Arbeitsgericht Darmstadt

Urteil vom - Az: 11 Ca 225/07

Schadensersatz der Auszubildenden

Wird das Ausbildungsverhältnis tatsächlich nicht mehr fortgeführt, weil sich der Ausbilder (hier: stützend auf eine unwirksame Kündigung) einseitig davon löst, so hat die betroffene Auszubildende einen Anspruch auf Schadensersatz (§23 I BBiG).

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46,15 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den ab dem 01.05.2007 aufgrund des Schreibens vom 26.4.2007 entstehenden Schaden zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 9,82% und der Beklagte zu 90,18% zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.150,00 € festgesetzt.

Hinsichtlich des Zahlungsantrages wird für die Parteien die Berufung nicht zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Streitgegenstandes bleibt hiervon unberührt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Urlaubsabgeltung sowie über Schadensersatzansprüche.

Die am 07. April 1986 geborene Klägerin ist Mutter eines kleinen Kindes. Am 27. Juli 2006 schloss die Klägerin mit der A GbR, einer Generalvertretung der B-Versicherungen, einen Ausbildungsvertrag über die Ausbildung zur Kauffrau für Versicherung und Finanzen. Die Ausbildung begann am 01. September 2006 und sollte am 31. Dezember 2008 enden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Ausbildungsvertrages wird Bezug genommen auf Blatt 3 f. d.A. Mit Schreiben vom 19. November 2006 wurde der Klägerin seitens der A GbR mitgeteilt, dass der bestehende Ausbildungsvertrag zum 31. September 2006 aufgelöst werde, da sich die A GbR zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auflösen werde (Blatt 5 d.A.). Am 06. Dezember 2006 vereinbarte die Klägerin mit dem Beklagten, einem der Gesellschafter der A GbR, dass das Ausbildungsverhältnis mit Wirkung zum 01. Januar 2007 auf den Beklagten übergehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Nachtrages zum Ausbildungsvertrag wird Bezug genommen auf Blatt 6 d.A. Mit Wirkung zum 01. März 2007 verlegte der Beklagte sein Büro, das er bislang in Darmstadt unterhielt, nach W. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Ausbildungsverhältnis in W fortgesetzt. Mit Schreiben vom 26. April 2007 teilte der Beklagte der Klägerin folgendes mit:

 „Kündigung des Ausbildungsvertrages

Sehr geehrte Frau Z,

zum 30.04.2007 endet mein Arbeitsvertrag mit den B-Versicherungen und somit auch der mit ihnen geschlossene Ausbildungsvertrag.

Gerne können wir ihnen über verschiedene Partneragenturen Gespräche für eine Fortführung des Ausbildungsvertrages anbieten. Hierzu können sie mich gerne ansprechen.

...“

Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 (Blatt 36 d.A.) teilte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Beklagten dem seinerzeitigen Rechtsanwalt der Klägerin folgendes mit:

 „...

Der für Ihre Mandantin geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung der Ausbildung wird als unbegründet zurückgewiesen.

Nach meiner Rechtsauffassung gab es für die Kündigung einen hinreichenden Grund im Sinne des § 22 Berufsbildungsgesetz 2005, da das Ausbildungsbetrieb Ihrer Mandantin geschlossen wurde.

Danach war eine Ausbildung nicht möglich, wobei es für die Frage des wichtigen Grundes nicht darauf ankommt, ob und gegebenenfalls von wem die Schließung des Ausbildungsbetriebes zu verantworten wäre.

Abzustellen ist hier nur auf das Ergebnis, dass eine Ausbildung ohne Ausbildungsbetrieb nicht fortgeführt werden kann.

Dies kann nach meiner Rechtsauffassung allerdings auch dahingestellt bleiben, da durch Ihre Mandantin die so genannte 3-wöchige Klagefrist der §§ 13 I Satz 2, 4 KSchG nicht eingehalten wurde.

...“

In der Zeit vom 01. September 2006 bis zum 30. April 2007 hatte die Klägerin unstreitig jedenfalls wie folgt Urlaub:

12.10.2006 - 1/2 Tag

16.10.2006 - 1 Tag

06.12.2006 - 1 Tag

02.01.2007 bis 05.01.2007 - 4 Tage

02.04.2007 - 1 Tag.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2007 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten über dessen Prozessbevollmächtigten auf, die Ausbildungsvergütung für den Monat April 2007 in Höhe von 500,00 EUR sowie Urlaubsabgeltung in Höhe von 150,00 EUR zu zahlen. Weiterhin wurde der Beklagte aufgefordert, der Klägerin ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Schließlich wurden Schadensersatzansprüche geltend gemacht, mit der Begründung, dass der Beklagte die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zu vertreten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 30.07.2007 wird Bezug genommen auf Blatt 8 f. d.A.

Am 23. August 2007 zahlte der Beklagte die der Klägerin zustehende Ausbildungsvergütung in Höhe von 500,00 EUR brutto / 396,75 EUR netto.

Die Klägerin hat am 19. September 2007 Klage auf Zahlung der Ausbildungsvergütung für den Monat April 2007 in Höhe von 500,00 EUR brutto, Urlaubsabgeltung in Höhe von 150,00 EUR brutto, auf Erteilung eines Ausbildungszeugnisses sowie auf Feststellung von Schadensersatzansprüchen eingereicht. Die Klage ist dem Beklagten am 29.09.2007 zugestellt worden. Der Beklagte hat am 01. April 2008 der Klägerin ein Ausbildungszeugnis erteilt. Die Klägerin hat im Kammertermin am 17. April 2008 die Klage hinsichtlich der Ausbildungsvergütung für April 2007 zurückgenommen. Bezüglich der Klage auf Erteilung eines Ausbildungszeugnisses haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Ausbildungsverhältnisses habe gemäß § 23 Abs. 1 BBiG. Das Schreiben vom 26. April 2007 stelle eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses dar. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 21. Juni 2007. Die Klägerin bestreitet, dass es einen Wunsch ihrerseits auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben habe. Es treffe insbesondere nicht zu, dass die Klägerin erklärt habe, ihr sei der Weg nach Wiesbaden/W zu weit und sie wünscht, das Ausbildungsverhältnis aufzugeben und nicht mehr über den 30. April 2007 mit dem Beklagten im Ausbildungsverhältnis stehen zu wollen. Insbesondere sei das Schreiben vom 26. April 2007 nicht auf Wunsch der Klägerin veranlasst worden. Die Klägerin habe, was seitens des Beklagten nicht bestritten wird, mehrfach schriftlich und telefonisch über die IHK eine Schlichtung in Gang zu setzen versucht, da sie eine gütliche Lösung mit dem Beklagten angestrebt habe.

Die Klägerin behauptet, dass ihr lediglich am 12. Oktober 2006, 16. Oktober 2006, 06. Dezember 2006 sowie in der Zeit vom 02. Januar bis zum 05. Januar 2007 sowie am 02. April 2007 Urlaub gewährt worden sei. Darüber hinaus habe sie keinen Urlaub erhalten.

Die Klägerin beantragt:

1. Den Beklagten zu verurteilen, Urlaubsabgeltung in Höhe von 150,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. Mai 2007 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den ab dem 01.05.2007 aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 26.04.2007 entstehenden Schaden zu ersetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits aus rechtlichen Gründen nicht gegeben sei. Das Schreiben vom 26. April 2007 stelle keine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses dar. Dem Schreiben sei eine auf Lösung des Ausbildungsverhältnisses gerichtete einseitige Willenserklärung nicht zu entnehmen. Er behauptet, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vielmehr auf Veranlassung der Klägerin selbst zum 06. April 2007 aufgelöst worden sei. Nachdem die Klägerin zunächst ihre Tätigkeit in W fortgesetzt habe, habe sie bekundet, lieber in Darmstadt bleiben zu wollen, da ihr der Weg nach W zu weit sei. Auch habe der Klägerin nicht gefallen, dass die Zusammenarbeit des Beklagten mit der B zum 30. April 2007 geendet habe. Die Klägerin habe weiterhin im Umfeld der B, am besten für eine Generalagentur der B, tätig sein wollen. Die Klägerin habe sich, was unstreitig ist, mit dem Gebietsleiter der B, Herrn K, in Verbindung gesetzt, um die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unter dem Dach der B zu versuchen. Gegenüber dem Beklagten habe die Klägerin auch erklärt, dass sie die Betreuung ihres Kindes bei der Fortsetzung der Ausbildung in W nicht organisieren könne. Der Beklagte habe hierfür Verständnis gezeigt und der Klägerin bezüglich des von ihr angestrebten Wechsels des Ausbildungsverhältnisses Hilfe angeboten. Die Klägerin erklärte jedenfalls, dass sie über den 30.04.2007, d. h. das Ende des Vertragsverhältnisses des Beklagten zur B hinaus, nicht für diesen tätig sein wolle. Auf diesen Wunsch sei der Beklagte mit seinem Schreiben vom 26. April 2007 eingegangen. Da die getroffene Einigung nicht den Formerfordernissen des § 623 BGB genüge, bestehe das Ausbildungsverhältnis fort, so dass auch aus diesem Grund kein Schadensersatzanspruch nach § 23 BBiG in Betracht komme. Im Übrigen habe der Beklagte die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht zu vertreten, da er, im Gegensatz zur Klägerin, dazu bereit gewesen sei, das Ausbildungsverhältnis in W fortzusetzen. Der Beklagte ist der Auffassung, dass etwaige Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Zeitraum vom 01. September 2006 bis zum 31.12.2007 verfallen seien. Er behauptet, dass die Klägerin den ihr für den Zeitraum vom 01. Januar 2007 bis zum 30. April 2007 zustehenden anteiligen Urlaub vollumfänglich genommen habe.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Der mit dem Klageantrag zu 2. gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Klägerin begehrt gemäß § 23 BBiG Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses. Der nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG zu ersetzende Schaden ist ein so genannter „Verfrühungsschaden“. Er ist aus der Differenz der Vermögenslage der Klägerin zu berechnen, wie sie ohne die vorzeitige Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses bestanden hätte und der Vermögenslage, die aufgrund dieser vorzeitigen Auflösung besteht. Wer einen derartigen „Verfrühungsschaden“ geltend machen will, kann bereits bei Auflösung des Ausbildungsverhältnisses Feststellungsklage mit dem Ziel erheben, den ehemaligen Ausbildenden zu verpflichten, ihm alle künftigen Schäden wegen der vorzeitigen Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses zu ersetzen. Für das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse reicht es dabei aus, dass die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens wahrscheinlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 08.05.2007 - 9 AZR 527/06 m.w.N., Juris). Im vorliegenden Fall ist die Entstehung eines Verfrühungsschadens wahrscheinlich, da sich infolge der vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit der Zeitpunkt, zu dem die Klägerin über eine abgeschlossene Berufsausbildung und damit über einen vollwertigen Verdienst verfügen wird, vermutlich um ca. ein Jahr verzögern wird. Aufgrund dessen ist ein Schadenseintritt sehr wahrscheinlich.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin den ab dem 01. Mai 2007 aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 26.04.2007 entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Anspruch ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG können, wenn das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit vorzeitig gelöst wird, der Ausbildende oder der Auszubildende Ersatz des Schadens verlangen, wenn die andere Person den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung liegt eine vorzeitige Lösung des Berufsausbildungsverhältnisses nach der Probezeit vor. Insoweit kann dahingestellt bleibe, ob es sich bei dem Schreiben vom 26. April 2007 um eine Kündigung gehandelt hat und ob hierdurch eine rechtswirksame Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eingetreten ist. Für den Anspruch nach § 23 Abs. 1 BBiG genügt es, wenn sich eine Vertragspartei nach Ablauf der Probezeit endgültig vom Berufsausbildungsverhältnis löst, indem sie ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis dauerhaft nicht mehr erfüllt (so genannte tatsächliche Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses). Nach Sinn und Zweck der Anspruchsnorm ist es unerheblich, ob das Vertragsverhältnis überhaupt oder in rechtlich zulässiger Weise beendet wurde. Die tatsächliche Beendigung, z. B. durch Verweigerung der weiteren Ausbildung im ungekündigten Berufsausbildungsverhältnis ohne Vertragsbruch, ist ausreichend. Eine wirksame Kündigung ist nicht erforderlich. Gerade die rechtswidrige und damit rechtlich unwirksame Kündigung ist vielfach Ausgangspunkt für den Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass sich mindestens ein Vertragsteil vom Berufsausbildungsverhältnis tatsächlich löst (vgl. BAG, Urteil vom 17.08.2000 - 8 AZR 578/99; Urteil vom 17.07.2007 - 9 AZR 103/07; jeweils in Juris). Gelöst ist das Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 23 Abs. 1 BBiG, wenn es tatsächlich oder rechtlich beendet wurde. Auch ein Lösen im gegenseitigen Einvernehmen kann in Betracht kommen, weil eine entsprechende Ursache vorliegt. Der Begriff des „Lösens“ ist weit zu verstehen und auf fast jeden Fall der tatsächlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vor dem regulären Ende (vgl. BAG, Urteil vom 17.07.2007 - 9 AZR 103/07, Juris).

Es liegt ein Lösen des Ausbildungsverhältnisses im vorgenannten Sinne vor. Mit Schreiben vom 26. April 2007 hat der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass sein Arbeitsvertrag mit der B Versicherungen und somit auch der mit der Klägerin geschlossene Ausbildungsvertrag ende. Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 hat sein Prozessbevollmächtigter gegenüber dem damaligen Rechtsanwalt der Klägerin den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Fortsetzung der Ausbildung als unbegründet zurückgewiesen und darauf hingewiesen, dass seiner Auffassung nach das Schreiben vom 26. April 2007 eine rechtswirksame Kündigung darstelle. Das Ausbildungsverhältnis wurde unstreitig ab dem 01.05.2007 auch tatsächlich nicht mehr fortgeführt.

Die Lösung des Ausbildungsverhältnisses ist auch vom Beklagten zu vertreten. Eine Vertretenmüssen im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG liegt vor, wenn der Anspruchsgegner schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB gehandelt hat. Der Beklagte hat die vorzeitige Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu vertreten, da er sich mit dem Schreiben vom 26. April 2007 sowie vom 21. Juni 2007 einseitig von dem Ausbildungsverhältnis mit der Klägerin gelöst hat, ohne dass es hierfür einen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte. Ausweislich des Schreibens vom 16. April 2007 erfolgte die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit Wirkung zum 30. April 2007, weil der Arbeitsvertrag des Beklagten mit den B-Versicherungen zu diesem Zeitpunkt ende. Im Schreiben vom 21. Juni 2007 wurde die Kündigung mit der Schließung des Ausbildungsbetriebes begründet. Die vom Beklagten angegebene Begründung rechtfertigt die vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht. Dass durch die Beendigung der Zusammenarbeit mit der B-Versicherungen die Durchführung einer ordnungsgemäßen Ausbildung für die Klägerin nicht mehr gewährleistet war, ist nicht ersichtlich. Das Büro des Beklagten und damit der Ausbildungsbetrieb ist auch nicht geschlossen worden. Vielmehr wurde das Büro und damit der Ausbildungsbetrieb lediglich räumlich verlegt nach Wiesbaden. Soweit der Beklagte behauptet, dass die Klägerin dauerhaft nicht dazu bereit gewesen wäre, im Hinblick auf die Beendigung der Zusammenarbeit mit der B-Versicherungen und die räumliche Verlegung des Ausbildungsbetriebes nach W ihre Ausbildung fortzusetzen, ist sein Vorbringen unsubstantiiert. Es fehlen Angaben dazu, wann genau die Klägerin ihm gegenüber welche konkreten Aussagen gemacht hat. Zwar ist die Klägerin grundsätzlich als Anspruchstellerin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass ein Vertretenmüssen des Beklagten vorliegt. Sofern und soweit der Beklagte aber in Abweichung von den von ihm abgegebenen schriftlichen Erklärungen in den Schreiben vom 26.04.2007 sowie vom 21.06.2007 einen Sachverhalt behauptet, der ggf. ein Vertretenmüssen ausschließt, ist er im Sinne einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast gehalten, die maßgeblichen Umstände so substantiiert darzulegen, dass der Klägerin eine Einlassung und ggf. Widerlegung seines Sachvortrages möglich ist. Dem genügt der Sachvortrag des Beklagten nicht, da diesem insbesondere keine prüfbaren Angaben zum Zeitpunkt etwaiger Telefongespräche mit der Klägerin zu entnehmen sind.

Für die Richtigkeit der Behauptungen des Beklagten, dass die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses im Ergebnis auf Veranlassung der Klägerin erfolgt sei, spricht auch nicht der Umstand, dass die Klägerin unstreitig selbst Kontakt mit dem Gebietsleiter der B Versicherungen, Herrn K, aufgenommen hat, um die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unter dem Dach der B Versicherungen zu erreichen. Selbst wenn die Klägerin es grundsätzlich vorgezogen haben sollte, die Ausbildung in Darmstadt mit einem Ausbildungsbetrieb im Bereich der B Generalvertretung fortzusetzen, folgt hieraus noch nicht, dass sie im Falle des Scheiterns ihre Bemühungen keinesfalls bereit gewesen wäre, das Ausbildungsverhältnis mit dem Beklagten in W wenigstens solange fortzusetzen, bis der nahtlose Wechsel in einen anderen Ausbildungsbetrieb möglich ist.

Da der Beklagte mithin die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 30. April 2007 zu vertreten hat, hat er der Klägerin den hieraus entstehenden Schaden dem Grunde nach zu ersetzen.

Weiterhin ist der Beklagte dazu verpflichtet, an die Klägerin 46,15 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. Mai 2007 zu zahlen. Der Anspruch ergibt sich aus den §§ 7 Abs. 4, 1, 2, 3 Abs. 1, 4, 5 Abs. 1 c BUrlG. Für das Kalenderjahr 2007 hat die Klägerin einen anteiligen Urlaubsanspruch im Umfange von 7 Arbeitstagen (20 Arbeitstage jährlich : 12 Monate x 4 Monate = 6,66 Arbeitstage, gerundet gemäß § 5 Abs. 2 BUrlG 7 Arbeitstage). Im Kalenderjahr 2007 wurden der Klägerin unstreitig 5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Erfüllung weitergehender Urlaubsansprüche hat der Beklagte zwar dem Grunde nach behauptet, aber nicht substantiiert vorgetragen. Da das Ausbildungsverhältnis der Parteien jedenfalls faktisch beendet worden ist, ist der Urlaubsanspruch der Klägerin gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Der abzugeltende Betrag beträgt 46,15 EUR (500,00 EUR monatlich x 3 Monate : 13 Wochen : 5 Arbeitstage x 2 Arbeitstage = 46,15 EUR brutto). Weitergehende Ansprüche der Klägerin bestehen insoweit nicht. Etwaige Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2006, die infolge der Übernahme des Ausbildungsverhältnisses durch den Beklagten zu gewähren bzw. abzugelten sind, bestehen nicht mehr. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass Urlaubsansprüche aus dem Kalenderjahr 2006 aufgrund eines Übertragungsgrundes gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf das Kalenderjahr 2007 übertragen worden sind. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie vom Beklagten gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG, § 5 Abs. 1 a BUrlG die Übertragung des Teilurlaubsanspruches aus dem Kalenderjahr 2006 in das Kalenderjahr 2007 ausdrücklich verlangt habe. Mithin sind die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahr 2006 verfallen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 91 a Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, soweit sie hinsichtlich der Vergütung für April 2007 die Klage zurückgenommen hat. Hinsichtlich der einvernehmlich für erledigt erklärten Klage auf Erteilung eines Zeugnisses hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, da er sich hinsichtlich des Anspruches der Klägerin auf Erteilung eines Ausbildungszeugnisses seit längerem in Verzug befand und er den Anspruch erst nach Klageerhebung erfüllt hat. Im Übrigen haben die Parteien die Kosten des Rechtsstreites im Umfange ihres jeweiligen Unterliegens zu tragen. Für die Kostenentscheidung wurde von einem Gesamtgebührenstreitwert von 6.150,00 EUR ausgegangen. Die Zahlungsansprüche wurden in Höhe ihrer jeweiligen Zahlungsbeträge in Ansatz gebracht. Für den Zeugnisanspruch wurde ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 500,00 EUR zugrunde gelegt. Der Wert der Feststellungsklage wurde unter Berücksichtigung der Angaben der Parteien im Termin und unter Einbeziehung eines Abschlags von 50 % mit 5.000,00 EUR in Ansatz gebracht.

Mithin beträgt der gem. § 61 Abs. 1 im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes 5.150,00 EUR.

Soweit die Parteien jeweils im Hinblick auf den Zahlungsantrag unterlegen sind, war die Berufung nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund im Sinne des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht gegeben ist.

 



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