Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 7 Sa 650/06

Parteifähigkeit von Plankrankenhäusern; richtige Parteibezeichnung

Plankrankenhäuser verfolgen keine Gewinnerzielungsabsicht und sind daher keine Privatkrankenhäuser im Sinne von §30 GewO. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren sind sie mangels Rechtsfähigkeit nicht parteifähig.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgericht Koblenz vom 21.06.2006 - 6 Ca 2586/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten an sich um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, maßgeblich aber um die Parteifähigkeit des Beklagten und die Frage, gegen wen die Kündigungsschutzklage zu richten ist. Mit der vorliegenden Klage wendet die Klägerin sich gegen eine fristlose Kündigung, die vom Direktor des Beklagten unter dem 09.11.2005 ausgesprochen wurde. Das Kündigungsschreiben enthält die Überschrift „Dienstvertrag vom 28.04.1995“ und unten links den aufgedruckten Hinweis Träger: X-Stiftung. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 38 d. A. Bezug genommen. Mit der Klageschrift hat die Klägerin ihren Dienstvertrag vorgelegt, den sie mit dem W. e. V. C. für die Zeit ab dem 01.05.1995 abgeschlossen hat. Danach wird sie im V. ab dem 01.05.1995 als Krankenschwester eingestellt; unterzeichnet haben diesen Vertrag der Verwaltungsdirektor und ein Mitarbeiter der Pflegedienstleitung seitens des Arbeitgebers. Aufgrund einer entsprechenden Weiterbildung wurde die Klägerin ab dem 01.09.1997 als Hygienefachkraft bestellt; ihr zuletzt erzieltes Einkommen betrug auf ihrer 75%-Stelle 2055,40 € brutto. Das Krankenhaus beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer. Das beklagte Krankenhaus befindet sich in Trägerschaft der X-Stiftung in R. Diese ist Rechtsnachfolgerin der Stiftung W. e. V.

Die Klage der Klägerin gegen das V.-Krankenhaus V. wegen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die fristlose Kündigung vom 09.11.2005 nebst anderen Anträgen ist am 16.11.2005 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangen. Am Verfahren hat sich sodann der Träger des Krankenhauses beteiligt und darauf hingewiesen, dass das V.-Krankenhaus C. keine juristische Person ist, sondern sich in der Trägerschaft der X.-Stiftung in R. befindet, des Weitern, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin vom Rechtsvorgänger der Stiftung abgeschlossen wurde.

Die Klägerin hat daraufhin beantragt, das Passivrubrum wie folgt zu berichtigen: X.-Stiftung, vertreten durch die Vorsitzende des Stiftungsvorstands, Schwester U., als Rechtsträger des V.-Krankenhauses C. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht Koblenz durch Beschluss vom 09.01.2006 zurückgewiesen; die Klägerin hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt, der nicht abgeholfen wurde; das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 15.03.2006 zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Beschwerdeentscheidung wird auf Bl. 77 bis 81 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz sei sachlich nicht zutreffend. Vielmehr sei im Hinblick auf § 17 Abs. 2 HGB i. V. m. § 30 GewO, davon auszugehen, dass das Krankenhaus, die Beklagte, selbst parteifähig sei. Zudem sei die Sozialwidrigkeit der streitgegenständlichen Kündigung zu rügen; im Übrigen auch die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung., Es treffe nicht zu, dass sie eine offensichtlich nicht rechtsfähige Partei verklagt habe, denn ein Kaufmann könne unter seiner Firma klagen und verklagt werden; ein Privatkrankenhaus betreibe ein Gewerbe, folglich seien Krankenhäuser im Allgemeinen parteifähig.

Die Klägerin beantragt

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 09.11.2005, zugegangen am 09.11.2005, nicht beendet worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 09.11.2005 hinaus fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat durch den Rechtsträger des Krankenhauses vorgetragen, dass es nicht parteifähig im Sinne von § 30 GewO sei, da es sich beim V.-Krankenhaus um ein Plankrankenhaus nach § 109 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 3 KHG handele. Für Plankrankenhäuser seien die Grundsätze des § 30 GewO nicht anwendbar. Auch sei die X.- Stiftung eine steuerbegünstigte, weil gemeinnützigen und kirchlichen Zwecken dienende Körperschaft, die nicht gewerblich tätig sei. Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage darauf hin durch Urteil vom 21.06.2006 -6 Ca 2586/2005 - als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 95 bis 99 d. A. Bezug genommen. Gegen das ihr am 14.08.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 18.08.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 12.10.2006 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Beklagte sei parteifähig, dies folge aus §§ 17 Abs. 2 HGB, 30 GewO. Im Übrigen ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang vorliegend, dass die in Rede stehende Stiftung X. habe verklagt werden sollen. Dies ergebe sich auch schon daraus, dass der Rechtsträger im Kündigungsschreiben vom 09.11.2005 ausdrücklich benannt sei. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.10.2006 (Bl. 121 bis 131 d. A. nebst Anlagen (Bl. 132 bis 136 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Ausw. Kammern Neuwied - abzuändern und nach den Schlussanträgen I. Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, dass beklagte Krankenhaus sei nicht parteifähig; im Übrigen sei es nicht statthaft, dass nach dem Sachvortrag der Klägerin in beiden Rechtszügen immer noch unklar sei, wen sie denn nun habe verklagen wollen. Soweit sie sich bemühe, die Parteifähigkeit des beklagten Krankenhauses zu begründen, müsse davon ausgegangen werden, dass dieses habe verklagt werden sollen; soweit behauptet wird, es sei eindeutig erkennbar gewesen, dass der Rechtsträger des Krankenhauses habe verklagt werden sollen, habe sich die Klage offenbar gegen diesen richten sollen. Insoweit könne nicht festgestellt werden, wen denn nun die Klägerin habe verklagen wollen. Im Übrigen sei eine Klage gegen das Krankenhaus in jedem Fall unbegründet. Denn, was auch die Klägerin einräume, dieses sei eindeutig nicht der Arbeitgeber der Klägerin, auch wenn sie dort eingesetzt worden sei. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 14.11.2006 (Bl. 141 bis 145 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 146, 147 d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 27.11.2006.

Entscheidungsgründe

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

 II. Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn zum einen ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage vorliegend bereits unzulässig ist, so weit sie sich gegen das beklagte Krankenhaus richtet. Zum anderen wäre die Klage selbst dann, wenn Parteifähigkeit gegeben wäre, jedenfalls unbegründet, da das in Anspruch genommene Krankenhaus nicht Arbeitgeber der Klägerin ist. Hinsichtlich der fehlenden Parteifähigkeit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 6, 7 = Bl. 98, 99 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts, auch wenn einzuräumen ist, dass sie dieser Beurteilung im erstinstanzlichen Rechtszug entgegen der Darstellung in der angefochtenen Entscheidung widersprochen hat. Das beklagte Krankenhaus hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass es als Haus der Grundversorgung in den Krankenhausplan des Landes ... aufgenommen ist. Es handelt sich um ein frei gemeinnütziges Krankenhaus, das kein „privates“ Krankenhaus im Sinne der Terminologie des Krankenhausrechts darstelle. Der Begriff des Gewerbes für seine Gewinnerzielung, setzt eine Gewinnerzielungsabsicht voraus, die gemeinnützigen Krankenhäusern fremd ist. § 55 Abgabenordnung setzt gerade eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht voraus; die Finanzverwaltung fordert daher für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit die Aufnahme der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht in die Satzung der Körperschaft. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch nichts anderes aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.02.2004 (AP Nr. 50 zu § 4 KSchG). Denn diese Entscheidung beruht bei einem völlig anderen Lebenssachverhalt zunächst einmal im Wesentlichen auf dem Grundsatz, dass (nur) dann, wenn keinerlei vernünftiger Zweifel an der wirklich gewollten Partei besteht, die Klageerhebung nicht an fehlerhaften Bezeichnungen scheitern darf. Diese Voraussetzungen sind vorliegend, auch darauf hat das beklagte Krankenhaus zu Recht hingewiesen, gerade nicht gegeben. Im der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, a. a. O., zugrunde liegenden Fall waren objektiv zwei rechtsfähige Gesellschaften gegeben, eine GmbH und eine gleichnamige GmbH & Co. KG. Aus dem Kündigungsschreiben ergab sich, wer Arbeitgeber war und ferner, dass der Kläger im dortigen Verfahren die falschen Beklagte in Anspruch genommen hatte.

Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Lebenssachverhalt schon dadurch, dass für das Gericht bei Klageeingang aus Klageschrift und Anlagen gerade keineswegs erkennbar war, wer tatsächlich Arbeitgeber der Klägerin ist und gegen wen die Klage sich richten soll. Letzteres ist, wie bereits dargestellt, in beiden Rechtszügen letztlich unklar geblieben. Die Kündigungsschutzklage richtet sich eindeutig gegen das beklagte Krankenhaus; von einer Stiftung oder einem eingetragenem Verein als Arbeitgeber ist keine Rede. Aus dem der Klageschrift beigefügten Dienstvertrag ergibt sich, dass dieser mit dem W. e. V. C. als Arbeitgeber geschlossen wurde. Aus dem Kündigungsschreiben des Direktors des V. Krankenhauses vom 09.11.2005 ergeben sich dagegen Anhaltspunkte dafür, dass Arbeitgeber (nunmehr) die X.-Stiftung ist, was offensichtlich auch zutrifft. Zum Zeitpunkt des Klageeingangs war ebenso wenig wie bis zum Ablauf der Klagefrist (§ 4 KSchG) klar, wen die Klägerin in Anspruch nehmen wollte. An dieser Unklarheit hat sich in beiden Rechtszügen nichts geändert.

Die Beklagte hat zu Recht z. B. auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.12.2005 (S. 3) an das Arbeitsgericht hingewiesen, wonach bereits im Arbeitsvertrag das V. Krankenhaus als Arbeitgeber bezeichnet wird. Auch im Kündigungsschreiben firmiert danach erst das Krankenhaus V., so dass im Zweifel alle in Frage kommenden Arbeitgeber, also Stiftung und Krankenhaus in der Klage benannt worden sind. In diesem Zusammenhang ging die Klägerin also von zwei möglichen Beklagten aus. Im Schriftsatz vom 19.01.2006 (S. 5) heißt es, verklagt wurde weiter ursprünglich der in der Kündigung bezeichnete Absender, also derjenige der die Kündigung ausgesprochen hat, das V. Krankenhaus. Gleichermaßen heißt es in dem Schriftsatz vom 17.02.2006 (S. 2), gerichtet an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, verklagt werde das V. Krankenhaus; in dieser Form könne das Krankenhaus ohne weiteres Partei sein. Dies wird im Berufungsverfahren ausdrücklich wiederholt, in dem ausgeführt wird, dass das verklagte Krankenhaus also grundsätzlich ohne weiteres parteifähig sein und demgemäß auch verklagt werden kann. So gesehen behauptet die Klägerin also nicht nachvollziehbar, dass sie die „richtige Beklagte“ habe verklagen wollen, sondern dass sie den richtigen Beklagten in Anspruch genommen habe. Selbst wenn man dem nicht folgt, ist die Klage jedenfalls unbegründet, denn das beklagte Krankenhaus ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Arbeitgeber der Klägerin und damit Prozessgegner für den Feststellungsantrag und Schuldner der geltend gemachten Ansprüche. Dass es sich um eine Kündigung des Trägers handelt, vertreten durch den Direktor des in Anspruch genommenen Krankenhauses ergibt sich eindeutig aus dem Kündigungsschreiben durch den Hinweis auf den Träger des Krankenhauses in Verbindung mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag, der als Unterzeichner der Arbeitgebervertretung (für den damaligen eingetragenen Verein) unter anderem den Verwaltungsdirektor aufweist. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben. Rechtsbehelfsbelehrung Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbstständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.  



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