Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 8 Ca 2723/03

Verbindlichkeit einer Versetzungsanordnung

Eine Versetzung als Bestimmung eines neuen Arbeitsortes ist nicht bindend, wenn nicht die beiderseitigen Interessen angemessen abgewogen wurden.

I. Es wird festgestellt, dass die Versetzung der Klägerin in die Filiale der Beklagten in Ludwigshafen-Oggersheim unwirksam ist.

II. Der Streitwert wird auf 1.050,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verbindlichkeit einer Versetzungsanordnung.

Die Klägerin wurde von der Beklagten am 11.05.1992 als Verkäuferin/Kassiererin eingestellt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 08.05.1992 nennt eingangs als Arbeitgeber die „...“ und bestimmt des Weiteren dass „unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und des Manteltarifvertrages [sich] der Arbeitgeber vor[behält] dem Arbeitnehmer den geschäftlichen Erfordernissen entsprechend eine andere oder zusätzliche Tätigkeit zuzuweisen, unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitnehmers. Dieses Recht wird durch eine lange währende Verwendung auf dem selben Arbeitsplatz nicht beschränkt“. Die Klägerin war bis Sommer 2003 durchgehend in der genannten Filiale tätig, die zu diesem Zeitpunkt durch einen Neubau stark vergrößert wurde. Mit Schreiben vom 15.07.2003 wurde eine bereits angekündigte Versetzung in die Filiale Oggersheim angeordnet. Die Klägerin muss nunmehr erstmals öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Versetzung der Klägerin von der ... zur ... nach 67071 Ludwigshafen-Oggersheim unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, man hätte in der neu geöffneten Filiale in Oppau mit neuem Personal beginnen wollen. Die Klägerin wäre sonst dort die älteste gewesen. Man halte sie von ihrer Leistung hierfür nicht so geeignet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet, ihr steht insbesondere nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen, da die Klägerin keinen einklagbaren Anspruch auf Beschäftigung in einer bestimmten Filiale hätte.

Denn nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses das Weisungsrecht des Arbeitgebers, welches ihm ermöglicht, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort zu bestimmen (Z.B. Urteil vom 23.06.1993, 5 AZR 337/92 = EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 13). 

Dieses Direktionsrecht kann durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz eingeschränkt sein. Derartige Einschränkungen sind - bezüglich des Arbeitsortes - vorliegend aber nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich eine derartige Einschränkung nicht daraus, dass im Kopf des Arbeitsvertrages die „Filiale 667 Ludwigshafen- Oppau“ genannt ist. Denn diese Filiale ist nicht eindeutig als einziger Erfüllungsort benannt („wird für die Filiale ... eingestellt“) und zudem zeigt der Nummernzusatz, dass es sich dabei lediglich um einen innerorganisatorischen Zusatz handelt.  Unter dem Abschnitt „Tätigkeit“ findet sich nämlich kein weiterer Bezug zu einer bestimmten Filiale und ist stattdessen ausdrücklich hervorgehoben, dass sich die Beklagte vorbehält, der Klägerin den geschäftlichen Erfordernissen entsprechend eine andere oder zusätzliche Tätigkeit zuzuweisen. Allerdings darf das Weisungsrecht gem. § 315 Abs. 3 BGB nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Eine Versetzung als Bestimmung eines neuen Arbeitsortes ist daher nicht bindend, wenn nicht die beiderseitigen Interessen angemessen abgewogen wurden.

Vorliegend bringt die Versetzung für die Klägerin erhebliche Nachteile mit sich, da sie erstmals auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, was zu Mehraufwand und insbesondere bei Spätschichten auch zu zeitlichen Verzögerungen führt. Demgegenüber ist das Interesse der Beklagten an einer Versetzung nicht nachvollziehbar. Dass in Oggersheim dringender Bedarf bestünde, wird nicht geltend gemacht. Inwiefern eine zudem nur unsubstantiiert behauptete mindere Eignung der Klägerin in Oggersheim weniger durchschlüge als in Oppau, ist ebenso wenig ersichtlich, wie Gründe für den Wunsch, in Oppau mit neuem Personal zu beginnen und nicht die Klägerin als älteste dort weiterzubeschäftigen. Die Versetzung ist daher unbillig, so dass dem Feststellungsantrag stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Bei der gem. § 61 Abs. 1 ArbGG vorzunehmenden Streitwertfestsetzung wurde entsprechend der Rechtsprechung zum Weiterbeschäftigungsanspruch 1 Bruttomonatsgehalt zugrunde gelegt.



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen