Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 2 Sa 504/13

Militärübersetzer ist Arbeitnehmer

Die Tätigkeit des Übersetzers stellt üblicherweise eine selbständige Beschäftigung dar. Übt ein Übersetzer seine Arbeit jedoch ausschließlich im Sicherheitsbereich des Dienstgebers aus, wobei dieser ihm Aufträge erteilt, die "unverzüglich" und nach Dringlichkeit sortiert erledigt werden müssen, so befindet sich der Übersetzer in einer abhängigen weisungsgebundenen Beschäftigung, mithin in einem Arbeitsverhältnis. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass der Arbeitnehmer zu einzelnen Schichten nicht erscheint oder dass die Gruppe von Übersetzern, in der der Arbeitnehmer arbeitet, in gegenseitigem Einvernehmen entscheiden kann wer wann arbeitet.

Vorliegend wurde der Kläger eingesetzt um Sprachaufzeichnungen aus dem Krisengebiet Afghanistan zu übersetzen, um letztlich Einsatztruppen vor Gefahren zu schützen. Täglich erreichten das Fernmeldebataillon, für das der Kläger arbeitete, mehrere tausend Sprachdateien, die unverzüglich übersetzt werden mussten. Hierzu hielt sich der Kläger stets in den als Sicherheitszone ausgewiesenen Räumen der Beklagten auf.
Bereits diese Umstände genügen nach Ansicht des Gerichts für die Annahme einer abhängigen und weisungsgebundenen Beschäftigung.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 05. September 2013 - 2 Ca 461/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung und dabei um die Frage, ob ihr Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Die Beklagte macht in der Berufungsinstanz im Wege der Eventualwiderklage einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Honorars geltend.

Der Kläger war seit dem 09. März 2011 bei der Beklagten als Übersetzer bzw. landeskundlicher Berater (LKB) beschäftigt. Dem Vertragsverhältnis lag der zwischen den Parteien geschlossene "Dienstvertrag" vom 09. März 2011 zugrunde, der folgende Regelungen enthält:

"§ 1 - Aufgabe

Der Auftragnehmer wird ab dem 09.03.2011 für den Fernmeldeaufklärungsabschnitt XXX als Dienstleister tätig. Die Tätigkeit besteht in der Übersetzung von aufgezeichneten Funkverkehren aus in Deutschland selten gelehrten und zugleich einsatzrelevanten Sprachen ins Deutsche.

Er kann seine Arbeitszeit frei bestimmen.

Dem Auftragnehmer erteilte Übersetzungsaufträge sind unverzüglich nach Auftragserteilung zu erledigen.

Hierbei sind die maßgeblichen Sicherheitsvorgaben des Auftraggebers zu befolgen.

§ 2 - Vergütung

Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen,

die werktäglich im Zeitraum zwischen 06.00 Uhr und 22.00 Uhr geleistet werden ein Stundenhonorar in Höhe von 38,-- €;

die werktäglich im Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr des Folgetages, bzw. an Sonntagen und allgemein arbeitsfreien Wochenfeiertagen in Rheinland-Pfalz sowie am 24. und 31. Dezember geleistet werden ein Stundenhonorar in Höhe von 45,-- €;

Wird vereinbart, dass der Auftragnehmer sich in einem bestimmten Zeitraum für eine mögliche Dienstleistung zur Verfügung hält, so erhält er für diesen Zeitraum 1/8 des Stundenhonorars, das er bei tatsächlich angefallener Arbeit erhalten hätte. Dieses richtet sich nach § 2 (1) a) und b).

Soweit der Auftragnehmer mehrwertsteuerpflichtig ist, erfolgt die Auszahlung der Stundenhonorare zuzüglich Mehrwertsteuer.

Der Auftragnehmer erhält darüber hinaus für Fahrtkosten, Unterkunft, Verpflegung usw. eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 50,-- € (zuzüglich Mehrwertsteuer) pro Arbeitstag. An Tagen, an denen ausschließlich eine Zurverfügunghaltung jedoch keine tatsächliche Dienstleistung erfolgte, fällt diese Pauschale nicht an.

Die Abrechnung und Auszahlung der Vergütung erfolgt monatlich auf Grundlage einer durch den Auftragnehmer erstellten Rechnung. Als zahlungsbegründende Unterlage ist durch den Auftraggeber, bzw. durch das von ihm dazu bestimmte Personal seiner Dienststelle, ein Nachweis über die geleisteten Übersetzerstunden zu führen.

Die geleisteten Zahlungen werden zum Jahresende dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt.

Der Auftragnehmer hat die Vergütung zur Einkommenssteuer anzumelden. Eine Versicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung erfolgt nicht.

§ 3 - Schweigepflicht

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle im Rahmen seiner Tätigkeit erlangten Kenntnisse - auch nach seinem Ausscheiden - Stillschweigen zu bewahren.

Die als Anlage beigefügte und unterzeichnete Verpflichtungserklärung gem. ZDv 2/30, Anl 10 ist Teil des Vertrages.

§ 4 - Kündigung

Der Vertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Unabhängig davon endet der Vertrag mit Ablauf des Tages, an dem der Dienststelle zur Person des Auftragnehmers sicherheitsrelevante Umstände bekannt werden sollten, aufgrund derer die weitere Vertragsdurchführung nicht zumutbar ist.

§ 5 - Vertragsänderung

Änderungen, Ergänzungen und Nebenabreden bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform; dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftform selbst.

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, wird hierdurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt.

§ 6 - Erfüllungsort und Gerichtsstand

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist D."

Die Aufgabe des Klägers bestand darin, Sprachaufzeichnungen aus dem Einsatzgebiet Afghanistan abzuhören und ins Deutsche zu übersetzen. Ob er darüber hinaus auch eine Risikobeurteilung vorzunehmen und ggf. die Beklagte zu warnen und zu beraten hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Täglich gingen beim früheren Fernmeldeaufklärungsabschnitt XXX, dem jetzigen Bataillon Elektronische Kampfführung XXX in D. ca. 6.000 Sprachdateien in unterschiedlicher Länge ein, die auf ihren Inhalt zu überprüfen waren. Diese Sprachdateien werden direkt nach Aufzeichnung weitergeleitet. Dabei liegen die Stoßzeiten, in denen der Hauptteil der Sprachaufzeichnungen eingeht, zwischen 07.00 Uhr und 23.00 Uhr. Eingehende Sprachdateien sind umgehend abzuhören und auf ihre Wichtigkeit hin zu überprüfen, weil nur so die Truppen in den Einsatzgebieten hinreichend unterstützt und bestmöglich geschützt werden können. Die zu übersetzenden Audiodateien wurden nach Dringlichkeit vorsortiert und waren vom Kläger in dieser Reihenfolge zu übersetzen. Das Bataillon Elektronische Kampfführung XXX ist eine Dienststelle mit Sicherheitsbereich und erhöhter Sicherheitsstufe. Innerhalb des Kasernengeländes bestehen mehrere Sicherheitszonen, die nur unter gewissen Voraussetzungen betreten werden dürfen. Der Kläger verrichtete seine Tätigkeit ausschließlich vor Ort in der Dienststelle in D. innerhalb eines solchen gesondert abgesicherten Bereiches. Er erhielt eine Vergütung von 38,-- EUR pro Stunde nebst Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Aufgrund der von der Beklagten erfassten Anwesenheitszeiten des Klägers fertigte die Beklagte jeweils am Monatsende eine Rechnung, die den Kläger als Aussteller auswies und diesem zur Unterschrift vorgelegt wurde, wobei einige Unterschriften auch von Arbeitskollegen des Klägers stammen.

Mit Schreiben vom 07. März 2013 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2013. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 27. März 2013 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen Kündigungsschutzklage.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, zwischen den Parteien bestehe tatsächlich kein selbständiges Dienstverhältnis, sondern ein Arbeitsverhältnis, weil er fremdbestimmt und weisungsgebunden gewesen sei. Er habe weder seine Tätigkeit noch seine Arbeitszeit frei gestalten können. Die Dienstpläne seien auf der Grundlage der Vorgaben der Beklagten erstellt worden, wobei er grundsätzlich an die regelmäßigen Arbeitszeiten in der Zeit von 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr bzw. in der Zeit von 13.00 Uhr bis 23.00 Uhr gebunden gewesen sei. Ausweislich des von ihm vorgelegten Dienstplans für den Monat April 2013 seien von der Beklagten selbst die jeweiligen Mindest- und Maximalstärken der festgelegten Schichten vorgegeben worden. Darüber hinaus habe die Beklagte dort darauf hingewiesen, dass nach dem 8. April die Anwesenheit an bestimmten Tagen durch den fachlichen Leiter der Einsatzunterstützung festgelegt werde. Gelegentlich habe er unplanmäßig Nachtschichten ableisten müssen. Faktisch habe er auch keine Möglichkeit gehabt, einen konkreten Übersetzungsauftrag abzulehnen. Seine Tätigkeit bei der Beklagten habe bereits zeitlich keine weiteren Übersetzungstätigkeiten für Dritte zugelassen. Der Arbeitsort D. sei einseitig von der Beklagten festgelegt worden, um ihn in die Betriebsorganisation der Beklagten zu integrieren und ihm Weisungen erteilen zu können.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 07. März 2013 zum 31. Mai 2013 beendet wird,

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Die landeskundlichen Berater hätten auf eigenen Wunsch vier Gruppen gebildet, die jeweils für die Dienstabstimmung mit ihr einen Gruppensprecher bestimmt hätten, der die interne Koordination übernommen habe und Ansprechpartner für sie gewesen sei. Innerhalb der Gruppen seien die Dienstpläne durch die landeskundlichen Berater selbständig erstellt worden, indem sie in den Dienstplänen angekreuzt hätten, zu welchen Tagen sie hätten arbeiten wollen. Lediglich den Gesamtbedarf an landeskundlichen Beratern habe sie im Vorfeld vorgegeben. Der vom Kläger erwähnte Zusatz auf dem Dienstplan für April 2013, wonach ab dem 08. April 2013 die Anwesenheit an noch nicht korrigierten Tagen durch den fachlichen Leiter der Einsatzunterstützung festgelegt werde, stelle keine Ausübung eines Weisungsrechts dar, sondern sei der Versuch gewesen, die Betroffenen zur Abgabe eines ihren Anforderungen entsprechenden Dienstplanes zu bewegen. Wäre auf diese Anforderung hin kein entsprechend dem Bedarf angepasster Dienstplan zustande gekommen, hätte sie gegenüber dem Kläger keinerlei Maßnahmen ergreifen können, sondern sich andere Auftragnehmer suchen müssen, um den lebenswichtigen Informationsfluss in die Einsatzgebiete nicht zu gefährden. Im Hinblick darauf, dass von ihr im Vorfeld lediglich das vorgegeben worden sei, was zur Erfüllung des Auftrages absolut notwendig gewesen sei, hätten ihre Vorgaben viel Freiraum geboten, um die Arbeitszeiten selbständig zu gestalten. Aus der Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden werde deutlich, dass die Zeiten frei eingeteilt worden seien und der Kläger oft zu anderen Zeiten als im Dienstplan vorgesehen gearbeitet habe. Während seiner Anwesenheit sei der Kläger immer beschäftigt gewesen und sei gegangen, wenn es keine Aufträge mehr gegeben habe. Dem Kläger habe es freigestanden, seine Übersetzertätigkeiten auch anderweitig anzubieten. Die stundenweise Bezahlung des Klägers sei aufgrund der großen Menge an zu übersetzenden Dateien geboten gewesen. Dabei sei der Kläger einzig für die Zeiten bezahlt worden, in denen er gearbeitet habe und nicht etwa für bloße Anwesenheitszeiten. Bei Übersetzungen bestimme üblicherweise der Auftraggeber, welche Texte er übersetzen lasse. Der Kläger habe durchaus die Möglichkeit zur Ablehnung der Arbeit gehabt, indem er sich nämlich für gewisse Tage und Zeiten erst gar nicht in den Dienstplan eingetragen und seine Dienstleistungen somit erst gar nicht angeboten habe. Die Gebundenheit an den festgelegten Arbeitsort spreche in dem vorliegenden Sonderfall nicht für ein Arbeitsverhältnis, weil dies dem Sicherheitsrisiko geschuldet gewesen sei und nicht etwa einer Eingliederung des Klägers in einen Organisationsbereich. Der Kläger habe sich in § 1 Abs. 2 des Dienstvertrages zur unverzüglichen Übersetzung der ihm vorgelegten Dateien verpflichtet und habe sich damit nicht etwa einer Weisung unterworfen. Die Dringlichkeit der zeitnahen Übersetzung ergebe sich ebenfalls aus der Art des Auftrages. Der Kläger sei in keine organisatorischen Abläufe eingebunden gewesen. Als landeskundlicher Berater habe der Kläger neben der reinen Übersetzungsarbeit auch beurteilen müssen, ob die abgehörten Aufnahmen ein sicherheitsrelevantes Risiko darstellten. Der Kläger habe die ihm zur Auswertung gegebenen Daten völlig autark bearbeitet und sei in der Ausführung an keinerlei Vorgaben gebunden gewesen.

Das Arbeitsgericht Trier hat mit Urteil vom 05. September 2013 der Klage stattgegeben und angenommen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe und die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung mangels Kündigungsgrundes im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam sei; wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihr am 21. Oktober 2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. November 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Januar 2014 mit Schriftsatz vom 21. Januar 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und macht hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Berufung im Wege der Widerklage die Rückzahlung überzahlten Honorars geltend.

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bejaht. Unabhängig von der inhaltlichen Bewertung der zu erbringenden Tätigkeit sei durch den Dienstvertrag kein Arbeitsverhältnis begründet worden, weil darin kein bestimmter Umfang zur Arbeitsverpflichtung festgelegt sei. Selbst bei Annahme einer abhängigen Beschäftigung wäre diese nicht im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses, sondern im Rahmen von kurzfristigen Arbeitseinsätzen mit der Folge erbracht worden, dass die einzelnen Arbeitsschichten des Klägers als befristete Tagesarbeitsverhältnisse anzusehen seien, die aufgrund der Befristung gemäß § 17 TzBfG jedenfalls zwischenzeitlich beendet wären. Unabhängig davon sei die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht als abhängige Beschäftigung anzusehen. Sie selbst habe keinerlei Einfluss auf die Dienstplangestaltung genommen, sondern durch die Festlegung von Höchst- und Mindestschichtstärken lediglich den betrieblichen Bedarf vorgegeben. Mit der Festlegung des Bedarfs sei nicht ihre Berechtigung verbunden gewesen, diesen durch einseitige Weisungen zu decken. Der Kläger sei weder verpflichtet gewesen, sich zu bestimmten Schichten einzutragen, noch habe sie Schichtzeiten vorgegeben und dadurch Einfluss auf die Arbeitszeit des Klägers nehmen können. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei sie auch nicht berechtigt gewesen, den Kläger einseitig zu Bereitschaftsdiensten einzuteilen. Die Eigenverantwortlichkeit des Klägers in der Festlegung seiner Arbeitszeiten werde auch durch die regelmäßigen Abweichungen seiner Arbeitszeiten von den eigentlichen Schichtzeiten bestätigt. Der jeweilige Einsatz des Klägers sei damit nicht aufgrund einseitiger Anweisung erfolgt, sondern habe jeweils auf einer einvernehmlichen Vereinbarung der Parteien beruht. Damit habe der Kläger stets die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit gehabt, die Tätigkeit für sie abzulehnen. Selbst wenn der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen an einer umfangreichen Tätigkeit für sie interessiert gewesen sei, führe dies nicht zur Annahme einer rechtlichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Soweit das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten habe, die freie Einteilung der Arbeitszeit erlaube angesichts zunehmend flexibler Arbeitsmodelle keine eindeutige Statusbestimmung, könne dem nicht gefolgt werden. Ungeachtet einer etwaigen Flexibilisierung der Arbeitszeit sei es notwendiger Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses, die Verpflichtung zu einer bestimmten Arbeitsleistung zu begründen. Der Kläger sei demgegenüber nicht nur in der Einteilung der Lage seiner Arbeitszeit, sondern auch in der Bestimmung des Umfangs der Arbeitszeit frei gewesen. Ein solches Bestimmungsrecht sei dem Arbeitsvertrag fremd, der im Gegenteil eine dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegende Verpflichtung zur Arbeitsleistung beinhalte. Auch hinsichtlich des Inhalts seiner Tätigkeit habe der Kläger keinem Weisungsrecht unterlegen. Die Zuweisung der vom Kläger zu übersetzenden Dateien sei kein Ausdruck eines Weisungsrechts, sondern Bestandteil ihrer vertraglichen Pflichten, dem Kläger die Erbringung der geschuldeten Dienstleistung zu ermöglichen. Aus dem Vortrag des Klägers lasse sich nicht entnehmen, dass er einem inhaltlichen Weisungsrecht unterlegen gewesen wäre. Auch die Verpflichtung, die Übersetzungsaufträge unverzüglich zu erledigen, sei nicht Ausdruck eines einseitigen Weisungsrechts, sondern unmittelbare vertragliche Verpflichtung des Klägers aus dem Dienstvertrag. Soweit sie dem Kläger die zu übersetzenden Dateien als Gegenstand der vertragsgemäßen Leistung zur Verfügung gestellt habe, habe sie keine arbeitsrechtlichen Weisungen erteilt, sondern berechtigterweise den vereinbarten Vertragsgegenstand konkretisiert. Auch die Festlegung des Arbeitsortes sei nicht Ausdruck eines arbeitgeberseitigen Weisungsrechts, sondern Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Darüber hinaus wäre die Vorgabe eines bestimmten Arbeitsortes kein aussagekräftiges Kriterium zur Statusbestimmung. Auch wenn eine örtliche Leistungsbestimmung als Merkmal einer betrieblichen Eingliederung grundsätzlich Auswirkungen auf die Statusbeurteilung haben könne, sei das für ein Arbeitsverhältnis maßgebende Merkmal der Eingliederung in den Betrieb nicht dahingehend zu verstehen, dass die äußerliche Einordnung der Dienstleistung in den betrieblichen Arbeitsablauf zur Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft genüge. Entscheidend sei nicht, ob die Dienstleistung an sich örtlich in die betriebliche Organisation eingebunden sei. Vielmehr könne allein die Eingliederung der ausführenden Person in den Betrieb maßgeblich sein, da diese letztlich Ausfluss einer persönlichen Weisungsunterworfenheit sei. Die allein aus Sicherheitsgründen erforderliche Vorgabe an den Kläger, seine Leistungen an einem bestimmten Ort zu erbringen, sei deshalb kein für die Statusbeurteilung wesentliches Kriterium. Der Kläger habe seine Leistungen erbracht, ohne selbst in die betrieblichen Abläufe eingebunden zu sein. Weder habe der Kläger arbeitsteilig mit ihren Arbeitnehmern zusammengearbeitet, noch habe es wechselseitige Vertretungen oder eine sonstige Form der engeren Zusammenarbeit gegeben. Auch die weiteren vom Arbeitsgericht angesprochenen Aspekte seien ebenfalls nicht statusbegründend. Da durch den Dienstvertrag kein Arbeitsverhältnis begründet worden sei, habe die von ihr ausgesprochene Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG bedurft. Mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses sei auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht gegeben. Mit ihrem Hilfsantrag begehre sie für den Fall der Annahme eines Arbeitsverhältnisses die Rückzahlung der an den Kläger überzahlten Vergütung. Die Erhebung der Widerklage sei gemäß § 533 ZPO zulässig. Sie sei unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich, weil damit der gesamte Streitstoff zwischen den Parteien erledigt werden könne, ohne dass ein eigenes Verfahren durchgeführt werden müsse. Falls das Vertragsverhältnis mit dem Kläger entgegen ihrer Auffassung als Arbeitsverhältnis anzusehen wäre, hätte sie Anspruch auf die Rückzahlung überzahlter Honorare, weil sie dann lediglich zur Zahlung der für einen Arbeitnehmer maßgeblichen tariflichen Vergütung verpflichtet gewesen wäre. Landeskundliche Berater wie der Kläger seien in die Vergütungsgruppe EG 9 TVöD eingruppiert, weil die von ihnen ausgeübte Tätigkeit gemäß der tariflichen Bewertung der zuständigen Dienststelle überwiegend umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen mit teilweise erhöhter Verantwortung erfordere. Der Kläger hätte als Arbeitnehmer in dem Zeitraum seiner Beschäftigung Anspruch auf eine tarifliche Vergütung gemäß der von ihr vorgelegten Aufstellung gehabt. Unter Berücksichtigung der erhaltenen Honorarzahlungen sowie Aufwandsentschädigungen gemäß der von ihr vorgelegten Aufstellung ergebe sich eine Überzahlung in Höhe des von ihr geltend gemachten Differenzbetrages, der mit der Widerklage hilfsweise geltend gemacht werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 05. September 2013 - 2 Ca 461/13 - aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Berufung

den Kläger zu verurteilen, an sie 125.864,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten (einschließlich der Eventualwiderklage) zurückzuweisen.

Er erwidert, das Arbeitsgericht habe das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis zutreffend als Arbeitsverhältnis qualifiziert. Entgegen der in § 1 Abs. 1 des Vertrages enthaltenen Regelung, dass er seine Arbeitszeit frei bestimmen könne, habe eine Arbeitsverpflichtung bestanden und sei auch von der Beklagten eingefordert worden. Die Beklagte habe stets Einfluss auf die Dienstplangestaltung genommen, insbesondere durch die Festlegung von Höchst- und Mindestschichtstärken und durch die Ermahnung bei der Eintragung von zu geringer Arbeitszeit oder zu langen "Frei-Phasen". Unzureichend besetzte Schichten seien einseitig durch Ausübung des Weisungsrechts besetzt worden. Seine persönliche Unpünktlichkeit bei Dienstbeginn habe allein auf verkehrsbedingten Verzögerungen bei seiner zeitweise weiten Anreise zur Arbeitsstelle beruht. Tatsächlich habe er keine Möglichkeit zur Ablehnung von Aufträgen gehabt. Der vorgegebene Arbeitsort in der Kaserne habe allein seiner Eingliederung in den betrieblichen Ablauf gedient. Eine freie Einteilung der Aufgaben sei ihm nicht möglich gewesen, weil die Arbeiten von der Beklagten priorisiert vorgelegt worden seien und dementsprechend in der vorgeschriebenen Zeit hätten abgearbeitet werden müssen. Als selbständiger Übersetzer hätte es ihm erlaubt werden müssen, Mitarbeiter zu beschäftigen und diese auch an unterschiedlichen Aufträgen zu beteiligen sowie eigene Betriebsmittel einzusetzen, was ihm jedoch nicht gestattet gewesen sei. Mithin habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, dass er weisungsgebunden und fremdbestimmt Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verrichtet habe und die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses vorgelegen hätten. Ein Anspruch auf Rückzahlung angeblich überzahlten Honorars bestehe nicht. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein fest angestellter Mitarbeiter weniger Lohn als ein freier Mitarbeiter erhalten solle. Er gehe davon aus, dass ihm aufgrund seiner Tätigkeit, die mit einer hohen Verantwortung und persönlichen Nachteilen einhergehe, auch ein entsprechend gleichwertiger Arbeitslohn gezahlt worden wäre, den er jedenfalls verlangt hätte. Weiterhin berufe er sich auf den Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Beklagten ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, das durch die streitgegenständliche Kündigung nicht wirksam beendet worden ist. Die erstmals im Rahmen der vorliegenden Berufung erhobene Eventualwiderklage der Beklagten ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 533 ZPO unzulässig.

I. Die zulässige Kündigungsschutzklage ist begründet.

Die Berufungskammer folgt der zutreffend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts (Ziffer I. 2. der Entscheidungsgründe = Seiten 6 bis 11 des Urteils) und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.

a) In Anbetracht der Eigenart und der Organisation der vom Kläger zu leistenden Übersetzertätigkeit liegt der zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit vor.

Anders als ein selbständiger Übersetzer, der selbst in der Regel im Wesentlichen frei entscheiden kann, wann er innerhalb der vom Auftraggeber vorgegebenen Zeit an welchem Ort welche Übersetzungen in welcher Reihenfolge erbringt, hatte der Kläger seine Übersetzungstätigkeit ausschließlich in dem von der Beklagten festgelegten Sicherheitsbereich der Dienststelle in D. nach den Vorgaben der Beklagten innerhalb ihres Organisationsbereichs zu leisten, ohne dass ihm dabei noch nennenswerte Handlungsspielräume verblieben waren. Die Übersetzungsaufträge, die der Kläger nach § 1 Abs. 2 des Vertrages "unverzüglich" zu erledigen hatte, sind nach Dringlichkeit der zu übersetzenden Audiodateien von Seiten der Beklagten vorsortiert worden und waren von ihm in dieser Reihenfolge zu übersetzen. Seine Arbeitsnehmereigenschaft folgt mithin bereits daraus, dass er seine Tätigkeit ausschließlich in einem eigens festgelegten Sicherheitsbereich unter Verwendung der ihm gestellten Arbeitsmittel erbringen musste und dabei die ihm vorgelegten Audio-Dateien in der nach Dringlichkeit vorgegebenen Reihenfolge ohne jeden Handlungsspielraum unverzüglich zu übersetzen hatte. Auch wenn sämtliche Vorgaben der Beklagten aus Sicherheitsgründen notwendig sein mögen, ändert dies nichts daran, dass sich hieraus der zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit ergibt. Gerade weil die Beklagte aus Sicherheitsgründen darauf angewiesen ist, dass die von ihr eingesetzten Mitarbeiter die von ihnen zu übersetzenden Audiodateien nach ihren Vorgaben innerhalb ihrer Arbeitsorganisation erledigen, damit die entsprechenden Maßnahmen zur Unterstützung und zum Schutz der Truppen in den Einsatzgebieten ergriffen werden können, ist der Kläger nach der hierdurch bedingten Eigenart und Organisation der von ihm zu leistenden Tätigkeit nicht wie ein selbständiger Übersetzer beauftragt, sondern als persönlich abhängig Beschäftigter nach den Vorgaben der Beklagten eingesetzt worden.

b) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger und seine Kollegen selbst in den Dienstplänen angegeben haben, wer jeweils welche Schicht übernimmt. Die Beklagte hat mit dem von ihr vorgegebenen Schichtsystem in den jeweiligen Dienstplänen den Mindest- und Maximalbedarf an Mitarbeitern festgelegt und dem Kläger und seinen Kollegen lediglich die Abstimmung untereinander überlassen, wer sich von ihnen jeweils für welche der festgelegten Schichten im Rahmen der von ihr bestimmten Über- und Untergrenzen hinsichtlich des Bedarfes einträgt. In vielen Bereichen ist es üblich, dass der Arbeitgeber auf die Wünsche seiner Arbeitnehmer zur Ablehnung oder zum Tausch einzelner Einsätze eingeht. Nicht üblich ist hingegen, dass Übersetzer ihre Tätigkeit nur im Rahmen eines Dienstplans durch Übernahme der darin vorgesehenen Schichten erbringen können. Ausweislich der Zusätze auf dem Dienstplan für Oktober 2012 - "Zur Info: Jede Gruppe (1 + 2) hat pro Tag 3 x T und 2 x S zu stellen (mehr ist nicht möglich)" und "Die Obergrenze Gesamt Anwesenheit LKB pro Tag ist 12 !!!!!" - und der Ankündigung auf dem Dienstplan April 2013 - "!!! nach dem 08.04. wird die Anwesenheit an noch nicht korrigierten Tagen durch FachLtr Eins Ustzg festgelegt !!!" - hat sich die Beklagte vorbehalten, zu viel eingetragene Personen vom Dienstplan zu streichen oder eine zu geringe Besatzung aufzufüllen. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass täglich ca. 6.000 Sprachdateien eingegangen seien, die auf ihren Inhalt zu überprüfen seien und diese Sprachdateien direkt nach Aufzeichnung weitergeleitet würden, wobei die Stoßzeiten zwischen 07.00 Uhr und 23.00 Uhr gelegen hätten. Eingehende Sprachdateien seien umgehend abzuhören und auf ihre Wichtigkeit hin zu überprüfen, weil nur so die Truppen in den Einsatzgebieten hinreichend unterstützt und bestmöglich geschützt werden könnten. Das Arbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte darauf angewiesen war, den von ihr eingesetzten landeskundlichen Beratern bzw. Übersetzern im Bedarfsfall Arbeitszeiten vorzugeben und sie zum unverzüglichen Tätigwerden anzuhalten, zumal sie Übersetzer für die Landessprachen Afghanistans nicht kurzfristig hätte rekrutieren können. Soweit die Beklagte die Zusätze auf den Dienstplänen damit zu relativieren versucht hat, dass dies keine Ausübung eines Weisungsrechts darstelle, sondern der Versuch gewesen sei, die Betroffenen zur Abgabe eines ihren Anforderungen entsprechenden Dienstplanes zu bewegen, ändert dies nichts daran, dass das tatsächliche Verhalten entscheidend ist und die tatsächliche Vorgehensweise der Beklagten auf die Einhaltung ihrer Vorgaben gerichtet war. Allein der Umstand, dass der Kläger, aus welchen Gründen auch immer, die Schichtzeiten oftmals nicht eingehalten hat, ist gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts für sich genommen nicht hinreichend aussagekräftig. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Kläger und seine Kollegen selbst in den Dienstplänen eintragen durften, wer von Ihnen jeweils welche Schicht übernimmt, und die Schichtzeiten eher als Richtwerte angesehen wurden, ist der zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts gleichwohl in Anbetracht der dargestellten Eigenart und Organisation der vom Kläger zu leistenden Tätigkeit gegeben.

2. Aus der rechtlichen Einordnung des Vertragsverhältnisses der Parteien folgt zugleich, dass die Parteien in einem Dauerarbeitsverhältnis stehen und nicht etwa - gemäß der von der Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz vertretenen Rechtsansicht - auf die einzelnen Einsätze befristete Rechtsverhältnisse zustande gekommen sind. Die Beklagte hat selbst keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich der Abschluss befristeter Verträge ergeben könnte. Vielmehr ist die Beklagte bzw. der fachliche Leiter der Einsatzunterstützung ausweislich seiner Aufforderungen in den vorgelegten Dienstplänen ohne weiteres selbst davon ausgegangen, dass der Kläger und seine Kollegen fortlaufend zur Verfügung stehen und die Anwesenheit notfalls von ihrer Seite selbst festgelegt wird. Der Kläger hat sich in § 1 des Vertrages verpflichtet, für die Beklagte als Dienstleister mit der Übersetzung von aufgezeichneten Funkverkehren aus in Deutschland selten gelehrten und zugleich einsatzrelevanten Sprachen ins Deutsche tätig zu werden und die ihm erteilten Übersetzungsaufträge unverzüglich zu erledigen. Allein der Umstand, dass die Beklagte ihren täglichen Gesamtbedarf an Mitarbeitern über entsprechende Dienstpläne gesteuert hat, in die sich der Kläger und seine Kollegen jeweils eingetragen haben, lässt nicht den rechtlichen Schluss drauf zu, dass die Parteien in Bezug auf jeden Einsatz einen befristeten Vertrag abgeschlossen haben. Der Vertrag der Parteien ist nicht als Rahmenvertrag ausgestaltet, der den Abschluss von Einzelverträgen vorsieht. Vielmehr ist er als Dauerschuldverhältnis angelegt, der demgemäß nach § 4 des Vertrages gekündigt werden kann. Jedenfalls nach der maßgeblichen tatsächlichen Vertragsdurchführung ist der Kläger ohne gesonderten Abschluss von befristeten Verträgen wie in einem Dauerarbeitsverhältnis fortlaufend zur Arbeitsleistung herangezogen worden, auch wenn er hierzu die von ihm gewünschten Schichten auswählen konnte.

3. Das hiernach bestehende (Dauer-)Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 07. März 2013 nicht wirksam beendet worden.

Gemäß der Feststellung des Arbeitsgerichts findet das Kündigungsschutzgesetz gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG Anwendung. Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, weil die gemäß § 1 Abs. 1 S. 4 KSchG darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG vorgetragen hat.

II. Die Beklagte ist nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen (BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

III. Die aufgrund des Unterliegens der Beklagten mit ihrem Klageabweisungsantrag zur Entscheidung gestellte Eventualwiderklage ist unzulässig.

Nach § 533 ZPO ist eine in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Nr. 1) und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil es an der nach § 533 Nr. 2 ZPO erforderlichen kongruenten Tatsachengrundlage fehlt.

Der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch erfordert einen Vergleich zwischen der dem Kläger als Arbeitnehmer zustehenden tariflichen Vergütung mit den an ihn von Beginn seiner Tätigkeit an bis zum 31. Mai 2013 geleisteten Zahlungen. Die Beklagte hat die zur Bestimmung der tariflichen Vergütung im streitgegenständlichen Zeitraum erforderlichen Tatsachen bislang nicht vorgetragen. Vielmehr hat sie lediglich auf das Tabellenentgelt abgestellt und hinsichtlich der Eingruppierung pauschal auf eine tarifliche Bewertung der Dienststelle verwiesen. Neben dem erforderlichen Tatsachenvortrag zur Bestimmung der zutreffenden Eingruppierung hätte die Beklagte schlüssig vortragen müssen, welche tariflichen Vergütungsbestandteile dem Kläger über das Tabellenentgelt hinaus auf der Grundlage der von ihm im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Arbeitszeiten zugestanden hätten (z.B. Zuschläge für Überstunden, Nachtarbeit usw., Jahressonderzahlung). Mithin lässt sich die Widerklage nicht auf den für die Berufung "ohnehin" zugrunde zu legenden Tatsachenstoff stützen. Eine Änderung oder Erweiterung des nach § 533 Nr. 2 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstandes durch neues, für den (ursprünglichen) Gegenstand der Berufung nicht entscheidungserhebliches Vorbringen ist nicht zulässig (Musielak ZPO 11. Aufl. § 533 Rn. 22; Münchener Kommentar zur ZPO 4. Aufl. § 533 Rn. 14). Mithin ist die im Rahmen der (zulässigen) Berufung erhobene Eventualwiderklage bereits unzulässig, so dass die Berufung der Beklagten auch insoweit nicht begründet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.



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