Arbeitsgericht Mainz

Urteil vom - Az: 6 Ca 48/92

Zur Eingruppierung in die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung des Bistums Trier

Aus dem tariflichen Zusammenhang ergibt sich, dass die KAVO zwischen „Sozialpädagogen als Leiter von Kindergärten“ und „Sozialpädagogen mit entsprechender Tätigkeit“ unterscheidet. Wird ein Sozialpädagoge als Leiter eines Kindergartens beschäftigt, so gilt für seine Eingruppierung stets die speziellere Vorschrift.

Die Klage wird abgewiesen. 

Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung des Klägers in die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung des Bistums Trier (KAVO). 

Die Beklagte ist u.a. Trägerin eines Kindergartens. Der Kläger, Sozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung, ist seit dem 1.11.1986 als Kindergartenleiter in dem Kindergarten der Beklagten, der eine Durchschnittsbelegung von mehr als 70 Plätzen aufweist, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29.10.1986. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Geltung der KAVO in ihrer jeweiligen Fassung vereinbart. 

Bis zum 31.12.1990 galten folgende Eingruppierungsregelungen:

K V b...

Ziff. 6: Jugendleiterinnen/Sozialpädagoginnen mit staatlicher Anerkennung als Leiterinnen von Kindergärten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 70 Plätzen....

K IV b... 

Ziff. 3: Jugendleiterinnen/Sozialpädagoginnen mit staatlicher Anerkennung als Leiterinnen von Kindergärten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 130 Plätzen; 

Ziff. 4: Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, denen mindestens drei Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der Vergütungsgruppe K VI b durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind; 

Ziff. 5: Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nach vierjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe K V b.

 Der Kläger wurde bei seiner Einstellung in die Vergütungsgruppe K V b KAVO eingruppiert. Aufgrund einer Änderung der KAVO wurde er rückwirkend zum 1.1.1991 in die Vergütungsgruppe IV b höhergruppiert. Mit vorliegender, am 15.1.1992 bei Gericht eingegangener Klage, macht der Kläger die Gehaltsdifferenz zwischen den Vergütungsgruppen V b und IV b KAVO für die Zeit vom 1.5. bis zum 31.12.1990 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.477,20 DM brutto geltend, nachdem er diesen Anspruch erstmals im Oktober bzw. November 1990 vergeblich schriftlich geltend gemacht hatte. Zur Begründung trägt der Kläger vor, er hätte von Anfang an in die Vergütungsgruppe K IV b, Fallgruppe 4 KAVO eingruppiert werden müssen, da er die Tätigkeit eines Sozialpädagogen ausübe und ihm mindestens drei Angestellte mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe K VI b durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt seien. Letzteres ist zwischen den Parteien unstreitig. Zumindest für die Zeit ab November 1990 habe er Anspruch auf Gehalt nach Vergütungsgruppe K IV b, Fallgruppe 5 KAVO, da er ab diesem Zeitpunkt die Tätigkeit eines Sozialpädagogen länger als vier Jahre lang ausgeübt habe. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die KAVO eine Definition dessen, was unter „entsprechender Tätigkeit“ zu verstehen sei, nicht enthalte. Nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) jedenfalls seien Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung nach vierjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe V b in die Vergütungsgruppe IV b BAT höher zu gruppieren, wobei nach Vergütungsgruppe V b BAT Sozialarbeiter als Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 70 Plätzen vergütet würden. 

Der Kläger beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.477,20 DM brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit, dies ist der 20.1.1992, zu zahlen. 

Die Beklagte beantragt, 

die Klage abzuweisen. 

Sie trägt vor, der Kläger sei zutreffend in Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 6 KAVO eingruppiert worden. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine spezielle Norm für die Leiter von Kindergärten. Demgegenüber könne auf die allgemeine Eingruppierung der Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit nicht abgestellt werden. Insoweit übe der Kläger auch keine „entsprechende Tätigkeit“ aus. Denn das Berufsbild des staatlich anerkannten Sozialpädagogen erstrecke sich auf das gesamte Feld sozialpädagogischer Tätigkeiten; hierzu gehörten familien- und schulergänzende Erziehungshilfen, Fürsorge, Schutz, Pflege und Beratung von Jugendlichen, Erziehungsberatung usw. Demgegenüber erstrecke sich die Tätigkeit des Klägers nur auf die ganz spezielle Tätigkeit eines Leiters eines Kindergartens. Diese Tätigkeit sei von der Tätigkeit eines Sozialpädagogen dadurch abgegrenzt, dass festgelegt sei, dass Leiter von Kindergärten bei einer Durchschnittsbelegung von mindestens 70 Plätzen nach K V b, Fallgruppe 6 KAVO und erst ab 130 Plätzen nach Vergütungsgruppe K IV b, Fallgruppe 3 KAVO einzugruppieren seien. Der Hinweis des Klägers auf entsprechende Bestimmungen des BAT gehe fehl. Denn die KAVO enthalte eine abschließende, für den Kläger allein maßgebliche Eingruppierungsregelung. Lediglich soweit die Bestimmungen der KAVO mit denen des BAT übereinstimmten, sei der BAT für die Auslegung der KAVO nach deren Präambel heranzuziehen.

Vor Klageerhebung ist ein Schlichtungsverfahren vor dem Schlichtungsausschuss für den Bereich des Bistums Trier durchgeführt worden. Wegen des Ergebnisses wird auf den Beschluss vom 31.10.1991 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. 

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe K IV b KAVO für die Zeit ab dem 1.5.1990. Da die Parteien arbeitsvertraglich die Geltung der KAVO in ihrer jeweiligen Fassung vereinbart haben, richtet sich der Vergütungsanspruch des Klägers nach deren Bestimmungen. 

Der Kläger ist bei seiner Einstellung zutreffend in die Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 6 der Anlage 1 a zur KAVO eingruppiert worden. Nach dieser Vergütungsgruppe werden „Sozialpädagoginnen mit staatlicher Anerkennung als Leiterinnen von Kindergärten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 70 Plätzen“ vergütet. Dass in dieser Tarifvorschrift lediglich von Sozialpädagoginnen die Rede ist, die als Leiterinnen von Kindergärten beschäftigt werden, beruht offensichtlich auf einem Versehen der Tarifvertragsparteien. Die

Vorschrift gilt selbstverständlich auch für Sozialpädagogen, die als Leiter von Kindergärten tätig sind. Demzufolge haben die Tarifvertragsparteien die entsprechende Vorschrift, die ab dem 1.1.1991 gültig ist, auch geschlechtsneutral mit „Mitarbeiter als Leiter von Kindertagesstätten“ abgefasst. Möglicherweise gingen die Tarifvertragsparteien davon aus, dass in der Position eines (einer) Kindergartenleiters (Leiterin) vorwiegend weibliche Arbeitskräfte tätig würden. Wollte man die einschlägigen Eingruppierungsvorschriften lediglich für weibliche Arbeitnehmerinnen gelten lassen, würde eine solche Auslegung jedenfalls gegen Artikel 3 GG verstoßen. Auch für den Kläger als männlichen Arbeitnehmer ist somit die Vergütungsgruppe K V b, Fallgruppe 6 einschlägig. 

Der Kläger erfüllt sowohl die subjektiven Voraussetzungen, als auch die objektiven Merkmale dieser Vergütungsgruppe. Der Kläger ist nämlich Sozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung und ist als Leiter eines Kindergartens mit einer durchschnittlichen Belegung von mindestens 70 Plätzen tätig. Demgegenüber ist für die Eingruppierung des Klägers die Vergütungsgruppe K IV b, Fallgruppe 4 KAVO nicht einschlägig. In diese Vergütungsgruppe sind Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit eingruppiert, denen mindestens drei Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der Vergütungsgruppe K VI b durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Diese Tarifvorschrift kann für die Eingruppierung des Klägers bereits deshalb nicht herangezogen werden, weil die Anlage 1 a zur KAVO hinsichtlich der Eingruppierung von Leitern von Kindergärten eine Spezialregelung enthält, die der allgemeinen Regelung (Tätigkeit als Sozialpädagoge) vorgeht. Wird ein Sozialpädagoge als Leiter eines Kindergartens beschäftigt, so gilt für seine Eingruppierung die speziellere Vorschrift. Außerdem ergibt sich aus dem tariflichen Zusammenhang, dass die KAVO zwischen „Sozialpädagogen als Leiter von Kindergärten“ und „Sozialpädagogen mit entsprechender Tätigkeit“ unterscheidet. Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung, die als Leiter von Kindergärten eingesetzt sind, haben nur dann Anspruch auf Gehalt nach Vergütungsgruppe K IV b der Anlage 1 zur KAVO (Fallgruppe 3), wenn der Kindergarten eine Durchschnittsbelegung von mindestens 130 Plätzen aufweist. Würde man dem Kläger folgen, dass neben der speziellen Regelung für die Leiter der Kindergärten auch die allgemeinen Vorschriften für Sozialpädagogen mit entsprechender Tätigkeit Anwendung finden würden, so wären die einschlägigen Bestimmungen in den Vergütungsgruppen K V b und K IV b der Anlage 1 a zur KAVO für die Leiter von Kindergärten überflüssig. Davon kann aber nach dem klaren Tarifwortlaut nicht ausgegangen werden. 

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der 2.477,20 DM (Gehaltsdifferenz vom 1.5. bis 31.12.1990).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von 619,30 DM brutto (Gehaltsdifferenz für die Monate November und Dezember 1990; zweimal 309,65 DM brutto). Insoweit gilt ebenfalls das unter 1. Ausgeführte. Auch die Vergütungsgruppe K IV b unterscheidet zwischen Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung „als Leiter von Kindergärten“, die nach Fallgruppe 3 erst dann Anspruch auf Vergütung nach K IV b haben, wenn eine Durchschnittsbelegung von mindestens 130 Plätzen erreicht ist, und „Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit.“ Dies bedeutet wiederum, dass Sozialpädagogen, die als Leiter von Kindergärten eingesetzt sind, nach der Wertung der Anlage 1 zur KAVO nicht gleichzeitig „entsprechende Tätigkeiten“ ausüben können. 

Entgegen der Auffassung des Klägers weist die Anlage 1 a zur KAVO keine ausfüllungsbedürftigen Lücken auf. Sie enthält vielmehr hinsichtlich der Eingruppierung der Sozialpädagogen, die als Leiter von Kindergärten eingesetzt sind, klare und abschließende Vorschriften. Aus diesem Grund kann der Kläger sich auch nicht auf für ihn möglicherweise günstigere Bestimmungen des BAT berufen. Da der Kläger nach alledem bis zum 31.12.1990 zutreffend nach Vergütungsgruppe V b der Anlage 1 a zur KAVO entlohnt worden ist, konnte seine Klage keinen Erfolg haben. 

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Der Streitwertfestsetzung liegen §§ 61Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO zugrunde. 



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