Sozialgericht Stuttgart

Urteil vom - Az: S 12 U 327/18

Niesanfall am Steuer – kein Arbeitsunfall

(1.) Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift nicht in Fällen ein, in denen ein Versicherter auf dem unmittelbaren Weg zwischen Arbeitsort und Wohnung einen Niesanfall erleidet und dabei die Kontrolle über das Fahrzeug verliert.

(2.) Weder ein Niesanfall noch ein Griff nach Taschentüchern ist der versicherten Tätigkeit zuzuordnen.

(3.) Dass der Niesanfall eine Folge der Tätigkeit war, die der Versicherter zuvor im Gartenlager verrichtet hatte, kann mangels medizinischer Befunde nicht festgestellt werden.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 01.10.2016 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der am .... 1948 geborene Kläger ist selbstständiger Landschaftsgärtner. Am 01.10.2016 war er mit seinem Lkw in Stuttgart auf dem Weg von seinem Gartenlager zu seiner Wohnung unterwegs. Während der Fahrt verlor er das Gleichgewicht und kippte nach rechts, wobei er im Bereich der Rippen auf die Handbremse oder Gurteinsteckvorrichtung fiel.

Als Erstdiagnose wurde eine Fraktur der 10. Rippe rechts gestellt (Durchgangsarztbericht K./B. vom 02.10.2016, L1 VA). Zum Unfallhergang wurde dabei angegeben, der Kläger habe während der Fahrt nach dem Radio gegriffen, dabei das Gleichgewicht verloren, sei nach rechts gekippt und dabei mit dem Brustkorb am ehesten auf die Gurteinsteckvorrichtung gefallen.

In der Unfallanzeige vom 18.10.2016 (L7 VA) gab der Kläger an, er sei beim Fahren aus der Spur gekommen und dann nach rechts gekippt und habe sich die Rippen angehauen. Die rechte Hand sei an der Handbremse gewesen.

Eine Kernspintomographie vom 31.01.2017 ergab keinen Nachweis einer Rippenfraktur, eine rechtskonvexe Thorakalskoliose mit florider erosive Osteochrondrose bei TH8/9 links und eine Aortenektasie bis maximal 4,4 cm (Bericht vom 01.02.2017, L35 VA).

Mit Schreiben vom 17.02.2017 (L40 VA) teilte der Kläger mit, er habe aus dem Fach beim Radio ein Taschentuch holen wollen und dabei sei das Auto aus der Spur gekommen und er sei auf die Handbremse gefallen.

Mit Bescheid vom 24.02.2017 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls am 01.10.2016 ab, weil es sich nicht um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Versicherungsschutz der landwirtschaftlichen Unfallversicherung umfasse nur die Unfälle, die sich im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung eines gärtnerischen Betriebes ereigneten. Der Unfall habe sich bei einer eigenwirtschaftlichen bzw. privaten Tätigkeit ereignet. Die unfallbringende Tätigkeit habe somit nicht im Zusammenhang mit dem versicherten Unternehmen gestanden.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 23.03.2017 Widerspruch ein. Es sei ein Arbeitsunfall gewesen, da er in seinem Garten Restmaterial von einer Kundin abgeladen habe. Auf dem Nachhauseweg habe er einen Niesanfall erlitten, so dass er nach rechts zu dem auf dem Armaturenbrett liegen Taschentuch gegriffen habe. Dabei sei er verunfallt. Eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit sei in dem erlittenen Niesanfall nicht zu sehen. Vielmehr handele es sich dabei um einen typischen im Zusammenhang mit dem Beruf - der Bewirtschaftung seines gärtnerischen Betriebes - erlittenen Unfall. Infolge der Staubentwicklung, die durch das vorherige Plattenschneiden, Umladen von Schutt, Sand und Splittmaterial hervorgerufen worden sei, habe die versicherte Tätigkeit den besonderen Nieszwang verursacht, der ohne die betriebliche Tätigkeit gar nicht aufgetreten wäre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2017 wies die Beklagte unter Wiederholung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid den Widerspruch zurück.

Am 16.01.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben. Auf dem Weg von seinem Gartenlager habe er einen Niesanfall erlitten, sodass er beim Greifen zu einem Taschentuch, das sich auf dem Armaturenbrett neben dem Radio befunden habe, die Kontrolle über das Fahrzeug verloren habe und von der Spur abgekommen sei. Beim Niesen und Greifen nach dem Taschentuch habe er den Gurthebel gestreift, sodass er die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und sich an den Rippen verletzt habe. Im Übrigen wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2017 aufzuheben und das Ereignis vom 01.10.2016 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Auffassung, bei dem Unfall aufgrund des Niesanfalles handele es sich um eine typische Tätigkeit im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des gärtnerischen Betriebes, könne nicht nachvollzogen werden.

Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten am 27.04.2018 erörtert worden. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 22/23 SG-Akte) wird Bezug genommen. Die Beteiligten wurden insbesondere zu der angekündigten Verfahrensweise, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, gehört.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Bei dem Ereignis vom 01.10.2016 handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 – 2 RU 43/84 –, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dies gilt auch für den inneren Zusammenhang und damit die Handlungstendenz (BSG, Urteil vom 30.04.1985 – 2 RU 24/84 –, SozR 2200 § 548 Nr. 70). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991 – 2 RU 31/90 –, SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Diese Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls sind danach nicht erfüllt.

Das Vorliegen einer Rippenfraktur unter Außerachtlassung des Berichts vom 01.02.2017 über die Kernspintomographie einmal unterstellt, hat der Kläger bei dem Vorfall am 01.10.2016 zwar einen Gesundheitsschaden erlitten. Mit dem Umkippen auf die Handbremse oder Gurteinsteckvorrichtung erlitt der Kläger auch eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper, die zu dem Gesundheitserstschaden führte.

Die Kammer kann jedoch nicht feststellen, dass die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Der Kläger stand zwar während des Unfalls grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII unter Versicherungsschutz, weil er sich auf einem mit seiner versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort dieser Tätigkeit befand. Er war mit seinem Fahrzeug auf dem Weg von seinem Lagergrundstück in S., In den H., einem Ort seiner versicherten Tätigkeit, zu seiner Wohnung in S., F.straße 44. Der Unfall ereignete sich in der Z.straße, die sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen den beiden Orten befindet.

Dass der Versicherte sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen dem Ort seiner versicherten Tätigkeit und seiner Wohnung befindet, reicht jedoch für den Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht aus. Vielmehr muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses in einem sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, wenn das konkrete Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit gehört (BSG vom 17.2.2009 – B 2 U 26/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr.- 32 RdNr. 11 m.w.N.). Andernfalls wäre jede Handlung auf einem Weg i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vom Versicherungsschutz umfasst. Einen solchen "Wegebann" kennt die gesetzliche Unfallversicherung hingegen nicht (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55, Rn. 25).

Einen sachlichen Zusammenhang der konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses mit dem Zurücklegen des Weges kann die Kammer jedoch nicht feststellen. Maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, ist die Handlungstendenz des Versicherten (st.Rspr., zuletzt BSG, Urteile vom 04.07.2013 – B 2 U 3/13 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 RdNr. 12 und – B 2 U 12/12 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 RdNr. 18). Das Handeln muss subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein (vgl. BSG vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 RdNr. 31 und vom 26.06.2014 – B 2 U 4/13 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 RdNr. 14). Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009 – B 2 U 26/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 32 RdNr. 11 m.w.N.). Eine Verrichtung in diesem Sinne ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Für die Prüfung ist dabei regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (vgl. Spellbrink, WzS 2011, 351, 354).

Der Kläger ist nach seinen nicht ganz einheitlichen Schilderungen zum Unfallgeschehen entweder aufgrund eines Niesanfalls bei der Fahrt aus der Spur gekommen, woraufhin er das Gleichgewicht verlor und umkippte, oder er verlor bei dem Griff nach den Taschentüchern das Gleichgewicht und kippte um. Weder ein Niesanfall noch ein Griff nach Taschentüchern stellen einen auf das Zurücklegen des Weges gerichtete Verrichtung dar. Dass der Niesanfall Folge der vor Fahrtantritt verrichteten Tätigkeit im Gartenlager war, kann mangels jedweder medizinischer Befunde nicht festgestellt werden.

Im Übrigen fehlt es auch an der erforderlichen Unfallkausalität. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch die ihre Verbandszuständigkeit, den Versicherungsschutz und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen Tätigkeiten realisieren können. Ihre Einstandspflicht besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung. Die Zurechnung setzt somit zunächst voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf. neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf. mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf. neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war. Darüber hinaus muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll. Diese unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc.) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden. Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll. Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf. konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4- 2700 § 8 Nr. 44, Rn. 29ff. m.w.N.). Das Erleiden eines Schadens nur bei der Gelegenheit der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit reicht nach den dargestellten Grundsätzen daher zur Begründung des Versicherungsschutzes nicht aus, wenn die Ursache des Gesundheitsschadens nicht in der Verrichtung, sondern auf anderen Gründen beruht oder sich das versicherte Risiko nicht verwirklicht hat.

Eine Kausalität in diesem Sinne kann nicht festgestellt werden. Die Kammer hat keine Tatsachen feststellen, aus denen ersichtlich wird, dass sich das dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterliegenden Wegerisiko verwirklicht hat. Die Wegeunfallversicherung schützt vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (BSG vom 18.6.2013 – B 2 U 10/12 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 47 RdNr. 20 und vom 13.11.2012 – B 2 U 19/11 R – BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, RdNr. 45). Niesen und Greifen nach Taschentüchern stellen keine Gefahren dar, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr resultieren. Für ein Mitwirken verkehrsspezifischer Ursachen finden sich keine belastbaren Anhaltspunkte. Ein spezifisches Wegerisiko hat sich damit beim Fall auf Handbremse oder Gurteinsteckvorrichtung nicht verwirklicht. Die Einstandspflicht und damit der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht auch in der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand dieser versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Verrichtung erfüllte Versicherungstatbestand der Wegeunfallversicherung schützen soll, was hier nicht festgestellt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.



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