Arbeitsgericht Kaiserslautern

Urteil vom - Az: 2 Ca 1293/06

Zur Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses; Vertretungsbedarf

Eine Befristung aus Vertretungsgründen kann dann nur noch sachlich gerechtfertigt sein, wenn beim Abschluss des befristeten Vertrages hinreichend sichere konkrete Anhaltspunkte für den endgültigen Wegfall des Vertretungsbedarfs vorliegen.

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung vom 5.3.2002 zum 2.9.2006 nicht beendet worden ist.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2289,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. 11. 2006 zu zahlen.

Streitwert: 6867,00 Euro,

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 2. 9. 2006 sowie um Arbeitsvergütung. Die Klägerin wurde erstmals durch Vertrag vorn 23. 5. 1996 als Kindergärtnerin befristet bis zürn 6. 6. 1999 beschäftigt. Befristungsgrund war die Mutterschaftsvertretung von Frau Andrea K.. Ein neuer Arbeitsvertrag vorn 1. 12. 1999 regelte ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit von 7. 6. 1999 bis zum31. 7. 2000. In einem ersten Änderungsvertrag vorn 31. 7. 2001 wurde eine Verlängerung des Arbeitsvertrags für die Zeit vom 1. 9. 2001 bis zum 31. 3. 2002 vereinbart mit dem Befristungsgrund „Mutterschaftsvertretung für Frau Andrea K.“. Durch den zweiten Änderungsvertrag vom 5. 3. 2002 wurde das Arbeitsverhältnis befristet für die Zeit vom 1. 4. 2002 bis zum 2. 9. 2006. Ais Befristungsgrund wurde wiederum die Mutterschaftsvertretung für Frau K. angegeben. Frau K. war bis zum 1. 9. 2001 im Erziehungsurlaub. Danach wurde ihr bis 31. 3. 2002 Sonderurlaub nach § 50 BAT bewilligt. In ihrem Schreiben vom 1. 4. 2001 stellte Frau K. den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nach § 15b BAT. Die Wochenarbeitszeit könne zwischen 19 und 23 Stunden betragen; eine Festlegung der Wochenstundenzahl sollte erst nach Absprache erfolgen, in der Zeit vom 19. 1. 2004 bis 22. 7. 2006 unterbrach Frau K. ihren Sonderurlaub und übernahm die Vertretung einer anderen Arbeitnehmern. Auf den Arbeitsvertrag vom 3. 3. 2005 (Bl. 38 d. A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin trägt vor:
Seit dem 19. 1. 2004 habe keine wirksame Befristung mehr vorgelegen. Darüber hinaus sei der falsche Befristungsgrund angegeben worden. Darüber hinaus sei der Sachverhalt vergleichbar mit dem in der Entscheidung des BAG vom 11. 12. 1991 (NZA 92, 883). Mit der Zahlungsklage mache sie das Gehalt für September 2006 geltend.


Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Beklagte und der Klägerin vorn 5. 3. 2002 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 2. 9. 2006 hinaus unbefristet fortbesteht.
2. den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2289,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 3. 10. 2006 zu zahlen.

Der Beklagte trägt vor:
Es habe jeweils ein sachlicher Grund für die Befristung vorgelegen. Die befristete Beschäftigung der Frau K. nach Abschluss ihres letzten befristeten Vertrages stehe der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen, da es allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages ankomme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens, insbesondere der gewechselten Rechtsauffassungen, wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.


I. Das Arbeitsverhältnis besteht unbefristet über den 2. 9. 2006 hinaus fort. Die im maßgeblichen Arbeitsvertrag vom 5. 3. 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam, weil es an einen sachlichen Grund fehlt. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist bei mehreren aufeinander gereihten befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre sachliche Rechtfertigung zu prüfen. Dies ist hier der Arbeitsvertrag vom 5. 3. 2002. Grund für die Befristung dieses Arbeitsvertrages war der Umstand, dass Frau K. ihren Sonderurlaub bis zum 2. 9. 2006 verlängert bekam, im Regelfall ist einer auf einen solchen Urlaubszeitraum abgestellte Befristung des Arbeitsvertrages der Vertretungskraft sachlich gerechtfertigt. Der Streitfall weist jedoch Besonderheiten auf. Die Klägerin war beim Abschluss des letzten Arbeitsvertrages bei dem Beklagte bereits sechs Jahre beschäftigt. Nach der Rechtsprechung des BAG steigen mit zunehmender Dauer der Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber auch die Anforderungen an den Sachgrund der Befristung (BAG N2A 88, 280). Dies bedeutet, dass die Prognose des Arbeitgebers, nach Ablauf der Befristung werde an der Arbeitsleistung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein Bedarf mehr bestehen, mit erhöhter Sorgfalt zu steilen ist. Eine Befristung aus Vertretungsgründen kann dann nur noch sachlich gerechtfertigt sein, wenn beim Abschluss des befristeten Vertrages hinreichend sichere konkrete Anhaltspunkte für den endgültigen Wegfall des Vertretungsbedarfs vorliegen. Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die Befristung des letzten Arbeitsvertrages der Parteien als unwirksam. Mit dem zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis um weitere 4 ½ Jahre verlängert werden, so dass die Klägerin insgesamt von Mai 1996 bis zum 5. 3. 2002, mithin über einen Zeitraum von 10 Jahren lediglich in befristeten Arbeitsverhältnissen gestanden hat. Dieser erhebliche Zeitraum genügt, um an den Sachgrund der Befristung des letzten Arbeitsvertrages erhöhte Anforderungen zu stellen. Diese Anforderungen sind jedoch nicht erfüllt. Auf Grund der Umstände, die beim Abschluss des der Befristungskontrolle unterliegende Arbeitsvertrag der Parteien vorgelegen haben, konnte der Beklagte nicht mit hinreichender Sicherheit erwarten, Frau K. werde Ihre Tätigkeit auf jeden Fall in vollem Umfang nach der Beurlaubung wieder aufnehmen und dadurch werde der Bedarf der Beschäftigung der Klägerin entfallen. Nach dem objektiven Geschehensablauf mussten sich dem beklagten Land erhebliche Zweifel aufdrängen, ob Frau K. hierzu tatsächlich bereit sein würde. Dies folgt zum einen aus der wiederholten Beurlaubung über letztlich insgesamt sechs Jahren. Des Weiteren bestanden Zweifel daran, ob Frau K. überhaupt in vollem Umfang ihre Tätigkeit wieder aufnehmen würde. So hat sie mit Schreiben vom 1. 4. 2001 um Teilzeitbeschäftigung gebeten. Auf eine bestimmte Wochenstundenzahl wollte sie sich noch nicht festlegen. Nach Auffassung der Kammer konnte der Beklagte unter diesen Umständen
nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, Frau K. werde auf jeden Fall ihre Tätigkeit nach der Beurlaubung in vollem Umfang wieder aufnehmen. Die Befristung des letzten Vertrages war deshalb nicht mehr gerechtfertigt.

II. Die Klägerin kann nach dem Arbeitsvertrag die unstreitige Vergütung für den Monat September 2006 beanspruchen (§§ 611 I, 615 BGB).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. § 61 I ArbGG festgesetzt.



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