Landesarbeitsgericht Hessen

Urteil vom - Az: 15 Sa 116/19

„Berufseinsteiger“ ist nicht mit „Berufsanfänger“ gleichzusetzen

1. Der in einer Stellenanzeige solitär verwandte Begriff "Berufseinsteiger" ist dem Begriff "Berufsanfänger" in einer Stellenanzeige nicht gleichzusetzen.

2. Anders als die in einer Stellenanzeige enthaltene Formulierung "Berufseinsteiger sowie bis zu 5 Jahre Berufserfahrung" (vgl. BAG Urteil vom 11. August 2016 - 8 AZR 809/14 - ) kann die solitäre Verwendung des Begriffs "Berufseinsteiger" Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen nicht in besonderer Weise benachteiligen iSv. § 3 Abs. 2 AGG.
(Leitsätze des Gerichts)

Die Parteien streiten über eine Entschädigungszahlung wegen behaupteter Altersdiskriminierung. Die Beklagte hatte eine Stelle als „Berufseinsteiger (m/w) im Recruiting“ ausgeschrieben. Hierauf hatte sich der im Jahr 1961 geborene Kläger, ein Rechtsanwalt, beworben, der jedoch eine Absage erhielt. Da die Beklagte einen Bewerber als Berufseinsteiger und somit als Berufsanfänger gesucht habe, habe sie gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, nur junge Bewerber berücksichtigen zu wollen, woraus sich für den Kläger eine Diskriminierung wegen seines Lebensalters ergab. Der Kläger verlangte auf Grundlage des AGG von der Beklagten die Zahlung eines entsprechenden Entschädigungsbetrages in Höhe von 5.800,00 €.
Die Klage des Klägers blieb in den Instanzen erfolglos. Die Bezeichnung „Berufseinsteiger“ im Profil einer Stellenanzeige stelle eine altersunabhängige, neutrale Formulierung dar und sei kein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des AGG. Der Begriff „Berufseinsteiger“ sei definitorisch nicht mit dem Begriff „Berufsanfänger“ gleichzustellen. Bei einem Berufseinsteiger handele es sich vielmehr um eine Person, die schon einige Jahre beruflich tätig war und sich nun für eine andere berufliche Richtung entscheide, während der „Berufsanfänger“ jemand sei, der gerade mit dem Berufsleben starte und keinerlei Berufserfahrung mitbringe. Auch ergebe die Auslegung der Stellenausschreibung, dass die Beklagte aufgrund des konkreten Anforderungsprofils nicht Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen und andere habe ausschließen wollen.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

Die Berufung der Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2018 – 3 Ca 234/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am X. XX 1961 geborene Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der IT- und Engineeringdienstleistung für Personal und Projekte mit Sitz in A.

Der in B wohnhafte Kläger ist Volljurist und seit 1996 als Rechtsanwalt tätig.

Die Beklagte schrieb im Internet eine Stelle wie folgt aus:

„Berufseinsteiger (m/w) im Recruiting in C

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Der Kläger bewarb sich auf die Stelle per E-Mail vom 10. April 2018 (Bl. 5, 6 d.A.) unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen (Bl.10 bis 37 d.A.). Per E-Mail vom 13. April 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zu den Bewerbern gehöre, die in die engere Wahl genommen worden seien (Bl. 38 d.A.). Mit seiner E-Mail vom 16. April 2018 (Bl. 39 d.A.) erfragte der Kläger die Gründe für die erfolgte Absage. Diese Anfrage beantwortete die Beklagte per E-Mail zwei Tage später (Bl. 40 d.A.).

Mit Schreiben vom 24. April 2018 forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Entschädigungsbetrages in Höhe von € 5.800,00. Die Beklagte hat darauf nicht reagiert.

Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018, der am 29. Mai 2018 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangen ist und der Beklagten am 15. Juni 2018 zugestellt worden ist, hat der Kläger Zahlungsklage erhoben.

Er hat die Auffassung vertreten, da die Beklagte einen Bewerber als Berufseinsteiger und somit als Berufsanfänger gesucht habe, habe sie gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, nur junge Bewerber berücksichtigen zu wollen. Daraus ergebe sich für ihn eine Diskriminierung wegen seines Alters.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Entschädigungsbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 12. Mai 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Formulierung „Berufseinsteiger“ stelle eine Öffnung des Bewerberverfahrens auch für jüngere Bewerber dar und sei keine Benachteiligung älterer Bewerber.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes sowie wegen des weiteren Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2018 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 94, 95 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit vorgenanntem Urteil abgewiesen. Es hat angenommen, zwar sei der persönliche Geltungsbereich des AGG eröffnet, der Kläger habe einen Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt und er sei auch wegen seiner Nichteinstellung unmittelbar im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt worden. Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass er eine unmittelbare Benachteiligung wegen seines Alters erfahren habe. Die Stellenausschreibung der Beklagten sei nicht geeignet, die Vermutung im Sinne von § 22 AGG zu begründen. Diese knüpfe weder unmittelbar im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG noch mittelbar im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG an das Alter an. Die in der Stellenausschreibung enthaltene Formulierung „Berufseinsteiger“ sei eine altersunabhängige Formulierung. Ein Berufseinsteiger sei definitorisch kein Berufsanfänger, sondern gerade auch eine Person, die schon einige Jahre beruflich tätig gewesen sei und sich nun für eine andere berufliche Richtung entscheide. Mit der Formulierung werde nicht signalisiert, dass lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen bestehe. Überdies ergebe die Auslegung der Stellenausschreibung, dass die Beklagte nicht Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen und andere habe ausschließen wollen. Dies zeige sich insbesondere auch an dem offen formulierten Anforderungsprofil, welches neben einem akademischen Abschluss, einer kaufmännischen oder vergleichbaren Ausbildung auch Erfahrungen in der Gastronomie oder Hotellerie habe ausreichen lassen. Daraus sei ersichtlich, dass gerade auch Bewerber angesprochen worden seien, die bereits Berufserfahrungen gesammelt hätten. Dies könne in jedem Alter geschehen.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 31. Januar 2019 (Bl. 100 d.A.) zugestellt worden. Die die Berufungsbegründung enthaltende Berufungsschrift ist am 5. Februar 2019 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen (Bl. 103 ff d.A.).

Der Kläger vertritt die Auffassung, bei der Formulierung „Berufseinsteiger“ handele es sich nicht um eine altersunabhängige Formulierung. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts meint er, der Begriff „Berufseinsteiger“ sei zwar dem Anschein nach neutral, jedoch mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Deswegen seien Bewerber mit einer längeren Berufserfahrung typischerweise solche mit einem höheren Lebensalter. Zudem setze das Bundesarbeitsgericht die Begriffe „Berufseinsteiger“ und „Berufsanfänger“ gleich. Demzufolge sei davon auszugehen, dass die Beklagte mit ihrer Stellenausschreibung lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter gehabt habe. Dies sei kausal für seine Nichtberücksichtigung gewesen.

Er beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2018 – 3 Ca 234/18 – wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Entschädigungsbetrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 12. Mai 2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung und ist der Auffassung, die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht einschlägig, weil es sich nicht um einen vergleichbaren Sachverhalt handele. Ein Berufseinsteiger sei eine Person, die wenig bis keine Berufserfahrung in einem Beruf gesammelt habe und beziehe sich somit auf jeden, der noch nicht länger in einer Berufssparte tätig sei. Zwar seien typischerweise jüngere Menschen Berufseinsteiger, jedoch umfasse dieser Begriff ebenso Bewerber, die erst spät ihr Studium abgeschlossen oder sich hätten umschulen lassen. Sie meint darüber hinaus, dass eine Kanzlei in B nicht mit einem Vollzeitjob in C betrieben werden könne. Dies lasse auf treuwidriges Verhalten des Klägers schließen.

Wegen des vollständigen Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird im Übrigen auf die Berufungsbegründung (Bl. 103 - 105 d.A.), den Schriftsatz des Klägers vom 20. März 2019 (Bl. 127, 128 d.A.) nebst Anlagen, die Berufungserwiderung der Beklagten (Bl. 115 – 117 d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 28. Mai 2019 (Bl. 134 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG sowie gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form – und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Die Höhe der begehrten Entschädigung darf in das Ermessen des Gerichts gestellt und von einer Bezifferung des Zahlungsantrags kann abgesehen werden, wenn der Kläger die Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 - ). Dem ist der Kläger nachgekommen, indem er als Ausgangspunkt ein Monatsgehalt von mindestens € 2.900,00 brutto für die ausgeschriebene Stelle angegeben hat und die Auffassung vertreten hat, die Entschädigungsleistung müsse mindestens zwei Gehälter umfassen. Mit Schreiben vom 24. April 2018 hat er eine Entschädigung in eben dieser Höhe gefordert.

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG, da ein für einen Entschädigungsanspruch erforderlicher Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG nicht gegeben ist.

Kurz zusammengefasst, § 313 Abs. 3 ZPO, beruht die Entscheidung auf Folgendem:

1. § 7 Abs. 1 AGG verbietet die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, zu denen unter anderem das Alter eines Stellenbewerbers zählt. Dabei sind sowohl unmittelbare (§ 3 Abs. 1 AGG) als auch mittelbare (§ 3 Abs. 2 AGG) Benachteiligungen verboten.

a) Eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers gemäß § 3 Abs. 1 AGG wegen des Alters liegt nicht vor, weil er nicht „wegen“ eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation (vgl. BAG 18. März 2010 – 8 AZR 77/09 - ). In der Stellenausschreibung wird nicht auf das Alter als Einstellungsvoraussetzung abgestellt. Es wurde bei den Bewerbern kein bestimmtes Alter vorausgesetzt oder ausgeschlossen.

b) Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

c) Diesem Maßstab folgend, gelangt die Berufungskammer mit der Vorinstanz zu dem Ergebnis, dass die bloße Bezugnahme des Klägers auf den Wortlaut der Stellenausschreibung zur Darlegung von Indizien, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen (§ 22 AGG), nicht ausreicht, Die Stellenausschreibung ist aufgrund des konkreten Anforderungsprofils nicht mittelbar altersdiskriminierend. Bei dem darin verwendeten Begriff eines „Berufseinsteigers“ handelt es sich um ein neutrales Kriterium im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG. Von dessen Verwendung sind Bewerber auch nicht wegen ihres Lebensalters unterschiedlich betroffen.

aa) Die Berufungskammer ist der Auffassung, dass ein Berufseinsteiger definitorisch kein Berufsanfänger ist. Ein Berufseinsteiger ist gerade auch eine Person, die schon beruflich tätig war und sich nun für eine andere berufliche Richtung entscheidet. Berufsanfänger ist jemand, der mit dem Berufsleben startet, also keinerlei Berufserfahrungen mit sich bringt (so auch: LAG Nürnberg 27. November 2015 – 3 Sa 99/15 – Rz. 77).

bb) Des Weiteren teilt die Berufungskammer die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Auslegung der Stellenausschreibung insgesamt nicht den Schluss darauf zulässt, dass die Beklagte nur Personen eines bestimmten Lebensalters ansprechen wollte (vgl. zur Auslegung einer Ausschreibung iSv. § 11 AGG: BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 – Rz. 12). Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils – Seite 10, unter I. im letzten Absatz wird verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Zu ergänzen bleibt hier, dass die Berufungskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass gerade auch die Angaben in der Stellenausschreibung unter „Das bieten wir Dir zum Berufseinstieg“ geeignet sind, potentielle Bewerber unabhängig vom Lebensalter anzusprechen. Die dort in Aussicht gestellte mögliche berufliche Entwicklung und Karriere unter Einbindung in flache Hierarchien bei gleichzeitiger unbefristeter Anstellung und der angekündigten guten Work-Life-Balance vermag insbesondere einen bereits beruflich erfahrenen – mithin nicht nur nach dem Lebensalter jungen - Bewerberkreis anzusprechen, der aus gerade beruflicher Entwicklung und Karriere entgegenstehenden Hierarchiestrukturen heraus auf eine persönliche ausgeglichene Work-Life-Balance Wert legt und sich deshalb aus einem – wie lange auch immer – bereits ausgeübten Beruf neu orientieren will. Zu erwähnen bleibt letztlich, dass auch der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer die in der Stellenausschreibung gewählte Anrede des „Du“ ausdrücklich nicht als Indiz für eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters angesehen hat.

1.1. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus einer vom Kläger in der Berufungsbegründung genannten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zum Aktenzeichen - 13 Sa 1198/13 - . Das genannte Verfahren betrifft die Berufung eines erstinstanzlich in einem Entschädigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Essen (Urteil vom 2. Oktober 2013 - 6 Ca 1729/13 - ) unterlegenen Klägers. Das Berufungsverfahren endete durch Rücknahme der klägerischen Berufung.

1.2. Auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Die dieser Entscheidung tatsächlich zu Grunde liegende Stellenausschreibung beinhaltete die Anforderungen „mit 0-2 Jahren Berufserfahrung“ und geboten wurde eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“. Deswegen verhält sich die genannte Entscheidung auch nur zu der mittelbaren Verknüpfung mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ im Hinblick auf das Kriterium der Berufserfahrung. Der Begriff „Berufserfahrung“ findet sich in der dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden Stellenausschreibung der Beklagten nicht. Gleiches gilt für die Wortwahl in einem „jungen und dynamischen Team“. Auch diese Wortwahl findet sich in der dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden Stellenausschreibung der Beklagten nicht.

1.3. Demgemäß ist auch die vom Kläger außerdem angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. August 2016 ( - 8 AZR 406/14 - ) für die von der Berufungskammer vertretene Auffassung nicht maßgeblich. Auch die dieser Entscheidung tatsächlich zu Grunde liegende Stellenausschreibung beinhaltete die Anforderungen „Junior Consultant“ und „mit einem jungen dynamischen Team“ und das Bundesarbeitsgericht hat für das Kriterium „Berufserfahrung“ angenommen, dass es sich um ein solches Kriterium handele, das dem Anschein nach neutral im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG ist (BAG a.a.O. Rz. 36). Den Begriff „Berufserfahrung“ hat die Beklagte in ihrer Stellenausschreibung nicht verwendet.

1.4. Auch die vom Kläger weiter angezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. August 2016 ( - 8 AZR 809/14 - ) steht der Auffassung der Berufungskammer nicht entgegen. Es ist nicht zutreffend, dass das Bundesarbeitsgericht dort die Auffassung vertreten hat, es handele sich bei dem solitär verwendeten Begriff „Berufseinsteiger“ um eine Anforderung, die dem Anschein nach neutral ist, jedoch mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft ist. Das BAG führt aus (Rz 81, 82, 83):

„Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass die in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungskriterien, mit denen Rechtsanwälte (m/w) als „Berufseinsteiger“ bzw. als Kollegen mit maximal fünf Jahren Berufserfahrung gesucht werden, - … - Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können iSv. § 3 Abs. 2 AGG.

Sowohl bei dem Begriff „Berufseinsteiger“ als auch bei der Wendung „bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“ handelt es sich um Anforderungen, die dem Anschein nach neutral sind im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch sind die Begriffe mittelbar mit dem in § 1 genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte sowohl mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „Berufseinsteiger“ als auch mit der Anforderung „bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, sind diese Anforderungen geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderungen häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann und dass eine kurze Berufserfahrung im anwaltlichen Beruf auch Personen aufweisen können, die ungewöhnlich lange studiert oder erst in vorgerücktem Alter ihren Abschluss gemacht haben. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Menschen mit einer „Berufserfahrung von bis zu 5 Jahren“ im anwaltlichen Beruf typischerweise junge Menschen sind, besteht nach wie vor.

Zwar können - wie unter Rn. 82 ausgeführt - die in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungskriterien, mit denen Rechtsanwälte als „Berufseinsteiger“ oder mit „bis zu 5 Jahren Berufserfahrung“ gesucht werden, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen iSv. § 3 Abs. 2 AGG und damit grundsätzlich die Vermutung begründen, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde. Das Landesarbeitsgericht wird insoweit allerdings zu beachten haben, …….“.

Tatsächlich unterscheidet sich der vom Bundesarbeitsgericht beurteilte Sachverhalt bereits darin vom vorliegend zu Beurteilenden, weil die dortige Stellenanzeige die Formulierung enthielt „Berufseinsteiger sowie bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“. Eine Anforderung zur Berufserfahrung enthält die Stellenausschreibung der Beklagten nicht.

Ersichtlich hat das Bundesarbeitsgericht zudem nicht allein den Begriff „Berufseinsteiger“ beurteilt. Denn es heißt in der Entscheidung: „Jedoch sind diese Begriffe….“ und „…. sowohl mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „Berufseinsteiger“ als auch mit der Anforderung „bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, sind diese Anforderungen geeignet….“ sowie „….allein wegen dieser Anforderungen von einer Bewerbung …….“. Der gewählte Plural verdeutlicht die vorgenommene Zusammenschau von „Berufseinsteiger sowie bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“.

Außerdem lässt sich der zitierten Entscheidung - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht entnehmen, dass der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Begriffe „Berufseinsteiger“ und „Berufsanfänger“ gleichgestellt hat. Die vom Kläger insoweit herausgestellte Formulierung „Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung ein höheres Lebensalter auf.“ betrifft nach dem Verständnis der Berufungskammer gerade nicht die Beurteilung des Merkmals „Berufseinsteiger“, sondern diejenige des Merkmals „mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung“. Zum einen wird der Begriff „Berufseinsteiger“ gerade nicht verwendet. Zum anderen befasst sich der 1. Senat des Bundesarbeitsgericht in der vom 8. Senat an dieser Stelle angeführten Entscheidung (BAG 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 33) mit der mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters aufgrund der Verwendung der Anforderung „Erstes Berufs-/Tätigkeitsjahr“ in zwei internen Stellenausschreibungen und der damit verbundenen Ausschließung vom Bewerbungsverfahren von bereits bei der (dort) beklagten Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmern, die nach den einschlägigen Gehaltstarifverträgen des Einzelhandels in ein höheres Berufs-/Tätigkeitsjahr eingestuft sind. Allenfalls mag eine Gleichstellung im Verständnis der Begriffe „Berufs-/Tätigkeitsjahr“ mit „Berufserfahrung“ gemeint sein. Darauf kommt es aber vorliegend entscheidungserheblich nicht an. Zudem verweist der Senat auch in seinen nachgehenden Entscheidungen vom 15. Dezember 2016 und 26. Januar 2017 unter anderem auf die Entscheidung des 1. Senats und dort jeweils ausdrücklich zu dem Merkmal „Berufserfahrung“ (BAG 15. Dezember 2016 – 8 AZR 454/15 – Rz. 32; 26. Januar 2017 – 8 AZR 848/13 – Rz. 66).

Letztlich kommt hinzu, dass der 8. Senat den Befund, „dass Berufsanfänger/innen und Menschen mit einer „Berufserfahrung von bis zu 5 Jahren“ im anwaltlichen Beruf typischerweise junge Menschen sind, …“ ausdrücklich nur für Berufsanfänger/innen und vor allem auch nur für den anwaltlichen Beruf annimmt, denn gerade „Rechtsanwälte (m/w)“ waren in der der Entscheidung zugrunde liegenden Stellenanzeige gesucht worden.

1.5 Auch weiteren Entscheidungen lässt sich – soweit ersichtlich - eine gebotene Auslegung der von der Beklagten geschalteten Stellenanzeige nicht dahingehend entnehmen, dass von einer hinreichenden Darlegung von Indizien im Sinne von § 22 AGG durch den Kläger auszugehen wäre.

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – lag eine Stellenausschreibung zugrunde, in der das Merkmal „Berufsanfänger“ aufgeführt ist. Das Bundesarbeitsgericht ist dort zu der Auffassung gelangt, dass das ebenfalls in der Stellenausschreibung verwendete Merkmal „Ýoung Professionells“ eine Adressierung „an besonders qualifizierte Berufseinsteiger mit regelmäßig guten Berufschancen“ beinhaltet (BAG a.a.O., Rz. 51). Ein solches Merkmal weist die hier zu beurteilende Stellenausschreibung nicht auf.

Der Entscheidung vom 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – lag eine Stellenausschreibung mit folgendem Wortlaut zugrunde: „ …. Unser Traineeprogramm richtet sich speziell an Berufseinsteiger, d.h. Ihr Abschluss sollte maximal 1 Jahr zurückliegen oder in den nächsten Monaten angestrebt werden. …“. Der Senat befand über die „vergleichbare Situation“ des die Entschädigung fordernden Klägers. Die zugrundeliegende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 11. Juli 2012 – 4 Sa 596/11 - gelangte zu dem Ergebnis, dass „Die Angabe, dass sich das Traineeprogramm speziell an Berufseinsteiger richtet und der Hochschulabschluss maximal 1 Jahr zurückliegen soll“ eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG darstelle, weil es sich bei dem verwandten Auswahlkriterium zwar um ein neutrales Kriterium im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG handele, von dem Bewerber wegen ihres Lebensalters indes unterschiedlich getroffen würden. Hierdurch würden typischerweise Bewerber mit einem höheren Lebensalter von der Bewerbung ausgeschlossen, da bei ihnen im Normalfall der Hochschulabschluss bereits länger zurückliege (LAG Nürnberg, a.a.O., Rz. 49). Eine Anforderung zum Zeitpunkt des Hochschulabschlusses weist die hier zu beurteilende Stellenausschreibung nicht auf.

Die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs.1 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 72 ArbGG; insbesondere ist die Kammer nicht von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abgewichen.



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