Landesarbeitsgericht Bremen

Urteil vom - Az: 3 SA 129/14

"Mit einem Kinderschänder arbeiten wir nicht zusammen!"

(1.) Legt ein Großteil der Belegschaft seine Arbeit aufgrund eines Arbeitnehmers nieder kann eine Druckkündigung gegen diesen gerechtfertigt sein.

(2.) Eine Druckkündigung liegt vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen.

(3.) Als Kündigungsgrund gilt dann die Drucksituation, die durch andere Mitarbeiter auf den Arbeitgeber ausgeübt wird.

(4.) Der Arbeitgeber ist vor den Ausspruch einer Druckkündigung grundsätzlich verpflichtet, sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn dieser durch sein Verhalten die Betriebsstörung selbst herbeigeführt hat.

(5.) Eine fristlose Kündigung soll das letztmögliche Mittel sein ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Arbeitgeber hat vor einer fristlosen Kündigung Maßnahmen zu ergreifen, die den Druck auf ihn relativen würden. Bei einer kurzen Kündigungsfrist ist es dem Arbeitgeber zumutbar, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen und dadurch die Drucksituation durch Arbeitsverweigerungen zu beseitigen.

Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger aufgrund eines dringenden Tatverdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern gekündigt. Dessen Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Die Beklagte musste ihn weiterbeschäftigen. Über den Ausgang des Verfahrens informierte die Beklagte ihre Arbeitnehmer. Einige Arbeitnehmer weigerten sich mehrfach ihre Arbeit bei Anwesenheit des Klägers auf dem Betriebsgelände aufzunehmen. Dem Kläger wurde erneut gekündigt.

Tenor

1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 21.10.2014 - 11 Ca 11185/13 - werden als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 75 % und die Beklagte zu 25%.

3. Gegen dieses Urteil wird die Revision für den Kläger und die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlich fristlosen, hilfsweise fristgerechten Druckkündigung und die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am 25. Januar 1975 geborene Kläger ist seit dem 19. November 2007 bei der Beklagten, die ca. 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt, als Hafenfacharbeiter tätig. Zuletzt erzielte der Kläger ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt iHv. 4.000,00 Euro.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zusammenhang mit dem dringenden Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Schreiben vom 15. September 2011 ordentlich zum 15. Oktober 2011. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage des Klägers vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven war erfolgreich (Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven 3. April 2012 - 11 Ca 11179/11). Die von der Beklagten gegen das Urteil erhobene Berufung blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos (LAG Bremen 20. November 2012 - 1 Sa 78/12), da ausweislich der Urteilsbegründungen die außerdienstlich begangene Straftat des Klägers keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis gehabt habe, da der Kläger die Straftat weder am Arbeitsplatz noch unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begangen habe und von einer Wiederholung der Straftat am Arbeitsplatz nicht ausgegangen werden könne. Die Beklagte informierte, nachdem sie nach der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht zur Weiterbeschäftigung des Klägers aufgefordert worden war, die Führungskräfte, den Betriebsrat und die von der Weiterbeschäftigung des Klägers betroffenen Mitarbeiter über den Ausgang des Verfahrens. Seit Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung gingen bei der Beklagten Unterschriftenlisten und individuelle (E-Mail-) Schreiben von Mitarbeitern der Beklagten ein, in denen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt wurde (wegen der Inhalte der Unterschriftslisten und der Schreiben wird auf Bl. 130 bis 197 d. A. verwiesen). Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis des Klägers vorsorglich außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich fristgerecht, nachdem zuvor der Betriebsrat sowohl der fristlosen als auch der hilfsweise fristgerechten Kündigung zugestimmt hatte. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven. Dies hat durch Urteil vom 9. April 2013 (11 Ca 11094/12) der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Bremen das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsausspruchs abgeändert und den Weiterbeschäftigungsantrag wegen der zeitlich nachfolgenden und vorliegend streitgegenständlichen Kündigung vom 23. Juli 2013 abgewiesen und im Übrigen die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der zum Zeitpunkt der Kündigung vom 24. April 2012 auf die Beklagte ausgeübte Druck sei nicht derart hoch gewesen, dass eine Kündigung des Klägers ohne vorherige schützende Maßnahmen durch die Beklagte gerechtfertigt sei (wegen des Tatbestands und der Entscheidungsgründe des Urteils des Landesarbeitsgericht Bremen vom 24. April 2014 - 3 Sa 81/13 - wird auf Bl. 277 bis 297 d. A. verwiesen). Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juni 2013 begehrte der Kläger seine Weiterbeschäftigung (wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 198 f. d. A. verwiesen). Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juni 2013 forderte die Beklagte den Kläger zur Arbeitsaufnahme am 21. Juni 2013 in der zweiten Schicht auf (wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 200 f. d. A. verwiesen). Zuvor hatte die Beklagte die Mitarbeiter der Landseite der Früh-, Spät- und Nachtschicht über das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung und ihre Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers informiert. Am 21. Juni 2013 erfolgte um 11:00 Uhr eine Information der Führungskräfte der auf dem Betriebsgelände tätigen Firmen CT. , SW. und E. über die Arbeitsaufnahme des Klägers um 14:00 Uhr. Um 13:15 Uhr traf der Kläger bei der Beklagten ein, erhielt seinen Mitarbeiterausweis und wurde aufgefordert, seine Arbeit um 14:00 Uhr im Briefingraum des GH IV (Palmensaal) aufzunehmen. Dieser Raum ist durch eine Glasscheibe und Tür vom Kantinenraum abgetrennt. In diesem Raum finden üblicherweise die Vorbesprechungen der Schicht statt. Um 13:50 Uhr erhielt der Kläger seinen Schichtplan. Die Prokuristin und Personalleiterin der Beklagten, Frau Ho. , war für den Fall, dass es bei der Arbeitsaufnahme zu Schwierigkeiten kommt, anwesend. Zu einer tatsächlichen Tätigkeitsaufnahme des Klägers kam es nicht. Der Kläger verließ gegen 14:53 Uhr in Begleitung von Frau Ho. das Terminalgelände. Am 25. Juni 2013 war für 14:00 Uhr eine Arbeitsaufnahme des Klägers in einer anderen Schicht vorgesehen. Hierüber wurden um 9:30 Uhr die Führungskräfte CT. , SW. , E. und C. von Frau Ho. unterrichtet. Um 13:15 Uhr meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank. Die Mitarbeiter der Land- und Wasserseite, SW. und C. wurden um 14:00 Uhr über die Krankmeldung informiert. Am 15. Juli 2013 begehrte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten erneut die Weiterbeschäftigung (wegen des Inhalts der E-Mail und des anwaltlichen Schreibens wird auf Bl. 205 f. d. A. verwiesen). Mit Schreiben vom 15. Juli 2013 forderte die Beklagte den Kläger über seine Prozessbevollmächtigten zur Arbeitsaufnahme am 16. Juli 2013 in der Frühschicht auf (wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 207 d. A. verwiesen). Der Kläger wurde am 16. Juli 2013 um 5:40 Uhr von Frau Ho. und der Mitarbeiterin der Beklagten aus dem Personalbereich, Frau St. , in Empfang genommen und gemeinsam mit Mitarbeitern des bei der Beklagten eingesetzten Sicherheitsdienstes zum Umkleideraum in das GH IV geleitet. Um 5:50 Uhr traf der Kläger im Briefingraum ein. Ihm wurden sein Einsatzplan und der neue Schichtplan ausgehändigt. Zu einer tatsächlichen Arbeitsaufnahme kam es nicht. Der Kläger wurde von Frau Ho. , Frau St. , dem Ausbildungsleiter, Herrn Be. , und einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zum Drehkreuz begleitet und verließ um 6:52 Uhr das Terminalgelände. Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 23. Juli 2013 das Arbeitsverhältnis des Klägers vorsorglich außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht, nachdem sie zuvor mit Schreiben vom 19. Juli 2013 den Betriebsrat angehört (wegen des Inhalts des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 208 bis 240 d. A. verwiesen) und dieser mit Schreiben vom 22. Juli 2013 der Kündigung zugestimmt hatte (wegen des Inhalts der Stellungnahme des Betriebsrats wird auf Bl. 241 bis 245 d. A. verwiesen). Mit seiner am 25. Juli 2013 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangenen Kündigungsschutzklage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe die an eine wirksame Druckkündigung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Sie habe sich nicht schützend vor den Kläger gestellt. Sie habe nicht alles ihr Zumutbare unternommen, die Belegschaft von ihrer Drohung, die Arbeit niederzulegen, abzubringen. Vielmehr begleite die Beklagte das unrechtmäßige Verhalten ihrer Mitarbeiter wohlwollend. Anstelle, die Arbeitnehmer durch bloße Worthülsen zur Arbeit aufzufordern, hätte die Beklagte Lohnkürzungen vornehmen und Abmahnungen erteilen müssen. Gegebenenfalls hätten Kündigungen in Betracht gezogen werden müssen. Die Unterrichtung der Belegschaft über den Ausgang der vorangegangenen arbeitsgerichtlichen Verfahren habe der Stimmungsmache gedient. Die Mitarbeiter seien durch die Informationsveranstaltungen aufgewiegelt worden. Es hätte genügt, den Kläger wie einen normalen Arbeitnehmer in den Schichtbetrieb einzugliedern. Stattdessen habe die Beklagte die Anbringung von Presseberichterstattungen an der Tür des Briefingraums geduldet. Insoweit könne nicht davon gesprochen werden, die Beklagte habe sich schützend vor den Kläger gestellt. Das Vorbringen der Beklagten sei auch unsubstantiiert. Sie habe nicht konkret vorgetragen, welcher Mitarbeiter was gesagt und geantwortet und wer die Arbeit niedergelegt habe. Es werde bestritten, dass Frau Ho. die Belegschaft der Land- und der Wasserseite aufgefordert habe, am 21. Juni 2013 die Arbeit ordnungsgemäß aufzunehmen. Es werde bestritten, dass es sich um 25 anwesende Mitarbeiter gehandelt habe. Jedenfalls seien es Mitarbeiter gewesen, mit denen der Kläger überwiegend bis dato nicht zusammengearbeitet habe. Es werde bestritten, dass Frau Ho. die Information erhalten habe, die Mitarbeiter der SW. und der Fa. C. nähmen ihre Arbeit nicht auf bzw. legten diese nieder. Es werde bestritten, dass Mitarbeiter der Wasserseite in die Kantine des GH IV gekommen seien und sich mit ihren Vancarriern und Teambussen vor das GH IV gestellt hätten. Es werde bestritten, dass die SW. -Mitarbeiter in Bussen in den Parkboxen gesessen und auf die Arbeitsaufnahme gewartet hätten. Es werde bestritten, dass ca. 25 Vancarrierfahrer die Arbeit nicht aufgenommen und sich ca. 200 bis 250 Mitarbeiter in der Kantine befunden hätten. Für den Fall, dass dies zuträfe, habe es sich um eine abgekartete Sache gehandelt, die im kollusiven Zusammenwirken zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch vorangegangene Informationsveranstaltungen und interne Gespräche erfolgt sei. Die von der Beklagten behaupteten Zitate und Zwischenrufe seien ausgedacht (wegen der von der Beklagten vorgetragenen Zitate und Zwischenrufe wird auf Bl. 93 d. A. verwiesen). Es werde bestritten, dass der gesamte Terminal stillgestanden habe und Kunden der Beklagten nicht hätten abgefertigt werden können und dass der Beklagten finanzielle Schäden entstanden seien. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , sei weder befugt gewesen noch habe er im Namen der Belegschaft gesprochen. Die Teilnahme von Herrn Sch. , Frau Ho. , Frau Dr. , Herrn Schu. , Herrn Be. , Herrn Mü. , Herrn S. , Herrn H. , Herrn M. , Frau St. und Frau Bo. an der Veranstaltung werde bestritten. Es werde bestritten, dass sich der operative Meister für die Spätschicht am 21. Juni 2013 geweigert habe, die Arbeit im Briefingraum aufzunehmen und dies dem Kläger gegenüber geäußert habe. Es werde bestritten, dass Mitarbeiter der SW. und der C. für den Fall der Arbeitsaufnahme durch den Kläger am 25. Juni 2013 Arbeitsverweigerungen bzw. Arbeitsniederlegungen angekündigt haben. Auch am 16. Juli 2013 habe sich die Beklagte nicht schützend vor den Kläger gestellt. Insoweit habe es sich um das übliche vorbereitete Szenario gehandelt, als der Mitarbeiter H. die Durchführung des Briefings abgelehnt und die Belegschaft dies beklatscht habe. Auch dieses Verhalten sei - unbestritten - nicht geahndet worden. Es werde bestritten, dass Frau Ho. die Belegschaft angemahnt habe, zumal sich die Frage stelle, was dies bedeute. Die Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden, Herrn D. , zeigten, dass dieser keine Konsequenzen gefürchtet habe. Die Beklagte hätte prüfen müssen, ob der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz, z.B. als Vancarrierfahrer, hätte eingesetzt werden können, an dem er allein arbeiten könne. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Im Übrigen sei der Fall der Druckkündigung bereits rechtskräftig entschieden.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23. Juli 2013 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hafenfacharbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Kündigung sei rechtmäßig erfolgt. Auf der Informationsveranstaltung am 19. Juni 2013 habe Frau Ho. die Mitarbeiter der Landseite aufgefordert, ihre Arbeit am 21. Juni 2013 ordnungsgemäß aufzunehmen. Teilgenommen hätten Herr Sch. (Geschäftsführer CT. ), Frau Ho. (Personalleiterin für die Standorte Bremen/Bremerhaven), Frau Dr. (Betriebsleiterin Landseite), Herr Schu. (Leiter Operation Landseite), Herr Be. (Ausbildungsleiter), die Meister der Landseite (Herr Mü., Herr S. , Herr H. und Herr M. ) sowie Frau St. und Frau Bo. aus dem Personalbereich. In der Belegschaft sei Unruhe entstanden. Es habe Nachfragen zu dem arbeitsgerichtlichen Verfahren und zur arbeitsrechtlichen Bewertung möglicher Verhaltensweisen der Belegschaft sowie Unmutsäußerungen gegeben (wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf Bl. 84 und 85 d. A. verwiesen). Herr Sch. habe zwar Verständnis für den Unmut der Mitarbeiter geäußert, jedoch deutlich gemacht, dass das Unternehmen dem Anspruch des Klägers nachkommen müsse und darum gebeten, die Arbeit am 21.Juni 2013 ohne Störung aufzunehmen. Die am 21. Juni 2013 um 11:00 Uhr erfolgte Unterrichtung der Führungskräfte von CT. , SW. und E. über die Arbeitsaufnahme des Klägers um 14:00 Uhr habe der Vermeidung von Störungen gedient. Am 21. Juni 2013 habe sich der operative Meister der Spätschicht, Herr Mü. , um 14:00 Uhr geweigert, seine Tätigkeit im Briefingraum aufzunehmen und dem Kläger gegenüber erklärt, er werde seine Arbeit nicht mit ihm zusammen aufnehmen und kein Briefing durchführen, solange der Kläger anwesend sei. Frau Ho. habe Herrn Mü. daraufhin eindringlich aufgefordert, die Arbeit aufzunehmen und darauf hingewiesen, dass dies seine arbeitsvertragliche Verpflichtung sei. Herr Mü. habe daraufhin erneut geäußert: „Frau Ho. ich erkläre nochmal, dass ich die Arbeit zusammen mit Herrn B. nicht aufnehmen werde." Frau Ho. habe die Belegschaft aufgefordert, die Arbeit ohne Briefing aufzunehmen. Umgehend seien Stimmen aus der 25-köpfigen Mannschaft erfolgt, dass die Arbeit nicht aufgenommen werde, solange der Kläger anwesend sei. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , habe die Stimmen gebündelt und im Namen der Belegschaft Frau Ho. erklärt, dass diese solange nicht an die Arbeit gehen werde, solange sich der Kläger auf dem Terminalgelände aufhalte. Frau Ho. habe der Belegschaft eine Bedenkzeit zur Überprüfung ihres Verhaltens eingeräumt und sich zu dem Kläger in den Briefingraum gesetzt. Sie habe ihn - nicht bestritten - gefragt, wie mit der Situation umgegangen werden solle, woraufhin der Kläger - nicht bestritten - geäußert habe, seine Arbeit aufnehmen zu wollen. Frau Ho. habe dann um 14:05 Uhr einen Anruf von Herrn Ar. erhalten, dass die Mitarbeiter der Wasserseite die Arbeit nicht aufnehmen würden, da sie gehört hätten, dass der Kläger seine Arbeit an der Landseite aufnehmen wolle. Frau Ho. sei daraufhin zu der Belegschaft der Wasserseite gefahren, um diese zur Arbeitsaufnahme aufzufordern, was diese verweigerten, solange sich der Kläger auf dem Terminalgelände aufhalte. Frau St. habe sich - nicht bestritten - zu dem Kläger in den Briefingraum gesetzt, um sicherzustellen, dass er keinen verbalen Anfeindungen ausgesetzt werde. Die nebenan liegende Kantine des GH IV habe sich nach und nach mit ca. 200 bis 250 Mitarbeitern gefüllt, die ihren Unmut verbal geäußert hätten (wegen der einzelnen von der Beklagten zitierten Äußerungen der Mitarbeiter wird auf Bl. 93 d. A. verwiesen). Die Führungskräfte hätten deeskalierend eingewirkt. Vancarrierfahrer und Mitarbeiter in Teambussen von CT. hätten ihren Unmut mit durchgehenden Hubkonzerten bekundet. Mitarbeiter aus den Bereichen C. und SW. hätten sich mit den Mitarbeitern der Landseite solidarisch erklärt und die Arbeit nicht aufgenommen. Frau Ho. sei während ihres Aufenthalts bei den Mitarbeitern der Wasserseite von der Betriebsleiterin SW. , Frau K. , darüber informiert worden, dass die Mitarbeiter von SW. ihre Arbeit nicht aufnehmen würden. Gleiches habe Herr A. von den Mitarbeitern von C. gemeldet. Nach ihrer Rückkehr in den GH IV um 14:25 Uhr habe Frau Ho. die Belegschaft eindringlich aufgefordert, die Arbeit aufzunehmen und auf den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers hingewiesen. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , habe im Namen der Belegschaft mitgeteilt, dass die Arbeit nicht aufgenommen werde, solange der Kläger auf dem Terminalgelände sei. Um 14:40 Uhr habe Frau Ho. mit dem Geschäftsführer CT. , Herrn Sch. , telefoniert und danach in seinem Namen die Belegschaft erneut aufgerufen, umgehend die Arbeit aufzunehmen. Gleichwohl sei keine Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme vorhanden gewesen. Um 14:45 Uhr habe Frau Ho. - nicht bestritten - dem Kläger die Situation erklärt und ihm mitgeteilt, dass er bezahlt freigestellt werde (auf Bl. 95 d. A. wird verwiesen). Frau Ho. habe sodann die Belegschaft über den Abbruch der Arbeitsaufnahme des Klägers informiert und sie aufgefordert, ihrerseits die Arbeit aufzunehmen. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , habe daraufhin erklärt, dass die Arbeit sofort aufgenommen werde, nachdem der Kläger das Terminalgelände verlassen habe. Der Kläger habe - nicht bestritten - um 14:53 Uhr in Begleitung von Frau Ho. das Terminalgelände verlassen, was zu Positivbekundungen der Mitarbeiter geführt habe. Die Mitarbeiter hätten dann umgehend ihre Arbeit aufgenommen. Auch am 25. Juni 2013 hätten Frau Ho. und Herr Ber. wegen der geplanten Arbeitsaufnahme des Klägers versucht, deeskalierend auf die Mitarbeiter einzuwirken, bis die Mitteilung eingegangen sei, dass der Kläger wegen Krankheit nicht erscheine (wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten zu den Ereignissen am 25. Juni 2013 wird auf Bl. 100 bis 103 d. A. verwiesen). Am 15. Juli 2013 seien sämtliche anwesenden Führungskräfte der zweiten und dritten Ebene der Gesellschaften CT. , SW. und E. in einem gemeinsamen Termin von dem Geschäftsführer CT. , Herrn Sch. , und Frau Ho. ausdrücklich angewiesen worden, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten und die Belegschaft hierzu aufzufordern. Am 16. Juli 2013 habe sich der Kläger - nicht bestritten -, nachdem er um 5:40 Uhr von Frau Ho. und Frau St. in Empfang genommen worden sei, im Briefingraum des GH IV eingefunden und seinen Einsatzplan und den neuen Schichtplan erhalten. Der verantwortliche Meister der Landseite, Herr H. , habe sich geweigert, das Briefing durchzuführen, solange der Kläger anwesend sei. Die Belegschaft sei durch die Betriebsleiterin, Frau Dr. , aufgefordert worden, die Arbeit ohne Briefing aufzunehmen. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , habe mitgeteilt, die Mitarbeiter der Beklagten würden die Arbeit nicht aufnehmen, solange der Kläger auf dem Terminalgelände sei. Um 6:08 Uhr und um 6:09 Uhr hätten sich die Mitarbeiter von SW. und C. solidarisch erklärt und ihre Arbeit ebenfalls nicht aufgenommen. Um 6:12 Uhr habe Frau Ho. die Mitarbeiter eindringlich aufgefordert, ihre Arbeit aufzunehmen. Es sei zu Zwischenrufen gekommen (wegen der Einzelheiten der Zwischenrufe wird auf Bl. 107 d. A. verwiesen). Um 6:17 Uhr hätten die Mitarbeiter des Gate und der Containerabfertigung ihre Arbeit niedergelegt und seien in der Kantine des GH IV eingetroffen. Zwischen 6:22 Uhr und 6:25 Uhr seien die Mitarbeiter der Wasserseite im GH IV eingetroffen, nachdem sie die Arbeit nicht aufgenommen hätten. Um 6:26 Uhr habe Herr Sch. unter Hinweis darauf, dass es sich um ein außerdienstliches Vergehen des Klägers handele, was keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis habe, die Belegschaft aufgefordert, die Arbeit aufzunehmen. Es sei zu dem Zwischenruf „schafft den Mann hier weg, dann gehen wir auch an die Arbeit" gekommen. Sodann habe der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , für die Belegschaft gesprochen und erklärt, dass es aus moralischen Gründen nicht vorstellbar sei, mit dem Kläger zusammen zu arbeiten. Dies sei lautstark beklatscht worden. Dabei sei geäußert worden, dass man sich von einem Gericht nicht vorschreiben lasse, mit wem man an einem Tisch sitzen und zusammenarbeiten müsse. Im Namen der Belegschaft habe Herr D. gefordert, dass der Kläger das Terminalgelände verlasse, was ebenfalls beklatscht worden sei. Herr Sch. habe die Belegschaft gebeten, ihre Einstellung zu überdenken und eine Bedenkzeit eingeräumt. Um 6:43 Uhr habe er die Bedenkzeit beendet und die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme unter Hinweis auf die rechtliche Verpflichtung, den Kläger zu beschäftigen, wiederholt. Der Betriebsratsvorsitzende, Herr D. , habe betont, dass es für das Kündigungsschutzurteil kein Verständnis gebe und die Geschäftsführung aufgefordert, den Kläger dauerhaft nicht mehr zum Einsatz kommen zu lassen. Dies sei beklatsch und kommentiert worden (wegen der von der Beklagten vorgetragenen Zitate wird auf Bl. 111 d. A. verwiesen). Um 6:47 Uhr habe Frau Ho. - nicht bestritten - den Kläger gebeten, die Arbeitsaufnahme unter bezahlter Freistellung zu beenden, womit sich der Kläger einverstanden erklärt habe. Um 6:52 Uhr habe der Kläger - nicht bestritten - das Terminalgelände durch das Drehkreuz verlassen, zu dem er von Frau Ho. , Frau St. , Herrn Be. und einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes begleitet worden sei. Die Belegschaft sei darüber informiert worden, dass der Kläger das Terminalgelände freiwillig verlassen habe. Sie habe sodann die Arbeit aufgenommen. Parallel zu diesen Ereignissen hätten sich jeweils Mitarbeiter der Wasserseite, von SW., C. , der Containerabfertigung und Gate versammelt und trotz Aufforderung der Führungskräfte, die Arbeit aufzunehmen, bekundet, dass dies erst erfolge, wenn der Kläger das Terminalgelände verlassen habe (wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf Bl. 113 bis 117 d. A. verwiesen). Wegen dieses massiven Drucks der Belegschaft - mehrere hundert Mitarbeiter hätten trotz wiederholter Aufforderung, die Arbeit aufzunehmen, dies strikt verweigert - sei dann die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen worden. Der Einsatz des Klägers sei der Beklagten schlechterdings unmöglich. Für den Fall seiner Weiterbeschäftigung seien weitere Arbeitsniederlegungen angekündigt worden. Die Beklagte habe erhebliche wirtschaftliche Schäden erlitten. Sie habe sich mehrfach und wiederholt schützend vor den Kläger gestellt. Sie sei nicht ver- pflichtet, Abmahnungen oder gar Kündigungen auszusprechen bzw. Gehälter zu kürzen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei nicht zumutbar gewesen. Zwar sei die Dauer der Betriebszugehörigkeit zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Teil der Belegschaft habe sich jedoch strikt geweigert, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Eine Weiterbeschäftigung hätte wegen des insoweit massiven Drucks aus der Belegschaft zu einer nicht hinnehmbaren Störung des Betriebsfriedens und zu weiteren Arbeitsniederlegungen und finanziellen Schäden geführt. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten worden. Die Kündigungsgründe seien nicht verbraucht.

Mit Urteil vom 21. Oktober 2014 hat das Arbeitsgericht folgenden Tenor erlassen:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23.07.2013 nicht fristlos, sondern mit Ablauf des 31.08.2013 aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 25 Prozent, der Kläger zu 75 Prozent.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 16.000,00 festgesetzt.

5. Die Berufung wird - soweit sie nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist - nicht zugelassen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die fristlose Kündigung sei im Ergebnis rechtsunwirksam, weil der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen sei. Unter Beachtung der gegenseitigen Interessen der Parteien sei es der Beklagten zumutbar gewesen, die einmonatige Kündigungsfrist nach dem Rahmentarifvertrag einzuhalten. Der Beklagten sei es zumutbar gewesen, den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung für diesen Zeitraum freizustellen und dadurch weitere Arbeitsverweigerungen der Belegschaft zu verhindern. Demgegenüber sei die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung rechtswirksam. Das Verhalten des Klägers sei ursächlich für die Weigerungshaltung und Arbeitsniederlegungen seiner Kollegen gewesen. Der Kläger könne sich daher nicht darauf berufen, das Verhalten seiner Kollegen sei objektiv völlig ungerechtfertigt gewesen, auch wenn zu berücksichtigen sei, dass die Straftat des Klägers in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gestanden habe und sich der vorliegende Fall daher maßgeblich von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 2011 (2 AZR 825/09) unterscheide. Der Beklagten sei es vorliegend nicht verwehrt, sich auf die Drucksituation zu berufen, da sie diese nicht selbst herbeigeführt habe. Auch habe die Beklagte sich im Vorfeld der streitgegenständlichen Kündigung in hinreichendem Maße schützend vor den Kläger gestellt und sei damit ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, Arbeitnehmern, die sich einer Zusammenarbeit mit dem Kläger widersetzten, abzumahnen, deren Entgelt zu kürzen oder diese zu kündigen. Auch im Rahmen der Interessenabwägung erweise sich die ordentliche Kündigung als verhältnismäßig.

Gegen dieses ihm am 3. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Dezember 2014 Berufung eingelegt und diese am 20. Januar 2015 begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr am 4. Dezember 2014 zugestellte Urteil am 23. Dezember 2014 Berufung eingelegt und diese am 30. Januar 2015 begründet.

Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Drucksituation bestanden habe, die eine Kündigung des Klägers rechtfertige. Der Vortrag der Beklagten diesbezüglich sei inhaltlich zu unsubstantiiert um von einer Drucksituation ausgehen zu können. Dies gelte insbesondere für den Vortrag, „ein großer Teil der Belegschaft“ sei am 21. Juni und 16. Juli 2013 hergegangen und habe sich geweigert, die Arbeit aufzunehmen bzw. habe sich geweigert weiterzuarbeiten. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts seien insbesondere die Mitarbeiter, die ihre Arbeit niedergelegt haben sollen, nicht namentlich benannt worden. Daher sei auch eine Aufzählung der Mitarbeiter nicht erfolgt. Auch fehle es an einer Relation zwischen den Mitarbeitern, die sich geweigert hätten, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, und der Gesamtstärke der jeweiligen Schicht. Dabei sei auch zu differenzieren zwischen eigenen Mitarbeitern der Beklagten und Mitarbeitern anderer Firmen. Auch sei es erforderlich gewesen konkret darzustellen, aus welchen Arbeitnehmergruppen die Mitarbeiter gekommen sein sollen. Angesichts des unsubstantiierten Vortrags der Beklagten habe sich der Kläger auf ein pauschales Bestreiten dieser Behauptungen beschränken dürfen. Soweit vorliegend von einer Drucksituation auszugehen sei, habe die Beklagte diese Situation keineswegs selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt. Dies gelte auch für den Kläger. Die außerdienstliche Straftat des Klägers stehe in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis; zudem habe der Kläger seine Strafe verbüßt. Das Arbeitsgericht gehe hier zu Unrecht davon aus, den Kläger treffe ein Verursachungsbeitrag an der Weigerungshaltung von Kollegen. Deren Verhalten müsse vielmehr als Selbstjustiz bewertet werden. Da die Arbeitsverweigerung rechtswidrig gewesen sei, habe die Beklagte einer etwaig daraus entstehenden Drucksituation nicht nachgeben dürfen. Soweit das Arbeitsgericht festgestellt habe, dass eine Wiedereingliederung des Klägers nicht in dem Maße möglich gewesen sei wie bei anderen Arbeitnehmern, verkenne das Arbeitsgericht, dass es vorliegend nicht um eine Wiedereingliederung, sondern um den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers gegangen sei. Es habe für die Beklagte auch keine Veranlassung bestanden, die Belegschaft und insbesondere auch die Führungskräfte über den Arbeitseinsatz des Klägers insgesamt zu unterrichten. Im Ergebnis sei der Kläger hierdurch an den Pranger gestellt worden. Die Geschäftsleitung habe kollusiv mit dem Betriebsrat zu Lasten des Klägers zusammengearbeitet. Es sei evident, dass die Beklagte den Kläger von vornherein habe loswerden wollen. Dies belegten jedenfalls die vorausgehenden Kündigungen. Insbesondere habe es die Beklagte auch unterlassen, denjenigen Arbeitnehmern, die mit Arbeitsniederlegung gedroht hätten, die erforderlichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen zumindest anzudrohen. Damit habe sich die Beklagte im Ergebnis nicht ausreichend schützend vor den Kläger gestellt und sei damit ihrer Fürsorgepflicht nicht hinreichend nachgekommen. Soweit das Arbeitsgericht die Wirksamkeit von Abmahnungen in Zweifel gezogen habe, habe das Arbeitsgericht seinen Beurteilungsspielraum überschritten. Soweit das Arbeitsgericht in der Urteilsbegründung darauf verwiesen habe, dass bei den Anforderungen an die zu ergreifenden Maßnahmen auch zu berücksichtigen gewesen sei, dass der Kläger durch sein schweres schuldhaftes Verhalten ursächlich für die Weigerungshaltung der Kollegen gewesen sei, belege dies ein zweifelhaftes Rechtsverständnis des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsrecht verkenne, dass der Kläger strafrechtlich für seine Tat gebüßt habe. Dies sei auch durch die Belegschaft und die Beklagte hinzunehmen. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass aufgrund der Drucksituation eine Versetzung des Klägers als milderes geeignetes Mittel nicht in Betracht gekommen sei. Dabei habe das Arbeitsgericht verkannt, dass nicht sämtliche Mitarbeiter der Beklagten ihre Arbeit niedergelegt hätten. Eine Prüfung einer Versetzungsmöglichkeit sei nicht erfolgt. Im Ergebnis sei auch die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Arbeitsniederlegungen rechtswidrig gewesen seien und der Kläger gerade aufgrund seiner strafrechtlichen Vorgeschichte erhebliche Schwierigkeiten haben dürfte, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Auch hätte das Arbeitsgericht berücksichtigen müssen, dass der Kläger geschieden und zu Unterhalt verpflichtet sei. Auch könne nicht auf wirtschaftliche Nachteile für die Beklagte durch die Arbeitsniederlegungen abgestellt werden, da deren Höhe zum einen nicht dargelegt und zum anderen auch nicht berücksichtigt worden sei, was passiert wäre, wenn die Beklagte den arbeitsniederlegenden Kollegen arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht hätte. Zudem sei auch die Betriebsratsanhörung rechtsfehlerhaft, da dem Betriebsrat konkret hätte dargelegt werden müssen, welche Arbeitnehmer ihrer Arbeit illegal niedergelegt haben sollen, welche Konsequenzen hätten angedroht werden müssen und weshalb keine Konsequenzen angedroht worden seien. Schließlich sei im Hinblick auf die ordentliche Kündigung die Kündigungsfrist zu kurz bemessen, da der Kläger eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Monaten gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven, Kammer Bremerhaven, 11 Ca 11185/13 vom 31.10.2014, zugegangen am 3.12.2014, aufzuheben und dahingehend wie folgt abzuändern:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23. 07.2013 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hafenfacharbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

Hilfsweise

das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven - 11 Ca 11185/13 - aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien frühestens mit Ablauf des 30.9.2013 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

Die Beklagte vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Soweit das Arbeitsgericht die fristlose Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung für rechtswirksam erachtet habe, weil die Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, den Kläger bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Kündigungsfrist bezahlt freizustellen, verkenne das Arbeitsgericht, dass eine Freistellung bzw. Suspendierung oder das Abwarten der Kündigungsfrist kein milderes Mittel sei. Im Rahmen der Interessenabwägung hätte das Arbeitsgericht vielmehr überprüfen müssen, ob der Beklagten eine tatsächliche Beschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen sei, da die Beklagte für eine Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keine arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Grundlage gehabt habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger einer solchen Freistellung nicht zugestimmt hätte. Das Verhalten des Klägers in der Vergangenheit belege eindrücklich, dass es ihm um die tatsächliche Beschäftigung bei der Beklagten gegangen sei. Eine tatsächliche Beschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei der Beklagten aufgrund der Drucksituation tatsächlich nicht zumutbar gewesen. Die Beklagte habe aufgrund des bisherigen Verhaltens der Mitarbeiter durch Arbeitsniederlegungen am 21. Juni und 16. Juli 2013 vielmehr mit der hierfür hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgehen müssen, dass es bei einem erneuten Versuch der Arbeitsaufnahme durch den Kläger erneut zu Arbeitsniederlegungen kommen werde. Hierdurch wäre der Beklagten ein weiterer erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Eine zu erwartende Arbeitsniederlegung für den Zeitraum von einem Monat wäre geeignet gewesen, die wirtschaftliche Existenz der Beklagten zu bedrohen. Weiter wäre der Betriebsfrieden massiv gestört worden. Im Übrigen verteidigt die Beklagte die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Dabei sei auch die Kündigungsfrist eingehalten worden. Insbesondere habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. August 2013 fast minutengenau die Abläufe der Tage, an denen die Arbeitsaufnahmen erfolgen sollten, dargestellt. Die Beklagte habe für jede geschilderte Situation Zeugen benannt, die bei den Geschehnissen unmittelbar vor Ort gewesen seien. Auch habe die Beklagte namentlich wichtige, für die Geschehnisse maßgebliche Personen benannt. Darüber hinaus sei eine Benennung eines jeden einzelnen Arbeitnehmers, der die Arbeit niedergelegt habe, nicht erforderlich gewesen. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass nicht nur Mitarbeiter der Beklagten, sondern auch Mitarbeiter anderer Unternehmen, die auf dem Betriebsgelände tätig seien, die Arbeit niedergelegt hätten. Maßgeblich sei nicht der einzelne Arbeitnehmer, sondern eine Gesamtschau. Tatsächlich habe die Personalleiterin Frau Ho. die Mitarbeiter der Landseite am 19. Juni 2013 im Rahmen der Informationsveranstaltung aufgefordert, die Arbeit an dem Tag, an dem der Kläger seine Arbeit wieder aufnehmen sollte, dem 21. Juni 2013, ihrerseits ihre Arbeit ordnungsgemäß aufzunehmen. An dieser Veranstaltung seien arbeitgeberseitig auch der Geschäftsführer CT. Herr Sch. , die Betriebsleiterin der Landseite Frau Dr. , der Leiter Operation Landseite Herr Schu. , der Ausbildungsleiter Herr Be. sowie die Meister der Landseite Herr Mü. , Herr S. , Herr Ha. und Herr M. beteiligt gewesen. Weiter hätten aus dem Personalbereich die Mitarbeiterinnen St. und Bo. teilgenommen (vgl. Bl. 440 der Akte). Im Rahmen der Informationveranstaltung sei es zu erheblicher Unruhe der Mitarbeiter gekommen, die deutlich gemacht hätten, dass sie für das Strafmaß des Klägers kein Verständnis hätten und die unter anderem gefragt hätten, ob es als Mobbing gelte, wenn sie in der Pause an einem Tisch säßen und aufstehen würden, falls der Kläger sich dazu setzen würde. Ein Mitarbeiter habe geäußert, dass er zwei Töchter habe und sich nicht vorstellen könne, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Herr Sch. habe unter anderem deutlich gemacht, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Beschäftigungsanspruch des Klägers nachzukommen. Er habe die Mitarbeiter gebeten, die Arbeit ohne Störungen aufzunehmen. Er habe dabei darauf hingewiesen, dass das strafrechtliche Verhalten des Klägers nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Im Anschluss habe der Vorsitzende des Betriebsrats Herr D. noch alleine mit der Belegschaft gesprochen. Um 22:00 Uhr sei es zu einer weiteren Informationsveranstaltung für die Mitarbeiter der Nachtschicht gekommen. Tatsächlich sei es dann am 21. Juni 2013 zu so massiven Arbeitsniederlegungen gekommen, dass der Betrieb auf dem Betriebsgelände der Beklagten zeitweise vollständig zum Erliegen gekommen sei. Auch bei anderen ansässigen Unternehmen sei es zu erheblichen Betriebsablaufstörungen gekommen, da sich deren Mitarbeiter an den Arbeitsniederlegungen beteiligt hätten. Arbeitnehmer hätten jegliche Art von Zusammenarbeit mit dem Kläger verweigert. Der komplette zweimalige Stillstand des gesamten Betriebs an zwei Tagen habe bei der Beklagten zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen geführt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das am 21. Oktober 2014 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven sind zulässig. Die Rechtsmittel sind als in einem Rechtsstreit über den Bestand eines Arbeitsverhältnis eingelegt ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 Ar- bGG). Kläger und Beklagte haben sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

B.

Beide Berufungen sind unbegründet.

Das Berufungsgericht folgt der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts, von einer Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz gibt nur Anlass zu folgenden Ergänzungen:

I. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegend der Beklagten eine Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war.

1. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 14, DB 2012, 2404; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Rn. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, aaO). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33). Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 -, Rn. 15, juris 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349).

2. Das Arbeitsgericht hat vorliegend angenommen, dass es der Beklagten zumutbar gewesen sei, die einmonatige tarifvertragliche Kündigungsfrist einzuhalten, indem sie den Kläger bezahlt von der Erbringung der Arbeitsleistung freistellt. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten mit der Begründung, das Arbeitsgericht habe nicht auf eine Möglichkeit der bezahlten Freistellung für die Beklagte abstellen dürfen, sondern hätte im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung einen tatsächlichen Einsatz des Klägers zu Grunde legen müssen. Dabei beruft sich die Beklagte unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. März 1999 - 2 AZR 507/98 -, in der u.a. ausgeführt ist:

„[…]

...Für rechtsfehlerhaft hält der Senat allerdings die weitere Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 1997 von der Arbeit unter Anrechnung noch offenstehenden Urlaubs freistellen können, wenn auch unter Weiterzahlung des Gehaltes, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Damit ist § 626 BGB verletzt, der davon ausgeht, unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile müsse "die Fortsetzung des Dienstverhältnisses" bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar sein. Zur Fortsetzung des Dienstverhältnisses gehört auch die Beschäftigung des Arbeitnehmers, auf die dieser - und nicht nur seine Vergütung - regelmäßig sogar einen Anspruch hat, so daß es Sache des Berufungsgerichts gewesen wäre zu prüfen, ob der Beklagten auch die tatsächliche Beschäftigung des Klägers zumutbar war..

 [...]“

Demgegenüber hat derselbe Senat des Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 05. April 2001 - 2 AZR 217/00 -, Folgendes ausgeführt:

„[...]

…Die unwiderrufliche Freistellung ist allerdings als einer der maßgeblichen Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. In dem vergleichbaren Fall eines ruhenden Arbeitsverhältnisses hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG 17. Februar 1982 - 7 AZR 663/79 - nv.), daß ein Kündigungsgrund unter Umständen während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses ein geringeres Gewicht hat als während des vollzogenen Arbeitsverhältnisses. So kann die Zumutbarkeitsprüfung nach § 626 Abs. 1 BGB ergeben, daß das Schwergewicht der Störung des Arbeitsverhältnisses in der Wiederholungsgefahr besteht und deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber zumutbar erscheint, wenn mangels eines Weiterbeschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers und einer Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers künftige gleichartige Belastungen des Arbeitsverhältnisses bis zu seiner Beendigung ausgeschlossen scheinen. Es kann dahinstehen, ob es bei einer endgültigen Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung stets besonderer Interessen des Arbeitgebers bedarf, um den Ausspruch einer außerordentlichen Verdachtskündigung noch zu rechtfertigen und ob in derartigen Fällen von einem regelmäßigen Überwiegen der Arbeitnehmerinteressen auszugehen ist (sowohl ErfK/Mü.   -Glöge § 626 BGB Rn. 209 im Anschluß an die angefochtene Entscheidung). Auch wenn man dies bejahen wollte, liegen hier jedenfalls solche besonderen Arbeitgeberinteressen vor. Ist durch einen schwerwiegenden Verdacht das für das Arbeitsverhältnis eines Kundenbetreuers bei einer Bank unerläßliche Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, so sind dem Arbeitgeber weitere Zahlungen in sechsstelliger Höhe an diesen Arbeitnehmer ohne entsprechende Gegenleistung unzumutbar, abgesehen davon, daß der Arbeitgeber schon aus Haftungsgründen kaum dulden kann, daß der Arbeitnehmer auch ohne Schaltertätigkeit formell weiter als Kundenbetreuer der Bank geführt wird.

 [...]“

Auch in der Literatur wird vertreten, dass unter den Voraussetzungen des § 626 BGB eine einseitige Suspendierung seitens des Arbeitgebers als milderes Mittel zur Vermeidung einer sofortigen außerordentlichen Kündigung in Betracht kommt (Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, 1987 Seite 462 f.; derselbe in ErfK 15. Auflage, § 611 BGB Rn. 567; vgl. auch LAG Köln 6 Ta 46/01 - 20. März 2001).

3. Die Kammer vertritt die Ansicht, dass das ultima ratio Prinzip dem Arbeitgeber gebietet, die ihm zustehenden Weisungsmöglichkeiten auszuschöpfen, wenn es ihm hierdurch möglich und zumutbar ist, eine fristlose Kündigung zu vermeiden. Soweit die Beklagte sich insoweit darauf beruft, ihr sei eine Freistellung des Klägers rechtlich nicht möglich gewesen, da der Kläger mit einer solchen Freistellung nicht einverstanden gewesen sei, begegnet dies aus der Sicht der Kammer deshalb Bedenken, weil der Kläger mit dieser Begründung allein deshalb rechtlich schlechter gestellt würde, weil er in zulässiger Weise von seinem Recht auf Beschäftigung, das vorliegend in Form eines Weiterbeschäftigungsanspruchs gerichtlich ausgeurteilt war, Gebrauch gemacht hat. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Zwar hat der Kläger noch am 16. Juli 2013 einen Antrag auf Festsetzung auf Zwangsgeld gegen die Beklagte wegen Nichtdurchführung der ausgeurteilten Weiterbeschäftigung beantragt. Nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung hat der Kläger jedoch sein Weiterbeschäftigungsbegehren nicht weiter verfolgt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Parteien bereits in der Vergangenheit darüber gestritten hatten, ob der durch ein vorhergehendes Urteil ausgesprochene Weiterbeschäftigungsanspruch im Lichte einer erneuten Kündigung überhaupt noch durchsetzbar ist. Vorliegend hat die Kammer nach Ausspruch der zweiten Kündigung den Vollstreckungsversuch des Klägers hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus dem ersten Urteil mit der Begründung abgewiesen, dass angesichts der erneut ausgesprochenen Kündigung ein solcher Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht (mehr) bestand. Die Kammer geht daher vorliegend davon aus, dass jedenfalls ab Zugang der hier streitgegenständlichen Kündigung ein Begehren des Klägers auf Weiterbeschäftigung tatsächlich nicht bestand und daher der Beklagten die Freistellung des Klägers unter Fortzahlung der Bezüge möglich war. Dabei darf der Arbeitgeber von einem vertraglich vereinbarten Freistellungsrecht nur nach billigem Ermessen Gebrauch machen (LAG Köln, Urteil v. 13.05.2005 - 4 Sa 400/05; LAG Hamm, Urteil v. 03.02.2004 - 19 Sa 120/04; LAG München, Urteil v. 07.05.2003 - 5 Sa 297/03; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Thüsing, in: Henssler/Willemsen/Kalb, 5. Auflage 2012, § 611 BGB Rdnr. 176). Die Ausübung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (vgl. Preis/ErfK § 106 GewO Rn. 6 m. w. N.; LAG Hamm 13. Februar 2015 - 18 SaGa 1/15). Vorliegend ging es um eine einmonatige Kündigungsfrist. Ausweislich Ziff. 6 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 14. November 2007 finden die tarifvertraglichen Kündigungsfristen der Beklagten Anwendung. Die tarifvertragliche Kündigungsfrist beträgt angesichts der Beschäftigungszeit des Klägers einen Monat. Die tarifliche Regelung geht nach § 626 Abs. 4 BGB den gesetzlichen Kündigungsfristen vor. Vor diesem Hintergrund war vorliegend der Beklagten möglich, diese kurze Kündigungsfrist durch Freistellung des Klägers zu überbrücken, da die Freistellung geeignet war, die Drucksituation durch Arbeitsverweigerung von Kollegen bei Anwesenheit des Klägers auf dem Betriebsgelände zu beseitigen. Da die Kammer den vorhergehenden Vollstreckungsversuch des Klägers auf Weiterbeschäftigung abgewiesen hatte, konnte die Beklagte auch davon ausgehen, dass der neuerliche Weiterbeschäftigungsversuch des Klägers angesichts der wiederum erneut ausgesprochenen dritten Kündigung im Zwangsvollstreckungsverfahren keinen Erfolg haben wird. Ein solches Vorgehen war der Beklagten auch zumutbar. Die streitgegenständliche Kündigung basiert nicht auf einem zerstörten Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien, da das strafrechtliche Verhalten des Klägers keinen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis hatte. Kündigungsgrund ist vielmehr die Drucksituation, die durch andere Mitarbeiter auf die Beklagte ausgeübt wurde. Im Hinblick auf diesen Kündigungsgrund war eine Urlaubsgewährung während des Laufs der Kündigungsfrist geeignet, der Drucksituation entgegenzuwirken, da diese nur bei Anwesenheit des Klägers am Arbeitsplatz bestand.

Damit erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet.

II. Auch die Berufung des Klägers ist unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht eine Drucksituation angenommen, die die Beklagte zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG berechtigte.

a) Eine sogenannte Druckkündigung kann aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sein (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 a der Gründe; 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - zu IV 1. der Gründe; BAG 12, 220, 231 = AP Nr. 8 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG 27, 263, 268 = AP Nr. 10 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG Urteil vom 26. Oktober 1978 - 2 AZR 24/77 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Sicherheitsbedenken, zu II 4 der Gründe;). Eine Druckkündigung liegt dann vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen (BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 aaO.; KR-Griebeling, 10. Aufl., § 1 KSchG Rz 473; KR-Fischermeier, 10. Aufl., § 626 BGB Rz 204;). Dabei sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

aa) Das Verlangen des Dritten ist gegenüber dem Arbeitgeber nicht durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt. An die Zulässigkeit einer objektiv nicht gerechtfertigten Druckkündigung hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung strenge Anforderungen gestellt. Beim Verlangen der Belegschaft bzw. eines Teils der Belegschaft auf Entlassung eines Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber diesem nicht ohne Weiteres nachgeben, um den Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn daraufhin trotzdem ein Verhalten in Aussicht gestellt wird - z.B. Streik oder Massenkündigung - und dadurch schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden (BAG 11. Februar 1960 - 5 AZR 210/58 - BAGE 9, 53, 54 = AP Nr. 3 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG 26. Januar 1962 - 2 AZR 244/61 - BAGE 12, 220, 231 = AP Nr. 8 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG10. Februar 1977 - 2 ABR 80/76 - BAGE 29, 7, 15 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972; BAG, BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 a der Gründe, m.w.N; BAG, 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 -, juris, BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 aaO; LAG Bremen 24. April 2014 - 3 Sa 81/13).

bb) Anders als in einer Drucksituation, der kein Verhalten des Arbeitnehmers und kein personenbedingter Grund zugrunde liegt, ist der Arbeitgeber nicht gehalten, sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen, wenn dieser durch sein Verhalten die Betriebsstörung selbst herbeigeführt hat (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 -, BAGE 137, 54-70).

cc) Das Arbeitsgericht hat auf Seite 14 seines Urteils zur vorliegenden Drucksituation Folgendes ausgeführt:

„[...]

...Für die Beklagte war eine Drucksituation gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte hinreichend substantiiert dargelegt, dass sich ein großer Teil der Belegschaft an den beiden Tagen, an denen der Kläger seine Arbeit auf dem Terminalgelände aufnehmen wollte, mithin am 21. Juni 2013 und am 16. Juli 2013, geweigert hat, die Arbeit aufzunehmen bzw. die Arbeit niedergelegt hat, solange sich der Kläger auf dem Terminalgelände befand. Die Beklagte hat unter Angabe der genauen Uhrzeiten, der Örtlichkeiten und unter namentlicher Bezeichnung anwesender Mitarbeiter die Geschehnisse an den beiden Tagen beschrieben und geschildert, welche konkreten Arbeitnehmergruppen eine Zusammenarbeit mit dem Kläger verweigert oder sich mit den entsprechenden Kollegen solidarisch erklärt und ebenfalls die Arbeit niedergelegt bzw. deren Aufnahme verweigert haben. Der Kläger konnte sich nicht darauf beschränken, das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten pauschal zu bestreiten. Er war an den streitgegenständlichen Tagen vor Ort. Aufgrund seiner jeweiligen Aufenthalte im Bereich des GH IV kann nicht davon ausgegangen werden, dass er von den ganzen Vorkommnissen nichts bemerkt hat. Wenn sich die Ereignisse nach seiner Wahrnehmung anders abgespielt haben als von der Beklagten geschildert, weil zB keine oder nur eine kleine Anzahl von Kollegen die Arbeitsaufnahme während seiner Anwesenheit auf dem Terminalgelände verweigert haben, so dass keine erhebliche Drucksituation vorlag, hätte es ihm oblegen, den Vortrag der Beklagten substantiiert zu bestreiten und zu schildern, wie sich die Vorfälle aus seiner Sicht dargestellt haben. Dies gilt insbesondere, weil der Kläger aufgrund der Vorverfahren Kenntnis von der Stimmungslage der Kollegen und ihren Vorbehalten gegen seine Beschäftigung hatte und insoweit nicht unvorbereitet sein konnte. Das Bestreiten des Klägers ist daher unbeachtlich...

 [...]“

Diese Feststellungen des Arbeitsgerichts sind auch unter Beachtung der Angriffe der Berufung des Klägers nicht zu beanstanden.

1) Soweit die Berufungsbegründung des Klägers einwendet, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte habe alle anwesenden Mitarbeiter der Personalversammlungen vom 21. Juni und 16. Juli 2013 namentlich benannt, verkennt es den Inhalt der Urteilsbegründung auf Seite 14. Das Arbeitsgericht ist gerade nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte sämtliche anwesenden Mitarbeiter benannt hat. Vielmehr bezieht sich das Arbeitsgericht auf die namentliche Aufzählung der Beklagten, wonach u.a. die Mitarbeiter Herr Sch. (Geschäftsführer CT. ), Frau Ho. (Personalleiterin für die Standorte Bremen/Bremerhaven), Frau Dr. (Betriebsleiterin Landseite), Herr Schu. (Leiter Operation Landseite), Herr Be. (Ausbildungsleiter), die Meister der Landseite (Herr Mü. , Herr S. , Herr H. und Herr M. ), Frau St. und Frau Bo. aus dem Personalbereich sowie der Betriebsratsvorsitzende Herr D. an den Versammlungen teilgenommen hätten.

2) Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung rügt, das Arbeitsgericht habe nicht von einer Drucksituation ausgehen dürfen, da die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die mit einer Arbeitsniederlegung gedroht bzw. ihre Arbeit tatsächlich niedergelegt hätten, nicht namentlich benannt habe, steht dies der Annahme einer Drucksituation nicht entgegen. Für die Beurteilung einer Drucksituation, die eine arbeitgeberseitige Kündigung rechtfertigen kann, kommt es im Falle einer Arbeitsniederlegung maßgeblich auf die Folgen dieser Arbeitsniederlegung für die Arbeitgeberin an und nicht auf die Individualisierung der einzelnen Arbeitnehmer. Die Identität eines einzelnen Arbeitnehmers, der Druck auf den Arbeitgeber ausübt, kann zwar im Einzelfall von besonderer Bedeutung sein, z.B. weil diese Person besonderes Ansehen in der Belegschaft genießt und daher sein Verhalten Vorbildfunktion für Mitarbeiter haben kann. In einem solchen besonderen Fall obliegt es der Arbeitgeberin, dies entsprechend vorzutragen, wenn sie sich zur Begründung der Kündigung hierauf berufen will. Aber auch bei dieser Fallkonstellation kommt es gerade auf die Auswirkung des Verhaltens dieser Person für die Arbeitgeberin an. Hinsichtlich der Annahme des Klägers, die Beklagte hätte sämtliche Mitarbeiter namentlich benennen müssen, die sich an den Arbeitsverweigerungen beteiligt haben sollen, war darüber hinaus auch zu berücksichtigen, dass nach insoweit unbestrittenem Vortrag der Beklagten nicht nur Arbeitnehmer der Beklagten selbst, sondern auch Mitarbeiter von Drittfirmen sich an den Arbeitsverweigerungen beteiligt haben. Hinsichtlich dieser Mitarbeiter war der Beklagten eine namentliche Benennung im Zweifel mangels persönlicher Kenntnis dieser Mitarbeiter gar nicht möglich. Dabei zeigt der Umstand, dass nicht nur Arbeitnehmer der Beklagten selbst, sondern auch Mitarbeiter von Drittfirmen sich an der Arbeitsniederlegung beteiligt haben, dass es im Hinblick auf die Annahme einer Drucksituation nicht maßgeblich auf die Identität dieser Personen ankommen kann.

3) Entsprechendes gilt für die Rüge der Berufungsbegründung des Klägers, die Beklagte hätte mitteilen müssen, aus welchen Arbeitnehmergruppen die jeweiligen Mitarbeiter gekommen sein sollen. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, welche maßgebliche Relevanz diese Zuordnung für die seitens der Beklagten dargelegte Beeinträchtigung als Folge aus den Arbeitsniederlegungen hat. Soweit diese Rüge des Klägers darauf abzielen sollte, dass es sich bei den verweigernden Arbeitnehmern um solche gehandelt habe, mit denen er persönlich gar nicht zusammengearbeitet habe, kommt es hierauf im Hinblick auf die betrieblichen Auswirkungen zu Lasten der Beklagten wie oben dargelegt nicht an. Entscheidend ist, dass die Arbeitsverweigerung zu erheblicher Beeinträchtigung des Betriebsablaufs geführt hat. Vorliegend haben sich nicht nur Arbeitnehmer geweigert ihre Arbeit aufzunehmen, die direkt mit dem Kläger zusammen arbeiten, vielmehr haben auch Arbeitnehmer von der Wasserseite, an der der Kläger nicht eingesetzt werden sollte, und die also räumlich vom Kläger entfernt hätten arbeiten sollen, sich geweigert, ihre Arbeit aufzunehmen, solange der Kläger sich auf dem Betriebsgelände befindet.

4) Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Frage der Anzahl der Arbeit niederlegenden Mitarbeiter in Relation zu der Gesamtzahl der Mitarbeiter in der jeweiligen Schicht. Entscheidend ist, welche Auswirkungen die Arbeitsverweigerungen für die Arbeitgeberin hatten. Hierbei kann die Anzahl der Arbeit niederlegenden Mitarbeiter zwar eine Rolle spielen, da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Drucksituation umso höher ist, je mehr Mitarbeiter sich an den Arbeitsniederlegungen beteiligen. Maßgeblich bleibt im Ergebnis jedoch die tatsächliche Auswirkung dieser Arbeitsverweigerungen. Diesbezüglich hat die Beklagte dargelegt, dass ein großer Teil der Belegschaft die Arbeit niedergelegt hat und es hierdurch zum zeitweilig vollständigen Erliegen des gesamten Betriebsablaufs gekommen ist. Durch wie viele Mitarbeiter im Einzelnen dieses Ergebnis herbeigeführt wurde, ist demgegenüber nicht maßgeblich. Dies zeigen aktuelle Parallelen aus dem Bereich des Arbeitskampfes. Hier haben in jüngster Vergangenheit kleine Berufsgruppengewerkschaften eindrücklich vorgeführt, dass auch eine in Relation zur Gesamtbelegschaft geringe Anzahl von Arbeitnehmern durch Arbeitsniederlegung erhebliche Auswirkungen für die Arbeitgeberin herbeiführen kann.

dd) Die Beklagte hat auch die Auswirkungen der Arbeitsverweigerung hinreichend dargelegt.

1) Sie hat vorgetragen, dass es aufgrund von Arbeitsverweigerungen am 21. Juni und 16. Juli 2013 zeitweilig zum Erliegen des gesamten betrieblichen Ablaufs gekommen ist und dies wiederum zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden bei der Beklagten geführt hat. Maßgeblich war nach dem Vortrag für die Beklagte, dass Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt haben, weil sie sich weigerten, ihre Arbeit aufzunehmen, solange der Kläger auf dem Betriebsgelände ist. Da der Kläger sowohl am 21. Juni als auch am 16. Juli 2013 persönlich vor Ort anwesend war, hat das Arbeitsgericht auch zu Recht angenommen, dass sich der Kläger hinsichtlich dieses Vortrags der Beklagten nicht auf ein Erklären mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO beschränken konnte. Danach ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Da der Kläger die Ereignisse vor Ort persönlich mitbekommen hat, oblag es ihm konkret darzulegen, welche Schilderungen der Beklagten aus seiner Sicht anders, und wenn ja, wie abgelaufen sein sollen, bzw. konkret darzulegen, welche Geschehnisse von ihm nicht persönlich wahrgenommen wurden. Der Vortrag der Beklagten zu den Geschehnissen und deren betrieblichen Folgen wurden seitens der Beklagten auch so erheblich dargetan, dass der Kläger sich hierauf einlassen konnte, ohne dass es hierfür auf die Namen der einzelnen Akteure angekommen wäre. Tatsächlich hat der Kläger auch im Termin am 17. Juni 2015 im Ergebnis den Vortrag der Beklagten bestätigt, wonach er den Eindruck hatte, dass die gesamte Belegschaft nicht bereit war, die Arbeit aufzunehmen.

2) Die zweifache Arbeitsniederlegung am 21. Juni und 16. Juli 2013 und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen für den Betriebsablauf rechtfertigten auch nach einer objektiven Betrachtungsweise die Annahme der Beklagten, die Belegschaft werde bei einem erneuten Beschäftigungsversuch des Klägers wiederum mit einer entsprechenden Arbeitsverweigerung reagieren, die ihrerseits zu entsprechenden betrieblichen Ablaufstörungen führen wird. Die Mitarbeiter haben bei der zweifachen Arbeitsniederlegung hinreichend nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass sie auch in Zukunft nicht gewillt sind, mit dem Kläger zusammen zu arbeiten und sie ihre Verweigerungshaltung auch in Zukunft aufrechterhalten wollen. Damit hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht eine Drucksituation zu Lasten der Beklagten angenommen.

2. Das Verlangen von Arbeitnehmern der Beklagten sowie von Mitarbeitern von Dritt firmen, den Klägern nicht mehr zu beschäftigen, war vorliegend nach den oben genannten Grundsätzen auch objektiv gerechtfertigt. Der Arbeitgeber ist nämlich nicht gehalten, sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen, wenn dieser durch sein Verhalten die Betriebsstörung selbst herbeigeführt hat (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 -, BAGE 137, 54-70). In der zitierten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger das ihm von Kollegen und dessen Familien entgegengebrachte Vertrauen in schwerwiegender Weise mehrfach dadurch missbraucht hatte, dass er sich Kindern seiner Kollegen im Rahmen kollegialer Einladungen in den Familienkreis der Kollegen unsittlich genähert hatte. Dass auch anderen Kollegen angesichts dieses Verhaltens eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich erschien, sei in diesem Fall objektiv nachvollziehbar gewesen.

Diese Überlegungen lassen sich mit folgenden Erwägungen auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen:

a) Vorliegend war das Verhalten des Klägers ursächlich für die Weigerungshaltung und die Arbeitsniederlegungen der Kollegen. Der Kläger kann sich daher nicht darauf berufen, die durch das Verhalten der Kollegen erzeugte Drucksituation sei objektiv ungerechtfertigt. Dies hat das Landesarbeitsgericht Bremen bereits in den vorausgehenden Entscheidungen vom 20. November 2012 (1 Sa 78/12) und vom 24. April 2014 (3 Sa 81/13) festgestellt. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Fallkonstellation des BAG im Urteil vom 27. Januar 2011 (2 AZR 825/09) dadurch, dass die Straftat des Klägers nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu seinem Arbeitsverhältnis stand. Im Fall des BAG hatte der Kläger das ihm durch seine Kollegen entgegengebrachte Vertrauen missbraucht und im Rahmen von Einladungen in den Privathaushalt der Kollegen deren Kinder sexuell belästigt. Dadurch bestand eine unmittelbare Betroffenheit der Kollegen. Eine solche Nähe ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Kläger kein ihm von seinen Kollegen entgegengebrachtes Vertrauen missbraucht hat. Anders als in einem Fall, in dem der Arbeitnehmer das ihm unmittelbar von seinen Kollegen entgegengebrachte Vertrauen missbraucht, fehlte es vorliegend bei der Straftat des Klägers an einer solchen Nähe zum Arbeitsverhältnis, so dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden musste, dass im Kollegenkreis eine entsprechende Drucksituation gegen den Kläger aufgebaut wird. Daher hat die Kammer im Kündigungsrechtsstreit über die Wirksamkeit der dieser Kündigung zeitlich vorausgehenden Kündigung mit Urteil vom 24. April 2014 (3 Sa 81/13) entschieden, dass es zum Zeitpunkt der vorausgehenden Kündigung vom 24. April 2012 nicht entbehrlich war, dass sich die Beklagte nach den oben genannten Grundsätzen zunächst schützend vor den Kläger stellt. Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit einer Druckkündigung ist nämlich, dass sich der Arbeitgeber vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung in ausreichendem Maße schützend vor den Arbeitnehmer gestellt und damit seiner Fürsorgepflicht genüge getan hat. Dabei hat der Arbeitgeber eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall war das Interesse des Klägers an der Weiterbeschäftigung, insbesondere vor dem Hintergrund des vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsanspruchs aus der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts, das Resozialisierungsinteresse des Klägers, die seitens der Kolleginnen und Kollegen geäußerten Bedenken hinsichtlich einer zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Kläger und schließlich die Interessen der Beklagten an einem reibungslosen Betriebsablauf und der Vermeidung wirtschaftlicher Schäden zu berücksichtigen.

b) Das Arbeitsgericht ist in der hier angefochtenen Entscheidung unter Beachtung dieser Grundsätze zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, dass diese Interessenabwägung vorliegend zu Lasten des Klägers ausgeht.

aa) Auch wenn im Rahmen dieser Interessenabwägung zu berücksichtigen war, dass die Straftat des Klägers in keinem unmittelbaren Verhältnis zum Arbeitsverhältnis stand, der Kläger insbesondere nicht gegen seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Beklagten nach § 241 Abs. 2 BGB verstoßen hatte, ist auch zu beachten, dass der Kläger durch sein vorsätzliches strafbares Verhalten die auslösende Ursache für die Drucksituation gesetzt hat. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Fürsorgepflicht der Beklagten nicht nur dem Kläger, sondern auch allen anderen Arbeitnehmern gilt. Dabei wiederum war zu berücksichtigen, dass die geäußerten Bedenken der Kolleginnen und Kollegen ausgelöst durch das Verhalten des Klägers legitim und nachvollziehbar waren. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein die Integrität der Opfer in schwerwiegender Weise verletzendes Delikt. Geschützt ist die Entwicklung der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung. Äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität sind in besonderer Weise geeignet, diese Entwicklung zu stören. Die Tat birgt die Gefahr von nachhaltigen Schädigungen des Kindes (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 -, BAGE 137, 54-70). Dass eine solche Tat bei Kollegen des Klägers Vorbehalte gegenüber dem Kläger und einer Zusammenarbeit mit diesem auslösen, ist daher objektiv begründet. Insoweit besteht im Rahmen der Interessenabwägung ein erheblicher Unterschied, ob die Weigerungshaltung der Belegschaft, mit einem Arbeitnehmer zukünftig zusammenzuarbeiten, auf legitimen und nachvollziehbaren Motiven und Interessen beruht, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu beachten hat, oder ob diese auf gänzlich unzulässigen Motiven wie z.B. Rassismus beruhen. Weiter ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, welche drohenden Schäden für die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung hinreichend konkret in Aussicht standen. Es ist insbesondere zu prüfen, wie hoch der Druck auf die Beklagte war. Dabei wiederum ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Kolleginnen und Kollegen lediglich Bedenken äußerten oder es bereits zu konkreten Konsequenzen wie z.B. Arbeitsniederlegungen gekommen ist.

bb) Vorliegend ist die Beklagte im Vorfeld der hier streitgegenständlichen Kündigung sowohl ihrer Verpflichtung nach § 611 BGB nachgekommen, zu versuchen, dem Kläger einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, als auch ihrer nebenvertraglichen Fürsorgepflicht, sich vor Ausspruch der Kündigung schützend vor den Kläger zu stellen.

1) Allein der Umstand, dass die Beklagte bereits zuvor zweimal eine Kündigung gegenüber dem Kläger ausgesprochen hat, steht dieser Annahme nicht entgegen. Die Beklagte hat im Gegenteil versucht, den im Rahmen der Kündigungsschutzverfahren ausgesprochenen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers zu realisieren, indem sie mehrfach versucht hat, den Kläger zur Arbeit einzusetzen. Soweit die Berufungsbegründung des Klägers behauptet, die Beklagte habe den Kläger dadurch an den Pranger gestellt, dass sie mit den Vorgesetzten des Klägers vor dessen Einsatz Gespräche geführt hat und vor den geplanten Einsätzen des Klägers auch jeweils die Mitarbeiter der jeweiligen Schicht informiert hat, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Im Gegenteil ist die Beklagte durch die Vorbereitungshandlungen im Vorfeld der beabsichtigten Beschäftigung des Klägers ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen. Dabei musste die Beklagte aufgrund zahlreicher Äußerungen z.B. durch E-Mails von Mitarbeitern davon ausgehen, dass die Straftat des Klägers bereits in weiten Teilen der Belegschaft bekannt war. Die Beklagte wusste auch von den erheblichen Vorbehalten von Mitarbeitern gegenüber dem Kläger. Vor diesem Hintergrund spricht es für die Beklagte, dass sie den Kläger nicht einfach „seinem Schicksal“ überlassen und ihn ohne Vorbereitungshandlung oder Begleitung zur Arbeit eingesetzt hat. Die Beklagte ist vielmehr ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen und hat alles ihr Zumutbare und Mögliche unternommen, um die Beschäftigung des Klägers zu realisieren. Die Beklagte hatte mehrfach und nachdrücklich die Kollegen des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger einen Rechtsanspruch auf Beschäftigung hat und als Arbeitgeber die Mitarbeiter aufgefordert, ihre Arbeit trotz der Tätigkeit des Klägers ordnungsgemäß durchzuführen. Diesen Aufforderungen sind wesentliche Teile der Belegschaft trotz mehrfacher Aufforderung seitens der Beklagten nicht gefolgt. Darüber hinaus haben auch Mitarbeiter von Drittfirmen ihre Arbeit niedergelegt, auf die die Beklagte nicht kraft arbeitsrechtlichem Weisungsrecht einwirken konnte.

2) Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, der Weigerungshaltung von Teilen der Belegschaft mit arbeitsrechtlichen Sanktionen wie Abmahnung, Kündigungsandrohung und Lohnkürzung zu begegnen.

2.1) Im Rahmen der ihr obliegenden Interessenabwägung durfte die Beklagte vorliegend davon ausgehen, dass es sich bei solchen Sanktionen nicht um geeignete Mittel handelt, um die berechtigten Interessen des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Einklang mit den berechtigten Interessen der Belegschaft und ihren eigenen Interessen an einem ungestörten Betriebsablauf zu bringen. Die Annahme der Beklagten, solche arbeitsrechtlichen Sanktionen, die im Übrigen nur gegenüber der eigenen Belegschaft, nicht jedoch gegenüber Mitarbeitern von Drittfirmen möglich gewesen wäre, würden nicht dazu führen, dass diese Mitarbeiter ihre Weigerungshaltung aufgeben, ist aus Sicht der Kammer objektiv nachvollziehbar. Die Kammer vermag jedenfalls nicht zu erkennen, dass diese Annahme der Beklagten ermessensfehlerhaft gewesen ist. Angesichts der sehr aufgeheizten Situation anlässlich der beiden Einsatzversuche des Klägers und der sehr nachdrücklichen Weigerungshaltung der Mitarbeiter der Beklagten gestützt auf die Vorbehalte gegenüber dem Kläger basierend auf dessen begangener Straftat lassen es nachvollziehbar erscheinen, dass der Ausspruch von Abmahnungen nicht als geeignetes Mittel in der fraglichen Situation erschien, um eine Beschäftigung des Klägers zu ermöglichen. So hat die Beklagte glaubhaft dargelegt, dass bei beiden Beschäftigungsversuchen die Weigerungshaltung der Belegschaft derart massiv und nachhaltig war, dass die Personalleiterin der Beklagten keine Möglichkeit sah, die Beschäftigung des Klägers durchzusetzen und sich daher veranlasst sah, die Situationen jeweils durch bezahlte Freistellungen des Klägers aufzulösen und diesen vom Betriebsgelände zu verbringen. Dabei hat es die Beklagte auch nicht bei einem einmaligen Versuch der Beschäftigung des Klägers belassen. Sie hatte zunächst geplant am 25. Juni 2013 erneut eine solche Beschäftigung des Klägers durchzuführen. Dieser Termin wurde jedoch aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers abgesagt. Schließlich unternahm die Beklagte am 16. Juli 2013 einen erneuten Versuch der Arbeitsaufnahme, der jedoch wiederum am Widerstand der Belegschaft scheiterte. Dabei erfolgte der erneute Versuch der Beschäftigung des Klägers in einer anderen Schicht, also bei anderen Arbeitnehmern als beim ersten Versuch. Bei diesem zweiten Versuch waren auch weitere Vertreter auf Arbeitgeberseite anwesend, unter anderem der Geschäftsführer und der Arbeitsdirektor. Nicht nur die Personalleiterin, sondern auch der Geschäftsführer appellierte mehrfach an die Belegschaft, die Arbeit aufzunehmen. Dabei räumte der Geschäftsführer der Belegschaft diesbezüglich auch noch eine Bedenkzeit ein. Sämtliche Versuche der Beklagten, die Belegschaft in Anwesenheit des Klägers zur Arbeitsaufnahme zu bewegen, blieben jedoch erfolglos. Diese Wiederholungen zeigen, dass es sich um eine nachhaltige Weigerungshaltung handelte.

2.2) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nicht nur eigene Mitarbeiter der Beklagten, sondern auch Mitarbeiter von Drittfirmen durch Arbeitsniederlegung Druck auf die Beklagte ausgeübt haben. Gegenüber diesen Mitarbeitern war die Beklagte rechtlich nicht in der Lage, Abmahnungen auszusprechen.

2.3) Gegen die Geeignetheit arbeitsrechtlicher Sanktionen spricht zudem, dass die Störung des Betriebsfriedens nicht allein in der Arbeitsverweigerung von Teilen der Belegschaft liegt, sondern auf einem zerstörtes Vertrauen zwischen dem Kläger und erheblichen Teilen der Belegschaft beruht, das durch die Straftat des Klägers verursacht wurde. Abmahnungen gegenüber Kollegen des Klägers waren nicht geeignet, dieses zerstörte Vertrauen in den Kläger wiederherzustellen. Die tiefgreifenden Bedenken zahlreicher Kollegen gegenüber der Person des Klägers erweisen sich dabei nach dem gezeigten Verhalten als derart nachhaltig, dass nicht erkennbar ist, dass der Ausspruch von Abmahnungen geeignet gewesen wäre, dieses gestörte Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Kollegen und die daraus resultierende Störung des Betriebsfriedens zu beseitigen. Hierzu hat das BAG in der ähnlichen Fallkonstellation im Urteil vom 27. Januar 2011 (2 AZR 825/09 -, BAGE 137, 54-70, Rn. 44) ausgeführt:

„[...]

...Maßgeblich ist vielmehr, dass die Beklagte angesichts der Erklärungen von Mitgliedern der Stimmgruppe des Klägers davon ausgehen musste, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen diesem und seinen Kollegen nicht mehr zu erwarten war. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, nicht alle Orchestermusiker hätten sich geweigert, mit ihm zusammenzuarbeiten, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen. Der Kläger bestreitet nicht, dass mehrere Mitglieder seiner Stimmgruppe nicht mehr zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die musikalische Qualität von Proben oder Vorstellungen bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers tatsächlich gelitten hätte. Der Beklagten war es angesichts der Taten des Klägers schon nicht zumutbar, von seinen Kollegen eine weitere Zusammenarbeit überhaupt zu fordern. Darauf, ob der Kläger im Dienst Kontakt zu Kindern hatte, kommt es ebenfalls nicht an.

 [...]“

Diese Überlegungen lassen sich auf den vorliegenden Fall übertragen. Entscheidend ist, dass die Beklagte aufgrund der nachhaltigen Weigerungshaltung eines Teils der Belegschaft davon ausgehen musste, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit des Klägers mit erheblichen Teilen der Belegschaft nicht mehr zu erwarten war. Angesichts der Straftat des Klägers war es der Beklagten auch nicht zumutbar, gegenüber den Arbeitnehmern, die nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeiten wollen, arbeitsrechtliche Sanktionen auszusprechen. Dies gilt nicht nur für die arbeitsrechtliche Sanktion der Abmahnung, sondern auch für Lohnkürzungen oder gar den Ausspruch von Kündigungen. Gleiches gilt für eine etwaige Versetzung des Klägers in einen anderen Arbeitsbereich. Da der Kläger arbeitsvertraglich als Hafenarbeiter zu beschäftigen ist, kam vorliegend im Rahmen einer Versetzung auch nur ein Einsatz im Hafengebiet in Betracht. Da sich die Weigerungshaltung der Kollegen nicht auf eine direkte Zusammenarbeit mit dem Kläger beschränkte, sondern die Belegschaft deutlich machte, dass sie auch ohne direkten Kontakt mit dem Kläger nicht bereit ist, ihre Arbeit durchzuführen, solange der Kläger auf dem Betriebsgelände ist, zeigt, dass auch eine Versetzung kein geeignetes Mittel gewesen wäre, um die Drucksituation aufzulösen. Daher kam auch eine Änderungskündigung auf einen anderen Arbeitsplatz vorliegend nicht in Betracht, da für die Kammer nicht ersichtlich ist, dass ein Arbeitsplatz außerhalb des Hafengebiets, der der Qualifikation des Klägers entsprochen hätte, von der Beklagten hätte angeboten werden können.

3) Der Beklagten ist vorliegend eine Berufung auf die Drucksituation auch nicht deshalb verwehrt, weil sie diese selbst herbeigeführt hat. Soweit der Kläger im Rahmen der Berufungsbegründung vorträgt, die Beklagte könne sich auf die Drucksituation gerade deshalb nicht berufen, weil sie diese nicht selbst herbeigeführt hat, basiert dies offensichtlich auf einer Verkennung der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts. Soweit die Berufungsbegründung demgegenüber behauptet, die Beklagte habe in kollusivem Zusammenwirken mit dem Betriebsrat die Drucksituation begründet bzw. die Weigerungshaltung von Mitarbeitern gefördert, erweist sich diese Behauptung als unsubstantiiert. Es fehlt an einem konkreten Vortrag, wer auf Seiten der Beklagten durch welches konkrete Verhalten gegenüber dem Betriebsrat oder Mitarbeitern eine solche Weigerungshaltung gegenüber dem Kläger gefördert haben soll. Im Gegenteil ist aufgrund der objektiv festgestellten Geschehnisse davon auszugehen, dass sich die Beklagte mehrfach ernsthaft bemüht hat, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen und sie diesbezüglich auch auf die Belegschaft in diesem Sinne eingewirkt hat.

3. Die ordentliche Kündigung ist auch nicht nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Insoweit kann auf die Begründung des Arbeitsgerichts verwiesen werden. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt nur Anlass zu folgenden Hinweisen:

a) Soweit der Kläger rügt, dem Betriebsrat sei niemals mitgeteilt worden, inwieweit der Belegschaft gegenüber Konsequenzen hätten angedroht werden müssen, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, da ein solches Erfordernis nicht gegeben war.

b) Entsprechendes gilt für die Ansicht des Klägers, dem Betriebsrat hätte die Identität der Arbeitnehmer genannt werden müssen, die die Arbeit niedergelegt haben. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Dabei ist im Rahmen der Betriebsratsanhörung die subjektive Determinierung, also die Sichtweise des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Betriebsratsanhörung maßgeblich. Die Arbeitgeberin ist vorliegend von einem solchen Erfordernis zu Recht nicht ausgegangen.

4. Da das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung rechtswirksam beendet wurde, erweist sich der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers als unbegründet.

5. Der Hilfsantrag des Klägers, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis frühestens mit Ablauf des 30. September 2013 sein Ende gefunden hat, ist unbegründet.

a) Aufgrund der Zurückweisung der Berufung des Klägers zum Hauptantrag, war die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag erfüllt.

b) Dieser Antrag ist jedoch unbegründet, da gemäß Ziff. 6 des Arbeitsvertrags vom 14. November 2007 auf das Arbeitsverhältnis die Kündigungsfristen der tarifvertraglichen Regelung der Beklagten Anwendung finden. Soweit sich der Kläger vorliegend auf die Anwendbarkeit der gesetzlichen Kündigungsfrist beruft, fehlt es an einer Begründung, warum vorliegend entgegen § 622 Abs. 4 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag nicht die tarifvertragliche Kündigungsfrist Anwendung finden soll. Insoweit fehlt es insbesondere an einem Vortrag hinsichtlich einer etwaigen Unwirksamkeit der vertraglichen oder tarifvertraglichen Vereinbarung.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war für beide Parteien nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen aufgrund der geringen Entscheidungsdichte höchstrichterlicher Entscheidungen zur Thematik der Druckkündigung in vergleichbaren Fallkonstellationen. Die Zulassung der Revision für die Beklagte ergibt sich zudem im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob die Möglichkeit der Freistellung im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit nach § 626 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen ist.



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