Arbeitsgericht Berlin

Urteil vom - Az: 55 Ca 18019/12

Schadensersatz wegen Falschangabe bei Vertragsverhandlungen

1. Verleitet der Arbeitgeber durch unzutreffende Angaben den Arbeitnehmer zur Begründung des Arbeitsverhältnisses, so begründet der Arbeitgeber zugleich seine Haftung ggü. dem Arbeitnehmer aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen.

2. Haftungsausfüllend ist das negative Interesse ohne Begrenzung auf das positive Interesse.

3. In zeitlicher Hinsicht kann die haftungsausfüllende Kausalität lediglich in demjenigen Zeitraum bestehen, welcher dem Lauf der ordentlichen Kündigungsfrist im hypothetisch störungsfrei zustande gekommenen Arbeitsverhältnis entspricht. Insofern gilt ein allgemeiner Grundsatz, wie er auch im Rahmen von § 628 Abs. 2 BGB zur Anwendung zu bringen ist.

4. Obwohl der Beklagte ein prosperierendes Arbeitsverhältnis versprach - woraufhin der Kläger den Arbeitsvertrag schloss und sein bisheriges Arbeitsverhältnis kündigte - und der Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnis noch vor Arbeitsbeginn "wegen schlechter wirtschaftlicher Lage" wieder aufkündigte, haftet der Beklagte nicht auf Schadensersatz, weil es dem Kläger gelang, sein früheres Arbeitsverhältnis für einen begrenzten Zeitraum wieder aufzunehmen, wobei dieser Zeitraum länger war als die zwischen den Parteien geltende ordentliche Kündigungsfrist. (Leitsätze)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreites hat der Kläger zu tragen.

III. Der Wert der Beschwer des Klägers wird festgesetzt auf 4.050,00 EUR.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch.

Der Kläger begründete durch Arbeitsvertrag unter dem 3. Februar 2011 (Bl. 6 bis 8 d.A.) zu demselben Tage zu dem Apotheker Herrn Dr. C. ein auf den 31. Mai 2011 befristetes Arbeitsverhältnis als Kurierfahrer. Das Arbeitsverhältnis wurde über den 31. Mai 2011 hinaus fortgesetzt und dadurch entfristet. Bei einer 35-Stunden-Woche belief sich die monatliche Vergütung des Klägers auf 1.731,06 Euro brutto.

Zur Mitte des Jahres 2011 lernte der Kläger den Geschäftsführer der Beklagten kennen. Die Beklagte betreibt einen Versandhandel für Kaffee. Der Geschäftsführer ließ den Kläger wissen, dass er Mitarbeiter für die Beklagte suche und bot ihm ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Angestellter an.

Am 20., 21. und 27. September 2011 erbrachte der Kläger bereits Arbeitsleistungen für die Beklagte. Unter dem 30. September 2011 schloss er mit der Beklagten - diese vertreten durch ihren Geschäftsführer - einen Arbeitsvertrag (Auszug Bl. 9 - 11 d.A.), in dem es heißt:

 „§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.12.2011.

§ 2 Probezeit

Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Probezeit beträgt 3 Monate. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

§ 3 Tätigkeit, Arbeitsort

Der Arbeitnehmer wird als „kaufmännischer Angestellter“ eingestellt.

 (...)

§ 4 Arbeitsvergütung

Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 1.350,- €.

Die Vergütung wird in den ersten fünf Monaten wie folgt erhöht:

01.11.2011 - 31.10.2012; 1.350,- Euro brutto

01.11.2012 - 31.10.2013; 1.450,- Euro brutto

01.11.2013 - 31.10.2014; 1.600,- Euro brutto

01.11.2014 - 31.10.2015; 1.750,- Euro brutto

01.11.2015 - 31.10.2016; 1.900,- Euro brutto

ab 01.11.2016; 2.050,- Euro brutto

Urlaubsgeld beträgt 300,- Euro

Weihnachtsgeld beträgt 300,- Euro

Soweit eine zusätzliche Leistung (Weihnachts-, Urlaubsgeld) vom Arbeitgeber gewährt wird, handelt es sich um eine freiwillige Leistung, (...).

 (...)

§ 11 Kündigung

Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder Ende eines Kalendermonats. Jede gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers gilt in gleicher Weise auch zugunsten des Arbeitgebers. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Vor Antritt des Arbeitsverhältnisses ist die Kündigung ausgeschlossen.

 (...)

§ 12 Verfall-/Ausschlussfristen

Die Vertragschließenden müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten (oder: sechs Monaten) nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenseite innerhalb von weiteren drei Monaten einklagen.

Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.“

Nach dem Abschluss vorstehenden Arbeitsvertrages kündigte der Kläger das mit Herrn Dr. C. bestehende Arbeitsverhältnis als Kurierfahrer zum 30. November 2011 auf. Vom 10. bis 13. Oktober 2011 sowie am 17. Oktober 2011 erbrachte der Kläger Arbeitsleistungen bereits für die Beklagte. Mit Schreiben unter dem 17. November 2011 (Bl. 12 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger jedoch außerordentlich auf. In dem Schreiben heißt es:

„Kündigung des am 30.09.2011 geschlossenen Arbeitsverhältnisses

hiermit kündigen wird Ihnen das o.g. Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Ihr Arbeitsbeginn zum 01.12.2011 ist damit aufgehoben.

Die Kündigung ist aus betriebsbedingten Gründen notwendig. Starke Auftragsrückgänge in den vergangenen Monaten haben zu einem verringerten Mitarbeiterbedarf geführt. Da wir keine Möglichkeit sehen, Sie an einem anderen, Ihrer Position entsprechenden Arbeitsplatz zu beschäftigen, sehen wir uns leider in der Situation, die Kündigung aussprechen zu müssen.“

Der Kläger reagierte durch Anwaltsschreiben unter dem 23. November 2011 (Auszug Bl. 13 f. d.A.) und kündigte Schadensersatzansprüche wegen der Aufgabe des Arbeitsverhältnisses mit Herrn Dr. C. an. Klage gegen die außerordentliche Kündigung von Seiten der Beklagten mit Schreiben unter dem 17. November 2011 erhob er nicht. In der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Januar 2012 gelang es ihm, nochmals in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit Herrn Dr. C. zu den früheren Bedingungen als Kurierfahrer zu stehen. In der Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 31. Mai 2012 bezog er dann ein monatliches Arbeitslosengeld von 796,00 Euro. Ab dem 1. Juni 2012 machte er sich als Kurierfahrer selbstständig. Mit einem am 27. November 2012 bei Gericht eingegangenen und dem Beklagten am 1. Dezember 2012 zugestellten Schriftsatz hat er schließlich einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte rechtshängig gemacht.

Der Kläger ist der Anschauung, dass - falls ihm kein Schadensersatz-anspruch aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien zustehe - ein Schadensersatzanspruch aus dem vorvertraglichen Verhalten auf Seiten der Beklagten erwachsen sei. Dem Geschäftsführer der Beklagten habe eine Hinweispflicht auf die schwierige wirtschaftliche Lage bei Abschluss des Arbeitsvertrages getroffen. Stattdessen habe er vorgespiegelt, dass die Beklagte ein umsatzstarkes Unternehmen sei, über eine gute Auftragslage verfüge und dringend Arbeitskräfte suche. Tatsächlich habe der Geschäftsführer zur Mitte des Monats September 2011 von den Auftrags-rückgängen gewusst, hätte dem Kläger den Arbeitsvertrag nicht anbieten dürfen und habe jenen getäuscht, um ihn zum Lösen des Vor-Arbeits-verhältnisses zu bestimmen. Dass der Kläger getäuscht worden sei, ergebe sich unzweideutig aus dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 17. November 2011.

Gegen diese außerordentliche Kündigung habe der Kläger damals keine Klage erhoben, weil er sich nach Zugang dieser Kündigung um anderweitige Arbeit bemüht habe, sodass es ihm gar nicht möglich gewesen sei, für die Beklagte weiter zu arbeiten. Eine Kündigung vor Arbeitsantritt sei aber nach § 11 Abs. 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages vom 30. September 2011 jedenfalls nicht möglich gewesen. Eine zweite Kündigung sei aber zu erwarten gewesen. Hierbei sei jedoch zu beachten, dass in dem Arbeitsvertrag eine Probezeit nicht habe vereinbart werden dürfen, da ja der Kläger bereits vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung bei der Beklagten gearbeitet gehabt habe, insofern schon erprobt gewesen sei und es der Beklagten deswegen auf eine Probezeit nicht angekommen sei.

Ein Schaden sei dem Kläger durch die Aufgabe des ungekündigten Arbeitsverhältnisses mit Dr. C. entstanden, welches auch über Kündigungsschutz verfügt habe. Der Schaden sei in Höhe von drei Monatsentgelten zu je 1.350,00 Euro zu bemessen.

Ein Verfall des Schadensersatzanspruches gemäß § 12 des Arbeitsvertra-ges sei nicht eingetreten, denn diese Arbeitsvertragsklausel halte einer Inhaltskontrolle nicht stand. Es sei unklar, ob auf der ersten Stufe der Verfallsklausel nun eine Verfallsfrist von drei oder von sechs Monaten vereinbart gewesen sein solle.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.050,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für sie wird behauptet, dass dem Kläger durch das Arbeiten für die Beklagte bereits am 20., 21. und 27. September 2011 bewusst gewesen sei, wie die wirtschaftliche Lage der Beklagten denn sei. Gleichwohl habe er am 30. September 2011 den Arbeitsvertrag abgeschlossen. Das Vertrauen in dessen Bestand könne aber zeitlich nicht weiterreichen als die dort vereinbarte ordentliche Kündigungsfrist. Schadensersatzansprüche seien also nicht entstanden. Im Übrigen seien sie auch nach der wirksam vereinbarten Verfallsklausel in § 12 des Arbeitsvertrages untergegangen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3.c) ArbGG.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1.

Die Klage ist insoweit nicht begründet, als der Kläger von der Beklagten Zahlung von 4.050,00 Euro Schadensersatz begehrt. Dieser Zahlungs-anspruch ist nicht auf Grundlage von §§ 241 Abs. 2, 278 Satz 1, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1. BGB entstanden.

a)

Am 30. September 2011 und in der Zeit davor, standen die Parteien im Schuldverhältnis des § 311 Abs. 2 Nr. 1. BGB, denn sie führten - die Beklagte hierbei vertreten durch ihren Geschäftsführer - Vertrags-verhandlungen über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte schuldete dem Kläger somit Rücksichtnahme auf dessen Interessen, wobei diese Schutzpflicht es auch umfasste, den Kläger vor einer Selbstschädigung durch den Ausspruch einer Eigenkündigung des mit Herrn Dr. C. bestehenden, unbefristeten und dem allgemeinen Kündigungsschutz unterfallenden Arbeitsverhältnisses dadurch zu bewahren, dass man den Kläger nicht zu einer solchen Handlung verführte. Es hatte dem Geschäftsführer der Beklagten klar zu sein, dass eine solche Eigenkündigung die Konsequenz des Abschlusses eines Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten sein würde.

b)

Die Schutzpflicht hat die Beklagte - der das pflichtwidrige Verhalten ihres Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter nach dem GmbH-Gesetz gemäß § 278 Satz 1 BGB zuzurechnen ist - dadurch verletzt, dass dieser dem Kläger während der Verhandlungen über den Arbeitsvertrag die wirtschaftliche Lage der Beklagten verschwieg und vielmehr diese wirtschaftliche Lage in besonderem Umfange anpries. Letztgenanntes ist vom Vortrag des Klägers umfasst, wobei die Beklagte dem nicht entgegengetreten ist, sodass der Vortrag nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Gleichzeitig ist festzustellen, dass dieses Anpreisen eine wahrheitswidrige Verschleierung der wirtschaftlichen Situation der Beklagten beinhaltete. Dies folgt aus der zeitlichen Nähe zur außerordentlichen Kündigung unter dem 17. November 2011, in welcher ausgeführt ist, dass „starke Auftragsrückgänge in den vergangenen Monaten zu einem verringerten Mitarbeiterbedarf geführt“ haben und dass man keine Möglichkeit sehe, den Kläger an einem seiner Position entsprechenden Arbeitsplatz zu beschäftigen. Starke Auftragsrückgänge in den letzten Monaten konnten dem Geschäftsführer der Beklagten nicht entgangen sein. Zeitlich liegt der Abschluss des Arbeitsvertrages nur gut sechs Wochen vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung.

Nicht überzeugend ist die Argumentation der Beklagten, der Kläger habe durch sein Arbeiten am 20., 21. und 27. September 2011 die wahre wirtschaftliche Lage der Beklagten selbst erkennen können. Welche Einsichtsmöglichkeiten dieses Arbeiten parallel zum bestehenden Arbeitsverhältnis mit Dr. C. dem Kläger eingeräumt hatte, bleibt vollständig im Dunkeln.

Ohne Bedeutung bleibt auch, dass der Abschluss des Arbeitsvertrages vom 30. September 2011 für den Kläger in dem Sinne eine Selbstschädigung darstellte, als dass er lediglich 1.350,00 Euro brutto verdienen sollte, also erheblich weniger als die 1.731,06 Euro brutto bei Dr. C.. Das dortige Einkommensniveau hätte der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Arbeits-vertrages vom 30. September 2011 erst ab dem 1. November 2014 erreicht.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Verletzung der Schutzpflicht gegenüber dem Kläger im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten. Als gesetzlicher Vertreter der Beklagten hatte er über deren wirtschaftliche Daten informiert zu sein und war aufgerufen, von der Beklagten ein zutreffendes Bild zu zeichnen, auf dass der Kläger ohne Manipulation von Seiten des Geschäftsführers sich frei für den Arbeitsvertrag oder dessen Ablehnung hätte entscheiden können. Dies wollte der Geschäftsführer nach Überzeugung der erkennenden Kammer vorsätzlich nicht.

c)

Schuldet die Beklagte dem Kläger somit dem Grunde nach den Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, so fehlt es gleichwohl an einer haftungsausfüllenden Kausalität.

Besteht die haftungsbegründende Kausalität in der Verletzung einer Schutzpflicht im vorvertraglichen Verhältnis gemäß §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1. BGB, so haftet der Schädiger auf den Ersatz des negativen Interesses, welches nicht durch das positive Interesse begrenzt ist. Verfehlt ist daher der gedankliche Ansatz des Klägers, der ihm zustehende Schadensersatz bestehe in Höhe von drei Monatsentgelten des niemals zur Durchführung gelangten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Diese drei Monatsentgelte wären unzweifelhaft Bestandteil des Erfüllungsinteresses, welches auf Grundlage der genannten Anspruchsnormen niemals erreichbar ist. Die Auseinandersetzung des Klägers mit der Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 17. November 2011 in Ansehung von § 11 Abs. 1 Satz 4 des Arbeitsvertrages vom 30. September 2011 ist daher müßig. Gleiches gilt für die Auseinandersetzung mit der durch § 2 Satz 2 und 3 des Arbeitsvertrages vom 30. September 2011 vereinbarten Probezeit und der dort geltenden Probezeit-Kündigungsfrist.

Zur Ermittlung des negativen Interesses ist vielmehr ein Vergleich zwischen der tatsächlichen Vermögenslage des Klägers im Anschluss an den Abschluss des Arbeitsvertrages am 30. September 2011 und einer hypothetischen Vermögenslage des Klägers unter Fortdenken dieses Arbeitsvertrages zu ermitteln. In tatsächlicher Hinsicht gilt, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag vom 30. September 2011 in Kraft gesetzt werden sollten - also dem 1. Dezember 2011 - das Arbeitsverhältnis mit Herrn Dr. C. - welches der Kläger zum 30. November 2011 aufgekündigt hatte - wieder für zwei Monate aufnehmen konnte. Der Kläger erzielte dort dasselbe Monatseinkommen wie zuvor, also 1.731,06 Euro brutto. Im Vergleich zur hypothetischen Vermögensentwicklung ergibt sich daher keine Differenz - und damit kein Schaden, denn hätte der Kläger von den pflichtwidrigen Versprechungen von Seiten der Beklagten niemals gehört, damit niemals den Arbeitsvertrag vom 30. September 2011 abgeschlossen und niemals das Arbeitsverhältnis mit Herrn Dr. C. aufgekündigt, hätte er im Dezember 2011 und im Januar 2012 ebenso für Herrn Dr. C. gearbeitet, wie er es tatsächlich getan hat.

Ein Vertrauensschaden kommt somit erst ab dem dritten Monat nach dem gescheiterten In-Kraft-Setzen des gescheiterten Arbeitsvertrages der Parteien in Betracht. Ab dem 1. Februar 2012 erzielte der Kläger bei Herrn Dr. C. kein Arbeitseinkommen mehr, da es dem Kläger nur gelungen war, dort wiederum in ein befristetes Arbeitsverhältnis für zwei Monate einzutreten.

Dahinzustehen hat, ob es Obliegenheit des Klägers im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB gewesen wäre, jene Befristung im Sinne von § 17 Satz TzBfG anzugreifen, wobei dies jedenfalls in Ansehung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG von hypothetischem Erfolg gekrönt gewesen wäre, hätte es sich bei der erneuten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn Dr. C. um eine sachgrundlose gehandelt. Die zeitliche Dimension für die Ermittlung des negativen Interesses ist am 1. Februar 2013 nämlich bereits überschritten. Der Referenzzeitraum kann - entsprechend der beklagten-seitigen Argumentation - nicht länger angenommen werden, als es die ordentliche Kündigungsfrist im hypothetisch störungsfrei begonnenen Arbeitsverhältnis gewesen wäre. Es ist hierbei ein allgemeiner Grundsatz heranzuziehen, wie er auch im Rahmen von 628 Abs. 2 BGB zur Anwendung zu bringen ist (vgl. dazu KR-Weigand, 10. Aufl., Rdn. 34-36 zu §628 BGB m.w.N.).

Anderes ist mit einer angemessenen Risikoverteilung nicht in Einklang zu bringen. Neben seiner Bestimmtheit durch Täuschung von Seiten des Geschäftsführers ist der Kläger am 30. September 2011 auch das ihm bewusste Risiko eingegangen, dass er auch bei der - vermeintlich prosperierenden - Beklagten nach kurzer Zeit im Arbeitsverhältnis scheitern könnte, etwa weil er sich mit den Mitarbeitern oder dem Geschäftsführer der Beklagten überwirft, ohne dass hierfür eine klare Verantwortlichkeit festzustellen wäre. Die Beklagte hätte sich dann durch eine Probezeitkündigung ab dem 1. November 2011 von dem Kläger wieder lösen können, ohne dass hierbei die wirtschaftliche Lage der Beklagten von irgendwelcher Bedeutung gewesen wäre. Die Argumentation des Klägers gegen die Probezeitabrede in § 2 Satz 2 und 3 des Arbeitsvertrages vom 30. September 2011 ist hierbei nicht tragfähig. Aber auch selbst wenn eine ordentliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. des Monats oder zum Monatsende zum Tragen gekommen wäre, hätte das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits vor Beginn des 1. Februar 2012 wieder seine Beendigung gefunden gehabt. Die Zeit ab 1. Februar 2012 muss daher zur Berechnung des negativen Interesses als Referenzzeitraum ausscheiden. Die Schadensersatzklage ist daher abzuweisen, da dem Kläger ein Schaden nicht entstanden ist.

d)

Da ein Anspruch nicht entstanden ist, haben Fragen des Verfalls dahinzustehen.

2.

Die Klage ist auch insoweit abzuweisen, als der Kläger Zinszahlungen begehrt. Die Zinsforderungen haben gemeinsam mit der Hauptforderung der Abweisung zu unterfallen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen, denn er ist in vollem Umfange unterlegen, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

IV.

Der Wert der Beschwer des Klägers durch dieses Urteil ist gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO in Höhe der erfolglos verfolgten Hauptforderung festzusetzen.



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