Arbeitsgericht Frankfurt

Urteil vom - Az: 9 Ca 5558/12

Keine Haftung der Gewerkschaft für Streik der Vorfeldmitarbeiter - Flughafenbetreiber und Fluggesellschaften fordern 9 Millionen

Durch den Streik der Vorfeldmitarbeiter auf dem Frankfurter Flughafen hat die -den Streik organisierende- Gewerkschaft der Flugsicherung in den "eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" des Flughafenbetreibers Fraport eingegriffen. Der Streik war rechtswidrig, da er der Durchsetzung von tariflichen Forderungen diente, welche Bestandteil des noch bestehenden Landesbezirkstarifvertrages waren. Dadurch verletzte die Gewerkschaft die Friedenspflicht.
Die Gewerkschaft ist jedoch gegenüber dem Flughafenbetreiber nicht schadensersatzpflichtig; sie kann sich auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Demnach wären die durch den Streik verursachten Flugausfälle und dadurch entstandenen Kosten auch dann eingetreten, wenn die Forderungen bezüglich des Landesbezirks-TV nicht in die Streikforderungen aufgenommen worden wären. In diesem Fall wäre der Streik rechtmäßig, der Schaden identisch.

Die Gewerkschaft ist wegen des Streiks auch nicht gegenüber den Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin schadensersatzpflichtig.
Da der Tarifvertrag zwischen Flughafenbetreiber und Gewerkschaft nicht die Interessen Dritter schützt, hat gegenüber den Fluggesellschaften auch keine Friedenspflicht von Seiten der Gewerkschaft bestanden.
Zudem fehlt es an einem unmittelbaren, d.h. betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Fluggesellschaften, da sich der Streik nur gegen den Flughafenbetreiber richtete. Zitat: "Dort wo Dritte von den Folgen eines Streiks betroffen sind und es an einem steuernden Einfluss der Gewerkschaft auf diese Fernwirkung fehlt, ist nach Auffassung der Kammer auch die Willensrichtung der streikenden Gewerkschaft
kein taugliches Mittel, um einen mittelbaren von einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff abzugrenzen."

Die Gewerkschaft haftet auch nicht für die Ankündigung eines rechtswidrigen Unterstützungsstreiks. Es konnte nicht festgestellt werden, welche Schäden die Ankündigung verursacht hat.

Die klagende Flughafenbetreiberin und die klagenden Fluggesellschaften haben Berufung eingelegt und angekündigt durch "alle Instanzen zu gehen".

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu 1) 40 %, die Klägerin zu 2) 1%, die Klägerin zu 3) 53 % und die Klägerin zu 4) 6 % zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 11.025.365,35 festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche aufgrund von der beklagten Gewerkschaft im Februar 2012 teils durchgeführter und teils nur angekündigter Arbeitskampfmaßnahmen.

Bei der Klägerin zu 1) handelt es sich um die Obergesellschaft des ..., einem weltweit agierenden Konzern in der zivilen Luftfahrt. Auch bei der Klägerin zu 2) handelt es sich um eine Fluggesellschaft. Die Klägerin zu 3), deren Anteile zu mehr als 50 % von öffentlichen Eignern gehalten werden, betreibt den Flughafen Frankfurt am Main. Sie beschäftigt dort ca. 18.000 Mitarbeiter, davon 200 Mitarbeiter im Bereich der Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und Verkehrszentrale. Die insgesamt 86 Vorfeldkontrolleure nehmen die Steuerung und Überwachung des sog. „rollenden“ Verkehrs von Luftfahrzeugen auf dem Vorfeld wahr. Die insgesamt 90 Mitarbeiter der Vorfeldaufsicht leiten die Luftfahrzeuge am Boden zu den Parkstationen. Die 29 Mitarbeiter in der Verkehrszentrale bearbeiten u. a. die operativen Flugplandaten. Zudem gehört zu deren Aufgaben die Rotationsbearbeitung bei Flügen des planmäßigen Verkehrs, die Benachrichtigung und Information der Kunden bei Beschränkungen im Luftbetrieb sowie die operative Disposition der Parkposition von Luftfahrzeugen und das Einleiten von Schleppvorgängen. Die ursprüngliche Klägerin zu 4) nimmt bundesweit die operativen Flugsicherungsaufgaben für den gesamten deutschen Luftraum und an den deutschen internationalen Flughäfen wahr, so auch in Frankfurt am Main.

Die Beklagte ist eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich sich im Wesentlichen auf die Flugsicherung bezieht.

Unter dem Datum des 20. September 2007 schlossen die Klägerin zu 3), der ... (im Folgenden: ...) und die Beklagte den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007. Dieser Tarifvertrag enthält u. a. die folgenden Regelungen:

 „§ 1

Geltungsbereich, Zuständigkeit

 (1) Die vorliegende Vereinbarung gilt für alle operativen Beschäftigten der ... , die im Bereich „Zentrale Vorfeldkontrolle und Verkehrszentrale“ (derzeit FBA-AF41) eingesetzt werden.

 (2) Über den in Absatz 1 genannten Personenkreis hinaus beansprucht die ... keine Zuständigkeit für andere Beschäftigte der ... und strebt eine solche auch im Falle einer Satzungsänderung nicht an.

 [...]

§ 7

Belastungsausgleich

 (1) Die Beschäftigten nehmen ab 01. Januar 2008 einmal jährlich auf Kosten des Arbeitgebers an einem Gesundheits-Check bei der arbeitsmedizinischen Abteilung des Unternehmens teil.

 (2) Beschäftigte, die in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt werden, haben ab 01. Januar 2008 in einem fünfjährigen Turnus Anspruch auf eine Regenerationskur von 30 Kalendertagen. Für Beschäftigte, die mindestens

15 Jahre in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt waren, verkürzt sich der

Turnus nach Satz 1 auf vier Jahre.

Erstmalig entsteht der Anspruch der Beschäftigten nach 10 Tätigkeitsjahren in der Funktion „Apron Control.“

 (3) Der Arbeitgeber legt mit einem Jahr Vorlauf fest, in welchem Zeitraum und an welchem Ort die Kur stattfinden soll. Nach Möglichkeit sind die Interessen

und Belange der Beschäftigten hier zu berücksichtigen.

 (4) Die Regenerationskuren dienen sowohl der Erholung als auch der Prävention gegen Herz- Kreislauferkrankungen und / oder psychische Erkrankungen.

Die Kosten des Kuraufenthaltes trägt der Arbeitgeber. Die Kur gilt als

Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung.

 (5) [...]

Protokollnotiz: Die Vertragsparteien werden sich über in Betracht kommende Kurorte und -einrichtungen verständigen.

§ 8

Beschäftigungssicherung

Beschäftigten, die nach Feststellung der Arbeitsmedizin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Funktion „Apron Control“ eingesetzt werden können, soll ein möglichst gleichwertiger Arbeitsplatz innerhalb des Bereichs Aviation angeboten werden. Sollte ein derartiger Arbeitsplatz nicht vorhanden sein, kommt auch ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz im Unternehmen in Frage. Die

Differenz zwischen den bisherigen und künftigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteilen (Stammbezügen) wird (soweit erforderlich) gestaffelt nach Tätigkeitsjahren in der Funktion „Apron Control“ wie folgt abgesichert:

- Ab 28 Jahren zu 100 % unbegrenzt;

- ab 23 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 90 % innerhalb von acht Jahren;

- ab 18 Jahren gleichmäßige Absenkung innerhalb von fünf Jahren. [...]

§ 12

Inkrafttreten, Laufzeit, Kündigung

 (1) Diese Vereinbarung tritt mit Wirkung vom 01. August 2007 in Kraft.

Die Regelungen in § 5 bis § 8 sind mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende, erstmalig zum 31. Dezember 2017, kündbar. Im Übrigen ist diese Vereinbarung mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende, erstmals zum 31. Dezember 2011, kündbar.

 (2) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die in dieser Vereinbarung aufgeführten Regelungen für die genannten Zeiträume abschließend sind. Sachverhalte außerhalb der in der Vereinbarung behandelten Regelungsinhalte werden von der Friedenspflicht der Vereinbarung erfasst.“

Der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 wurde durch die Landesbezirkstarifverträge Nr. 22/2008, Nr. 1/2009 und Nr. 19/2010 geändert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 wird auf die Anlage K 2 im Anlagenband Bezug genommen und wegen der Einzelheiten der vorgenannten Änderungstarifverträge auf das Anlagenkonvolut K 3 im Anlagenband.

Mit den Schreiben vom 29. Juni 2011 (Anlagen K 4 und B 1 im Anlagenband) kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) und dem ... den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 in der Fassung vom 04. Juni 2010 mit Ausnahme der Regelungen in den §§ 5 bis 8 zum 31. Dezember 2011. Dieses Kündigungsschreiben ging der Klägerin zu 3) im Original am 01. Juli 2011 zu. Bereits am 29. Juni 2011 erhielt aber die Klägerin zu 3) und ... das Kündigungsschreiben sowohl per Fax als auch als PDF-Dokument per E-Mail.

Ab dem 19. Oktober 2011 begaben sich die Beklagte und die Klägerin zu 3) in Tarifverhandlungen. Da diese erfolglos blieben, führten sie im Zeitraum vom 13. Januar 2012 bis zum 01. Februar 2012 ein Schlichtungsverfahren durch. Dieses Schlichtungsverfahren endete mit einer Schlichtungsempfehlung, die auszugsweise wie folgt lautet:

 „Im Laufe der Verhandlungen konnte über diverse Punkte Einigung erzielt werden.

Diese Punkte sind zusammengefasst in der den Parteien vorliegenden „Synopse der Verhandlungen Donnerstag, 26. Januar 2012“, welche mit einer grünen Markierung versehen sind. Der Schlichter macht sich diese Einigung zu Eigen und empfiehlt einen Vertragsabschluss in diesen Punkten auf dieser Grundlage.

Gleiches gilt für Einigungen, die sich thematisch aus der am 31. Januar 2012 übergebenen Synopse und die zum Zeitpunkt der Erstellung noch strittigen Punkte ergeben, nämlich

• der Bereich „Zulagen“,

• der Bereich „Aktienprogramm“,

• der Bereich „Zeitzuschläge“, mit Ausnahme der Überstundenregelung und

• dem Bereich „Urlaubs- / Weihnachtsgeld“, wobei hier ein einheitliches Urlaubs- / Weihnachtsgeld von 100 Prozent der Bezüge vereinbart wurde.

Diese Synopse liegt den Parteien ebenfalls vor. Bis zum Ende strittig waren somit die Punkte:

• Geltungsbereich,

• Laufzeit,

• Entgelte,

• Berechnung des Nachtzeitraums,

• Vergütung der Überstunden,

• Regelung der Rufbereitschaft und

• die Überleitungsvorschriften.

Zu diesen Punkten erfolgt die Schlichtungsempfehlung. [...].“

In der dieser Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse finden sich u. a. folgende Regelungen:

 „§ 18 - Sozialleistungen

 [...]

 (8) Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Folge eines Arbeitsunfalls, den sie in Folge ihrer Arbeit ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erlitten haben, nicht mehr vollleistungsfähig und werden sie deshalb in einer niedrigeren Vergütungsgruppe weiterbeschäftigt, so erhalten sie eine Ausgleichszulage in Höhe der jeweiligen Differenz zwischen ihrer bisherigen und der niedrigeren Vergütung. Zur Überbrückung besonderer wirtschaftlicher Notlagen kann der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter auf Antrag ein zinsbegünstigtes Darlehen gewährt werden.

[...].

§ 49 Entlastung älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Apron-Controler, die 25 Jahre im Wechselschichtdienst gearbeitet haben, haben einen Anspruch auf einen Wechsel aus dem Wechselschichtdienst in den Schichtdienst.

Unabhängig davon kann im Einzelfall ein Wechsel in den Schichtdienst aus persönlichen Gründen jederzeit vereinbart werden.

Der Antrag muss mindestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Zeitpunkt der Reduzierung gestellt werden. Über diesen Antrag ist innerhalb von acht Wochen zu entscheiden.

[...].“

Wegen der weiteren Einzelheiten der Schlichtungsempfehlung und der dieser Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse wird - unter Hinweis darauf, dass die in grüner Schriftfarbe gehaltenen Passagen diejenigen sind, über die kein Streit herrschte - auf Anlage K 5 im Anlagenband Bezug genommen.

Nach erfolglosem Abschluss des Schlichtungsverfahrens beschloss der Bundesvorstand der Beklagten am 15. Februar 2012 die Durchführung von Streikmaßnahmen bei der Klägerin zu 3). Mit Schreiben vom gleichen Tage (Anlage K 6 im Anlagenband) kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) an, in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht einen befristeten Streik am 16. Februar 2012 für die Zeit von 15.00 Uhr bis 22.00 Uhr durchzuführen. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:

 „Der Arbeitskampf dient der Durchsetzung der von ... den Tarifparteien vorgelegten Schlichtungsempfehlung mit folgenden Anpassungen:

• Geltungsbereich eines Tarifvertrages ausschließlich für die ...

• Verkürzung der Laufzeit auf 24 Monate;

• Umsetzung der Entgelttabellen zu 100 % ab Beginn der Laufzeit sowie

• Beginn der Nachtarbeit um 20.00 Uhr ab Beginn der Laufzeit.“

Mit einem weiteren Schreiben vom 15. Februar 2012 (Anlage B 3 im Anlagenband) wies die Beklagte die Klägerin zu 3) darauf hin, dass sich die Forderung zur Laufzeit des Tarifabschlusses nicht auf diejenigen Regelungen beziehen, die im Schlichterspruch aus rein technischen Gründen aus den weiterhin ungekündigten Tarifverträgen zwischen den Parteien übernommen wurden und dass es im Hinblick auf diese Regelungen bei derjenigen Laufzeit, die sich aus den ungekündigten Tarifverträgen ergäben, verbleibe. Hinsichtlich des Angebots von Notdienstarbeiten wird auf das als Anlage B 4 vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 14. Februar 2012 im Anlagenband Bezug genommen.

Die von der Beklagten gegenüber der Klägerin zu 3) angekündigten Streikmaßnahmen (im Folgenden: Hauptstreik) wurden am 16. Februar 2012 um 15:00 Uhr begonnen und

- mit einer Unterbrechung am Wochenende - mehrfach verlängert. Sie sollten bis zum 24. Februar 2012 um 23:00 Uhr andauern, wurden aber wegen der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen am 23. Februar 2012 um 23:00 Uhr abgebrochen.

Während der Durchführung dieser Streikmaßnahme erklärte der damalige Vorstand Tarif/Recht der Beklagten in einem Spiegel-Online Interview auf den Vorhalt, dass klar sei, dass das Drohpotential der Beklagten schrumpfe:

 „Naja, es läuft mehr Verkehr, als wir erwartet haben. Aber der Streik ist trotzdem ein Erfolg. Es geht doch um mehr als annullierte Flüge. Dazu kommen die Verspätungen und noch wichtiger: Die Buchungszahlen bei den Airlines sind eingebrochen.“

Nachdem am 24. Februar 2012 weitere Tarifverhandlungen zwischen der Beklagten und der Klägerin zu 3) erfolglos abgebrochen worden waren, kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) mit Schreiben vom 25. Februar 2012 (Anlage K 7 im Anlagenband) weitere befristete Streikmaßnahmen in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht im Zeitraum vom 26. Februar 2012 um 21:00 Uhr bis zum 01. März 2012 um 5:00 Uhr an.

Während der Durchführung dieser weiteren befristeten Streikmaßnahme bei der Klägerin zu 3) kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Februar 2012 (Anlage K 8 im Anlagenband) gegenüber der ursprünglichen Klägerin zu 4) an, dass sie ihre Mitglieder bei der ursprünglichen Klägerin zu 4) im Geschäftsbereich Tower am Tower Frankfurt am 29. Februar 2012 für die Zeit von 5:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu einem befristeten Solidaritätsstreik zur Unterstützung des Arbeitskampfes ihrer Mitglieder in der Vorfeldkontrolle, der Verkehrszentrale und der Vorfeldaufsicht bei der Klägerin zu 3) (im Folgenden: Unterstützungsstreik) aufrufen werde.

Nach der Ankündigung des Unterstützungsstreik beantragten die Klägerin zu 1), die Klägerin zu 3) und die ursprüngliche Klägerin zu 4) beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eine gegen den Unterstützungsstreik gerichtete einstweilige Unterlassungsverfügung. Zudem beantragten die Klägerinnen zu 1) und zu 3) am selben Tag eine gegen den von der Beklagten geführten Hauptstreik gerichtete einstweilige Unterlassungsverfügung.

Am späten Abend des 28. Februar 2012 erließ das Arbeitsgericht Frankfurt am Main zu Gunsten der Verfügungsklägerinnen nach mündlicher Verhandlung eine einstweilige Verfügung, mit der die Durchführung des Unterstützungsstreiks untersagt wurde (9 Ga 25/12).

Am 29. Februar 2012 erließ das Arbeitsgericht Frankfurt am Main nach mündlicher Verhandlung zu Gunsten der Verfügungsklägerinnen eine weitere einstweilige Verfügung, mit der auch die Fortführung des Hauptstreiks untersagt wurde (9 Ga 24/12). In der mündlichen Verhandlung erklärte der Bundesvorsitzende der Verfügungsbeklagten zu Protokoll, dass die Verfügungsbeklagte die §§ 18 Abs. 8 und 49 des Schlichtungsvorschlages als Streikforderungen nicht weiter aufrecht erhalte.

Aufgrund dieser gerichtlichen Entscheidung brach die Beklagte den durchgeführten Hauptstreik am 29. Februar 2012 ab. Zur Durchführung des Unterstützungsstreiks kam es nicht.

Infolge des durchgeführten Hauptstreiks kam es zu Ausfällen und Verzögerungen von Flügen, wobei es der Klägerin zu 3) durch kurzfristige Schulung von Mitarbeitern gelang, einen Großteil der durch die Arbeitsniederlegung in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht weggefallenen Arbeitskraft zu kompensieren und damit auch einen ganz überwiegenden Teil der Flugbewegungen aufrechtzuerhalten.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Beklagte die infolge des durchgeführten Hauptstreiks und des angekündigten Unterstützungsstreiks entstandenen Schäden zu ersetzen. Zudem habe die Klägerin zu 2) einen Anspruch auf Ersatz der ihrer Tochtergesellschaft ... entstandenen Schäden aus abgetretenem Recht. Wegen der von den Klägerinnen behaupteten Auswirkungen des Arbeitskampfes wird auf Bl. 25 - 34 d. A. und die Anlagen K 12 - 42 und wegen der Schadensdarlegung wird auf Bl. 36 - 58 d. A. und 88 - 124 d. A. sowie die Anlagen K 43 - 59 im Anlagenband Bezug genommen. Grundlage dieser Schadenersatzansprüche seien § 831 BGB bzw. § 823 Abs. 1 i.V.m. § 31 BGB, da die Beklagte mit den durchgeführten bzw. angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen rechtswidrig und schuldhaft in die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe der Klägerinnen sowie der ... eingegriffen und dadurch Schäden verursacht habe. Diese Eingriffe seien sowohl nach der Willensrichtung der Beklagten als auch nach der objektiven Stoßrichtung der Arbeitskampfmaßnahmen nicht nur unmittelbar gegen den Betrieb der Klägerin zu 3), sondern auch unmittelbar gegen die Betriebe der Klägerinnen zu 1) und 2) sowie der ... gerichtet gewesen und damit betriebsbezogen. Ziel der Beklagten sei es gewesen, dass es infolge der Streikmaßnahmen zu Flugausfällen komme, da nur so wirtschaftliche Schäden bei der Klägerin zu 3) entstehen konnten. Wegen der starken funktionellen Abhängigkeit der Fluggesellschaften von den Leistungen der Klägerin zu 3) treffe jede streikbedingte Arbeitsverweigerung der Mitarbeiter der Klägerin zu 3), die sich auf die Bereiche Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht auswirke, unmittelbar auch die Fluggesellschaften. Ihnen werde es erschwert oder unmöglich gemacht, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Streiks in den Bereichen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht bei der Klägerin zu 3) glichen einer partiellen Betriebsblockade. Erst recht gelte dies für Arbeitsniederlegungen bei der ursprünglichen Klägerin zu 4). Es sei ein wesentliches Ziel der Beklagten gewesen, den Flugbetrieb zu stören und damit die Fluggesellschaften in ihrer betrieblichen Abhängigkeit von der Klägerin zu 3) und der ursprünglichen Klägerin zu 4) zu beeinträchtigen, was insbesondere auch das Spiegel-Online Interview mit dem damaligen Vorstand Tarif/Recht der Beklagten belege.

Die Arbeitskampfmaßnahmen seien rechtswidrig, da sie die sich aus dem im Zeitpunkt der Arbeitskampfmaßnahmen nicht gekündigten Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 ergebende Friedenspflicht, den Grundsatz der Arbeitskampfparität und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten.

Der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 sei im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Arbeitskampfmaßnahmen deshalb noch nicht gekündigt gewesen, weil die Beklagte die für die Kündigung eines Tarifvertrages erforderliche Schriftform nicht gewahrt habe - jedenfalls nicht zu einem Zeitpunkt, in dem die (Teil-)Kündigung hätte fristwahrend zum 31. Dezember 2011 ausgesprochen werden können. Überdies sei eine Teilkündigung rechtlich nicht zulässig gewesen, da Tarifverträge grundsätzlich nur im Ganzen gekündigt werden könnten. Eine Ausnahme sei nur dort zulässig, wo die Teilkündigungsmöglichkeit hinreichend klar und eindeutig vereinbart worden sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall, da nicht klar sei, was eine Kündigung „im Übrigen“ nach § 12 Abs. 1 S. 3 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 sei. Jedenfalls könne es keine vollständige Kündigung „im Übrigen“ sein, da dann auch der Geltungsbereich und auch § 12 des Tarifvertrages selbst gekündigt seien und es keinen Tarifvertrag ohne Geltungsbereich geben könne. Somit habe die Beklagte sowohl die in dem Landesbezirkstarifvertrag vereinbarte erweiterte Friedenspflicht als auch die relative Friedenspflicht verletzt. Letzteres folge - selbst bei unterstellter Wirksamkeit der Teilkündigung zum 31. Dezember 2012 - daraus, dass die beklagte Gewerkschaft mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 des zu erkämpfenden Tarifvertrages Regelungen erkämpfen wollte, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit bereits in den - in jedem Falle ungekündigten - §§ 7 und 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 stünden. Überdies habe sie mit § 35 Abs. 6a der Streikforderung eine Protokollnotiz zu § 5 Abs. 6 dieses Landesbezirkstarifvertrages in der durch den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 19/2010 geänderten Fassung zu einer Tarifnorm erheben wollen.

Zudem habe die Beklagte auch den Grundsatz der Arbeitskampfparität verletzt, weil die Klägerin zu 3) - und erst recht die Klägerinnen zu 1) und 2) - den Arbeitskampfmaßnahmen der Beklagten keine adäquaten Kampfmittel habe entgegensetzen können. Insbesondere sei eine Aussperrung - weder als suspendierende noch als lösende Aussperrung - ein taugliches Gegenmittel gewesen. Eine suspendierende Aussperrung der arbeitswilligen Arbeitnehmer hätte zu einer Selbstschädigung geführt. Eine lösende Aussperrung sei bei Streiks von Funktionseliten deshalb nicht möglich, weil man die streikenden Arbeitnehmer nach dem Streik unverzüglich wieder benötige. Schließlich sei im Rahmen der Arbeitskampfparität auch zu beachten, dass es im Luftverkehr wegen der hohen Sicherheitsanforderungen und der engen Verzahnung der einzelnen Leistungen eine große Störanfälligkeit gäbe. Der Klägerin zu 3) stünden nach der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit als potentielle Arbeitskampfgegner viele Funktionseliten (wie auch die bei der beklagten Gewerkschaft organisierten Arbeitnehmer) gegenüber, die durch die Entziehung einzelner wichtiger Leistungen mit wenig Eigenrisiko große Schäden verursachen könnten.

Schließlich seien der Hauptstreik und auch die Ankündigung des Unterstützungsstreiks unverhältnismäßig gewesen. Bereits die Anzahl der bei der Beklagten organisierten Mitglieder, zu deren Gunsten hier ein Tarifvertrag erstritten werden sollte, stehe in keinem Verhältnis zu den verursachten Schäden. Insbesondere seien auch Gemeinwohlbelange durch den Arbeitskampf betroffen gewesen, da der Luftverkehr dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen sei. So könnten durch einen Streik Geschäftsreisende ihre Termine nahezu unvorbereitet nicht wahrnehmen, lange gebuchte und geplante Urlaubsreisen fielen aus und vor allem könnten wichtige Gütertransporte (z.B. Arznei- oder Lebensmitteltransporte) verzögert oder verhindert werden. Der angekündigte Unterstützungsstreik sei nicht nur wegen der Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks unverhältnismäßig, sondern überdies auch deshalb, weil der Hauptstreik gegenüber dem angekündigten Unterstützungsstreik völlig zurückgetreten wäre und der Unterstützungsstreik damit nicht mehr lediglich unterstützende Wirkung gehabt hätte. Auch seien die vom BAG für die Verhältnismäßigkeit aufgestellten Kriterien der wirtschaftlichen Verflochtenheit und der fehlenden Neutralität des mit dem Unterstützungsstreik überzogenen Arbeitgebers nicht gegeben.

Neben deliktischen Schadensersatzansprüchen ergäben sich zu Gunsten der Klägerinnen auch Schadenersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB, da die Beklagte mit den Arbeitskampfmaßnahmen gegen die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 resultierende Friedenspflicht verstoßen habe und diese Friedenspflicht nicht nur gegenüber der Klägerin zu 3) bestehe, sondern überdies zu Gunsten der Klägerinnen zu 1) und zu 2) wirke, da es sich hier um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter handle. Das von der Rechtsprechung geforderte Kriterium der Leistungsnähe sei erfüllt, da die Fluggesellschaften wegen der engen funktionalen Verknüpfung mit der Klägerin zu 3) den Gefahren einer Friedenspflichtverletzung in gleicher Weise ausgesetzt seien wie die Klägerin zu 3). Diese habe auch ein für die Beklagte erkennbares Interesse an der Einbeziehung der Fluggesellschaften in den Schutzbereich des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 gehabt, was sich wiederum aus der funktionellen Untrennbarkeit und Verflochtenheit ihrer Leistungen und denen der Fluggesellschaften ergäbe.

Hinsichtlich der durch den Hauptarbeitskampf und durch den angekündigten Unterstützungsarbeitskampf verursachten Beeinträchtigungen bzw. Schäden sei eine Differenzierung wegen der zeitlichen Überschneidung dieser Arbeitskampfmaßnahmen nicht möglich, aber auch nicht notwendig, da sämtliche Arbeitskampfmaßnahmen rechtswidrig seien und damit auch sämtliche Schäden zu ersetzen seien.

Das Feststellungsinteresse hinsichtlich der Klageanträge zu 2) und 3) folge daraus, dass den Klägerinnen noch weitere Schäden drohten, die derzeit noch nicht bezifferbar seien. So sei der administrative Aufwand für die jeweils gebildeten Krisenstäbe derzeit noch nicht ermittelbar. Es sei auch nicht unwahrscheinlich, dass noch weitere Fluggäste, die infolge des Arbeitskampfes nicht befördert werden konnten, Ausgleichszahlungen beanspruchen werden, da der EuGH erst vor kurzem (Urteil vom 4. Oktober 2012 - C-22/11 - BeckRS 2012, 81986) entschieden habe, dass Luftfahrtunternehmen, die ihre Fluggäste infolge eines Streiks nicht befördern konnten und Flüge umorganisieren mussten, ihren Fluggästen grundsätzlich zu Ausgleichszahlungen verpflichtet seien.

Bei den Klageanträgen zu 4) und 5) handle es sich um Zwischenfeststellungsklagen. Die Frage, ob die Beklagte verpflichtet war, die Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen, sei vorgreiflich für die Entscheidung über die Schadensersatzpflicht.

Nach Klagerücknahme durch die Klägerin zu 4) beantragen die Klägerinnen zu 1) bis 3),

1.

a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 3.885.890,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

b) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) 131.144,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

c) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 3) 5.170.800,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) bis 3) sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge der Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Februar 2012 bis zum 22. Februar 2012 sowie vom 26. Februar 2012 bis zum 29. Februar 2012 entstanden sind und / oder zukünftig noch entstehen werden;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen zu 1) bis 3) sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge des Aufrufs der Beklagten vom 28. Februar 2012 zum Unterstützungsstreik der bei der Klägerin zu 4) beschäftigten Tower-Lotsen entstanden sind und / oder zukünftig noch entstehen werden;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Februar 2012 bis zum 22. Februar 2012 sowie vom 26. Februar 2012 bis zum 29. Februar 2012 zu unterlassen;

5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, den Aufruf vom 28. Februar 2012 der bei der Klägerin zu 4) beschäftigten Tower-Lotsen zum Unterstützungsstreik zu unterlassen. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte nicht zum Schadenersatz gegenüber den Klägerinnen verpflichtet sei. Die Feststellungsanträge der Klägerinnen seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle schon an einem unmittelbaren Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der von dem Streik eben nur mittelbar betroffenen Fluggesellschaften. Die objektive Stoßrichtung der Arbeitskampfmaßnahmen richte sich nicht gegen die Fluggesellschaften, sondern gegen die Klägerin zu 3). Einzig in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb habe sie mit dem Hauptstreik unmittelbar eingegriffen. Allerdings könne sich die Klägerin zu 3) gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 2011 (1 BVR 699/06) nicht auf ihr Grundrecht aus Art. 14 GG berufen und damit auch nicht auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Unterstützungsstreik, der - unstreitig - lediglich angekündigt und nicht durchgeführt wurde, habe nicht zu weiteren, also über die vom Hauptstreik ausgehenden Beeinträchtigungen des Flugverkehrs geführt. Damit fehle es hinsichtlich des Unterstützungsstreiks bereits an der haftungsbegründenden Kausalität.

Auch seien die Arbeitskampfmaßnahmen nicht rechtswidrig gewesen. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag 32/2007 ergebende Friedenspflicht vor. Dieser Tarifvertrag sei - entgegen der Auffassung der Beklagten - wirksam zum 31. Dezember 2011 gekündigt worden. Nach herrschender Meinung sei mangels einer gesetzlichen Vorschrift keine schriftliche Form für die Kündigung erforderlich. Auch sei hier eine Teilkündigung ausnahmsweise zulässig gewesen, da diese Teilkündigungsmöglichkeit mit ausreichender Klarheit im Landesbezirkstarifvertrag vereinbart worden sei. Der Geltungsbereich und die Kündigungsfrist für die fortgeltenden §§ 5 bis 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 seien durch Auslegung ohne weiteres ermittelbar. Die in der Streikforderung enthaltenen §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der Synopse verstießen nicht gegen die noch fortgeltenden §§ 5 bis 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007, da kein ausreichender innerer, sachlicher Zusammenhang gegeben sei. Selbst wenn diese Forderungen gegen die relative Friedenspflicht verstießen, so sei bereits im Rahmen der Rechtswidrigkeit zu berücksichtigen, dass diese Forderungen gänzlich untergeordnete Nebenforderungen waren und damit nicht zur Rechtswidrigkeit des gesamten Arbeitskampfes führten. Auch seien weder der Hauptstreik noch der Unterstützungsstreik aus anderen Gründen rechtswidrig. Insbesondere verletzten die Streikmaßnahmen nicht den Grundsatz der Arbeitskampfparität und seien auch sonst nicht unverhältnismäßig. Die von den Klägerinnen vertretene Auffassung führe dazu, dass man der Beklagten ein Streikrecht gänzlich abspräche.

Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass, selbst wenn die Streikforderungen - wie von den Klägerinnen angenommen - gegen die relative Friedenspflicht aus dem Landesbezirkstarifvertrag 32/2007 verstießen, ihr die Beeinträchtigung des Flugverkehrs bzw. die entstandenen Schäden nicht zuzurechnen seien. Sie könne sich nämlich auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Denn selbst wenn sie die vermeintlich friedenspflichtverletzenden Forderungen, bei denen es sich lediglich um untergeordnete Nebenforderungen gehandelt habe, von Anfang an nicht aufgestellt hätte, so wäre das Streikgeschehen nicht anders verlaufen. Die Arbeitskampfmaßnahmen hätten zur selben Zeit, am selben Ort und im selben Umfang stattgefunden. Dafür spräche - entgegen der Auffassung der Klägerinnen, die diesen Behauptungen nur entgegenhalten, dass es sich um Mutmaßung handle - der gesamte unstreitige Verhandlungsverlauf. Denn - auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig - die in der Synopse der Schlichtungsempfehlung enthaltenen §§ 8 Abs. 8 und 49 waren unstreitige Punkte und den § 18 Abs. 8 hatte die Klägerin zu 3) bereits vor der Schlichtung akzeptiert. § 35 Abs. 6a wurde - ebenfalls unstreitig - sogar auf Initiative der Klägerin zu 3) zum Gegenstand der Schlichtungsempfehlung gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Februar 2013 (Bl. 413 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist hinsichtlich der Leistungsanträge zulässig, aber unbegründet. Von den Feststellungsanträgen ist lediglich das Feststellungsbegehren der Klägerinnen zu 1) und 2) mit dem Antrag zu 2) zulässig, jedoch unbegründet.

I.

Die Klägerinnen haben weder aufgrund des durchgeführten Hauptstreiks noch aufgrund der Ankündigung des Unterstützungsstreiks Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Gewerkschaft.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sind die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 31 BGB bzw. aus § 831 BGB nicht erfüllt. Nach § 823 Abs. 1 BGB ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Zu den sonstigen Rechten i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB gehört auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (vgl. etwa BGH vom 18. Januar 1983 - VI ZR 270/80 - NJW 1983, 812 m.w.N.), auf dessen Verletzung sich die Klägerinnen einzig berufen. Zwar hat die beklagte Gewerkschaft durch den durchgeführten Hauptstreik rechtswidrig in das Recht der Klägerin zu 3) an deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Jedoch können ihr die dadurch verursachten Schäden nicht zugerechnet werden, da sie sich mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen kann. Bezüglich des von den Klägerinnen zu 1) und 2) bzw. der ... behaupteten Eingriffs in deren eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe fehlt es hingegen an einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff. Hinsichtlich des (nur) angekündigten Unterstützungsstreiks fehlt es sowohl an der haftungsbegründenden als auch an der haftungsausfüllenden Kausalität, da nicht dargelegt ist, dass es gerade infolge der Ankündigung des Unterstützungsstreiks zu Beeinträchtigungen des Flughafenbetriebes bzw. Schäden kam.

a) Das Recht des Betriebsinhabers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nach § 823 Abs. 1 BGB deliktisch geschützt. Es ist auf die ungestörte Betätigung und Entfaltung des von dem Betriebsinhaber geführten Betriebs gerichtet und umfasst alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des Betriebs als bestehender Einheit ausmacht und den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände (vgl. BAG vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - NZA 2009, 1347; BAG vom 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - NZA 2009, 615 m.w.N; BGH vom 14. April 2005 - V ZB 16/05 - NJW-RR 2005, 1175). Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben (zuletzt BGH vom 15. Mai 2012 - VI ZR 117/11 - WM 2012, 1249 ff. m.w.N.). Durch die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgenommene Einordnung des Rechts am bestehenden Gewerbebetrieb in den Kreis der „sonstigen Rechte“ des § 823 Abs. 1 BGB ist dieses Recht den dort ausdrücklich erwähnten Rechtsgütern hinsichtlich seines Schutzes gleichgestellt (vgl. etwa BGH vom 18. Januar 1983 - VI ZR 270/80 - NJW 1983, 812 m.w.N.). Der „Auffangtatbestand“ ist geschaffen worden, um eine andernfalls bestehende Lücke im Rechtsschutz zu schließen (BAG vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - NZA 2009, 1347).

Allerdings löst nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des BAG nur ein unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb deliktische Ersatzansprüche aus. Hierzu müssen die Eingriffe „gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen“ sein (BAG vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - NZA 2009, 1347; BAG vom 21. Juni 1988 - 1 AZR 653/86 - NZA 1988, 884 m.w.N.; BAG vom 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - NZA 2009, 615; BGH vom 29. Januar 1985 - VI ZR 130/83 - NJW 1985, 1620).

b) In dieses Recht der Klägerin zu 3) hat die Beklagte durch den im Februar 2012 durchgeführten Hauptstreik unmittelbar eingegriffen, da deren Betrieb durch Entziehung der Arbeitskraft zum Erliegen kommen bzw. erheblich eingeschränkt werden sollte.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sich die Klägerin zu 3) auch auf ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Ausfluss aus Art. 12 Abs. 1 und 14 GG gegenüber Privatrechtssubjekten berufen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten benannten Entscheidung des BVerfG vom 22. Februar 2011 (1 BvR 699/06 - NJW 2011, 1201).

Nach dieser Entscheidung unterliegt die Klägerin zu 3) als ein von der öffentlichen Hand beherrschtes gemischtwirtschaftliches Unternehmen in Privatrechtsform ebenso wie ein im Alleineigentum des Staates stehendes öffentliches Unternehmen, das in der Form des Privatrechts organisiert ist, einer unmittelbaren Grundrechtsbindung mit der Folge, dass sie sich gegenüber Privaten nicht auf Grundrechte berufen kann. Jedoch ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen, dass die Beklagte nicht den deliktischen Schutz des § 823 BGB in Bezug auf ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt wäre. Denn die öffentliche Hand wird durch ihre unmittelbare Grundrechtsbindung nicht grundsätzlich daran gehindert, in adäquater und weithin gleichberechtigter Weise wie Private die Handlungsinstrumente des Zivilrechts für ihre Aufgabenwahrnehmung zu nutzen und auch sonst am privaten Wirtschaftsverkehr teilzunehmen (vgl. BVerfG vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 - NJW 2011, 1201). Auch die öffentliche Hand bzw. von ihr beherrsche Unternehmen können somit durchaus zivilrechtliche Eigentümerbefugnisse nutzen; dies allerdings nicht nach Gutdünken, sondern unter Berücksichtigung legitimer Gemeinwohlzwecke am Maßstab der Grundrechte und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Gleiches gilt für den zivilrechtlichen Schutz des Rechtes am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Wollte man der Auffassung der Beklagten folgen, so wäre die Klägerin zu 3) gegenüber deliktischen Übergriffen auf ihren Betrieb schutzlos gestellt und die vom BVerfG aufgestellte Prämisse, dass mehrheitlich in der öffentlichen Hand stehende Unternehmen nicht daran gehindert sind, in adäquater und weithin gleichberechtigter Weise wie Private die Handlungsinstrumente des Zivilrechts für ihre Aufgabenwahrnehmung zu nutzen und auch sonst am privaten Wirtschaftsverkehr teilzunehmen, wäre nicht erfüllt.

d) Hinsichtlich der Klägerinnen zu 1) und 2) bzw. der ... fehlt es hingegen an einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff in deren eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe.

aa) Bei dem Begriff der "Unmittelbarkeit" bzw. „Betriebsbezogenheit“ handelt es sich nicht um einen Tatsachenbegriff, sondern um ein Wertungskriterium (vgl. BAG vom 21. Juni 1988 - 1 AZR 653/86 - NZA 1988, 884). Wann ein Eingriff unmittelbar bzw. betriebsbezogen ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So hat der BGH in der sog. Fluglotsenentscheidung vom 16. Juni 1977 maßgeblich auf die „Tendenz des Eingriffs“ abgestellt und ausgeführt, dass ein betriebsbezogener Eingriff bejaht werden könne, wenn es in der Willensrichtung des Verletzers liege, durch bestimmte Maßnahmen den Betrieb zu beeinträchtigen (BGH vom 16. Juni 1977 - III ZR 179/75 - NJW 1977, 1875).

In seinem Urteil vom 21. Juni 1988 (1 AZR 653/86 - NZA 1988, 884), in der Anknüpfungspunkt für Schadensersatzansprüche die Blockade eines Druckzentrums war, hat das BAG die Unmittelbarkeit eines Eingriffs nach der Zielrichtung des Angriffs bestimmt und festgestellt, dass es sich „nach dem Vortrag der Klägerin sowohl bei den Aktionen der Streikposten vor dem Unfall als auch bei dem Verhalten der Beklagten zu 2) und 3) danach um einen zielgerichteten Angriff nicht nur auf den Betrieb der ZVS, sondern auf alle im Druckzentrum befindlichen Betriebe mit dem Ziel, die Verbreitung der Wochenendausgabe der StZ vom 19. Mai 1984 zu verhindern“, gehandelt habe.

 „Streikposten und blockierende Arbeitnehmer wollten nicht selektiv die ZVS, sondern gezielt und gemeinsam die im Druckzentrum arbeitsteilig bei der Herstellung und dem Vertrieb der StZ zusammenwirkenden Unternehmen treffen. Nach dem gesamten Vortrag der Klägerin auch zum Geschehen nach dem Unfall ist die Verletzungshandlung von dem Zweck bestimmt gewesen, gerade - auch - die Schäden bei der Klägerin auszulösen“.

In jüngeren Entscheidungen hingegen stellen sowohl das BAG als auch der BGH hinsichtlich der Unmittelbarkeit bzw. Betriebsbezogenheit auf die objektive Stoßrichtung sowie - ergänzend - den Grad der Beeinträchtigung ab. Eingriffe können danach nur haftungsbegründend sein, wenn sie ihrer objektiven Stoßrichtung nach gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtet sind. Auch muss ihnen eine Schadensgefahr eigen sein, die über eine Belästigung oder eine sozialübliche Behinderung hinausgeht und geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen (vgl. BAG vom 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - NZA 2009, 615; BGH vom 21. April 1998 - VI ZR 196-97 - NJW 1998, 2141; noch weitergehend BGH vom 14. April 2005 - V ZB 16/05 - NJW-RR 2005, 1175 m.w.N., der sogar Beeinträchtigungen verlangt, die „die Grundlagen des Betriebs bedrohen, den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufheben oder die Tätigkeit des Inhabers als solche in Frage stellen“).

bb) Ausgehend davon kann bei der hier vorzunehmenden wertenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Hauptstreik gerade (auch) unmittelbar gegen den Betrieb der Fluggesellschaften richtete. Vielmehr richtete sich der Hauptstreik nach seiner objektiven Stoßrichtung, also derjenigen Richtung, in die eine Maßnahme objektiv zielt, allein gegen die Klägerin zu 3). Denn Ziel des Streiks war die gemeinschaftliche Ausübung von Druck auf die Klägerin zu 3), deren Verhandlungsbereitschaft beeinflusst werden sollte. Diesen Druck versucht die Beklagte zu erreichen, indem sie der bestreikten Klägerin zu 3) die benötigte Arbeitskraft in der Absicht entzog, sie vorübergehend an der Weiterführung des Betriebes zu hindern oder aber diese zu erschweren und ihr damit wirtschaftliche Nachteile zuzufügen. Der Aufruf zur Niederlegung der Arbeit in den Bereichen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht war damit unmittelbar gegen den betrieblichen Organismus der Klägerin zu 3) gerichtet, da dieser eigene Arbeitskraft als „Produktionsmittel“ entzogen werden sollte. Zwar sollte dies aus Sicht der Beklagten im Idealfall gerade dazu führen, dass die Klägerin zu 3) ihre Dienstleistungen in den Bereichen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht gegenüber den Fluggesellschaften nur eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben kann, was wiederum zu einer Einschränkung des Flugbetriebes führt und damit auch zu einer Beeinträchtigung der Klägerinnen zu 1) und 2). Jedoch waren ebendiese Folgen, die wohl auch von der Beklagten gewollt und beabsichtigt waren, nur mittelbare Folgen der Arbeitsniederlegung, die zudem von außen vorgegebenen Mechanismen und von der Beklagten nicht geschaffenen Interdependenzen folgten. Diese Folgen entzogen sich dem steuernden Einfluss der Beklagten, deren Handeln unmittelbar einzig darauf gerichtet war, der Klägerin zu 3) Arbeitskraft zu entziehen. Mögliche Folge der Arbeitsniederlegung hätte auch sein können, dass die Klägerin zu 3) als Streikgegnerin den Flugbetrieb - was teilweise auch geschehen ist - aufrechterhält, allerdings nur unter unverhältnismäßigen wirtschaftlichen und organisatorischen Anstrengungen.

Darin liegt auch der wesentliche Unterschied zu den von den Klägerinnen zitierten Entscheidungen des BAG vom 21. Juni 1988 (1 AZR 653/86 - NZA 1988, 884) und des OLG Dresden vom 16. November 2010 (9 U 765/10 - juris). In den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten haben die Schädiger durch Blockaden die Zu- und Auslieferungswege eines Betriebs- bzw. Werksgeländes versperrt und die betriebliche Tätigkeit gerade dadurch beeinträchtigt, dass unmittelbar und aktiv durch eine physische Betriebsblockade die Anlieferung von Rohstoffen, deren Verarbeitung und/oder die Auslieferung von Produkten verhindert werden sollte. Damit hatten es nicht mehr die Unternehmen (weitgehend) in der Hand, ob und in welchem Umfang und mit welchem zusätzlichen wirtschaftlichen oder organisatorischen Aufwand die Betriebe arbeiten konnten, sondern allein die blockierenden Arbeitnehmer. Im Gegensatz dazu fehlt es bei der bloßen Arbeitsniederlegung, die gerade nur mittelbar zur Folge hat, dass anderen als dem bestreikten Unternehmen Dienstleistungen oder für die Produktion ihrer Waren wichtige Güter entzogen werden, an diesem steuernden Einfluss. Die Beklagte hatte es hier zwar in der Hand, in welchem Umfang sie der Klägerin zu 3) Arbeitskraft entzieht, jedoch hatte sie keinen steuernden Einfluss darauf, in welchem Maße den Fluggesellschaften dadurch die zur Aufrechterhaltung ihrer betrieblicher Tätigkeiten erforderlichen Dienstleistungen der Klägerin zu 3) entzogen werden und erst recht nicht, in welchem Maße dadurch deren Gewerbebetriebe gestört werden. Sie kann bei einem Streik gegen die Klägerin zu 3) weder die bei den Fluggesellschaften eintretenden Betriebsstörungen verstärken, noch kann sie isoliert auf die Fluggesellschaften Rücksicht nehmen. Vielmehr hatte es hier allein die Klägerin zu 3) in der Hand durch geeignete Maßnahmen die streikbedingten Betriebsstörungen zu kompensieren, was ihr auch zu einem großen Teil gelungen ist. Die Beklagte hat sich auch keiner zusätzlichen Mittel wie beispielsweise einer Blockade bedient, um aktiv und unmittelbar den Flugbetrieb zu stören. Ein Streik - jedenfalls ein solcher, bei dem ein Großteil der betrieblichen Tätigkeiten aufrecht erhalten bleibt - ist damit nicht gleichzusetzen mit einer Blockade.

Dort wo Dritte von den Folgen eines Streiks betroffen sind und es an einem steuernden Einfluss der Gewerkschaft auf diese Fernwirkung fehlt, ist nach Auffassung der Kammer auch die Willensrichtung der streikenden Gewerkschaft, auf die das BAG und der BGH in den oben zitierten Entscheidungen vom 16. Juni 1977 und 21. Juni 1988 maßgeblich abstellen, kein taugliches Mittel, um einen mittelbaren von einem unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff abzugrenzen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Streik der bei Dritten zu vom Schädiger nicht weiter beeinflussbaren Folgen führt, dann einen betriebsbezogenen Eingriff darstellt, wenn der Schädiger die Folgen kennt und beabsichtigt und dann keinen betriebsbezogenen Eingriff darstellt, wenn er diese Folgen nicht überblickt oder zwar erkennt, diese aber unerwünscht sind, jedoch billigend in Kauf genommen werden. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Frage (des Grades) des Verschuldens und nicht des Rechtsgutseingriffs.

Soweit es einer Gewerkschaft aber primär um die Schädigung Dritter unter dem Deckmantel eines Streiks geht, so sind diese Dritten hinreichend über § 626 BGB, der keinen Eingriff in ein absolut geschütztes Recht erfordert, geschützt. Ein solcher Fall der vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung ist hier nun aber nicht gegeben und wird auch von den Klägerinnen nicht behauptet. Auch aus dem von den Klägerinnen zitierten Spiegel-Online Interview kann nicht geschlossen werden, dass es der Beklagten vornehmlich um die Schädigung der Fluggesellschaften ginge. Zwar hat der damalige Vorstand Tarif/Recht der Beklagten, der ausweislich der Ankündigungsschreiben vom 15. und 25. Februar 2012 auch einer der Streikleiter war, in diesem Interview den Erfolg des Streiks u.a. an der Zahl der annullierten Flüge gemessen und darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, dass es der Beklagten auch um Verspätungen gehe und „noch wichtiger“ darum, dass die Buchungszahlen bei den Airlines eingebrochen seien. Jedoch dürfte sich der Blick der Beklagten neben den Flugausfällen deshalb auch auf die Buchungsrückgänge gerichtet haben, weil diese Buchungsrückgänge gerade auch finanzielle Nachteile für die Klägerin zu 3) bedeuten. Denn der wirtschaftliche Gewinn der Klägerin zu 3) ist nicht allein abhängig von der Anzahl der startenden und landenden Flugzeuge, sondern auch von der Anzahl der der beförderten Passagiere.

e) Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu 3) war rechtswidrig, da er die sich aus dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 ergebende (relative) Friedenspflicht verletzt hat.

aa) Bei der Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts sind zunächst die Grenzen zu beachten, welche die Tarifvertragsparteien für etwaige Arbeitskämpfe selbst gezogen haben (BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1035 m.w.N.). Diese Selbstbeschränkung ihrer Arbeitskampffreiheit begründen die Tarifvertragsparteien regelmäßig durch den Abschluss von Tarifverträgen und die sich daraus ergebende Friedenspflicht. Ein Tarifvertrag schützt die Tarifvertragsparteien bzw. als Vertrag zu Gunsten Dritter deren Mitglieder davor, hinsichtlich der tariflich geregelten Materie mit Arbeitskampfmaßnahmen überzogen zu werden. Die Friedenspflicht muss nicht gesondert vereinbart werden. Sie ist vielmehr dem Tarifvertrag als einer Friedensordnung immanent (BAG vom 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 m.w.N.). Sie verbietet es den Tarifvertragsparteien, einen bestehenden Tarifvertrag inhaltlich dadurch in Frage zu stellen, dass sie Änderungen oder Verbesserungen der vertraglich geregelten Gegenstände mit Mitteln des Arbeitskampfrechts durchzusetzen versuchen (BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.).

Ihre sachliche Reichweite ist durch Auslegung der tariflichen Regelungen zu ermitteln (BAG vom 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 m.w.N.). Haben die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt, ist davon auszugehen, dass sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollen, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen (BAG vom 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 m.w.N.).

bb) Die Beklagte hat mit dem Streik unter anderem Tarifziele durchzusetzen versucht, die in einem solchen sachlichen, inneren Zusammenhang mit Regelungen stehen, die bereits in dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 abschließend zwischen den Tarifparteien geregelt waren.

 (1) Nach § 12 Abs. 2 S. 1 des Landesbezirkstarifvertrages sollen die Regelungen für „die genannten Zeiträume“ abschließend sein. Aus der Formulierung im Plural ergibt sich, dass zu differenzieren ist zwischen denjenigen Regelungen, die bis jedenfalls zum Ende des Jahres 2017 gelten und denjenigen, die vorzeitig kündbar sind. Der erkennbare Wille der Tarifvertragsparteien ging also dahin, dass die jeweiligen Regelungen bzw. Regelungskomplexe bis zu einer wirksamen Kündigung abschließend sein sollen.

 (2) Die Beklagte begehrt mit dem streitgegenständlichen Streik die Durchsetzung der in dem Schlichtungsvorschlag vom 3. Februar 2012 (Anlage K 5 im Anlagenband) vorgeschlagenen Tarifbestimmungen. In diesem vorgeschlagenen Tarifwerk finden sich nun aber mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 auch solche Regelungen, die mit den ungekündigten Regelungen aus dem Landesbezirkstarifvertrag in einem sachlichen, inneren Zusammenhang stehen und von diesem abweichen.

So regelt § 8 des Landesbezirkstarifvertrages den finanziellen Ausgleich für solche Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz eingesetzt werden können. Die Differenz zwischen den bisherigen Monatsbezügen und den künftigen, soll danach gestaffelt nach der Betriebszugehörigkeit wie folgt abgesichert werden:

- ab 28 Jahren 100% unbegrenzt

- ab 23 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 90 % innerhalb von 8 Jahren

- ab 18 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 80 % innerhalb von 5 Jahren

§ 18 Abs. 8 des Schlichtungsvorschlags enthält ebenfalls eine Regelung über die Beschäftigung auf einem nicht gleichwertigen Arbeitsplatz und sieht einen nicht nach Beschäftigungsdauer gestaffelten Ausgleich der Entgeltdifferenz vor. Zwar regelt § 18 Abs. 8 lediglich die Folgen eines Arbeitsunfalls, gleichwohl überschneidet sich diese Regelung hinsichtlich der Adressatenkreise mit derjenigen in § 8 des Landesbezirkstarifvertrages. Auch dienen diese Normen dem gleichen Zweck, nämlich der sozialen Absicherung von Mitarbeitern, die aus gesundheitlichen Gründen eine geringwertigere Tätigkeit ausüben müssen. Erlitt beispielsweise ein Arbeitnehmer in der Vorfeldaufsicht mit einer Betriebszugehörigkeit von 18 Jahren einen Arbeitsunfall, infolgedessen er nur noch auf einem geringwertigeren Arbeitsplatz eingesetzt werden konnte, so wurde nach § 8 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 die Differenz zwischen den bisherigen und den künftigen Monatsbezügen innerhalb von 5 Jahren gleichmäßig abgesenkt auf 80 %. Unter Zugrundelegung der Regelung in § 18 Abs. 8 des Schlichtungsvorschlags erhielte dieser Arbeitnehmer nicht - wie bisher - lediglich einen teilweisen und befristeten, sondern einen vollständigen und unbefristeten Entgeltausgleich. Wenn nun aus einer bereits abschließend geregelten Materie ein Teilbereich herausgenommen und einer eigenständigen Regelung unterworfen werden soll, die zu wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Arbeitgeberin führen kann, so ist ein ausreichender sachlicher, innerer Zusammenhang in dem o.g. Sinn gegeben.

Gleiches gilt für § 7 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007. Darin findet sich eine abschließende (s.o.) Regelung über einen Belastungsausgleich. Danach besteht für langjährig Beschäftigte im Bereich „Apron Control“ als Erholungs- und auch Präventionsmaßnahme ein Anspruch auf Regenerationskuren. Weitere Präventionsmaßnahmen haben die Tarifvertragsparteien nicht vereinbart. Demgegenüber ergibt sich aus § 49 des von der Beklagten geforderten Tarifwerks, dass darüber hinaus zur „Entlastung älterer Mitarbeiter“ ein Anspruch auf einen Wechsel aus der Wechselschicht in den Schichtdienst besteht, wenn Apron-Controller 25 Jahre im Wechselschichtdienst gearbeitet haben. Beide Normen dienen dem Gesundheitsschutz langjähriger Mitarbeiter im Bereich Apron Control durch Reduzierung von Belastungen. Auch diese zusätzliche Regelung ist - wie die Klägerinnen zu Recht betonen - geeignet, mittelfristig wirtschaftliche Mehrbelastungen bei der Klägerin zu 3) zu verursachen, da sich durch den Wechsel aus dem Wechselschichtdienst in den Schichtdienst die Mitarbeiterstärke im Wechselschichtdienst verringert und dies ggf. durch Neueinstellungen kompensiert werden müsste. Daher stehen auch diese Regelungen in einem ausreichenden sachlichen, inneren Zusammenhang.

 (3) Ob auch ein Verstoß gegen die relative Friedenspflicht darin lag, dass die Beklagte mit § 35 Abs. 6a der Schlichtungsempfehlung eine Protokollnotiz zu § 5 Abs. 6 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 in der durch den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 19/2010 geänderten Fassung zu einer Tarifnorm erheben wollte, erscheint zwar zweifelhaft, kann aber mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen - ja sogar zugunsten der Klägerinnen unterstellt werden.

cc) Der Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks steht auch nicht entgegen, dass der Bundesvorsitzende der Verfügungsbeklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 9 Ga 24/12 am 29. Februar 2012 zu Protokoll erklärte, dass an den o.g. Tarifforderungen nicht mehr festgehalten werde. Dies lässt die Rechtswidrigkeit des Hauptstreiks jedenfalls nicht rückwirkend entfallen. Denn die Arbeitskampfparteien haben bereits vor Beginn einer Arbeitskampfmaßnahme dem jeweiligen Gegner den Kampfbeschluss bekanntzugeben, da die von einer Arbeitskampfmaßnahme betroffene Seite wissen muss, woran sie ist und was von ihr verlangt wird, damit sie ihr eigenes Verhalten darauf einrichten und von ihren arbeitskampfrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten Gebrauch machen kann (vgl. BAG vom 19. Juni 2012 - 1 AZR 775/10 - NZA 2012, 1372 m.w.N). Ob mit dem Fallenlassen dieser Forderungen der Arbeitskampf ex nunc rechtmäßig wurde, kann - da nicht entscheidungserheblich - offen bleiben (bejahend wohl HLAG vom 09. August 2011 - 9 SaGa 1147/11 - BeckRS 2011, 75508; wobei in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt der Streik lediglich angekündigt, jedoch die Arbeit noch nicht niedergelegt war).

dd) Die Behauptung der Beklagten, dass die in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2012 fallengelassenen Forderungen unwesentlich bzw. unbedeutend gewesen seien und auf das Streikgeschehen keinerlei Einfluss gehabt hätten, spielt für die Frage der Rechtswidrigkeit nach Auffassung der Kammer keine Rolle (offen gelassen BAG vom 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734), da eine Überprüfung durch die Gerichte auf eine unzulässige gerichtliche Tarifzensur hinausliefe. Vielmehr handelt es sich bei der Frage, ob der oben dargestellte Verstoß gegen die Friedenspflicht überhaupt Einfluss auf die Verhandlungen und deren Verlauf hatte, um eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität bzw. der Zurechenbarkeit unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens (s.u.). Ein bestreikter Arbeitgeber ist damit hinreichend davor geschützt, dass eine Gewerkschaft ihren Streikforderungen (bewusst) unwesentliche, friedenspflichtverletzende Forderungen beifügt. Denn auch wenn diese Forderungen den Streikverlauf nicht beeinflussen, hat der Arbeitgeber gegen die rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahme einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB. Andererseits wird sich die Gewerkschaft, wenn feststeht, dass auch ohne diese unwesentlichen Nebenforderungen der Streik zur selben Zeit und in derselben Art und Weise stattgefunden hätte, was sie darzulegen und ggf. auch zu beweisen hätte (vgl. BGH vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - NWJ 1993, 520), auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen können, was zwar einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers nicht entgegen steht, aber eine Pflicht zum Ersatz der durch den rechtswidrigen Arbeitskampf verursachten Schäden ausschließt.

ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sich die Klägerin zu 3) auch auf den Friedenspflichtverstoß berufen. Sie handelt damit nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Ihr oblag es insbesondere nicht, die Beklagte im Rahmen der Tarifverhandlungen auf etwaige Friedenspflichtverstöße für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern sollten und die Beklagte einen Arbeitskampf plane, hinzuweisen. Die Friedenspflicht steht - und das verkennt die Beklagte im Rahmen ihrer Argumentation - auch Verhandlungen über noch geltende Tarifnormen nicht entgegen, sondern lediglich der Änderung geltender Tarifnormen mit dem Mittel des Arbeitskampfes.

f) Die beklagte Gewerkschaft haftet gleichwohl nicht für die durch den Hauptstreik verursachten Schäden, da sie sich mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen kann. Denn die von der Klägerin zu 3) behaupteten Schäden wären ebenso eingetreten, wenn die Beklagte die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse von vornherein nicht in ihre Streikforderung aufgenommen hätte. Damit sind ihr die durch den Hauptstreik entstandenen Schäden nicht zuzurechnen.

aa) Die Berufung des Schädigers auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des BAG und des BGH, der sich die erkennende Kammer anschließt, für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Die Erheblichkeit des Einwands richtet sich nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (vgl. zuletzt BGH vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 m.w.N.; auch BAG vom 24. August 2006 - 8 AZR 414/05 - NZA 2007, 51). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (vgl. BGH vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 m.w.N.; Oetker, in: MünchKomm- BGB, 6. Aufl., § 249 Rn. 221).

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Streik keinen anderen Verlauf genommen hätte und die Streikfolgen identisch gewesen wären, wenn die Beklagte die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse von Anfang an nicht in die Streikforderung aufgenommen hätte. In diesem Fall wäre der Streik auch rechtmäßig gewesen. Der Schutzzweck der Friedenspflicht steht einer Berufung der Beklagten auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht entgegen.

 (1) Der Streik hätte auch ohne die o.g. Tarifforderungen zur selben Zeit, am selben Ort und auf dieselbe Art und Weise stattgefunden. Diese Behauptung hat weder die Klägerin zu 3) (ausreichend) bestritten, noch haben es die Klägerinnen zu 1) und 2) getan. Vielmehr stellen sie sich auf den Standpunkt, dass die Beklagte lediglich Mutmaßungen anstellte. Darin liegt nun aber kein substantiiertes Bestreiten i.S.d. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO, weshalb diese Behauptung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Die Auffassung, dass es sich bei der Behauptung der Beklagten um eine bloße Mutmaßung und damit um eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein handle, kann die Kammer nicht teilen. Vielmehr hat die Beklagte ihren Einwand mit - unstreitig gebliebenen - Tatsachen untermauert und damit schlüssig dargelegt. So spricht bereits der Umstand, dass am Ende der Schlichtung ausweislich der Schlichtungsempfehlung vom 3. Februar 2012 lediglich Streit zwischen den Verhandlungspartnern über den Geltungsbereich, die Laufzeit, die Entgelte, die Berechnung des Nachtzeitraumes, die Vergütung der Überstunden, die Regelung der Rufbereitschaft und die Überleitungsvorschriften herrschte und über die übrigen Punkte (die in grüner Schrift gehaltenen Passagen der Synopse) eine Einigung erzielt werden konnte, dafür, dass die Forderung der o.g. Tarifnormen neben den streitig gebliebenen Tarifforderungen keinen Einfluss auf das Streikgeschehen hatten. § 35 Abs. 6a der Synopse wurde unstreitig sogar auf Initiative der Klägerin zu 3) in die Schlichtungsempfehlung aufgenommen. Den § 18 Abs. 8 hatte sie schon vor der Schlichtung akzeptiert. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen nach den unstreitigen Behauptungen der Beklagten deren Entgeltforderungen für die Beschäftigten und die Einbeziehung der Vorfeldaufsicht in den Geltungsbereich des angestrebten Tarifvertrags. Ein weitere Indiz dafür, dass diese Forderungen nicht „streikbestimmend“ waren, ist, dass die Beklagte diese Forderungen in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2012 in dem gegen den Hauptstreik gerichteten Eilverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main fallen ließ, ohne dass hierdurch sogleich weitere Verhandlungen aufgenommen wurden. Die Klägerinnen haben hingegen nicht aufgezeigt, weshalb - entgegen dieser schlüssigen Behauptungen der Beklagten - von einem anderen Verhandlungsverlauf auszugehen wäre, wenn die Beklagte die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Schlichtungsempfehlung beigefügten Synopse von Anfang an nicht in ihre Streikforderung aufgenommen hätte.

 (2) Ohne die vorgenannten Forderungen wäre der Hauptstreik rechtmäßig gewesen. Er verstieß weder gegen die in § 12 Abs. 2 S. 2 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 vereinbarte erweiterte (umfassende) Friedenspflicht noch gegen die relative Friedenspflicht. Ebenso wenig verletzte er den Grundsatz der Arbeitskampfparität und der Verhältnismäßigkeit.

 (a) Der von der Beklagten geführte Hauptstreik verletzt nicht die im Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 vereinbarte erweiterte (umfassende) Friedenspflicht. Zwar ist in § 12 Abs. 2 S. 2 dieses Tarifvertrages geregelt, dass auch Sachverhalte außerhalb der in diesem Tarifvertrag geregelten Inhalte von der Friedenspflicht erfasst werden. Jedoch ist diese Vereinbarung von der Beklagten wirksam gekündigt worden. Gleiches gilt für die sich aus § 1 Abs. 2 ergebende Beschränkung der Tarifzuständigkeit auf die Bereiche „Zentrale Vorfeldkontrolle“ und „Verkehrszentrale“.

 (aa) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen war eine Teilkündigung, wie sie von der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 29. Juni 2011 gegenüber der Klägerin zu 3) und dem ... ausgesprochen wurde, zulässig. Zu Recht weisen zwar die Klägerinnen darauf hin, dass ein Tarifvertrag regelmäßig nur als Ganzes kündbar ist. Darin stimmen Rechtsprechung und Schrifttum überein. Ebenso ist es aber einhellige Ansicht, dass die Teilkündigung eines Tarifvertrags dann möglich ist, wenn dies - ausdrücklich - im Tarifvertrag vereinbart ist. Das BAG hat entschieden, dass eine Teilkündigung von Tarifverträgen „jedenfalls dann“ unbedenklich zulässig sei, wenn sich eine entsprechende Vereinbarung in dem betreffenden Tarifvertrag befinde und aus ihr mit der gebotenen Klarheit hervorgehe, auf welche konkreten Bestimmungen oder Teile des jeweiligen Tarifvertrags sich die Möglichkeit der Teilkündigung beziehen soll (vgl. BAG vom 3. Dezember 1985 - 4 ABR 7/85 - BAGE 50 , 277; ebenso BAG vom 16. August 1990 - 8 AZR 439/89 - NZA 1991, 353). Ob eine Teilkündigung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zulässig ist, hat das BAG in seiner Entscheidung vom 3. Mai 2006 (4 AZR 795/05 - NZA 2006, 1125) ausdrücklich offen gelassen. Auch vorliegend kann diese Rechtsfrage offen bleiben, da § 12 Abs. 1 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 ausdrücklich eine Teilkündigung zulässt und sich - jedenfalls nach der gebotenen Auslegung - mit hinreichender Klarheit ergibt, auf welche Teile oder konkreten Bestimmungen sich die Möglichkeit der Teilkündigung bezieht; nämlich auf die „Vereinbarung im Übrigen“, also auf alle tariflichen Normen und schuldrechtlichen Vereinbarungen außerhalb der verbleibenden §§ 5 - 8 mit Ausnahme derjenigen Vereinbarungen, die für die Interpretation bzw. Anwendung der noch verbleibenden Regelungen in §§ 5 bis 8 unabdingbar sind.

 (bb) Die schuldrechtlichen Bestimmungen von Tarifverträgen - und um eine solche handelt es sich bei § 12 Abs. 1 des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 - werden nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB ausgelegt. Nach dem Wortlaut dieser Regelung sollen die §§ 5 bis 8 des Tarifvertrages erstmals zum Ende 2017 kündbar sein und im Übrigen soll der Tarifvertrag bereits zum Ende 2011 kündbar sein. Ausweislich des Wortlauts diese Teilkündigungsvereinbarung gilt dies für sämtliche Regelungen außerhalb der §§ 5 bis 8. Allerdings kann - und dies gebietet das Gesetz der Logik - sich die Kündigungsmöglichkeit nicht auf diejenigen (schuldrechtlichen) Vereinbarungen beziehen, die für die Interpretation bzw. Anwendung der noch verbleibenden Regelungen in §§ 5 bis 8 unabdingbar sind. Dies sind aber lediglich § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 1 und § 12 Abs. 2 S. 1 des Tarifvertrages. Dass nämlich der Geltungsbereich (§ 1 Abs. 1) auch für die §§ 5 bis 8 unverändert sein soll, entspricht eindeutig dem Willen und auch dem gemeinsamen Verständnis der Tarifvertragsparteien. Ebenso soll es auch nach der Teilkündigung dabei verbleiben, dass die §§ 5 bis 8 erstmals zum Ende des Jahres 2017 gekündigt werden können. Ansonsten hätte § 12 Abs. 1 S. 1 keinerlei Regelungsgehalt und würde auch keinen Sinn machen. Auch zeigt die Verwendung des Plural in § 12 Abs. 2 S. 1 („genannten Zeiträume“), dass Regelungen, soweit sie nach einer Teilkündigung fortgelten, abschließend sein sollen. Dafür, dass auch weitere Vereinbarungen - insbesondere die Vereinbarung der erweiterten Friedenspflicht (§ 12 Abs. 2 S. 2) und der begrenzten Tarifzuständigkeit (§ 1 Abs. 2) - nicht von der Möglichkeit der Teilkündigung betroffen sein sollen, gibt es hingegen keine Anhaltspunkte. Damit verbleibt es dabei, dass alle Vereinbarungen mit Ausnahme derjenigen in den §§ 5 bis 8 und denjenigen, die zur Interpretation bzw. Anwendung dieser Regelungen zwingend erforderlich sind, teilgekündigt werden können und mit den Schreiben vom 29. Juni 2011, die der Klägerin zu 1) sowie dem ... am 30. Juni 2011 jeweils per E-Mail als PDF-Anhang sowie per Fax übersandt wurden, auch teilgekündigt wurden.

 (cc) Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Ansicht entfaltete die Teilkündigung bereits mit ihrem Zugang per E-Mail am 30. Juni 2011 Wirkung zum 31. Dezember 2011, da es einer Schriftform i.S.d. § 126 BGB nicht bedurfte. Denn wegen des eindeutigen Wortlauts von § 1 Abs. 2 TVG, der lediglich für den Abschluss eines Tarifvertrages ein Schriftformgebot aufstellt, und mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für Kündigungen bedarf die Kündigung vorbehaltlich anderer Abreden im Tarifvertrag selbst, die es vorliegend nicht gibt, nicht der Schriftform (vgl. Franzen in: ErfK § 1 TVG Rn. 32 m.w.N.).

 (b) Der Hauptstreik verletzt auch nicht den Grundsatz der Arbeitskampfparität.

 (aa) Da ein funktionierendes Tarifvertragssystem annähernd gleichgewichtige Verhandlungschancen der Tarifvertragsparteien voraussetzt, ist durch die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts zu gewährleisten, dass keine Tarifvertragspartei der anderen von vornherein ihren Willen aufzwingen kann (vgl. BAG vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 - BAGE 46, 322; BAG vom 10. Juli 1980 - 1 AZR 822/79 - BAGE 33, 140). Nach der Rechtsprechung des BAG sind insoweit die realen Kräfteverhältnisse maßgebend, ohne dass alle Besonderheiten des Arbeitskampfes berücksichtigt werden müssten. Der Grundsatz der Parität kann nur Kriterien erfassen, die einer typisierenden Betrachtung zugänglich sind. Situationsbedingte Vorteile bleiben notwendigerweise unberücksichtigt (BAG vom 10. Juni 1980 - 1 AZR 822/79 - BAGE 33, 140; BVerfG vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212). Die Parität der Tarifvertragsparteien im Arbeitskampf setzt ihre Abwehrfähigkeit voraus. Diese darf durch den Arbeitskampf nicht grundlegend beeinträchtigt werden (BAG 24. April 2007 - 1 AZR 252/06 - NZA 2007, 987). Allerdings lassen sich konkrete Maßstäbe, nach denen das Kräftegleichgewicht der Tarifvertragsparteien beurteilt werden könnte, Art. 9 Abs. 3 GG nicht entnehmen. Die Kampfstärke von Koalitionen hängt von einer im Einzelnen kaum überschaubaren Fülle von Faktoren ab, die in ihren Wirkungen schwer abschätzbar sind (BVerfG 04. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 - BVerfGE 92, 365). Die Vorgabe, möglichst für Parität zwischen den Tarifvertragsparteien zu sorgen, genügt daher als Handlungsanweisung für die konkrete gerichtliche Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts allein in der Regel nicht. Es bezeichnet aber zumindest eine Grenze, die bei der gerichtlichen Ausgestaltung nicht überschritten werden darf. Durch diese darf die Parität, deren Bewahrung oder Herstellung sie gerade dienen soll, nicht beseitigt und ein vorhandenes Gleichgewicht der Kräfte nicht gestört oder ein Ungleichgewicht verstärkt werden (BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.).

 (bb) Ausgehend davon ist vorliegend eine Störung der Kampfparität zu Lasten der Klägerin zu 3) nicht ersichtlich.

 (α) Insbesondere bedingt die Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit durch das BAG und die damit für die Klägerin zu 3) einhergehende Gefahr von Arbeitskämpfen einer Vielzahl schlagkräftiger Sparten- und Spezialgewerkschaften für sich genommen kein Kräfteungleichgewicht zu Lasten der Klägerin zu 3). Denn im Zusammenhang mit der Anerkennung einer kleinen Gewerkschaft und im Rahmen der Prüfung deren Durchschlagskraft hat das BAG in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2004 (1 ABR 51/03 - NZA 2005, 697) darauf hingewiesen, dass bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, auch daraus ergeben könne, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfes kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können. Es hat darin aber nicht schon eine Gefährdung der den Tarifpartnern obliegenden sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens gesehen. Vielmehr hat es der „kleinen" Gewerkschaft gerade zugebilligt, auf der Grundlage der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit für sich zu entscheiden, für welche Arbeitnehmer und in welchem Wirtschaftsbereich sie tätig werden will. Es hat einer solchen Gewerkschaft auch das ausdrückliche Recht zugebilligt, sich um den Abschluss eines spezielleren, einen sogar konkurrierenden Tarifvertrag verdrängenden Tarifvertrags zu bemühen. Daraus lässt sich jedoch nur der Schluss ziehen, dass der Arbeitskampf einer kleinen aber mächtigen Gewerkschaft, deren Mitglieder Schlüsselpositionen einnehmen, nicht schon zu Lasten der Parität auf Arbeitgeberseite führt (vgl. LAG Sachsen vom 2. November 2007 - 7 SaGa 19/07 - NZA 2007, 1023). Ganz im Gegenteil: Würde man den bei der Beklagten organisierten Arbeitnehmern in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht jegliches Streikrecht für einen eigenen Tarifvertrag absprechen, so würde dies gerade nicht zur Herstellung der Parität im Kräfteverhältnis, sondern zu deren Beseitigung zu Lasten der Beklagten führen (so auch zum Streik im Schienenverkehr: LAG Sachsen vom 2. November 2007 - 7 SaGa 19/07 - NZA 2007, 1023).

 (β) Die Kammer folgt auch nicht der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung, dass für die Beklagte ein Arbeitskampf ohne wesentliches eigenes Risiko, verbunden jedoch mit schwerwiegenden und irreversiblen Schäden möglich gewesen sei, während der Klägerin zu 3) keinerlei taugliche Abwehrmittel zur Verfügung gestanden hätten. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Zahlenmaterial im gesamten Zeitraum vom 16. Februar 2012 bis zum 1. März 2012 ca. 90 % und an den Streiktagen ca. 84% der Flugbewegungen ganz ohne den Einsatz eigener Kampfmittel und allein durch den Einsatz kurzfristig geschulten Ersatzpersonals aufrechterhalten werden konnten. Dies schließt die Annahme aus, dass die Beklagte der Klägerin zu 3) durch den geführten Arbeitskampf von vornherein ihren Willen aufzwingen konnte.

Zwar ist den Klägerinnen zuzugeben, dass sich nicht jedes „anerkannte“ Arbeitskampfmittel in der Situation der Klägerin zu 3) als tauglich erweist. So dürfte es zutreffen, dass die Klägerin zu 3) sich nicht effektiv durch eine suspendierende Aussperrung hätte verteidigen können. Ausreichend dargelegt haben sie indes nicht, warum auch eine lösende Aussperrung kein mögliches Verteidigungsmittel darstellt. Sie behaupten lediglich (pauschal), dass bei Streiks von Funktionseliten eine lösende Aussperrung deshalb nicht möglich sei, weil nach dem Streik die Mitarbeiter wieder gebraucht würden. Tatsachen, anhand derer diese Behauptung bezogen auf den vorliegenden Streitfall für die Kammer nachprüfbar wären, tragen sie jedoch nicht vor. Vielmehr ist es der Klägerin zu 3) sogar gelungen, durch kurzfristiges Anlernen von Mitarbeitern einen Großteil der Streikfolgen abzufangen. So konnten - sogar ganz ohne den Einsatz von Kampfmitteln - im gesamten Zeitraum vom 16. Februar 2012 bis zum

1. März 2012 ca. 90 % und an den Streiktagen ca. 84% der Flugbewegungen aufrechterhalten werden. Vor diesem Hintergrund scheint es nicht fernliegend, bei einem länger andauernden Streik die streikenden Mitarbeiter weitgehend zu ersetzen. Die lösende Aussperrung, die zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse der streikenden Mitarbeiter führt, wird vom BAG als grundsätzlich zulässig erachtet (vgl. BAG vom 21. April 1971 - GS 1/68 - NJW 1971, 1668). Die lösende Aussperrung wird zwar nur dann als verhältnismäßiges arbeitgeberseitiges Arbeitskampfmittel angesehen, wenn eine suspendierende Aussperrung zur Sicherstellung der Kampfparität unzulänglich ist (vgl. BAG vom 21. April 1971 - GS 1/68 - NJW 1971, 1668). Genau dies behaupten nun aber die Klägerinnen. Zumindest jedoch verbleibt der Klägerin zu 3) mit der lösenden Aussperrung eine geeignete Drohkulisse, um die aus ihrer Sicht exorbitanten Forderungen der Beklagten und einem unter Umständen lang anhaltenden Arbeitskampf von Anfang an einen gewissen Einhalt zu gebieten (siehe zur lösenden Aussperrung: Steinau-Steinbrück/Glanz in NZA 2009, 113; Greiner in NZA 2007, 1023).

 (c) Der Hauptstreik wäre ohne die o.g. Verletzung der relativen Friedenspflicht auch nicht unverhältnismäßig. Vielmehr wäre er geeignet und erforderlich zur Erreichung eines zulässigen Streikziels und überdies auch angemessen (proportional).

Zentraler und angemessener Maßstab für die Beurteilung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Arbeitskampfs ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinn (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.). Es bedarf daher einer Abwägung kollidierender Rechtspositionen. Das Abwägungspostulat der Verhältnismäßigkeit erfordert stets eine Würdigung, ob ein Kampfmittel zur Erreichung eines rechtmäßigen Kampfziels geeignet und erforderlich und bezogen auf das Kampfziel angemessen (proportional bzw. verhältnismäßig im engeren Sinn) eingesetzt worden ist (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.).

 (aa) Geeignet ist ein Kampfmittel, wenn durch seinen Einsatz die Durchsetzung des Kampfziels gefördert werden kann. Dabei kommt den einen Arbeitskampf führenden Koalitionen eine Einschätzungsprärogative zu. Sie haben einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob eine Arbeitskampfmaßnahme geeignet ist, Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben. Die Einschätzungsprärogative ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Freiheit in der Wahl der Arbeitskampfmittel. Nur wenn das Kampfmittel zur Erreichung des zulässigen Kampfziels offensichtlich ungeeignet ist, kann eine Arbeitskampfmaßnahme aus diesem Grund für rechtswidrig erachtet werden (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.).

Mit Ausnahme der im Rahmen der Prüfung des rechtmäßigen Alternativverhaltens auszuklammernden Verletzung der relativen Friedenspflicht durch die von der Beklagten aufgestellte Forderung (s.o.) hat die Beklagte ein zulässiges Kampfziel mit nicht offensichtlich ungeeigneten Mitteln erstrebt.

 (bb) Erforderlich ist ein Kampfmittel, wenn mildere Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels nach der Beurteilung der den Arbeitskampf führenden Koalition nicht zur Verfügung stehen. Auch insoweit umfasst deren Betätigungsfreiheit grundsätzlich die Einschätzung, ob sie zur Erreichung des verfolgten Ziels das gewählte Mittel für erforderlich oder andere Mittel für ausreichend erachtet (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.). Die Grenze bildet auch hier der Rechtsmissbrauch. Ein solcher liegt dann vor, wenn es des ergriffenen Kampfmittels zur Erreichung des Ziels - etwa deshalb, weil der Gegner dazu erkennbar ohnehin bereit ist - offensichtlich nicht bedarf, was vorliegend nicht der Fall war.

 (cc) Verhältnismäßig im engeren Sinn (proportional) ist ein Arbeitskampfmittel, das sich unter hinreichender Würdigung der grundrechtlich gewährleisteten Betätigungsfreiheit zur Erreichung des angestrebten Kampfziels unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der von der Kampfmaßnahme unmittelbar oder mittelbar Betroffenen als angemessen darstellt. Insoweit steht einer Arbeitskampfpartei keine Einschätzungsprärogative zu, geht es doch hierbei nicht um eine tatsächliche Einschätzung, sondern um eine rechtliche Abwägung. Allerdings ist bei dieser stets zu beachten, dass es gerade das Wesen einer Arbeitskampfmaßnahme ist, durch Zufügung wirtschaftlicher Nachteile Druck zur Erreichung eines legitimen Ziels auszuüben. Unverhältnismäßig ist ein Arbeitskampfmittel daher erst, wenn es sich auch unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs als unangemessene Beeinträchtigung gegenläufiger, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen darstellt (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - NZA 2007, 1055 m.w.N.). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er auf die Vernichtung des Gegners abstellt (vgl. BAG GS vom 21. April 1971 - GS 1/68 - AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) oder wenn er die wirtschaftliche Existenz des Gegners gefährdet; bspw. wenn die gegen ein Unternehmen gerichteten Arbeitskampfmaßnahmen nach den Umständen dazu führen oder führen können, dass es aus dem Markt ausscheiden muss (vgl. Kissel, Arbeitskampfrecht,2002, § 29 Rn. 24 ff. m.w.N.). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinn fordert auch, dass die Art und Weise der Arbeitskampfführung den Regeln der fairen Kampfführung entspricht (vgl. BAG vom 11. Mai 1993 - 1 AZR 649/92 - AP Nr. 63 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Schließlich dürfen Arbeitskämpfe auch das Gemeinwohl nicht offensichtlich verletzen wegen der möglichen tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen von Arbeitskämpfen sowie im Hinblick auf die Verantwortung der Tarifvertragsparteien gegenüber der Allgemeinheit (vgl. BAG vom 21. April 1971 - GS 1/68 - AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit kann, obwohl sie ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, jedenfalls zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt (BVerfG vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93 - 1 BvR 897/95 - BVerfGE 100, 271 ).

 (dd) Gemessen daran erweist sich der Hauptarbeitskampf unter Ausklammerung der o.g. Friedenspflichtverletzung auch nicht als unverhältnismäßig im engeren Sinne. Er führte nicht zu einer unangemessenen Beeinträchtigung anderer verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen, insbesondere Dritter.

 (α) Dass er auf die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin zu 3) oder anderer Unternehmen abzielt oder dazu auch nur geeignet wäre, haben die Klägerinnen weder behauptet noch ist dies aus den Umständen ersichtlich. Der Hauptstreik führte auch nicht dazu, dass sämtliche Dienstleistungen der Klägerin zu 3) gänzlich zum Erliegen gekommen wären.

 (β) Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Beklagte das Gebot der fairen Kampfführung verletzt hätte. Vielmehr hat sie den Streik rechtzeitig angekündigt und auch Notdienstarbeiten angeboten.

 (γ) Der Hauptstreik ist auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil es der beklagten Gewerkschaft lediglich um die Durchsetzung eines Tarifvertrages für ca. 200 Arbeitnehmer geht. Die Beklagte argumentiert zu Recht, dass es auf eine unzulässige gerichtliche Tarifzensur hinausliefe, wenn man im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die entstandenen Schäden in Relation zum von dem zu erstreikenden Tarifvertrag begünstigten Beschäftigtenkreises setzte.

Es ist allgemeine Ansicht, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht auf den Inhalt der Tarifforderung abgestellt werden kann. Inhaltliche Tarifkontrolle und Kontrolle des Inhalts der Tarifforderung und auch deren Bewertung und Gewichtung im Proportionalvergleich sind unzulässig. Ansonsten bestünde die Gefahr, über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine der Tarifautonomie widersprechende Tarifzensur auszuüben (vgl. BVerfG vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - AP Nr. 117 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Kissel, Arbeitskampfrecht, 2002, § 29 Rn. 34 m.w.N.). Denn es ist ohne Verletzung des Kernstücks koalitionsgemäßer Selbstbestimmung nicht der Entscheidung durch Außenstehende zugänglich, ob eine bestimmte Lohnerhöhung notwendig, angemessen oder vernünftig ist. Genauso wenig kann ein Arbeitskampf deshalb als Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips angesehen werden, weil er angesichts einer sehr niedrigen Forderung im Verhältnis zu den der Gegenseite entstehenden Schäden unproportional oder eine hohe Forderung im Interesse der Arbeitnehmer nicht erforderlich ist (vgl. Kissel, Arbeitskampfrecht, 2002, § 29 Rn. 34, 36). Gleiches muss hinsichtlich einer Relation zwischen den Streikfolgen und dem von der Streikforderung betroffenen Personenkreis gelten. Denn die Höhe der Forderung ist auch abhängig davon, wie groß der von ihr betroffene Personenkreis ist.

 (δ) Auch hat der Hauptstreik das Gemeinwohl nicht offensichtlich verletzt. Die Beeinträchtigungen Dritter gehen nicht über das Maß hinaus, welches erforderlich ist, um durch Zufügung wirtschaftlicher Nachteile Druck zur Erreichung eines legitimen Ziels auszuüben.

Zwar weisen die Klägerinnen unter Berufung auf Rüthers (ZfA 1987, 1) darauf hin, dass Streiks von Funktionseliten im Bereich des Luftverkehrs zur vollständigen Einstellung oder zumindest einer weitgehenden Beeinträchtigung des Flugverkehrs führen (können). Jedoch führt nicht bereits die Möglichkeit erheblicher Auswirkungen auf die Allgemeinheit zu einem generellen Verbot von Streikmaßnahmen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (vgl. LAG Sachsen vom 02. November 2007 - 7 SaGa 19/07 - BeckRS 2007, 52118). Auch können im Bereich des Flugverkehrs und insbesondere auch im Bereich der Flugsicherung grundsätzlich Arbeitskämpfe geführt werden. Davon geht jedenfalls die ganz überwiegende Ansicht aus (vgl. Hessisches LAG vom 22. Juli 2004 - 9 SaGa 593/04 - juris; LAG Rheinland-Pfalz vom 14. Juni 2007 - 11 Sa 208/07 - LAG Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 78; Löwisch, ZfA 1988, 137; Rüthers, ZfA 1987, 1). Vielmehr bedarf die Frage, wann ein Streik bei erheblicher Betroffenheit der Allgemeinheit als nicht mehr von der Koalitionsfreiheit gedeckt anzusehen ist, einer Einzelfallprüfung. Dafür müssen die tatsächlichen Umstände herangezogen werden. Zu berücksichtigen sind, ob es dem Streikgegner möglich ist, Ersatzdienstleistungen anzubieten, in welchem Umfang tatsächlich Personen und die Allgemeinheit von einem Streik betroffen sind und ob bzw. welche Ausweichmöglichkeiten für Betroffene bestehen. Außerdem ist relevant, welche Rechtsgüter betroffen sind (vgl. LAG Sachsen vom 02. November 2007 - 7 SaGa 19/07 - BeckRS 2007, 52118). Bei Arbeitskämpfen in der Daseinsvorsorge muss es zunächst, um eine Grundversorgung zu sichern, einen Notdienst geben. Denn ein Arbeitskampf belastet die Allgemeinheit in besonderem Maße, wenn die ausfallenden Dienste nicht substituierbar sind. Notstandsarbeiten sind die Arbeiten, die die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Diensten und Gütern während eines Arbeitskampfs sicherstellen sollen (vgl. BAG vom 30. März 1982 - 1 AZR 265/80 - BAGE 38, 207; BAG vom 31. Januar 1995 - 1 AZR 142/94 - BAGE 79, 152; LAG Sachsen vom 02. November 2007 - 7 SaGa 19/07 - BeckRS 2007, 52118 ).

Der Hauptstreik führte vorliegend weder zu Einstellung noch zu einer weitgehenden, nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung des Flugverkehrs. Dies ist auch nicht anders zu beurteilen, wenn man die Beförderung von Fluggästen und Gütern auf den Luftweg dem Bereich der Daseinsvorsorge zuordnet. Denn vorliegend war die Klägerin zu 3) nach ihren eigenen Angaben - sogar ohne die von der Beklagten mit den Schreiben vom 15. und 25. Februar 2012 angebotenen Notdienste - in der Lage, im gesamten Zeitraum vom 16. Februar 2012 bis zum 1. März 2012 ca. 90 % und an den Streiktagen ca. 84% der Flugbewegungen aufrechtzuerhalten und damit weit mehr als eine „Grundversorgung“ der vom Streik Betroffenen; dies umso mehr angesichts der kurzen Dauer des Arbeitskampfes.

Zudem ist zu beachten, dass die Luftbeförderung von Personen und Gütern in vielen Fällen substituierbar ist. Im Kurzstreckenbereich und bei Flügen ins nahe Ausland kann auf andere nahegelegene Flughäfen ausgewichen werden und insbesondere auch auf den Schienen- oder Straßenverkehr. Auch im Langstreckenbereich kann teilweise auf andere Flughäfen zurückgegriffen werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Hauptstreik das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit als die am stärksten geschützten Rechtsgüter beeinträchtigt hätte. Zwar behaupten die Klägerinnen, dass eine Beeinträchtigung des Flugverkehrs zu einer Verzögerung wichtiger Gütertransporte (z.B. Arznei- oder Lebensmittel) führe. Dass bzw. welche dringenden Transporte infolge des Hauptstreiks nicht haben durchgeführt werden können und dass es dadurch zu Gefährdungen für Leben und die Gesundheit gekommen sei, legen sie indes nicht dar. Angesichts des Umstandes, dass der Flughafen in Frankfurt - wenn er auch der Größte in Deutschland sein mag - nicht der einzige Flughafen ist und mit dem Flughäfen in Egelsbach ein weiterer Flughafen in unmittelbarer Nähe vorhanden ist und - jedenfalls im Inland und ins nahegelegene Ausland - auch auf andere Transportmittel zurückgegriffen werden kann, ist es auch fernliegend anzunehmen, dass infolge des Streiks die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern o.ä. erheblich beeinträchtigt wäre.

Würde man der Argumentation der Klägerinnen folgen und den hier zu beurteilenden Hauptstreik (unter Ausklammerung der Friedenspflichtverletzung) mit seinen konkreten Auswirkungen (Dauer von ca. zwei Wochen und einer Einschränkungen der Flugbewegungen von maximal 16%) als unverhältnismäßig ansehen, so führte dies dazu, der Beklagten jegliches zur Durchsetzung von Tarifverträgen geeignetes Mittel abzusprechen und ihr damit faktisch einen Arbeitskampf gänzlich zu verbieten. Dies wiederum würde aber gerade nicht zum Schutz des Gemeinwohles die Aufrechterhaltung eines Betriebs im Mindestmaß sichern, sondern eine Vollversorgung.

 (3) Der Berufung auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens steht auch nicht der Schutzzweck der Friedenspflicht entgegen. Denn die Aufgabe der Friedenspflicht ist es nicht, den Arbeitskampf gänzlich zu unterbinden, sondern zu verhindern, dass Regelungsgegenstände, solange sie in einem noch gültigen Tarifvertrag geregelt sind, Gegenstand eines Arbeitskampfes sein dürfen. Wenn nun aber in einem umfangreichen Forderungspaket einzelne Forderungen enthalten sind, die noch der Friedenspflicht unterliegen, die jedoch von untergeordneter Bedeutung sind und bei denen feststeht, dass sie auf den Verhandlungsverlauf bzw. auf die Frage ob, wann und wie gestreikt werden soll, keinen Einfluss haben, so würde man der streikenden Gewerkschaft in einem von der Friedenspflicht nicht mehr bezweckten Umfang einseitig das Arbeitskampf- bzw. Haftungsrisiko aufbürden, wenn man den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht zuließe (vgl. im Ergebnis auch Schiemann in: Staudinger § 249 BGB, 2005, Rn. 105).

Etwas anderes ist auch nicht etwa der Entscheidung des BAG vom 31. Oktober 1958 (1 AZR 632/57 - NJW 1959, 908) zu entnehmen. Diese Entscheidung ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, weil es im Gegensatz zu dem der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Sachverhalt nicht um den Einwand der Beklagten geht, dass nach Ablauf des Tarifvertrages die derzeit noch friedenspflichtigen Streikziele zulässiger Gegenstand des Streiks hätten sein dürfen; man also zu einem späteren Zeitpunkt hätte rechtmäßig streiken dürfen. Diesen Einwand hatte das BAG deshalb nicht gelten lassen, weil die Friedenspflicht gerade die Möglichkeit zu Verhandlungen verlängern und so die Aussicht auf eine gütliche Einigung der Tarifpartner erhöhen soll. Im Gegensatz dazu beruft sich die hiesige Beklagte aber darauf, dass die Verhandlungen bzw. der sich anschließende Streik nicht anders verlaufen wäre, wenn die die Friedenspflicht verletzenden Forderungen nicht aufgestellt worden wären.

g) Die Beklagte haftet auch nicht für den angekündigten Unterstützungsstreik. Zwar war auch der angekündigte Unterstützungsstreik rechtswidrig, jedoch ist nach dem Vortrag der Klägerinnen nicht ersichtlich, welche Beeinträchtigungen bzw. Schäden gerade auf die Ankündigung des Unterstützungsstreiks zurückzuführen sind.

aa) Die Ankündigung des Unterstützungsstreiks war bereits deshalb rechtswidrig, weil der Hauptstreik wegen der Verletzung der relativen Friedenspflicht rechtswidrig war (s.o). Denn die Zulässigkeit gewerkschaftlicher Streiks, die der Unterstützung eines in einem anderen räumlichen oder fachlichen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfs dienen und grundsätzlich der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften unterfallen, ist bereits dann rechtswidrig, wenn der Hauptarbeitskampf, der unterstützt werden soll, seinerseits rechtswidrig ist. Dies folgt aus der Abhängigkeit (Akzessorietät) des Unterstützungsstreiks vom Hauptkampf (vgl. BAG vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - juris m.w.N.).

bb) Ob darüber hinaus die Ankündigung des Unterstützungsstreiks auch noch aus anderen Gründen rechtswidrig war, kann dahinstehen, da Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten bereits deshalb ausscheiden, weil weder die haftungsbegründende noch die haftungsausfüllende Kausalität dargelegt ist. Es ist nicht ersichtlich, ob und - wenn ja - in welchem Umfang Beeinträchtigungen des Flugverkehrs gerade durch die Ankündigung des Unterstützungsstreiks verursacht wurden und eben nicht lediglich Folge des noch laufenden Hauptstreiks waren, für den die Beklagte nun aber gerade nicht haftet (s.o.). Durch den Hauptarbeitskampf war bereits ein Kausalverlauf in Gang gesetzt, der zur Beeinträchtigung des Flugverkehrs geführt hat. Auch ohne die Ankündigung des Unterstützungsstreiks hätte der laufende Hauptstreik zur Beeinträchtigung des Flugverkehrs geführt. Zu welchen weiteren als den durch den Hauptstreik verursachten Beeinträchtigungen des Flugverkehrs es gekommen ist, ist von den Klägerinnen nicht dargetan.

2. Aus dem Vorangegangenen ergibt sich, dass den Klägerinnen auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 oder § 278 BGB zustehen können.

a) Zwar hat die Beklagte ihre schuldrechtliche (Friedens-)Pflicht gegenüber der Klägerin zu 3) aus dem Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007 verletzt (s.o.), jedoch kann sie sich auch im Rahmen der schuldrechtlichen Haftung auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen (s.o.). Bezüglich des nur angekündigten Unterstützungsstreiks scheitern schuldrechtliche Schadensersatzansprüche ebenfalls

an der Kausalität (s.o.).

b) Hinsichtlich einer schuldrechtlichen Haftung gegenüber den Klägerinnen zu 1) und 2) fehlt es überdies an einer schuldrechtlichen Verbindung mit der Beklagten. Denn die Klägerinnen zu 1) und 2) und die ... sind weder Vertragspartner des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 noch sind sie in den Schutzbereich dieses Tarifvertrages einbezogen.

aa) Verträge mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter kommen zum Tragen, wenn der Anspruch auf die geschuldete Hauptleistung allein dem Gläubiger zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten, aber auch Hauptleistungspflichten, einbezogen ist, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann (BGH vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11 - WM 2012, 1359; BGH vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - WM 2004, 1869). Die Rechtsprechung des BGH hierzu beruht auf einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geprägten ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB). Ihr liegt zugrunde, dass der Vertragsschuldner die Leistung nach dem Vertrag so zu erbringen hat, dass bestimmbare Dritte nicht geschädigt werden. Das hat zur Folge, dass einem einbezogenen Dritten im Falle der Schädigung ein eigener Ersatzanspruch als sekundärer vertraglicher Leistungsanspruch gegen den Schuldner zusteht (vgl. BGH vom 20. April 2004 - X ZR 250/02 - NJW 2004, 3035). Die Einbeziehung eines Dritten in die Schutzwirkungen eines Vertrages setzt jedenfalls voraus, dass Sinn und Zweck des Vertrages und die erkennbaren Auswirkungen der vertragsgemäßen Leistung auf den Dritten seine Einbeziehung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben erfordern und eine Vertragspartei, für den Vertragsgegner erkennbar, redlicherweise damit rechnen kann, dass die ihr geschuldete Obhut und Fürsorge in gleichem Maße auch dem Dritten entgegengebracht wird. Um die vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Ausgestaltung von vertraglicher und deliktischer Haftung nicht aufzugeben, ist bei Vermögensschäden eine Beschränkung auf eng begrenzte Fälle geboten. Der Kreis, der in den Vertragsschutz einbezogenen Dritten ist daher unter Beachtung einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Beteiligten dahin zu begrenzen, dass der Dritte mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommt, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte schutzbedürftig ist (vgl. BGH vom 06. Mai 2008 - XI ZR 56/07 - juris m.w.N.). Der BGH hat bei der Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Person in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, vielfach darauf abgestellt, ob das Wohl und Wehe dieser Person dem Vertragspartner der schutzpflichtigen Partei anvertraut war (vgl. BGH vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11 - WM 2012, 1359; BGH vom 2. November 1983 - IVa ZR 20/82 - NJW 1984, 355). Ebenso können die Vertragspartner, wenn es ihnen nicht um das Wohl und Wehe eines Dritten geht oder gehen muss, diesen Dritten ausdrücklich oder stillschweigend in den Schutzbereich ihres Vertrages einbeziehen (BGH vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11 - WM 2012, 1359; BGH vom 19. März 1986 - IVa ZR 127/84 - NJW-RR 1986, 1307).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind weder die Klägerinnen zu 1) und 2) noch die ... oder sonstige Fluggesellschaften in den Schutzbereich des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 einbezogen. Zwar kann ein Tarifvertrag - davon gehen die Klägerinnen zutreffend aus - in seinem schuldrechtlichen Teil, zu dem die Friedenspflicht gehört, zugleich ein Vertrag zu Gunsten Dritter sein. Regelmäßig ist er sogar ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Diese sollen davor geschützt werden, hinsichtlich der tariflich geregelten Materie mit Arbeitskampfmaßnahmen überzogen zu werden (vgl. BAG vom 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 734 m.w.N.). Jedoch schützt er nicht die Klägerinnen zu 1) und 2) oder andere Fluggesellschaften als Vertragspartner der Klägerin zu 3).

 (1) Es fehlt bereits an der sog. Leistungsnähe. Die Fluggesellschaften kommen gerade nicht bestimmungsgemäß mit den „vereinbarten Leistungen“ des Landesbezirkstarifvertrages Nr. 32/2007 in Berührung. Erforderlich ist eine zumindest unmittelbare Leistungsberührung (vgl. BGH vom 06. Mai 2008 - XI ZR 56/07 - juris m.w.N.). Mit den Leistungen dieses Tarifvertrages kommen nun aber als Dritte nur die Mitglieder der beklagten Gewerkschaft in Berührung, da die tarifvertraglichen Normen nur diese binden. Da auch die Friedenspflicht nur relativ wirkt, kann sich auch ihr „Drittschutzbereich“ nicht über den Kreis der normativ gebundenen Mitglieder der Tarifvertragsparteien erstrecken. Allein der Umstand, dass die Klägerinnen zu 1) und 2) - wie wohl auch andere Fluggesellschaften - von Streikmaßnahmen der Beklagten gegen die Klägerin zu 3) mehr oder weniger stark betroffen sind, führt nicht dazu, dass sie auch mit den tarifvertraglichen Leistungspflichten unmittelbar in Berührung kommen.

 (2) Die Klägerin zu 3) ist auch nicht für das „Wohl und Wehe“ der Fluggesellschaften verantwortlich. Es fehlt an einem entsprechenden personenrechtlichen Einschlag wie er etwa bei familienrechtlichen Rechtsverhältnissen vorliegt.

 (3) Schließlich enthält der Tarifvertrag auch deshalb keine stillschweigend vereinbarte Schutzwirkung zugunsten der Fluggesellschaften, weil die damit einhergehende Haftungserstreckung für die Beklagte unzumutbar wäre. Sie würde für die Beklagte unkalkulierbare Haftungsrisiken begründen, gegen die sie sich nicht einmal versichern könnte (zur Voraussetzung der Versicherbarkeit: BGH vom 20. April 2004 - X ZR 250/02 - NJW 2004, 3035; Grünberg in: Palandt, 72. Aufl., § 328 BGB Rn 16).

II.

Die Feststellungsanträge zu 2) bis 5) sind nur teilweise zulässig, jedoch - soweit zulässig - unbegründet.

1. Der Feststellungsantrag zu 2), mit dem die Klägerinnen festgestellt wissen wollen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen infolge der Streiks in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht der Klägerin zu 3) vom 16. Februar 2012 bis zum 22. Februar 2012 sowie vom 26. Februar 2012 bis zum 29. Februar 2012 entstanden sind und / oder zukünftig noch entstehen werden, ist lediglich insoweit zulässig, als diese Feststellung von den Klägerinnen zu 1) und 2) begehrt wird. Denn nur diese haben ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung (§ 256 ZPO). Der Klägerin zu 3) hingegen fehlt es an einem solchen Feststellungsinteresse.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann u.a. Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens vorliegen. Es ist von Amts wegen zu prüfen (vgl. BAG vom 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4). Das besondere Feststellungsinteresse ist bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden grundsätzlich dann gegeben, wenn Schadensfolgen in der Zukunft möglich sind, auch wenn ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind. Es muss allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestehen (vgl. BAG vom 19. August 2004 - 8 AZR 349/03 - AP SGB VII § 104 Nr. 4). Das bedeutet, dass ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO wegen eines erst künftig aus einem Rechtsverhältnis erwachsenden Schadens angenommen werden kann, wenn nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist (BAG vom 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 - AP SGB VII § 104 Nr. 6 m.w.N.).

b) Nach den vorstehenden Maßstäben ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin zu 3) nicht gegeben. Der Hauptstreik als aus Sicht der Klägerinnen schadensstiftendes Ereignis lag zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer ca. ein Jahr zurück und befand sich auch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Fortentwicklung. Die Klägerin zu 3) war ausweislich ihres Leistungsantrages in der Lage, ihre Schäden zu kategorisieren und zu beziffern. Dass über die mit der Leistungsklage geltend gemachten Schäden hinaus in Zukunft noch weitere Schäden wahrscheinlich sind, ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Der Vortrag der Klägerin zu 3) erschöpft sich in der Behauptung, dass weitere, noch nicht bezifferbare Schäden wahrscheinlich seien und beispielsweise der administrative Aufwand für die jeweils gebildeten Krisenstäbe noch nicht ermittelbar sei. Hierbei handelt es sich aber lediglich um eine eigene Einschätzung der Klägerin zu 3), die nicht hinreichend durch Tatsachen untermauert ist. Zum einen ist nicht dargetan, weshalb nach ca. einem Jahr der administrative Auffand für die Krisenstäbe noch nicht ermittelt werden kann und zum anderen sind auch sonstige sich noch in der Entstehung befindenden oder jedenfalls noch nicht bezifferbare Schäden nicht ersichtlich. In Ermangelung eines konkreten Tatsachenvortrages kann aber nicht zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass mit weiteren Schäden zu rechnen ist.

c) Anders verhält es sich bei den Klägerinnen zu 1) und 2). Diese haben dargetan, dass jedenfalls noch Regressforderungen von Fluggästen wegen der Flugausfälle infolge des Hauptstreiks drohen. Dies ist auch nicht gänzlich unwahrscheinlich, da der EuGH erst in seinem Urteil vom 4. Oktober 2012 (C-22/11 - BeckRS 2012, 81986) entschieden hat, dass Luftfahrtunternehmen, die ihre Fluggäste infolge eines Streiks nicht befördern konnten und Flüge umorganisieren mussten, ihren Fluggästen grundsätzlich zu Ausgleichszahlungen verpflichtet sind.

2. Soweit der Feststellungsantrag zu 2) zulässig ist, ist er aber unbegründet, da die Beklagte für keine der durch den Hauptstreik verursachten Schäden haftet (s.o.).

3. Der Klageantrag zu 3) ist insgesamt unzulässig.

a) Hinsichtlich der Klägerin zu 3) gilt auch hier, dass ein besonderes

Feststellungsinteresse nicht dargetan ist (vgl. oben).

b) Überdies ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt.

 (1) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger hat den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (vgl. BAG vom 14. Dezember 2011 - 4 AZR 242/10 - NZA 2012, 1452).

 (2) Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beklagte sämtliche „weiteren“ - also über die mit den Leistungsanträgen geltend gemachten hinausgehenden Schäden - zu ersetzen habe. Da nun aber nicht dargetan ist und - dies räumen die Klägerinnen ein - auch nicht dargetan werden kann, welche der entstandenen Schäden, deren Ersatz mit den Leistungsanträgen begehrt wird, auf die Ankündigung des Unterstützungsstreiks zurückzuführen sind, ist auch nicht bestimmbar was die „weiteren“ Schäden sind. Eine mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien wirkende Feststellung lässt sich nicht treffen.

4. Auch die Klageanträge zu 4) und 5) sind bereits unzulässig.

a) Es handelt sich bei diesen Anträgen um Zwischenfeststellungsklagen, deren Zulässigkeit gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zu beurteilen ist. Danach kann ein Kläger beantragen, ein im Laufe des Rechtsstreits streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festzustellen. Voraussetzung für deren Zulässigkeit ist, erstens, dass der Bestand des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung vorgreiflich ist (Greger in: Zöller, 29. Aufl., § 256 ZPO Rn. 21, 25), und, zweitens, dass das Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehung der Partei nicht bereits erschöpfend regelt. Es muss die Möglichkeit bestehen, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche erwachsen (Greger in: Zöller, 29. Aufl., § 256 ZPO Rn. 26). Wie das BAG mit Urteil vom 21. Dezember 1982 (1 AZR 411/80 - AP Nr. 76 zu Art 9 GG Arbeitskampf) ausgeführt hat, muss das incidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitstand hinaus Bedeutung haben oder gewinnen können. Steht fest, dass durch die Entscheidung über die Hauptsache die Rechtsbeziehungen, die sich für die Parteien aus dem streitigen Rechtsverhältnis ergeben können, mit Rechtskraftwirkung erschöpfend klargestellt werden, ist kein Raum für eine Zwischenfeststellungsklage (vgl. BAG vom 21. Dezember 1982 - 1 AZR 411/80 - AP Nr. 76 zu Art 9 GG Arbeitskampf).

b) Die Zwischenfeststellungsklage gerichtet auf das Begehren der Feststellung einer Rechtspflicht auf Unterlassung des Hauptstreiks bzw. des Unterstützungsstreiks ist gemessen an diesen Maßstäben unzulässig. Zwar berühmen sich die Klägerinnen deliktischer Schadensersatzansprüche aus dem Arbeitskampf und schließen nicht aus, dass ihnen noch weitergehende Schäden, als die mit dieser Klage geltend gemachten, entstanden sind, die sie mit den Klageanträgen zu 2) und 3) zu sichern versuchen. Aber für diese Ansprüche ist nicht die in den Anträgen zu 3) und 4) benannte Rechtspflicht zum Unterlassen vorgreiflich, sondern (u.a.) die Frage, ob die Beklagte rechtswidrig in das Recht der Klägerinnen an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unmittelbar eingegriffen hat. Wenn auch einzuräumen ist, dass ein drohender rechtwidriger und unmittelbarer Eingriff gleichsam Tatbestandvoraussetzung für einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB wäre.

Anders mag es sich verhalten bei den von den Klägerinnen geltend gemachten schuldrechtlichen Schadensersatzansprüchen. Denn die Verletzung der Friedenspflicht ist nichts anderes als eine schuldrechtliche Pflicht zum Unterlassen des Arbeitskampfes. Jedoch ist insgesamt nicht ersichtlich dass den Klägerinnen aus dem streitigen Rechtsverhältnis gegenüber der Beklagten weitere Ansprüche erwachsen können. Vielmehr sind die Rechtsbeziehung der Parteien durch die Entscheidung über die übrigen Anträge - allerdings nicht mit Rechtskraft - erschöpfend geregelt, da feststeht, dass den Klägerinnen unabhängig von einer etwaigen Rechtspflicht zum Unterlassen keine Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten zustehen.

Andere von der Frage der Unterlassungspflicht abhängige Ansprüche sind ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere gehen die Klägerinnen zu 1) und 2) selbst davon aus, keine Ersatzansprüche gegenüber der Klägerin zu 3) zu haben. Zwar gründen sich die von den Klägerinnen zu 1) und 2) behaupteten Schäden auf eine Leistungsstörung im Vertragsverhältnis zur Klägerin zu 3). Jedoch fehlt es an der Voraussetzung des Vertretenmüssens. Man wird der Klägerin zu 3) nicht vorhalten können, sie habe die infolge der Leistungsstörung bei den Klägerinnen zu 1) und 2) bzw. der ... eingetretenen Schäden deshalb zu vertreten, weil sie sich der Streikforderung der Beklagten nicht gebeugt habe (vgl. dazu Däubler, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl. 2011, S. 818). Auch wird man über § 278 BGB ein etwaiges Verschulden der streikenden Arbeitnehmer nicht der Arbeitgeberin zurechnen können, da die streikenden Arbeitnehmer wegen der durch den Streik suspendierten Arbeitspflicht keine Erfüllungsgehilfen der Arbeitgeberin waren (vgl. Däubler, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl. 2011, § 25 Rn. 9; Kissel, Arbeitskampfrecht, 2002, § 73 Rn. 28).

Auch für zukünftige Maßnahmen wäre die vergangenheitsbezogene Feststellung der von den Klägerinnen angenommenen Unterlassungsverpflichtung nicht aussagekräftig.

Da es nicht Aufgabe der Gerichte ist, Rechtsgutachten zu - noch dazu vergangenen - Ereignissen zu verfassen, und die Frage der Unterlassungspflicht für zukünftige Streitigkeiten isoliert keine Rolle spielt, ist der Antrag unzulässig (vgl. ArbG Frankfurt a.M. vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 - BeckRS 2012, 67886).

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 100 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG sowie - soweit die Klage der Klägerin zu 4) zurückgenommen wurde - auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Hinsichtlich der zurückgenommenen Anträge geht das Gericht von einem Gebührenstreitwert in Höhe von 645.175,36 Euro aus. Dies entspricht 6% des Gesamtgebührenstreitwertes.

2. Bei der Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes werden die Zahlungsanträge jeweils in Höhe der Klageforderungen, die Feststellungsanträge zu 2) und 3) insgesamt mit 10% der Zahlungsanträge sowie die Feststellungsanträge zu 4) und 5) insgesamt mit ebenfalls 10% der Zahlungsanträge berücksichtigt.

3. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 2 lit. c) ArbGG zuzulassen, da Fragen des Arbeitskampfes zwischen einer tariffähigen Partei, der Beklagten, und Dritten streitig sind.



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