Bundessozialgericht

Urteil vom - Az: B 2 U 19/18 R

Unfallschutz gilt nicht für Wege zwischen Kita und Home-Office

1. Der Unfallversicherungsträger kann dem Erstattungsbegehren einer Krankenkasse nicht den gegenüber der Versicherten ergangenen bestandskräftigen ablehnenden Verwaltungsakt entgegenhalten.

2. Der (Rück-)Weg von der Kita zum häuslichen Arbeitsplatz stellt keinen vom unmittelbaren Weg zur Arbeitsstätte abweichenden Weg dar und steht nur dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn der Mindestaufenthalt dort zwei Stunden betragen hat.
(Leitsätze des Gerichts)

Die bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte Beigeladene arbeitete bei ihrem Arbeitgeber im Rahmen des „Teleworkings“ von zu Hause aus. Am Unfalltag brachte sie ihre Tochter morgens zum Kindergarten, um sodann ihrer Tätigkeit im Home-Office nachgehen zu können. Für die Krankenbehandlung wendete die klagende Krankenkasse 19.124,22 Euro auf. Die beklagte Berufsgenossenschaft erkannte dies nicht als Arbeitsunfall an und lehnte den Erstattungsanspruch der Klägerin ab.
Das BSG entschied, dass kein Arbeits- oder Wegunfall vorgelegen habe. Grundsätzlich setze das Zurücklegen eines versicherten Weges voraus, dass die Orte des privaten Aufenthalts und der versicherten Tätigkeit, zwischen denen der Weg zurückgelegt wird, räumlich auseinanderfallen. Der gesetzliche Unfallschutz könne auch dann bestehen, wenn vom unmittelbaren Weg abgewichen werden muss, um Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit in fremde Obhut (Kindergarten, andere Betreuungsstelle) anzuvertrauen. Dies gelte jedoch nicht für die Tätigkeit in einem Home-Office, da der versicherte Weg erst gar nicht angetreten werden könne. Das Verbringen eines Kindes zum Kindergarten, um die versicherte Tätigkeit in der Privatwohnung verrichten zu können, sei keine solche, vom Gesetzgeber ausdrücklich unter Versicherungsschutz gestellte Verrichtung.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen Bremen vom 26. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der beklagte Unfallversicherungsträger der klagenden Krankenkasse Behandlungskosten erstatten muss, die sie für die Beigeladene aufgewendet hat.

Die bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte Beigeladene arbeitete bei ihrem Arbeitgeber im Rahmen des Teleworkings von zu Hause aus. Am 27.11.2013 brachte sie ihre 2008 geborene Tochter morgens zum Kindergarten, um danach zu Hause ihrer Beschäftigung im Teleworking nachzugehen. Auf dem Rückweg vom Kindergarten stürzte sie und brach sich das rechte Ellenbogengelenk. Die Beklagte verneinte gegenüber der Beigeladenen einen Arbeitsunfall und lehnte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab (Bescheid vom 6.1.2015). Die Beigeladene hat hiergegen keinen Widerspruch eingelegt. Für die Krankenbehandlung der Beigeladenen wendete die Klägerin 19.124,22 Euro auf. Ihren Erstattungsanspruch wies die Beklagte zurück.

Die Erstattungsklage blieb vor dem SG (Urteil vom 17.12.2015) und LSG (Urteil vom 26.9.2018) ohne Erfolg. Das LSG hat ausgeführt, die Zuständigkeit der Klägerin folge nicht bereits aus dem in Bestandskraft erwachsenen Verwaltungsakt der Beklagten gegenüber der Beigeladenen. Erstattungsansprüche seien eigenständig zu prüfende Ansprüche. Unabhängig hiervon habe die Beigeladene keinen nach § 8 SGB VII versicherten Unfall erlitten. Ein Unfall auf einem Betriebsweg liege nicht vor. Ein Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII scheide aus, weil die Beigeladene sich nicht auf einem direkten Weg von ihrer Wohnung zu ihrer Arbeitsstätte befunden habe. Auch könne der Kindergarten nicht als dritter Ort anerkannt werden, weil der Aufenthalt dort nicht mindestens zwei Stunden gedauert habe. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII seien ebenfalls nicht erfüllt, weil diese Vorschrift nur bestimmte Um- oder Abwege in den Versicherungsschutz einbeziehe. Es erscheine zudem fraglich, ob die Beigeladene ihr Kind überhaupt „wegen ihrer beruflichen Tätigkeit“ fremder Obhut anvertraut habe. Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 3 und Art. 6 Abs. 1 GG vor. Der Gesetzgeber sei nicht gehalten, zur Förderung der Familie jede denkbare den Versicherten günstige Regelung vorzusehen. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot scheide aus, weil kein Weg zum Ort der versicherten beruflichen Tätigkeit beim Arbeitgeber vorgelegen habe.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision insbesondere eine Verletzung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII. Die Beigeladene habe ihre Tochter in den Kindergarten gebracht, um ihrer Tätigkeit im Home Office nachgehen zu können. Im Lichte des Art. 6 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG müsse auch der Weg vom Kindergarten zur häuslichen Arbeitsstätte versichert sein.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. September 2018 sowie das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 17. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 19.124,22 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

II.

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) hat keinen Erfolg, weil der Klägerin gegen die Beklagte kein Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 1 SGB X zusteht, der hier als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommt. Denn die Klägerin war für die Krankenbehandlung der Beigeladenen zuständiger Leistungsträger.

Nach § 105 Abs. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger unter bestimmten weiteren Voraussetzungen dem anfänglich unzuständigen Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, erstattungspflichtig. Als Leistungsträgerin der gesetzlichen Krankenversicherung hat die Klägerin der beigeladenen Leistungsempfängerin Krankenbehandlung als Sachleistung (Sozialleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I) erbracht bzw durch Dritte erbringen lassen (Leistungserbringer). Damit erfüllte sie im Einklang mit der materiellen Rechtslage eine eigene Leistungspflicht (vgl dazu BSG Urteil vom 23.9.1997 - 2 RU 37/96 - BSGE 81, 103, 107 = SozR 3-1300 § 105 Nr. 4 S. 9). Denn sie war für die Krankenbehandlung der Beigeladenen aufgrund des § 11 Abs. 5 Satz 1 SGB V nicht von Anfang an unzuständig. Nach dieser Vorschrift besteht auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Damit definiert § 11 Abs. 5 Satz 1 SGB V die sich gegenseitig ausschließenden Leistungs- und Zuständigkeitsbereiche der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung (vgl Begründung zu § 11 Abs. 3 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drucks 11/2237 S. 163; BSG Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 17/13 R - SozR 4-2700 § 54 Nr. 1 RdNr. 20; BSG Urteil vom 23.9.1997 - 2 RU 37/96 - BSGE 81, 103, 108 = SozR 3-1300 § 105 Nr. 4 S. 10). Die klagende Krankenkasse hat indes mit der Krankenbehandlung der Beigeladenen keine Unfallfolgen beseitigt, gebessert, gemildert oder deren Verschlimmerung verhütet, wofür alleine die Beklagte zuständig gewesen wäre (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).

Dies folgt nicht bereits aus einer Bindungswirkung des bestandskräftigen Verwaltungsakts vom 6.1.2015, mit dem die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Anerkennung des Sturzereignisses als Arbeitsunfall gemäß § 8 SGB VII abgelehnt hat, zumal die Klägerin an dieser Verwaltungsentscheidung der Beklagten nicht iS des § 12 SGB X beteiligt war (s BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 2 U 16/16 R - SozR 4-1300 § 105 Nr. 6 RdNr. 12 mwN).

Der erkennende Senat hält auch an seiner Rechtsprechung fest, dass ein gegenüber dem Verletzten ergangener ablehnender Verwaltungsakt keine tatbestandliche Drittwirkung entfaltet (vgl BSG Urteile vom 28.9.1999 - B 2 U 36/98 R - SozR 3-5670 § 3 Nr. 4, SorR 3-5090 § 5 Nr. 3 und vom 27.8.1987 - 2 RU 49/86 - BSGE 62, 118 = SozR 2200 § 562 Nr. 7; dies wird im Übrigen stillschweigend im Urteil vom 4.7.2013 - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 vorausgesetzt, zuletzt offengelassen im Urteil vom 20.3.2018 - B 2 U 16/16 R - SozR 4-1300 § 105 Nr. 6; s dazu Krasney, SGb 2019, 46, 50). Folglich kann er von der Beklagten nicht als „Einwendung“ gegen das Erstattungsbegehren der Klägerin geltend gemacht werden (vgl BSG Urteile vom 27.8.1987 - 2 RU 70/85 - BSGE 62, 118, 123 = SozR 2200 § 550 Nr. 76 und vom 30.4.1991 - 2 RU 78/90 - USK 91127; vgl auch BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 29/15 R - BSGE 122, 162 = SozR 4-1300 § 105 Nr. 5, RdNr. 15 bezüglich der Tatbestandswirkung eines Verwaltungsaktes, der seitens des die Erstattung begehrenden Sozialleistungsträgers ergangen ist). Denn das Erstattungsbegehren der Klägerin ist kein aus dem Versicherungsverhältnis abgeleiteter Anspruch (stRspr, BSG Urteile vom 20.3.2018 - B 2 U 16/16 R - SozR 4-1300 § 105 Nr. 6 RdNr. 11; vom 13.9.1984 - 4 RJ 37/83 - BSGE 57, 146, 147 = SozR 1300 § 103 Nr. 2 S. 3; vom 22.5.1985 - 1 RA 33/84 - BSGE 58, 119, 125 f mwN = SozR 1300 § 104 Nr. 7 S. 24 mwN; vom 14.5.1985 - 4a RJ 21/84 - SozR 1300 § 104 Nr. 6; vom 9.12.1986 - 8 RK 12/85 - BSGE 61, 66, 68 mwN = SozR 2200 § 182 Nr. 104 S. 222 mwN; vgl auch BVerwG Urteile vom 12.9.1991 - 5 C 52.88 - BVerwGE 89, 39, 45 f; vom 19.11.1992 - 5 C 33.90 - BVerwGE 91, 177, 185 und vom 13.3.2003 - 5 C 6.02 - BVerwGE 118, 52, 57 f).

Einer Anfrage an die Senate des BSG (§ 41 Abs. 3 SGG), die dies teilweise anders entschieden haben (vgl BSG Urteile vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R - BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 1, RdNr. 14; vom 30.5.2006 - B 1 KR 17/05 R - SozR 4-3100 § 18c Nr. 2, RdNr. 30; vom 1.4.1993 - 1 RK 10/92 - BSGE 72, 163, 168 = SozR 3-2200 § 183 Nr. 6 S. 17; vom 13.9.1984 - 4 RJ 37/83 - BSGE 57, 146, 149 f = SozR 1300 § 103 Nr. 2 S. 6; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, § 105 RdNr. 71 ff, insbes RdNr. 123; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, vor §§ 102-114, RdNr. 9; Schlaeger, jurisPR-SozR 9/2016, Anm. 2), oder einer Vorlage an den Großen Senat des BSG zur Klärung einer Grundsatzfrage (§ 41 Abs. 4 SGG) bedurfte es nicht, weil - unabhängig von dem bereits gegenüber der Beigeladenen erlassenen, diese bindenden Verwaltungsakt - das Ereignis vom 27.11.2013 unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein versicherter Arbeitsunfall iS des § 8 SGB VII war und die Beklagte daher materiell-rechtlich nicht der zuständige Sozialleistungsträger ist.

Die Beigeladene hat am 27.11.2013 keinen Arbeitsunfall erlitten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität) (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteile vom 28.11.2019 - B 2 U 8/18 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 60; vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 37; vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58; vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 55 RdNr. 9; vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 RdNr. 11; vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 27 RdNr. 11; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 47 RdNr. 12).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beigeladene erlitt zwar, als sie stürzte, eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf ihren Körper und damit einen Unfall iS des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Dieser führte zu einem Verrenkungsbruch des rechten Ellenbogengelenks und damit zu einem Gesundheitsschaden. Die Beigeladene war nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auch dem Grunde nach als Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Ihre konkrete Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - der Rückweg vom Kindergarten zu ihrer Wohnung - stand jedoch nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit. Die Beigeladene befand sich weder auf einem versicherten Betriebsweg nach § 8 Abs. 1 SGB VII (dazu unter 1.), noch hat sie einen versicherten Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erlitten (dazu unter 2.). Versicherungsschutz besteht auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII (dazu unter 3.) oder gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 SGB VII (dazu unter 4.).

1. Die Beigeladene befand sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht auf einem ihrer versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebsweg nach § 8 Abs. 1 SGB VII. Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (BSG Urteile vom 31.8.2017 - B 2 U 9/16 R - BSGE 124, 93 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 63, RdNr. 10 - „Friseurmeisterin“; vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 RdNr. 16 mwN; vom 2.4.2009 - B 2 U 25/07 R - SozR 4-1300 § 45 Nr. 8 RdNr. 24; vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 21, RdNr. 14 mwN; vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - juris RdNr. 15 mwN; vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 15 f). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen und unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iS des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen (BSG Urteil vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 48 RdNr. 13). Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (BSG Urteil vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr. 1 S. 2; s zu den Voraussetzungen und dem Umfang des Versicherungsschutzes im „HomeOffice“ zuletzt BSG Urteile vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 68 sowie - B 2 U 8/17 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 67 RdNr. 2 und grundlegend BSG Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 5/15 R - BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 35). Ein Betriebsweg kann auch von zu Hause angetreten werden, wenn auf konkrete Anordnung des Arbeitgebers unmittelbar mit einer versicherten Tätigkeit begonnen wird (vgl BSG Urteile vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 68 RdNr. 19 und vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 15 f).

Letzteres war hier nicht der Fall. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) legte die Beigeladene den Weg vom Kindergarten zu ihrer Wohnung nicht in Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit zurück und dieser Weg diente auch nicht dem Beschäftigungsunternehmen. Da der Weg zur Kindertagesstätte nicht unerwartet notwendig geworden war, um die betriebliche Arbeit im Home-Office verrichten zu können, kann dahinstehen, ob in diesen Fällen die entsprechenden Wege ausnahmsweise unter Versicherungsschutz stehen können (vgl BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 35/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 RdNr. 19).

2. Die Beigeladene hat auch keinen Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erlitten, als sie auf dem Rückweg von der Kindertagesstätte zu ihrer häuslichen Arbeitsstätte (sog „Home-Office“) verunglückte. Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung „des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges“ kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit, wobei nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert ist, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (BSG Urteile vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 12; vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 62; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, RdNr. 47; vom 25.1.1977 - 2 RU 57/75 - SozR 2200 § 550 Nr. 24b S. 52 und vom 15.12.1959 - 2 RU 143/57 - BSGE 11, 156 = juris RdNr. 15). Entscheidend ist, ob der konkret zurückgelegte Weg dazu dient, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit am arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungsort erst aufzunehmen (BSG Urteil vom 31.8.2017 - B 2 U 1/16 R - juris RdNr. 13; vgl BSG Urteil vom 8.7.1980 - 2 RU 17/79 - juris RdNr. 23; Krasney in Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn, SGB VII, Stand Oktober 2018, § 8 RdNr. 176 mwN), was auch der Fall sein kann, wenn der Beschäftigte an wechselnden Orten tätig ist (BSG Urteil vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 16). Versichert ist in der gesetzlichen Unfallversicherung mithin als Vorbereitungshandlung der eigentlichen Tätigkeit das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der Versicherungsschutz besteht, wenn der Weg erkennbar zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit - oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung - zu erreichen. Maßgebendes Kriterium für den sachlichen Zusammenhang ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet ist, eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben, dh ob sein Handeln auf das Zurücklegen des direkten Weges zu oder von der Arbeitsstätte gerichtet ist (vgl BSG Urteile vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 12; vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 62; vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 60 RdNr. 15; vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 28 RdNr. 14; vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 RdNr. 9; vom 4.9.2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 RdNr. 12; vom 11.9.2001 - B 2 U 34/00 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 9 S. 33, jeweils mwN).

Die Beigeladene hat den Unfall weder auf dem unmittelbaren Weg von ihrer Wohnung zur versicherten Tätigkeit noch auf dem Weg von der versicherten Tätigkeit zu ihrer Wohnung erlitten (dazu unter a). Wegeunfallversicherungsschutz bestand auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines von einem sog „Dritten Ort“ aus angetretenen Weges (dazu unter b).

a) Die Beigeladene befand sich nicht auf dem Weg von ihrer Wohnung „zur versicherten Tätigkeit“ oder umgekehrt. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII legt als End- oder Ausgangspunkt des Weges nur den Ort der versicherten Tätigkeit fest. Dabei steht, wie die Vorschrift durch das Wort „unmittelbar“ klarstellt, nur das Zurücklegen des direkten Weges nach und von der versicherten Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 RdNr. 19), wobei in der Regel Ausgangs- bzw Endpunkt die eigene Wohnung ist. Das Zurücklegen eines versicherten Weges iS des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII setzt aber jedenfalls voraus, dass die Orte des privaten Aufenthalts und der versicherten Tätigkeit, zwischen denen der Weg zurückgelegt wird, räumlich auseinanderfallen. Dies ist bei der Tätigkeit in einem Home-Office, sofern nicht ein Weg zum Arbeitgeber erforderlich ist (s Spellbrink, MedSach 114 <2018>, 164, 167), gerade nicht der Fall. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ereignete sich der Unfall auf dem Rückweg vom Kindergarten zu ihrer Wohnung, wo sich das „Home-Office“ der Beigeladenen befindet und wo sie ihrer versicherten Tätigkeit nachgehen wollte. Weder der Weg von ihrer Wohnung zum Kindergarten noch der Rückweg wurden damit zurückgelegt, um am Unfalltag erstmals von der Stelle des privaten Aufenthaltes zum Ort der versicherten Tätigkeit zu gelangen. Dahinstehen kann deshalb auch, ob die Beigeladene am Unfalltag bereits mit der versicherten Tätigkeit im Home-Office begonnen hatte.

b) Der Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII bestand auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Weges von einem „Dritten Ort“. Grundsätzlich kann ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte iS des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch von einem anderen Ort als der Wohnung angetreten werden, denn § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII legt - wie bereits ausgeführt - als End- oder Ausgangspunkt des Weges nur den Ort der versicherten Tätigkeit fest. Die Norm lässt hingegen offen, wo der Weg nach dem Ort der Tätigkeit beginnt oder wo der Weg von dem Ort der Tätigkeit endet. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine versicherte Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII deshalb auch das Zurücklegen eines Weges zwischen einem anderen Ort als der Wohnung, dem sog dritten Ort, und der Arbeitsstätte sein, ohne dass es dabei darauf ankommt, aus welchen Gründen sich der Versicherte an jenem Ort aufhält (vgl zuletzt BSG Urteile vom 30.1.2020 - B 2 U 2/18 R und B 2 U 20/18 R). Auch Wege von anderen Orten als dem häuslichen Bereich zum Ort der versicherten Tätigkeit werden nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer versicherungsbezogenen Handlungstendenz unternommen (vgl zB BSG Urteile vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 28 RdNr. 13 und - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 29, RdNr. 21; vom 5.5.1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138, 140 = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 S. 71 f). Unter dieser Voraussetzung ist grundsätzlich auch das Zurücklegen des Weges nach und von dem sog dritten Ort in der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.

Zur Abgrenzung des Versicherungsschutzes hat der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit auf die Dauer des Aufenthalts an dem sog dritten Ort abgestellt und gefordert, dass der Aufenthalt dort mindestens zwei Stunden gedauert haben muss, um den von dem dritten Ort beginnenden Weg wieder unter den Schutz der Wegeunfallversicherung stellen zu können (vgl hierzu zuletzt BSG Urteile vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 RdNr. 23 ff und vom 5.5.1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138, 141 f = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 S. 73 f; hierzu kritisch Heinz, Unfälle auf Wegen, 25. Jahresarbeitstagung Sozialrecht, Deutsches Anwaltsinstitut eV, 2013, S. 33, 40, sowie ders, Versicherte und unversicherte Wege in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Sozialrecht als Menschenrecht 2011, 273, 283). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Ein Ort wird erst dann zu einem sog dritten Ort, von dem aus ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte angetreten werden kann, wenn der Versicherte sich dort zwei Stunden oder länger aufhält (BSG Urteil vom 5.5.1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138 = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18; vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2002 - B 2 U 19/02 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 14). Diese Zwei-Stunden-Grenze ist weiterhin aus Gründen der Rechtssicherheit bei der Beurteilung der Reichweite des Unfallversicherungsschutzes der Wegeunfallversicherung heranzuziehen (BSG Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 RdNr. 23 ff; vgl BSG Urteil vom 5.5.1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138, 142 = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 S. 73 f).

Die Beigeladene hat sich nach den bindenden Feststellungen des LSG keine zwei Stunden in der Kindertagesstätte aufgehalten, sondern nur wenige Minuten, sodass die Kindertagesstätte - nach der soeben dargestellten Senatsrechtsprechung - keinen dritten Ort darstellt. Daher war der Weg von der Kindertagesstätte zu ihrer Wohnung, in der sich die Arbeitsstätte befindet, auch nicht unter diesem Aspekt versichert iS des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.

3. Die Beigeladene stand auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII unter Versicherungsschutz. Danach sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um Kinder von Versicherten, die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. Versicherungsschutz lässt sich im vorliegenden Fall weder durch Auslegung dieser Norm (dazu unter a) noch rechtsfortbildend im Wege der Analogie begründen (dazu unter b). § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII wirft auch keine verfassungsrechtlichen Probleme auf. Deshalb kann auch dahinstehen, ob die Klägerin im Rahmen eines Erstattungsstreits zwischen zwei grundsätzlich nicht grundrechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Verletzung der Grundrechte der Beigeladenen geltend machen kann (dazu unter c).

a) Im vorliegenden Fall lässt sich ein Versicherungsschutz der Beigeladenen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII nicht im Wege der Auslegung begründen. Dabei ist der nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mögliche Wortsinn des Gesetzes nicht nur Ausgangspunkt der Auslegung, sondern markiert auch die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation (BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 47 RdNr. 22 und vom 8.5.2007 - B 2 U 10/06 R - BSGE 98, 219 = SozR 4-2700 § 129 Nr. 2, RdNr. 30; BVerfG Urteile vom 21.5.1952 - 2 BvH 2/52 - BVerfGE 1, 299, 312 und vom 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 ua - BVerfGE 73, 206, 235 sowie Beschlüsse vom 3.4.1990 - 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6, 12 und vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Jenseits dieser Grenze kann der Rechtsanwender nur rechtsfortbildend tätig werden, wozu die obersten Gerichtshöfe des Bundes grundsätzlich befugt sind (BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - BVerfGE 149, 126, juris RdNr. 73; BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 18/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 47 RdNr. 22; vgl auch § 41 Abs. 4 SGG). Mit der Formulierung, versicherte Tätigkeit sei auch das Zurücklegen des Weges zur Kinderbetreuung, der von einem unmittelbaren Weg nach dem Ort der Tätigkeit abweicht, erfasst das Gesetz ausdrücklich nur die Verbindung des eigenen versicherten Weges zum Ort der Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII mit dem unmittelbar vorangehenden oder eingeschobenen Abweg (abweichenden Weg) zur Kinderbetreuung.

Der klare Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII zeigt damit, dass es sich bei den dort unter Versicherungsschutz gestellten Verrichtungen nicht um von der Zurücklegung versicherter Wege losgelöste Versicherungstatbestände handelt. Vielmehr muss zunächst ein versicherter Weg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vorliegen, von dem dann zu dem im Gesetz genannten Zweck abgewichen wird. Damit steht fest, dass ohne Antritt eines an sich versicherten Weges auch kein ausnahmsweise nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII versicherter Abweg vorliegen kann (zum Abweg s zuletzt BSG Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 60 RdNr. 17). Da die Beigeladene sich hier - wie oben ausgeführt - auf keinem versicherten Weg iS des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII befand, kann § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII schon von seinem Wortlaut her nicht eingreifen. Zu einer diesen Wortlaut überschreitenden Auslegung ist der Senat nicht befugt (vgl BVerfG Beschlüsse vom 14.6.2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 - BVerfGE 118, 212, juris RdNr. 91; vom 22.10.1985 - 1 BvL 44/83 - BVerfGE 71, 81, 105; vom 15.10.1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64, 93; vom 26.4.1994 - 1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90 - BVerfGE 90, 263, 275; vgl auch BVerfG Beschluss vom 19.6.1979 - 2 BvL 14/75 - BVerfGE 51, 304, juris RdNr. 51; vgl BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr. 2, RdNr. 27; s zur Wortlautgrenze Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl 2008, § 78, S. 614).

Ein eine solche Auslegung rechtfertigender anderer Wille des Gesetzgebers, der in der Norm nur nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen wäre und dem ggf Rechnung getragen werden müsste, ist nicht erkennbar. Durch das Gesetz über die Unfallversicherung für Schüler und Studenten vom 18.3.1971 (BGBl I 237) wurde § 550 RVO um den Satz ergänzt: „Die Versicherung ist nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherte von dem unmittelbaren Wege zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit abweicht, weil sein Kind (§ 583 Abs. 5), das mit ihm in einem Haushalt lebt, wegen seiner oder seines Ehegatten beruflicher Tätigkeit fremder Obhut anvertraut wird“. Damit hat der Gesetzgeber von vornherein den Versicherungsschutz davon abhängig gemacht, dass ein Abweichen von einem begonnenen versicherten Weg zwischen der Wohnung und dem Ort der versicherten Tätigkeit vorliegt. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII ist inhaltsgleich mit der Vorgängervorschrift und weicht auch im Wortlaut lediglich unwesentlich von ihr ab. Da sie nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs dem zuvor geltenden Recht der RVO entsprechen sollte (BT-Drucks 13/2204, S. 77 zu § 8 Abs. 2), ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Regelung unverändert in das SGB VII übernehmen wollte (BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 20/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 4 RdNr. 22).

Die Gesetzesbegründung zu § 550 RVO (BT-Drucks VI/1333 S. 5) führte bereits aus, dass durch Einfügung des § 550 RVO der Versicherungsschutz für Berufstätige erweitert werden solle, die ein Kind während ihrer Arbeitszeit fremder Obhut anvertrauen und „den hierzu notwendigen Weg mit dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte verbinden“. Damit wird zwar zur Begründung des alleine durch Arbeitgeberbeiträge finanzierten Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung auf das betriebliche Interesse an der Arbeit von Frauen und der hierzu notwendigen Versorgung der Kinder abgestellt. Zugleich muss es aber bereits zum Antritt eines versicherten Weges zur oder von der versicherten Tätigkeit und einer damit verbundenen grundsätzlichen Risikoerhöhung gekommen sein, weil die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII versicherten Personen mithin ihre schützende Privatsphäre bereits verlassen haben mussten, um den zusätzlichen Versicherungsschutz erhalten zu können. Der vorliegend zu entscheidende Sachverhalt, dass eigens für das Verbringen der Kinder das Haus verlassen wird, sollte damit von der Norm des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII gerade nicht erfasst werden.

b) Für eine Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, sodass auch nicht auf diesem Weg ein Versicherungsschutz der Beigeladenen begründet werden kann.

Analogie ist die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestandes auf einen ihm ähnlichen, aber vom Gesetzgeber übersehenen Sachverhalt. Der Analogieschluss beruht dann - in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 GG - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSG Urteile vom 27.6.2017 - B 2 U 13/15 R - BSGE 123, 238 = SozR 4-7610 § 677 Nr. 1, RdNr. 10 ff; vom 23.11.1995 - 1 RK 11/95 - BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr. 1 S. 3 und vom 28.4.2004 - B 2 U 20/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 4 RdNr. 15). Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Analogie ist allerdings von der dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gesetzeskorrektur abzugrenzen (eingehend BSG Urteil vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr. 2, RdNr. 24 ff). Die vom Verfassungsrecht gezogene Grenze verläuft im Allgemeinen dort, wo die Gerichte ohne das Vorhandensein einer sich aus Systematik und Sinn des Gesetzes ergebenden Lücke allein unter Berufung auf allgemeine Rechtsprinzipien, die eine konkrete rechtliche Ableitung nicht zulassen, oder aus rechtspolitischen Erwägungen Neuregelungen oder Rechtsinstitute schaffen (BVerfG Beschlüsse vom 14.2.1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269, 290 und vom 19.10.1983 - 2 BvR 485/80 - BVerfGE 65, 182, 194). Dem Gericht ist es grundsätzlich verwehrt, sich unter Verkennung seiner eigenen Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz zu begeben (BVerfG Beschluss vom 3.4.1990 - 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6, 11 ff und vom 3.11.1992 - 1 BvR 1243/88 - BVerfGE 87, 273, 280). Demgemäß darf richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie stets nur dann eingesetzt werden, wenn das Gericht aufgrund einer Betrachtung und Wertung des einfachen Gesetzesrechts eine Gesetzeslücke feststellt.

Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII weist keine planwidrige Unvollständigkeit auf. Eine unbewusste Regelungslücke wäre anzunehmen, wenn der zu beurteilende Sachverhalt vom historischen Gesetzgeber übersehen wurde oder er sich erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (BSG Urteile vom 28.4.2004 - B 2 U 20/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 4 RdNr. 15 mwN und vom 20.3.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23 RdNr. 17).

Dies ist hier nicht der Fall. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII insgesamt ein stimmiges Konzept zugrunde liegt (BSG Urteil vom 18.9.2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr. 2, RdNr. 24 ff). Mit Einführung der hier zu beurteilenden Regelung als § 550 Satz 2 RVO (vgl § 2 Nr. 1 des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18.3.1971 - BGBl I 237), die schließlich inhaltlich unverändert in § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII übernommen wurde (vgl BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 20/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 4 RdNr. 13), sollte der Versicherungsschutz für Berufstätige, die ein Kind während der Arbeitszeit fremder Obhut anvertrauen und den hierzu notwendigen Weg mit dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte verbinden, erweitert werden. Namentlich Frauen sollte dadurch eine berufliche Tätigkeit ermöglicht werden, die, so die damalige Begründung, nur berufstätig sein könnten, wenn ihre Kinder während der Arbeitszeit versorgt seien (BT-Drucks VI/1333, S. 5 zu § 2 Nr. 1). Damit ging es dem Gesetzgeber zwar um eine Erweiterung der in § 548 RVO (jetzt: § 8 Abs. 1 SGB VII) umschriebenen eigentlich versicherten Tätigkeiten. Die Erweiterung des Versicherungsschutzes beschränkte sich allerdings auf § 550 RVO (BT-Drucks aaO: „… während ihrer Arbeitszeit fremder Obhut anvertrauen und den hierzu notwendigen Weg mit dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte verbinden.“). Damit sparte der Gesetzgeber bewusst nicht nur Abweichungen von Betriebswegen aus, sondern auch die Fallgestaltung, dass ein Versicherter sein Kind zunächst mit zur Arbeitsstätte nimmt, dann aber während der Arbeitszeit von dort aus aufbricht, um das Kind in fremde Obhut zu bringen; etwa weil am Ort der Arbeitsstätte keine durchgängige Betreuungsmöglichkeit besteht (BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 RdNr. 29; s zum Betriebsweg Schlaeger, NZS 2009, 559 ff; aA Leube, NZV 2015, 275, 278; modifizierend für Betriebswege Ricke in KassKomm, § 8 SGB VII RdNr. 222b; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr. 256b; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 8 RdNr. 242; vgl in diesem Zusammenhang auch BSG Urteil vom 20.3.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23 RdNr. 17 ff).

Ebenso bewusst ausgespart hat der Gesetzgeber damit die Versicherten, die ihre versicherte Tätigkeit zu Hause ausüben. Zwar mag die Tätigkeit von Beschäftigten, die ihre versicherte Tätigkeit zu Hause verrichten („Home-Office“) ein neueres der modernen Arbeitswelt geschuldetes und in den 70iger Jahren noch unbekanntes Phänomen gewesen sein (vgl Köhler, VSSAR 2019, 3; Mühlheims, SozSich 2017, 372; Spellbrink, MedSach 114 <2018>), 164 ff). Dem Gesetzgeber bekannt waren jedoch auch zum Zeitpunkt der Einführung des § 550 Satz 2 RVO - freiwillig, satzungsgemäß oder auch gesetzlich - versicherte Selbständige, die zu Hause arbeiteten und bei denen sich schon immer die Frage nach der Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich und dem versicherten Zurücklegen eines (Betriebs-)Weges stellte (vgl nur BSG Urteile vom 29.1.1960 - 2 RU 265/56 - BSGE 11, 267, 270 - „Malermeister“; vom 24.5.1960 - 2 RU 122/59 - BSGE 12, 165 = SozR Nr. 26 zu § 542 RVO - Sturz eines Landwirts auf der Treppe; vom 30.11.1972 - 2 RU 169/71 - USK 72117 - Aufsuchen der Privattoilette; ebenso BSG Urteile vom 26.4.1973 - 2 RU 5/70 - Aufsuchen der Privattoilette und vom 29.1.1960 - 2 RU 47/58 - SozR Nr. 20 zu § 543 RVO aF - „Tierarzt“). Dass dem Bundesgesetzgeber bei Erlass des Gesetzes vom 18.3.1971 (aaO) die Konstellation, dass ein (selbständiger oder abhängig beschäftigter) Versicherter mit Arbeitsstätte im privaten Wohnbereich seine Kinder in fremde Obhut gibt, nicht bewusst gewesen sein könnte, ist nicht erkennbar. Der Gesetzgeber hat vielmehr in § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII gerade keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz aufgestellt, dass auf allen Wegen Versicherungsschutz bestehen soll, wenn diese mit der Handlungstendenz vorgenommen werden, ein Kind fremder Obhut anzuvertrauen. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den hier betroffenen Personenkreis bei seiner Formulierung der Norm übersehen hat.

Dem System des § 8 SGB VII liegt vielmehr ein stimmiges Konzept bezüglich des Versicherungsschutzes sog Vorbereitungshandlungen zugrunde. Das Verbringen von Kindern in fremde Obhut ist immer nur eine Vorbereitungshandlung für eine versicherte Tätigkeit. Vorbereitungshandlungen oder vorbereitende Tätigkeiten sind Maßnahmen, die einer versicherten Tätigkeit vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen (BSG Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 17; vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 45 RdNr. 19; vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 32 RdNr. 22; vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 5 RdNr. 16). Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für vorbereitende Tätigkeiten ist grundsätzlich auf diejenigen Verrichtungen beschränkt, die das Gesetz selbst ausdrücklich nennt (BSG Urteile vom 30.1.2020 - B 2 U 9/18 R - Tanken als Vorbereitungshandlung; vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 17; vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 45 RdNr. 20 und vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 5). Sonstige typische Vorbereitungshandlungen sind grundsätzlich nicht versicherte eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die dem privaten Risikobereich des Versicherten zugeordnet sind. Ausnahmen hiervon gelten nur dann, wenn ein besonders enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Bezug zur versicherten Tätigkeit gegeben ist, der die Vorbereitungshandlung nach den Gesamtumständen selbst bereits als Bestandteil der versicherten Tätigkeit erscheinen lässt (BSG Urteile vom 30.1.2020 - B 2 U 9/18 R - Tanken als Vorbereitungshandlung; vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 19; vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 45 RdNr. 20; vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 32 und vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 5).

Die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die im Gesetz ausdrücklich normierten Vorbereitungshandlungen trägt den gesetzlichen Vorgaben und der Systematik des § 8 SGB VII Rechnung (BSG Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 18) und ergibt sich auch aus § 31 SGB I, der den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes einfachgesetzlich auch für den Bereich der leistungsgewährenden Verwaltung normiert. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen in § 8 Abs. 2 SGB VII bestimmte typische Vorbereitungshandlungen dem Versicherungsschutz unterstellt, weil er insoweit ein über den Schutzbedarf der eigentlichen beruflichen Tätigkeit hinausgehendes soziales Schutzbedürfnis angenommen hat (BSG Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 18). Der Gesetzgeber ist dabei ersichtlich davon ausgegangen, dass es für die Einbeziehung klassischer Vorbereitungshandlungen - etwa wie des Zurücklegens des Weges vom Ort der Arbeitsstätte und hierbei auch das Abweichen zwecks Verbringung von Kindern in fremde Obhut - in den Unfallversicherungsschutz einer besonderen Regelung bedurfte (BSG Urteile vom 30.1. 2020 - B 2 U 9/18 R - Tanken als Vorbereitungshandlung; vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 RdNr. 18 unter Verweis auf BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 5). Dies folgt auch daraus, weil damit das Haftungsrisiko der die alleinige Beitragslast tragenden Unternehmer auf einen Bereich ausgedehnt würde, in dem sie nur eingeschränkt zu präventiven Maßnahmen des Arbeitsschutzes in der Lage sind (BSG Urteil vom 30.1.2020 - B 2 U 9/18 R - Tanken als Vorbereitungshandlung). Das Verbringen von Kindern zum Kindergarten, wenn die versicherte Tätigkeit in der Privatwohnung verrichtet wird, ist keine solche, vom Gesetzgeber ausdrücklich unter Versicherungsschutz gestellte Verrichtung.

c) Es kann hier dahinstehen, ob im Rahmen eines Erstattungsstreits zwischen zwei grundsätzlich nicht grundrechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Verletzung der Grundrechte der Beigeladenen, die sich ihrerseits nicht gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Wehr gesetzt hat, geltend gemacht werden kann. Ein Verstoß des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a SGB VII gegen höherrangiges Recht ist nicht erkennbar (differenzierend aber Leube, NZV 2015, 275). Art. 6 GG räumt dem Gesetzgeber jedenfalls einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Förderung der Familie ein, der auch bei einer Geltendmachung eines Gleichheitsverstoßes iS des Art. 3 Abs. 1 GG zum Tragen kommt. Der Gesetzgeber bestimmt im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz der Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG Beschluss vom 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 - BVerfGE 62, 323, juris RdNr. 34 und Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 36). Konkrete Ansprüche auf bestimmte Rechte oder Leistungen lassen sich aus dem Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG gerade im Bereich des Sozialversicherungsrechts nicht herleiten (BVerfG Beschluss vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84 ua - BVerfGE 82, 60, 81 = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1 S. 6 und Urteil vom 12.2.2003 - 1 BvR 624/01 - BVerfGE 107, 205, 213 = SozR 4-2500 § 10 Nr. 1 RdNr. 28). Bei der Arbeit in einem Home-Office müsste eine Versicherung des Weges aus dem Home-Office zu einer Kinderbetreuung vom Senat im Wege der Rechtsfortbildung oder Analogie erst begründet werden. Eine solche Erweiterung des Versicherungsschutzes ist nach Überzeugung des Senats mit den zulässigen Methoden richterlicher Rechtsfortbildung aber nicht möglich (weitergehend aber offenbar Leube, NZV 2015, 275; Mühlheims, SozSich 2017, 372 und Siefert, VSSAR 2019, 339, die tendenziell eine Anpassung der Rechtsprechung auch contra legem an die Entwicklungen der Arbeit 4.0 postulieren).

4. Aus den gleichen Gründen würde im Übrigen auch der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 SGB VII scheitern, dessen Anwendbarkeit im vorliegenden Fall aber bereits schon deswegen ausscheidet, weil danach nur Kinder versichert sind, die von ihrem versicherten Weg - zB dem Schulweg oder dem Weg zur Kindertagesstätte - zwecks Verbringung in fremde Obhut abweichen (Krasney in Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn, Gesetzliche UV-SGB VII, § 8 RdNr. 269). Hier geht es jedoch um den Versicherungsschutz der Beigeladenen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.



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