Abstimmungsergebnis zeigte mit 99,4 Prozent der abstimmenden Mitglieder und einer Wahlbeteiligung von 93,8 Prozent eine deutliche Mehrheit für Arbeitskampfmaßnahmen. Im Juli und August 2010 kam es zwischen den Tarifvertragsparteien zu weiteren Sondierungsgesprächen. Am 31. August 2010 verständigten sich die Parteien auf ein „Tarifergebnis zu den Manteltarifverträgen und TV „Enlarger“ sowie weiteren Regelungen bei ... und ... “ („Tarifergebnis“), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage KV9 Bl. 68 - 71 d. A.). Hierin war vorgesehen, die Tarifvereinbarungen aus dem Tarifergebnis bis spätestens zum 15. September 2010 redaktionell abschließend zu vereinbaren. Die Regelungen sollten dann unter dem Vorbehalt der Mitglieder der Antragsgegnerin durch Urabstimmung stehen.

Nachdem es trotz Verlängerung der im Tarifergebnis bis zum 15. September 2010 vereinbarten Frist um eine Woche nicht zu einem einvernehmlichen Tarifvertrag gekommen war, rief der Vorstand der Antragsgegnerin deren Mitglieder mit Schreiben vom 27. September 2010 zu einer Urabstimmung über das Tarifergebnis bezüglich der Punkte „Manteltarifvertrag“ und „TV Verstärkte Flugbesatzungen“ („Enlarger“) auf, wobei die Ziffern 4) bis 7) des Tarifergebnisses unberücksichtigt blieben. Bei einer Wahlbeteiligung von 83,3 Prozent sprachen sich nur 8,9 Prozent für das Tarifergebnis aus. Die nach den Streikrichtlinien der Antragsgegnerin erforderliche Mehrheit von 50 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder für die Beendigung des Arbeitskampfes konnte daher nicht erreicht werden.

Am 05. November 2010 entschied die „ ... “, die Verhandlungen von nun an getrennt für die Belegschaft der ... bzw. der ... zu führen. Ab dem 08. November 2010 wurde erstmals getrennt zwischen den jeweiligen Arbeitgebern und den beiden Tarifkommissionen verhandelt.

Am 18. November 2010 fasste der Vorstand der Antragsgegnerin einen Beschluss, welcher auszugsweise wörtlich lautet:

Beschluss des Vorstandes der ... . über die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen bei der (nachfolgend auch „ “ genannt)

Die Vorsitzende Tarifpolitik und der VC-Vorstand fassen nachfolgenden Beschluss:

Der Vorstand beschließt bei der ... zur Durchsetzung der u.g. Tarifziele die Durchführung eines 36-stündigen zeitlich ununterbrochenen Arbeitskampfes beginnend am Mittwoch, den 24.11. bis Donnerstag, den 25.11.. (...)

Mit dem Arbeitskampf sollen im Einzelnen folgende Tarifziele durchgesetzt werden:

Neuabschluss eines Manteltarifvertrages (...)

Erstmaliger Abschluss eines Tarifvertrages „Verstärkte Flugbesatzung“ (auch Tarifvertrag „Enlarger“ genannt)

Einführung eines Tarifvertrages „Verstärkte Flugbesatzung“, der die Verstärkung der Flugbesatzung auf Langstreckenflügen ab einer Distanz von 4.200 nautischen Meilen (Großkreisdistanz) zwischen Abflug- und Ankunftsort (Airport Reference Points) durch einen Cruise Commander vorsieht. (...)

Ziel des Tarifvertrages soll eine Entlastung der 2-Mann-Besatzung auf Langstrecken sein, um physische und psychische Belastung zu reduzieren und die Sicherheit weiter zu erhöhen. Er soll Anwendung finden für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des jeweiligen Manteltarifvertrages für das ... der ... fallen.

Wegen des weiteren Inhaltes wird auf den Streikbeschluss vom 18. November 2010 (Anlage KV 12 Bl. 78 - 80 d. A.) Bezug genommen.

Mit ihren am 22. November 2010 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Antragsgegnerin am 23. November 2010 zugestellten Anträgen (EB Bl. 87 d. A.) begehrt die Antragstellerin Unterlassung von Arbeitskampfmaßnahmen.

Sie meint, ein Streik sei rechtswidrig. Da - was unstreitig ist - die Besatzungsmitglieder der Antragsgegnerin derzeit keine Langstrecken-Destinationen anfliegen, sei zumindest eines der beiden Streikziele unzulässig. Ein Einsatz der Piloten der Antragstellerin auf Langstreckendistanzen ohne weitere Schulungsmaßnahmen und Zulassungen sei derzeit rechtlich ohnehin nicht möglich. Darüber hinaus sei die Antragsgegnerin verpflichtet, zunächst eine Urabstimmung zu allen Punkten des Tarifergebnisses vom 31. August 2010 durchzuführen. Solange dies nicht geschehen sei, seien Arbeitskampfmaßnahmen unverhältnismäßig. Schließlich sei nach der Beendigung der Verhandlungen mit der „ “ nicht hinreichend zwischen den Parteien über mögliche Tarifverträge verhandelt worden.

Die Antragstellerin beantragt zuletzt unter Antragsrücknahme im Übrigen,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, Arbeitskampfmaßnahmen aus dem Streikbeschluss vom 18. November 2010, insbesondere Streiks, gegen die Antragstellerin durchzuführen, ihre Mitglieder dazu aufzufordern, die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen öffentlich bekannt zu geben oder Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere Streiks, ihrer Mitglieder gegen die Antragstellerin zu unterstützen.

2. der Antragsgegnerin zu untersagen, bereits eingeleitete Arbeitskampfmaßnahmen aus dem Streikbeschluss vom 18. November 2010, insbesondere Streiks, gegen die Antragstellerin fortzusetzen oder bereits eingeleitete Arbeitskampfmaßnahmen, insbesondere Streiks, ihrer Mitglieder gegen die Antragstellerin zu unterstützen;

3. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus Ziffer 1) und / oder 2) ein Ordnungsgeld bis zu € 150.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Präsidenten, anzudrohen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie meint, auch die zweite Forderung des Streikbeschlusses zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages „Verstärkte Flugbesatzung“ stelle ein derzeit tariflich regelbares Ziel dar. Es gäbe die Möglichkeit, dass nach einer Integration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der in die Antragsgegnerin auch deren Besatzungsmitglieder auf Langstreckendistanzen eingesetzt würden. Bereits jetzt sehe der Tarifvertrag „Bereederung“ in Notsituationen, etwa einem Streik, einen konzernweiten Einsatz von fliegendem Personal vor. Weiter meint die Antragsgegnerin, das Tarifergebnis vom 31. August 2010 begründe keine Friedenspflicht und sei vielmehr ein „Vorvertrag“, dessen Bindungswirkung allein durch Zeitablauf nicht mehr gegeben sei. Auch sei mit einer Dauer von fast einem Jahr ausreichend zwischen den Parteien verhandelt worden, da sämtliche Forderungen für die Mitarbeiter der Antragsgegnerin aus den Verhandlungen mit der „ ... “ bekannt seien.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien, ihrer Glaubhaftmachungen und Rechtsausführungen sei auf die Antragsschrift und die Schutzschrift der Antragsgegnerin vom 22. November 2010 nebst jeweiligen Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23. November 2010 (Bl. 89 d. A.) Bezug genommen, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG.

Entscheidungsgründe

I.

Die Anträge sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Durch die Bezugnahme auf den Streikbeschluss vom 18. November 2010 sind die zu unterlassenden Handlungen hinreichend klar gefasst.

II.

Die Anträge sind auch begründet.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin Unterlassung im beantragten Umfang verlangen. Die Antragstellerin hat sowohl das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs (1.) wie auch eines Verfügungsgrundes (2.) glaubhaft gemacht, §§ 935, 940, 294 ZPO, § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.

Im Einzelnen:

1. Die beantragte Unterlassungsverfügung gemäß den Anträgen zu 1) und 2) ist zum Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und zur Abwendung drohender wesentlicher Nachteile geboten und erforderlich, §§ 823 i.V.m. § 1004 BGB analog. Denn die beabsichtigten bzw. durch den Streikbeschluss bereits begonnenen Streikmaßnahmen im Betrieb der Antragstellerin sind rechtswidrig, was glaubhaft gemacht worden ist, § 294 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG.

Die Arbeitskampffreiheit aus der Bestands- und Betätigungsgarantie des Art. 9 Abs. 3 GG zur Sicherung der Tarifautonomie beinhaltet, dass Gewerkschaften Arbeitskämpfe mit dem Ziel von Vereinbarungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen anstreben dürfen. Für die Rechtmäßigkeit des Streiks ist der konkrete Streikbeschluss maßgebend (Kissel, Arbeitskampfrecht, 1. Auflage 2002 § 42 Rn. 17).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, können Arbeitskämpfe nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele geführt werden (BAG, Urteil vom 10.12.2002, AZ. 1 AZR 96/02 - AP Nr. 162 zu Art. 9 GG - Arbeitskampf (Rn. 43 bei juris); Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Dieterich, 8. Auflage 2008, Art. 9 GG Rn. 114; Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, TVG und Arbeitskampfrecht, 3. Auflage 2010 Teil 3 Rn. 23 jeweils m.w.N.). Ein Arbeitskampf zur Erreichung anderer, rechtswidriger Ziele ist unzulässig (BAG, Urteil vom 10.12.2002, AZ. 1 AZR 96/02 - AP Nr. 162 zu Art. 9 GG - Arbeitskampf; BAG, Urteil vom 05.03.1985, AZ. 1 AZR 468/83 - AP Nr. 85 zu Art. 9 GG - Arbeitskampf). Eine Unzulässigkeit des Streiks ist darüber hinaus auch dann gegeben, wenn die Streikforderung ins Leere geht, weil (derzeit) eine tarifliche Regelung nicht erforderlich oder sogar überflüssig ist.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Verfolgung rechtswidriger Ziele die Rechtswidrigkeit des gesamten Streiks zur Folge. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei der rechtswidrigen Forderung um eine Hauptforderung handelt (BAG vom 10.12.2002, AZ. 1 AZR 96/02 - AP Nr. 162 zu Art. 9 GG Arbeitskampf (Rn. 51 bei juris); Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Dieterich, 8. Auflage 2008, Art. 9 GG Rn. 125).

Die Forderung nach einem Tarifvertrag „Verstärkte Flugbesatzung“ ist eine der beiden mit dem Streik verfolgten Hauptforderungen und damit maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes. Vorliegend betrifft der zweite Teil des Streikbeschlusses vom 18. November 2010 einen neu abzuschließenden Tarifvertrag „Verstärkte Flugbesatzung“, und zwar konkret für die Verstärkung der Flugbesatzung auf Langstreckenflügen ab einer Distanz von 4.200 nautischen Meilen zwischen Ankunfts- und Abflugort. Unstreitig ist derzeit keiner der bei der Antragstellerin eingesetzten Piloten auf derartigen Langstreckendistanzen eingesetzt. Damit ist die Forderung eines Tarifvertrages für eine verstärkte Besatzung auf Langstreckendienstanzen bei der Antragstellerin derzeit nicht tariflich regelbar, sondern geht ins Leere. Sie ist damit rechtswidrig.

Es wird nicht verkannt, dass nach einer möglichen Integration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ... bei der Antragstellerin auch bei dieser Langstreckendistanzen geflogen werden könnten. Ob, wann und unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein soll, hat die Antragsgegnerin jedoch nicht substantiiert glaubhaft gemacht.

Auch der Einwand, dass bereits jetzt ein Einsatz von Piloten der Antragstellerin auf Langstreckendistanzen in Notfällen aufgrund des Tarifvertrages Bereederung möglich wäre, vermag nicht zu überzeugen. Denn dass dies überhaupt jemals vorgekommen ist, ist nicht glaubhaft gemacht worden. Zudem ist ein Einsatz von auf Kurzstreckenmustern fliegenden Piloten ohne zusätzliche Schulungs- und Zulassungsverfahren tatsächlich und rechtlich derzeit unmöglich. Wegen des zweiten, auf etwas derzeit tariflich nicht Regelbares gerichteten Streikziels ist der gesamte Streikbeschluss vom 18. November 2010 auf unzulässige Arbeitskampfmaßnahmen gerichtet, so dass den Anträgen stattzugeben war.

2. Ein Verfügungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht worden, §§ 935, 940 ZPO, § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Die einstweilige Verfügung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin geboten.

Der für den 24. November 2010 angekündigte Streik würde den Flugverkehr bei der Antragstellerin für 36 Stunden lahmlegen. Die zwangsweise ausgefallenen Flüge könnten nicht nachgeholt werden. Die damit verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Belastungen und Eingriffe in den Flugverkehr, welche gegebenenfalls auch über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinausgehen, sind für die Antragstellerin angesichts der Rechtswidrigkeit des Arbeitskampfes nicht hinzunehmen.

3. Das Ordnungsgeld ist bis zu der im Tenor genannten Höhe anzudrohen, § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 890 Abs. 2 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Danach sind die Kosten des Verfahrens im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens bzw. der Klagerücknahme zu verteilen. Da die Antragstellerin die Anträge teilweise zurückgenommen, jedoch überwiegend obsiegt hat, sind ihr nur zehn Prozent der Kosten aufzuerlegen.

Der Streitwert richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse, das die Antragstellerin mit den Anträgen verfolgt. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Untersagung eines Arbeitskampfes in seiner Gänze beabsichtigt ist. Bei der Bemessung ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Arbeitskampf überregionale Auswirkungen hätte und bei Durchführung des Arbeitskampfes ganz erhebliche Schäden drohen. Daher ist ein Wert von € 500.000,00 angemessen.

Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 2c ArbGG zuzulassen.



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