Landesarbeitsgericht Hamburg

Beschluss vom - Az: 3 TaBV 7/11

"Medsonet" ist nicht tariffähig

Die Koalition "medsonet, die Gesundheitsgewerkschaft" ist nicht tariffähig und somit keine Gewerkschaft.
Aufgrund der geringen Mitgliederanzahl im Vergleich zu der im Tarifbereich tätigen Arbeitnehmeranzahl von gerade einmal 1 % ist nicht davon auszugehen, dass die "medsonet" über die notwenige Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden verfügt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 5. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Mai 2011 - 1 BV 5/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf den Antrag der Beteiligten zu 1. wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2. keine tariffähige Gewerkschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 TVG ist.

Der weitergehende Antrag der Beteiligten zu 1. und die Anträge des Beteiligten zu 15. werden zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 5. wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 6. bis 8. wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1., 2. und 5. zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 2., der me.. Die Gesundheitsgewerkschaft.

Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Die Beteiligte zu 1. ist Mitglied des Beteiligten zu 9., des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Die Beteiligte zu 2. ist Mitglied des Beteiligten zu 3., des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschland.

Die Beteiligte zu 2. hat u.a. mit den Beteiligten zu 4., 5., 6. bis 8., 11. und 12. Tarifverträge abgeschlossen.

Erstinstanzlich wurde als Beteiligter zu 15. der bei der Beteiligten zu 14. gewählte Betriebsrat beteiligt, der mit Schriftsatz vom 15. September 2010 seine Beteiligung am vorliegenden Verfahren beantragt hatte. Zwischen den Beteiligten zu 14. und 15. ist ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Siegburg (Az. 1 BV 3/09) anhängig, welches mit Beschluss vom 04. März 2010 ausgesetzt wurde bis zur Entscheidung über die Tariffähigkeit der hiesigen Beteiligten zu 2. Nach der Begründung des Beschlusses kommt es für die Entscheidung des ausgesetzten Verfahrens auf die Frage der Wirksamkeit des Bundesmanteltarifvertrages Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken, abgeschlossen am 20. Oktober 2008 zwischen der Beteiligten zu 2. und dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken, der Beteiligten zu 4., an.

Am Verfahren wurden weiter beteiligt als Beteiligte zu 13. die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und als Beteiligte zu 10. die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Die Beteiligte zu 2. wurde am 05. März 2008 in F. gegründet. Die Gründungsversammlung fand auf Einladung des Generalssekretärs des Beteiligten zu 3., G. Sm., statt. Gewählt wurden ein fünfköpfiger Hauptvorstand und ein siebenköpfiger Gewerkschaftsrat. Die Initiative, die Beteiligte zu 2. als Fachgewerkschaft im Gesundheitswesen zu gründen, stammte von Mitgliedern der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (im Folgende: DHV), die ihren Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der kaufmännischen und verwaltenden Berufe hat.

Mit Wirkung zum 16. Mai 2008 bestellte der Hauptvorstand der Beteiligten zu 2. Herrn W. F. zum Hauptgeschäftsführer. Bis 2002 war Herr F. Mitglied des Bundesfachvorstandes Fachbereich 03 - Gesundheitswesen der Beteiligten zu 1. Sodann war er bei der DHV für den Fachbereich Gesundheitswesen hauptamtlich tätig.

Die Gründungsversammlung der Beteiligten zu 2. beschloss eine Satzung, in der es unter anderem heißt:

 „§ 1 Allgemeines

1. me.. Die Gesundheitsgewerkschaft erstreckt sich über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. me.. hat ihren Sitz in Hamburg.

...

§ 2 Aufgaben und Ziele

1. me.. ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in allen Bereichen des Gesundheitswesens und der soziale Dienste, unabhängig von deren Trägerschaft. Näheres regelt die Anlage 1 zu dieser Satzung...

§ 14 Gliederung

...

2. Für die Tarifarbeit erlässt der Gewerkschaftsrat im Einvernehmen mit dem Hauptvorstand ein Tarifstatut.“

In der Anlage 1 zur Satzung heißt es u.a.:

 „ Die me.. ist zuständig für die Arbeitnehmer in

Krankenhäusern

Einrichtungen der Rehabilitation

stationäre und ambulante Alten-/Krankenpflege

Behinderten-Einrichtungen

Rettungsdienste und Transportunternehmen

Blutspendedienste

Einrichtungen der allgemeinen Wohlfahrtpflege

In den Zuständigkeitsbereich fallen auch Nebenbetriebe dieser Einrichtungen und rechtlich ausgegliederte unselbstständige Dienstleistungsbetriebe sowie die für diese Bereiche tätigen Personaldienstleister...“

Am 12. September 2010 wurde vom Gewerkschaftsrat und vom Hauptvorstand der Beteiligten zu 2. ein Tarifkommissionsstatut beschlossen.

Auf der Sitzung des Gewerkschaftsrates der Beteiligten zu 2. wurde am 09. September 2011 eine Änderung der Satzung der Beteiligten zu 2. beschlossen. Danach ist die Beteiligte zu 2. nicht mehr zuständig für Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, mit Ausnahme kommunaler Träger, soweit diese nicht an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gebunden sind, und mit Ausnahme der Stiftungen, die unter dem Dach der Stiftungsverwaltung Fr./Br. zusammengeschlossen sind. Ferner ist die Beteiligte zu 2. danach nicht mehr zuständig für kirchliche Einrichtungen mit Ausnahme der Einrichtungen des Johanniterordens und eines bestimmten Reha-Klinikums. Schließlich ist die Beteiligte zu 2. nicht mehr zuständig für medizinische Fachangestellte und Helfer in Einzel- und Gemeinschaftspraxen. Aufgrund dieser Satzungsänderung hat sich der Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2. auf etwa ein Drittel der insgesamt nach Angaben der Beteiligten zu 2. geschätzt ca. 2,4 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen und in den sozialen Diensten reduziert.

Die Beteiligte zu 2. vereinbarte mit der DHV am 16. Mai 2008 einen Kooperationsvertrag. An die Stelle des Kooperationsvertrages trat der am 16. September 2011 zwischen der Beteiligten zu 2. und der DHV geschlossene Dienstleistungsvertrag. Ausweislich des Dienstleistungsvertrages erbringt die DHV als Dienstleister für die Beteiligte zu 2. Dienstleistungen in den Bereichen

- Rechnungswesen/Buchhaltung;

- operative Durchführung der Mitgliederverwaltung;

- Unterstützung bei der Betreuung ihrer Mitglieder in allgemeinen tarifrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen;

- Unterstützung bei der Rechtsberatung und rechtlichen Vertretung der Mitglieder der Beteiligten zu 2.

In § 3 des Dienstleistungsvertrages ist unter Ziffer 3.4 festgelegt,  dass die Erfüllung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen durch den Dienstleister nach Weisung durch das zuständige vertretungsberechtigte Organ der Beteiligten zu 2. erfolgt.  Gemäß § 4 Ziffer 4.1 des Dienstleistungsvertrages ist von der Beteiligten zu 2. für tatsächlich erbrachte vertragsgemäße Leistungen an die DHV eine Bearbeitungspauschale in Höhe von 40 % des Gesamtmitgliedsbeitragsaufkommens des jeweiligen Monats zu zahlen.

Die Betreuung und Beratung der Mitglieder der Beteiligten zu 2. wird durch 13 Geschäftsstellen der DHV im Bundesgebiet und durch deren hauptamtliche Geschäftsführer und Mitarbeiter durchgeführt. Als zentrale Kontaktmöglichkeit besteht am Hauptsitz eine im Internet angegebene Kontaktmöglichkeit per Post, E-Mail und Telefon, unter der sich ein Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. mit ihrem Namen meldet.

Am 07. Juli 2008 schlossen die Beteiligten zu 6., 7. und 8. mit der DHV und der Beteiligten zu 2. einen Haustarifvertrag. Dem Abschluss des Tarifvertrages gingen fünf Verhandlungsrunden voraus. Vor und zwischen den Verhandlungsterminen tagte mehrfach eine große Tarifkommission der Arbeitnehmerseite. Die Tarifkommission bestand neben dem Hauptgeschäftsführer der Beteiligten zu 2. und dem Bezirksgeschäftsführer des DHV aus weiteren 16 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen der Beteiligten zu 6., 7. und 8..

Die Beteiligte zu 1. hat mit den Anträgen zu 1. und 2. die Feststellung begehrt, dass die Beteiligte zu 2. nicht tariffähig ist bzw. auch im Zeitpunkt des Abschlusses des mit der Beteiligten zu 4.   vereinbarten Bundesmanteltarifvertrages Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken, nicht gewesen sei. Diesen Anträgen hat sich der Beteiligte zu 15. in der mündlichen Anhörung vom 22. März 2011 angeschlossen. Hinsichtlich des ursprünglich von der Beteiligten zu 1. gestellten weiteren Antrages zu 3., der auf die Feststellung der Nichtigkeit der  von der Beteiligten zu 2. abgeschlossenen Tarifverträge gerichtet war, wurde das Verfahren vom Arbeitsgericht abgetrennt und in das Urteilsverfahren überführt.

Die Beteiligte zu 1. hat die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 2. erfülle nicht die Voraussetzungen einer tariffähigen Gewerkschaft. Sie sei nicht in der Lage, eigenständig die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Sie sei nicht ausreichend durchsetzungsfähig und leistungsstark. Sie sei überdies abhängig von der DHV. Bei den von der Beteiligten zu 2. abgeschlossenen Tarifverträgen handele es sich überwiegend um Gefälligkeits- beziehungsweise Anerkennungstarifverträge. Weitestgehend habe lediglich die mangelnde Tarifzuständigkeit der DHV für große Teile des Gesundheitswesens geheilt werden sollen. Die Tarifverträge seien weit überwiegend gemeinsam mit der DHV abgeschlossen worden. Habe die Beteiligte zu 2. den Tarifvertrag allein unterzeichnet, habe die DHV parallel gleichlautende Tarifverträge unterzeichnet oder es handele sich um Anerkennungstarifverträge hinsichtlich der von der DHV abgeschlossenen Tarifverträge. Die von der Beteiligten zu 2. vorgelegte Auflistung ihrer Tarifvertragsabschlüsse weise außerdem zahlreiche Ungereimtheiten auf, da einige Tarifverträge nicht in den Tarifregistern verzeichnet seien oder vor Gründung der Beteiligten zu 2. abgeschlossen worden sein sollten.

Weiter hat die Beteiligte zu 1. geltend gemacht, der Beteiligten zu 2. fehle es an der erforderlichen eigenen organisatorischen Leistungsfähigkeit. Sie habe weder ausreichende eigene Organisationsstrukturen noch hinreichende finanzielle Mittel, um die tatsächliche Durchführung der Tarifverträge zu gewährleisten oder ihre Einhaltung zu überwachen. Auch die DHV verfüge über keinen nennenswerten hauptamtlichen Apparat. Bereits nach ihren finanziellen Verhältnissen sei es der Beteiligten zu 2. nicht möglich, zwei hauptamtlich Beschäftigte zu bezahlen. Es sei im Übrigen unrealistisch, davon auszugehen, dass selbst zwei hauptamtliche Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. mehr als 100 Tarifverträge auch nur teilweise selbst verhandelt haben könnten. Es könne sich nur um Gefälligkeitstarifverträge handeln. Die ehrenamtlichen Hauptvorstandsmitglieder der Beteiligten zu 2. seien zeitlich nicht in der Lage, neben den Belastungen aus ihrer beruflichen Tätigkeit Funktionen für die Beteiligte zu 2. auszuüben, die eine Kompensation für den fehlenden hauptamtlichen Mitarbeiterapparat darstelle. Sie, die Beteiligte zu 1., betreue im Organisationsbereich der Beteiligten zu 2. ca. 23.000 ökonomische Einheiten.

Der Beteiligte zu 9. hat ergänzend vorgetragen, hauptamtliche Mitglieder der DHV hätten wesentlichen Einfluss auf die Beteiligte zu 2. Von einer Eigenständigkeit der Beteiligten zu 2. könne nicht gesprochen werden. Die Beteiligte zu 2. sei auch finanziell von der DHV, die den Beitragseinzug durchführe, abhängig. Bei Herrn F., dem Hauptgeschäftsführer der Beteiligten zu 2., handele es sich um den Geschäftsführer der DHV Bundesfachgruppe Gesundheitswesen und soziale Dienste. Es werde bestritten, dass Herr F. Angestellter der Beteiligten zu 2. sei. Es sei davon auszugehen, dass er weiterhin Angestellter der DHV sei und auch von dieser vergütet werde. Die Beteiligte zu 2. befinde sich in keiner Aufbauphase, da sie lediglich einen Tarifbereich der DHV übernommen habe und auf deren Mitglieder und Organisationsstrukturen zurückgreife. Die meisten der aufgeführten Tarifverträge seien von der DHV geschlossen und lediglich von der Beteiligten zu 2. übernommen worden. Bei einer Zahl von 160 abgeschlossenen Tarifverträgen in 2 Jahren sei klar, dass es sich nur um eine Organisation handeln könne, die vom Wohlwollen der Arbeitgeberseite abhängig sei. Es bestünden mit dem vorhandenen Mitarbeiter-/Mitgliederbestand gar nicht die Möglichkeiten, eine neue Gewerkschaft bundesweit aufzubauen und gleichzeitig mehrere Tarifverträge monatlich zu verhandeln und abzuschließen. Insoweit müsse die Zahl der Tarifverträge, die die Leistungsfähigkeit einer Gewerkschaft indizieren solle, in einem vernünftigen Verhältnis zur Mitgliederzahl und organisatorischen Leistungsfähigkeit stehen.

Die Beteiligte zu 1. und der Beteiligte zu 15. haben beantragt,

1. festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. keine tariffähige Gewerkschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 TVG ist;

2. festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bundesmanteltarifvertrages Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken, abgeschlossen zwischen ihr und dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken, der Beteiligten zu 4., keine tariffähige Gewerkschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 TVG war.

Die Beteiligten zu 2., 3., 4., 5., 6., 7., 8., 11., 12. und 14. haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2. hat geltend gemacht, sie sei eine tariffähige Gewerkschaft. Sie sei in ihrer Betätigung an keinerlei Vorgaben der DHV gebunden, ihre Vorstandsentscheidungen würden ohne Einfluss der DHV ergehen. Sie verfüge allein in zwei Betriebsgruppen, der im DRK Kreisverband Pr. und der in der DRK Rettungsdienst Bereich Lu. GmbH bereits deutlich über 100 Mitglieder. Bundesweit verfüge sie in ihrem Organisationsbereich über etwa 7.000 Mitglieder. Herr F. sei hauptamtlicher Beschäftigter der Beteiligten zu 2. Sie beschäftige außerdem einen weiteren hauptamtlichen Mitarbeiter, den Vorstandsreferenten Herrn Br.. Maßgeblich zu berücksichtigen sei, dass sie sich noch in der Aufbauphase nach ihrer Gründung befinde. Für die Leistungsfähigkeit ihrer Organisation müsse es genügen, wenn sie durch hauptamtliche Mitarbeiter eines gewerkschaftlichen Kooperationspartners unterstützt werde. Sie stütze sich zudem auf die ehrenamtliche Tätigkeit ihrer Mitglieder.

Weiter hat die Beteiligte zu 2. vorgetragen, sie sei aufgrund ihrer aktiven Teilnahme am Tarifgeschehen als hinreichend durchsetzungsstark anzusehen, und insofern eine Auflistung von 106 nach ihrer Behauptung von ihr abgeschlossener Tarifverträge vorgelegt. Hiervon seien 11 Tarifverträge in Form von Anerkennungstarifverträgen geschlossen worden, die übrigen Abschlüsse seien originäre Abschlüsse der Beteiligten zu 2., die z.T. als mehrgliedrige Tarifverträge abgeschlossen worden seien. An den Tarifverhandlungen sei sie maßgeblich beteiligt gewesen. Sie habe sich nach Gründung recht zügig um den Abschluss von Anerkennungstarifverträgen bemüht, um den neu gewonnenen und Mitgliedern aus den Betrieben, in denen eine Tarifbindung der DHV bestehe, Tarifschutz bieten zu können. Es handele sich nicht um Gefälligkeitstarifverträge. Bezogen auf die Tarifabschlüsse mit dem DRK Kreisverband Pa. e.V. zeige ein Vergleich zwischen den Tarifforderungen, den Arbeitgeberpositionen und dem zustande gekommenen Tarifvertrag, dass sie, die Beteiligte zu 2., sich in mehreren kostenrelevanten Tarifregelungen habe durchsetzen können. Der Abschluss von Tarifverträgen durch die Beteiligte zu 2. sei bis Herbst 2010 in aller Regel nach bewährtem Muster abgelaufen: aus der Mitte der vom Tarif zu erfassenden Mitglieder sei eine Tarifkommission gewählt worden. Diese habe die Tarifforderungen der Mitglieder formuliert und mit den hauptamtlichen Verhandlungsführern einen Tarifentwurf erarbeitet. Soweit bereits eine Tarifkommission der DHV bestanden habe, hätten die benannten Tarifkommissionsmitglieder dann gemeinsam mit den Mitgliedern der DHV getagt und faktisch eine gemeinsame Tarifkommission gebildet. In der Mehrzahl der Fälle habe sie, die Beteiligte zu 2. die Verhandlungsführerschaft übernommen, indem ihr Hauptgeschäftsführer F. die Verhandlungen geführt habe. Die Mitglieder der Tarifkommissionen hätten die administrativen Aufgaben übernommen und würden dabei z.T. hauptamtlich begleitet. Für die Verhandlung sei aus der Mitte der Tarifkommission eine Verhandlungskommission gewählt worden, die an den Verhandlungen teilgenommen habe. Die erzielten Ergebnisse seien von der Tarifkommission nochmals bestätigt worden, sofern sie außerhalb des zuvor abgestimmten Verhandlungsmandats gelegen hätten. Zum Teil seien die Tarifabschlüsse von einem Tarifkommissionsmitglied mit gezeichnet worden.

Die Beteiligte zu 3. hat vorgetragen, die Mitglieder der Beteiligten zu 2. könnten in einem demokratischen Wahlverfahren gemäß der Satzung an der Willensbildung teilnehmen und auf die Entscheidungsfindung, damit letztlich auch auf die Inhalte von Tarifverträgen, Einfluss nehmen. Dass die Beteiligte zu 2. vom sozialen Gegenspieler ernst genommen und respektiert werde, zeige sich unter anderem an dem bisher einmaligen Abschluss eines Mindestlohntarifvertrages für Pflegehilfskräfte mit der Beteiligten zu 5..  Eine Arbeitnehmervereinigung müsse bei einem Streit über ihre Tariffähigkeit nicht den Nachweis führen, dass sie in dem Tarifbereich über eine bestimmte Mitgliederzahl verfüge, auf welche die geschlossenen Tarifverträge unmittelbar Anwendung fänden. Das Vertretensein in Betrieben, die dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags unterfielen, sei keine notwendige Voraussetzung für die Tariffähigkeit. Die Beteiligte zu 2. verfüge inzwischen über ein hinreichendes Mitgliederpotenzial mit kontinuierlich steigender Tendenz. Die Beteiligte zu 2. habe auch die Möglichkeit, auf den Sachverstand und die Leistungsfähigkeit des Beteiligten zu 3. zurückzugreifen, insbesondere soweit es die Auswertung volkswirtschaftlicher und politischer Daten als Grundlage der gewerkschaftlichen Arbeit betreffe. Im Verhältnis zur DHV gehe es um eine rein administrative Zusammenarbeit, um Synergie-Effekte in der Verwaltung zu nutzen, nicht jedoch um die inhaltliche gewerkschaftliche Arbeit. Angesichts immer effizienter werdender Telekommunikationsmöglichkeiten komme der Anwesenheit gewerkschaftlicher hauptamtlicher Vertreter vor Ort nicht mehr dieselbe Bedeutung zu wie in der Vergangenheit.

Der Beteiligte zu 4. hat vorgetragen, er habe im Dezember 2006 einen Bundesmanteltarifvertrag Nr. 1 mit der DHV abgeschlossen. Herr F. habe sich am 16. Juli 2008 als Hauptgeschäftsführer der Beteiligten zu 2. vorgestellt und den Abschluss eines Anerkennungstarifvertrages gefordert. Der Fachausschuss Tarif- und Personalfragen der Beteiligten zu 4. habe sich gegen den Abschluss eines Anerkennungstarifvertrages ausgesprochen. Daraufhin sei ein eigenständiger Tarifvertrag auf der Basis des mit der DHV abgeschlossenen Tarifvertrages mit der Beteiligten zu 2. abgeschlossen worden.

Der Beteiligte zu 5. hat die Auffassung vertreten, allein eine Mitteilung, dass der Tarifabschluss zu einer Einsparung von Personalkosten führen werde, rechtfertige nicht schon die Annahme eines Gefälligkeitstarifvertrages, insbesondere wenn man berücksichtige, dass die Parteien eine Erhöhung der leistungsabhängigen Bezahlung vereinbart hätten. Im Übrigen könne auch ein Rückschluss von Anschlusstarifverträgen auf die organisatorische Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Fähigkeit, Tarifverträge zu schließen, erfolgen. Unmittelbar nach seiner Gründung habe er, der Beteiligte zu 5., vergeblich versucht, das Gespräch mit der Beteiligten zu 1. im Hinblick auf die Vereinbarung von Mindestlöhnen für Pflegehilfskräfte aufzunehmen. Die Beteiligte zu 1. habe damit das Feld für Tarifverhandlungen anderen Gewerkschaften überlassen. Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach § 12 Arbeitnehmerentsendegesetz einberufene Pflegekommission habe sich nach intensiven Verhandlungen auf dieselben Lohnuntergrenzen wie im Mindestlohntarifvertrag vorgesehen geeinigt.

Die Beteiligten zu 6., 7. und 8. haben vorgetragen, bei dem zwischen ihnen und der Beteiligten zu 2. zustande gekommenen Tarifvertrag vom 07. Juli 2008 handele es sich nicht um einen Gefälligkeitstarifvertrag. Ein solcher liege nur vor, wenn die Arbeitnehmervereinigung der Arbeitgeberseite gefällig sei, also kollusiv mit ihr zulasten der Arbeitnehmer zusammen wirke. Dies liege jedenfalls nicht vor. Allein das Ziel, mit Abschluss eines Tarifvertrages auch Personalkosten zu senken, mache diesen noch nicht zum Gefälligkeitstarifvertrag. Im Übrigen sei dieser Haustarifvertrag durch den Abschluss eines weiteren Tarifvertrages, der seit dem 01. Januar 2010 Anwendung finde, abgelöst worden.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2011 hat das Arbeitsgericht den Anträgen der  Beteiligten zu 1. und 15. stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Feststellungsinteresse bestehe nicht nur für den Antrag zu 1., sondern auch für den vergangenheitsbezogenen Antrag zu 2. Die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 2. sei nicht gegeben. Für den Zeitpunkt des Abschlusses des  Bundesmanteltarifvertrages Nr. 1 für die Beschäftigten in Privatkliniken folgte dies schon daraus, dass die Beteiligte zu 2. seinerzeit kein Tarifstatut gehabt habe, so dass es an einer hinreichenden demokratischen Legitimation gefehlt habe. Zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung habe es der Beteiligten zu 2. an der erforderlichen Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Arbeitgeberseite gefehlt, denn nach ihren eigenen Angaben habe sie nur 7.000 Mitglieder, was im Hinblick auf den beanspruchten Zuständigkeitsbereich einen Organisationsgrad von nur 0,32 % ausmache. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Gegen den der Beteiligten zu 2.  am 20. Mai 2011 und den Beteiligten zu 5. bis 8. am 19. Mai 2011 zugestellten Beschluss wenden sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer am 06. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 20. August 2011 am Montag, den 22. August 2011 begründeten Beschwerde und die Beteiligten zu 5. bis 8. mit ihren am 20. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 19. August 2011 an diesem Tag begründeten Beschwerden.

Die Beteiligte zu 2. macht geltend, der vergangenheitsbezogene Antrag zu 2. sei bereits als unzulässig abzuweisen. Der Beteiligten zu 1. fehle es insoweit an der Antragsberechtigung, darüber hinaus aber auch am erforderlichen Feststellungsinteresse. Im Rahmen eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG könne die Tariffähigkeit lediglich mit Gegenwartsbezug gerichtlich überprüft werden. Die gegenteilige Auffassung des Arbeitsgerichts verkenne die gesetzliche Systematik von § 2 a Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 97 Abs. 1 ArbGG einerseits und § 97 Abs. 5 ArbGG andererseits. Der Beteiligte zu 15. sei nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden und habe daher keine wirksamen Anträge stellen können.

Weiter vertritt die Beteiligte zu 2. die Auffassung, das Arbeitsgericht setze sich mit seinen Ausführungen zur Begründetheit des Antrages zu 2. in offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, indem es die Tariffähigkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses des BMTV Nr. 1 für die in Privatkliniken Beschäftigten von der formalen Voraussetzung eines Tarifstatuts abhängig mache.

Ferner trägt die Beteiligte zu 2. vor, das Arbeitsgericht spreche ihr zu Unrecht im Hinblick auf den gegenwartsbezogenen Antrag zu 1. alleine deswegen die Tariffähigkeit ab, weil aus der unterstellten Zahl von 7.000 Mitgliedern im Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2. ohne weitere Darlegung nicht die hinreichende Durchsetzungskraft gegenüber der Arbeitgeberseite folge. Bei dem Kriterium der Mitgliederstärke bzw. des Organisationsgrades handele es sich um ein Kriterium, welches keinen geeigneten Maßstab für die Beurteilung der Tariffähigkeit einer Koalition darstelle, jedenfalls für diese nicht allein entscheidend sein könne. Ansonsten würde gerade für eine junge Koalition hierdurch eine mit der grundrechtlichen Verbürgung der Koalitionsbegründungs- und Koalitionsbetätigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 GG nicht zu vereinbarende Zulassungshürde geschaffen. Ferner verstieße ein solches Verständnis der Tariffähigkeit gegen europäisches  Recht.

Schließlich macht die Beteiligte geltend, durch den Abschluss des Dienstleistungsvertrages mit dem DHV habe sie sichergestellt, dass sie auf einen etablierten und funktionsfähigen Organisationsapparat zurückgreifen könne. Die Regelungen des Dienstleistungsvertrages stellten überdies sicher, dass sämtliche Entscheidungen in den für die Gewerkschaftsarbeit der Beteiligten zu 2. wesentlichen Bereichen durch deren Vertretungsorgane und Funktionsträger getroffen würden.

Die Beteiligte zu 3. trägt vor, die Beteiligte zu 2. erfülle alle Voraussetzungen, die - unter der Maßgabe einer erst seit kurzer Zeit bestehenden Gewerkschaft - an eine Gewerkschaft angelegt werden könnten; insofern schließt sich die Beteiligte zu 3. den Ausführungen der Beteiligten zu 2. an. Weiter hält die Beteiligte zu 3. den vergangenheitsbezogenen Antrag zu 2. für unzulässig. Schließlich macht die Beteiligte zu 3. geltend, der Beteiligte zu 15. sei nicht wirksam im vorliegenden Verfahren beteiligt worden; zudem fehle es ihm am Feststellungsinteresse bezüglich des Antrages zu 1.

Die Beteiligte zu 5. vertritt die Auffassung, die Anforderungen, die das Arbeitsgericht an das Kriterium der demokratischen Organisationsstruktur stelle, seien mit den rechtlichen Grundlagen und der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu vereinbaren. Die Argumentation des Arbeitsgerichts zur fehlenden Durchsetzungsfähigkeit der Beteiligten zu 2. verstoße gegen Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen  Art. 12 Abs. 1, Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Die Beteiligten zu 6. bis 8. schließen sich dem Vorbringen der Beteiligten zu 5. an.

Die Beteiligte zu 14. erhebt bezüglich der Beteiligung des Beteiligten zu 15. den Einwand der doppelten Rechtshängigkeit im Hinblick auf das Verfahren beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 19 BV 15/10 und macht geltend, eine Verbindung beider Verfahren sei nicht erfolgt.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Mai 2011 (1 BV 5/10) die Anträge der Beteiligten zu 1. und des Beteiligten zu 15. zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 5. bis 8. beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg, Az. 1 BV 5/10, verkündet am 17. Mai 2011, aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 4., 11. und 12. beantragen,

der Beschwerde der Beteiligten zu 2. stattzugeben.

Die Beteiligten zu 1., 9. und 15. beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 1. verteidigt die angefochtene Entscheidung  und trägt vor, sie gehe nach wie vor davon aus, dass die Beteiligte zu 2. über nicht mehr als 100 Mitglieder verfüge. Die Beteiligte zu 1. bestreitet, dass in sämtlichen insofern von der Beteiligten zu 2. genannten Betrieben Betriebsgruppen der Beteiligten zu 2. gebildet und Mitglieder der Beteiligten beschäftigt seien. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Beteiligten zu 2. seien aufgrund ihrer beruflichen Inanspruchnahme gar nicht in der Lage, die nach der Behauptung der Beteiligten zu 2. übernommenen Aufgaben zu erfüllen.  Die Tarifzuständigkeit, die die Beteiligte zu 2. für sich in Anspruch nehme, sei von derjenigen des DHV mit umfasst. Hieraus ergebe sich eine Interessenkollision hinsichtlich Mitgliederwerbung, Finanzkraft, Tarifverhandlungen etc. Die Beteiligte zu 2. könne nicht unbeeinflusst von einer anderen Arbeitnehmerorganisation agieren, vielmehr bestimme die DHV die „Politik“ der Beteiligten zu 2.

Die Beteiligte zu 1. ist der Auffassung, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts behindere nicht in unverhältnismäßiger Weise die Gründung neuer Gewerkschaften und sei auch nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Der vorliegende Sachverhalt sei von europäischen Rechtssätzen nicht betroffen.

Der Beteiligte zu 15. ist der Ansicht, die Beteiligte zu 2. sei auch nach der Beschwerdebegründung nicht aufgrund neuen Sachvortrags als Gewerkschaft zu identifizieren. Weiter trägt der Beteiligte zu 15. vor, die tatsächliche Beteiligung der Beteiligten zu 14. und 15. könne nur darauf zurückzuführen sein, dass das Arbeitsgericht das Verfahren zum Az. 19 BV 15/10 mit dem vorliegenden Verfahren verbunden habe.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 5. sind nur zum Teil begründet. Die Beschwerden der Beteiligten zu 6. bis 8. sind unzulässig.

1. Das Arbeitsgericht hat neben den Beteiligten zu 1. und 2. zutreffend auch die Beteiligten zu 3., 4., 5. und 9. bis 13. am Verfahren beteiligt. Dagegen hat das Arbeitsgericht die als weitere Beteiligte zu 6. bis 8., 14. und 15. Beteiligten zu Unrecht am Verfahren beteiligt.

Wer in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG beteiligt ist, ergibt sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend. Erstreckt sich die Zuständigkeit der Vereinigung, deren Tariffähigkeit umstritten ist, auf das Gebiet mehrerer Bundesländer, ist in dem Verfahren auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt  (BAG vom 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - m.w.N., zitiert nach juris). In dem Verfahren um die Tariffähigkeit einer Vereinigung ist der Antragsteller notwendiger Beteiligter. Dies ist nicht nur die Vereinigung oder Stelle, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sondern auch die antragsbefugte Vereinigung oder oberste Arbeitsbehörde, sofern sie im Verfahren einen eigenen Sachantrag gestellt hat. Dieser kann neben den des ursprünglichen Antragstellers oder den der Arbeitnehmervereinigung treten, deren Tariffähigkeit vom Antragsteller oder einer Mehrheit von Antragstellern bestritten wird. Daher kann auch der Antrag, der auf die Abweisung eines oder mehrerer Anträge gerichtet ist, die Beteiligtenstellung einer der in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und obersten Arbeitsbehörden begründen (BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - m.w.N., zitiert nach juris). .

Hingegen sind einzelne Arbeitgeber, die Vereinbarungen mit einer Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen haben, deren Tariffähigkeit umstritten ist, nicht im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhören. Dessen Zweck bringt es mit sich, dass die Interessen dieser Arbeitgeber durch die Beteiligung der Spitzenverbände auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt gelten, selbst wenn die Arbeitgeber keinem Arbeitgeberverband angehören und es insoweit an einer mitgliedschaftlichen Legitimation des Spitzenverbands fehlt. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schon deshalb unbedenklich, weil sie dort, wo sie in ihrer Rechtsstellung als Tarifvertragspartei betroffen sind, die Rechtswirksamkeit der von ihnen abgeschlossenen Vereinbarung als Tarifvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 TVG im Rahmen einer Verbandsklage (§ 9 TVG) feststellen lassen können. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits muss das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen, wenn entweder die Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmervereinigung streitig ist oder wenn gegen diese Bedenken bestehen, wobei im Arbeitsleben geäußerte Vorbehalte zu berücksichtigen und vom Arbeitsgericht aufzugreifen sind. Unter diesen Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht auch ein Verfahren nach § 9 TVG auszusetzen, um dessen Parteien die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung oder des Spitzenverbands zu ermöglichen. In dieses Beschlussverfahren sind die Arbeitgeber, die mit der in ihrer Tariffähigkeit umstrittenen Vereinigung einen „Firmentarifvertrag“ abgeschlossen haben, entweder als Antragsteller oder als Beteiligte einbezogen (§ 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG). Mit der Interessenwahrnehmung durch den auf Arbeitgeberseite am Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stets beteiligten Spitzenverband sowie die aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit über das Verbandsklageverfahren erhalten auch die betroffenen Arbeitgeber eine Rechtsschutzmöglichkeit, die den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes genügt. Die Beschränkung der nach § 97 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde (BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - m.w.N., zitiert nach juris).

Damit waren vorliegend neben der Antragstellerin und der Beteiligten zu 2. die Beteiligten zu 3. und 9. als Spitzenverbände, denen die Beteiligten zu 1. und 2. angehören, zu beteiligen. Außerdem waren als Spitzenorganisationen der Arbeitgeberseite die Beteiligten zu 4., 5., 11., 12. und 13.  zu beteiligen. Schließlich war als Beteiligte zu 10. die oberste Arbeitsbehörde des Bundes zu beteiligen.

Die Anhörung weiterer Stellen und Vereinigungen war von Amts wegen nicht geboten.

Die bisherigen Beteiligten zu 6. bis 8., die als Arbeitgeber Tarifverträge mit der Beteiligten zu 2. geschlossen haben, waren nach den vorstehenden Ausführungen nicht am Verfahren zu beteiligen. Sie können daher auch gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts kein Rechtsmittel einlegen. Der Umstand allein, dass das Arbeitsgericht sie beteiligt hat, macht sie noch nicht zu Beteiligten im Sinne von § 83 Abs. 3 ArbGG (vgl. BAG vom 13.03.1984 - 1 ABR 49/82, zitiert nach juris).

Ebenso wenig waren die bisherigen Beteiligten zu 14. und 15. zu beteiligen. Zwar hat das Arbeitsgericht Siegburg mit Beschluss vom 04. März 2010 zum Az. 1 BV 3/09 ein zwischen diesen beiden Beteiligten anhängiges Beschlussverfahren bis zu einer Entscheidung über die Tariffähigkeit der Gewerkschaft me., also der Beteiligten zu 2. des vorliegenden Verfahrens, ausgesetzt. Auch gehören zu den Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 97 Abs. 5 ArbGG auch arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren (LAG Hamburg vom 23.12.2010 - 2 TaBV 3/10 - m.w.N., zitiert nach juris). § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG erweitert die Antragsbefugnis zur Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG in den Fällen, in denen ein Gericht einen Rechtsstreit gemäß § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG ausgesetzt hat, über den Kreis der nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsbefugten hinaus auf die Parteien des ausgesetzten Rechtsstreits. Die Antragsbefugnis nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG beschränkt sich jedoch für diese auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat. Die Partei des ausgesetzten Verfahrens ist nicht befugt, eine andere als die von dem aussetzenden Gericht für entscheidungserheblich erachtete Frage der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit gerichtlich klären zu lassen. Die Klärung einer Frage, auf der die Aussetzung nicht beruht, wäre auch nicht geeignet, das nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG der Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens entgegenstehende Hindernis zu beseitigen. Welche Vorfrage das aussetzende Gericht für entscheidungserheblich erachtet hat, ist erforderlichenfalls durch Auslegung des Aussetzungsbeschlusses zu ermitteln. Dabei sind neben der Beschlussformel auch die Gründe zu berücksichtigen. Darauf, ob der Aussetzungsbeschluss zu Recht ergangen ist, kommt es nicht an. Insbesondere ist nicht zu prüfen, ob die Vorfrage, wegen derer das Verfahren ausgesetzt wurde, tatsächlich vorgreiflich ist. Dies zu beurteilen, ist vielmehr ausschließlich Sache des aussetzenden Gerichts. Solange der Aussetzungsbeschluss besteht, haben die Parteien des ausgesetzten Verfahrens ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Entscheidung der Vorfrage, wegen derer das Verfahren ausgesetzt wurde (BAG vom 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - m.w.N., zitiert nach juris). Die bisherigen Beteiligten zu 14. und 15. haben daher das Recht, die vom Arbeitsgericht Siegburg für entscheidungserheblich erachtete Frage der Tariffähigkeit der Beteiligten zu 2. des vorliegenden Verfahrens gerichtlich klären zu lassen. Ausweislich der Begründung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom 04. März  2010 wurde die Aussetzung des dortigen Verfahrens im Hinblick darauf beschlossen, dass es auf die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 2. des vorliegenden Verfahrens beim Abschluss des „Bundesmanteltarifvertrages Nr. 1 für die Beschäftigten der Privatkliniken“ vom 20.10.2008 ankam. Der bisherige Beteiligte zu 15. hat von seiner Antragsbefugnis Gebrauch gemacht, indem er mit Antragsschrift vom 01.07.2010 beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 19 BV 15/10 den Antrag gestellt hat, „festzustellen, dass die Gewerkschaft me. (Beteiligte zu 3.) nicht für den Abschluss von Tarifverträgen fähig ist, die in Ausfüllung der Öffnung des § 7 ArbZG Abweichungen von diesem Gesetz auf betrieblicher Ebene ermöglichen sollen, soweit der  Betrieb, für den der Beteiligte zu 1. gewählt wurde, davon betroffen ist“. Ob dies ein zulässiger Antrag ist, braucht vorliegend nicht beurteilt zu werden. Jedenfalls hat der bisherige Beteiligte zu 15. von seinem Antragsrecht gemäß § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG Gebrauch gemacht, ehe er im vorliegenden Verfahren beteiligt wurde.

Ein Beschluss, der das vorliegende Verfahren mit dem Verfahren beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 19 BV 15/10 verbunden hätte, ist nicht erfolgt. Die Beteiligung der bisherigen Beteiligten zu 14. und 15. erfolgte ausschließlich aufgrund richterlicher Verfügung vom 12. Oktober 2010. Von einer Verfahrensverbindung ist in dieser Verfügung nicht die Rede; die Akte enthält hierfür auch sonst keinerlei Anhaltspunkt. Von daher ist nicht erkennbar, aufgrund welchen Umstandes die Beteiligten zu 14. und 15. vom Arbeitsgericht im vorliegenden Verfahren beteiligt wurden.

2. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 5. sind zulässig. Die Beschwerden der bisherigen Beteiligten zu 6. bis 8. sind unzulässig.

2.1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 5. sind gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie sind zudem gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

2.2. Die Beschwerden der vom Arbeitsgericht zu 6. bis 8. beteiligten Arbeitgeber sind unzulässig.

Die Beschwerdebefugnis folgt der Beteiligungsbefugnis. Deshalb ist nur beschwerdebefugt, wer zu Recht am Verfahren beteiligt oder zu Unrecht nicht am Verfahren beteiligt wurde. Die fehlerhafte Beteiligung kann die Beschwerdebefugnis nicht begründen (BAG vom 08.08.2007 - 7 ABR 43/06, zitiert nach juris).

Die vom Arbeitsgericht zu 6. bis 8. beteiligten Arbeitgeber sind, wie vorstehend unter 1. ausgeführt, nicht am Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG zu beteiligen. Damit fehlt Ihnen die Beschwerdebefugnis.

3. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 5. haben jedoch in der Sache nur zum Teil Erfolg.

3.1. Die Beschwerden sind begründet, soweit das Arbeitsgericht dem vergangenheitsbezogenen Antrag des Beteiligten zu 1. sowie den Anträgen des bisherigen Beteiligten zu 15. stattgegeben hat.

3.1.1. Der von der Beteiligten zu 1. gestellte Antrag zu 2. ist unzulässig.

Für den vergangenheitsbezogenen Antrag fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO.

Auf § 97 Abs. 1, § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG kann die Beteiligte zu 1. ihren Antrag nicht stützen. Eines Feststellungsinteresses bedarf es auch für das Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG. Allerdings setzt die Zulässigkeit des Antrags nicht voraus, dass dieser auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Die besonderen Regelungen des § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG haben insoweit Vorrang vor der allgemeinen Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO (BAG vom 10.02.2009 - 1 ABR 36/08, zitiert nach juris).

§ 97 Abs. 1 ArbGG dient der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie. Da der Gesetzgeber bisher weitgehend von der Normierung der Voraussetzungen für die Tariffähigkeit abgesehen hat, kann jede Arbeitnehmervereinigung ohne vorherige Zulassung am Tarifgeschehen teilnehmen und für ihre Mitglieder Vereinbarungen abschließen, die für sich die Geltung als Tarifvertrag beanspruchen. Das objektivierte Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stellt das im Interesse einer funktionierenden Tarifautonomie dazu notwendige Korrektiv dar. Die gerichtliche Entscheidung soll klären, ob die Vereinigung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen erfüllt (BAG 14.12.2010 - 1 ABR 19/10, zitiert nach juris).

Diesem Zweck der Norm entsprechen nur gegenwartsbezogene Anträge. Aus einer vergangenheitsbezogenen Feststellung ergibt sich nämlich nicht, ob eine Vereinigung gegenwärtig bzw. zukünftig tariffähig bzw. tarifzuständig ist. Für eine solche Feststellung ist auf die aktuellen Verhältnisse abzustellen (vgl. BAG vom 10.02.2009 - 1 ABR 36/08, zitiert nach juris). Eine Entscheidung, die lediglich für einen Zeitpunkt in der Vergangenheit feststellen würde, dass die Beteiligte zu 2. nicht tariffähig war, gäbe keinen Aufschluss darüber, ob die Beteiligte zu 2. im Zeitpunkt der Entscheidung tariffähig ist. Gerade eine solche Feststellung ist jedoch Sinn eines Antrages gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG. Vergangenheitsbezogene Anträge können demgegenüber gemäß § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG gestellt werden, wenn es nämlich für die Entscheidung eines anderen Rechtsstreits darauf ankommt, ob eine Vereinigung in einem bestimmten Zeitpunkt tariffähig bzw. tarifzuständig war.

Da der Antrag zu 2. vergangenheitsbezogen ist, kann er folglich nicht auf § 97 Abs. 1 ArbGG gestützt werden. Es fehlt insofern am Feststellungsinteresse. Die Beteiligte zu 2. beruft sich insofern ohne Erfolg auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 30.10.2008 - 14 BV 324/08 und die diesen Beschluss bestätigende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20.05.2009 - 9  TaBV 105/08. Das Arbeitsgericht Köln führt aus, es sei kein Grund erkennbar, warum eine vergangenheitsbezogene Feststellung nicht auch dann beantragt werden könne, wenn der Antrag nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht auf ein ausgeführtes Verfahren zurückzuführen sei. Schließe man dies aus, hinge die Möglichkeit der Überprüfung der Tariffähigkeit einer Vereinigung  allein von dem ungewissen und rein zufälligen Umstand ab, dass es in einem anderen Verfahren gerade auf die Tariffähigkeit ankomme. Bei dieser Argumentation wird verkannt, dass auch für einen Antrag nach § 97 Abs. 1 ArbGG ein Feststellungsinteresse erforderlich ist und dass eine auf die Feststellung der Unwirksamkeit von Tarifverträgen gerichtete Popularklage nicht zulässig ist (vgl. BAG vom 09.12.2009 - 4 AZR 190/08, zitiert nach juris). Nur dann, wenn es für die Entscheidung eines Rechtsstreits auf die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung zu einem bestimmten Zeitpunkt ankommt, haben die Parteien jenes Rechtsstreits das (vergangenheitsbezogene) Antragsrecht nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG. Gibt es derartige Rechtsstreitigkeiten nicht, gibt es auch kein Bedürfnis für eine vergangenheitsbezogene Feststellung.

3.1.2. Die vom Beteiligten zu 15. gestellten Anträge sind unzulässig, weil der Beteiligte zu 15. nicht am Verfahren zu beteiligen war.

Im Übrigen hat der Beteiligte zu 15. nicht hinreichend dargelegt, dass er beschlossen hätte, neben dem bereits beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 19 BV 15/10 anhängigen Beschlussverfahren ein weiteres Beschlussverfahren anhängig zu machen bzw. sich an einem weiteren Beschlussverfahren zu beteiligen. Die Beteiligte zu 14. hat die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Beteiligten zu 15. zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens bestritten. Ein solcher Beschluss ist sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich. Fehlt es daran, ist der Betriebsrat gerichtlich nicht wirksam vertreten und kommt ein Prozessrechtsverhältnis nicht zustande; für den Betriebsrat gestellte Anträge sind als unzulässig abzuweisen (BAG vom 18.02.2003 - 1 ABR 17/02, zitiert nach juris).  Der vom Beteiligten zu 15. vorgelegte Beschluss vom 09. Februar 2012 „bestätigt“ lediglich die Beschlussfassung vom 15. April 2010 bezüglich der Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 15. mit der Wahrnehmung der Interessen des Beteiligten zu 15. vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht Hamburg. Damit hat der Beteiligte zu 15. jedoch keinen Beschluss zur Einleitung eines weiteren Beschlussverfahrens, nämlich des vorliegenden Verfahrens, und auch keinen Beschluss zur Beteiligung am vorliegenden Verfahren gefasst, sondern lediglich die Bevollmächtigung seines Verfahrensbevollmächtigten bekräftigt, der ihn bereits im Verfahren beim Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 19 BV 15/10 vertritt.

3.2. Die weitergehenden Beschwerden sind unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1. des Beteiligten zu 1. zu Recht stattgegeben.

3.2.1. Der Antrag ist zulässig.

Die Beteiligte zu 1. ist antragsberechtigt.

Gem. § 97 Abs. 1 ArbGG kann das Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Gewerkschaft, auf deren Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet werden. Erforderlich ist, dass sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09, zitiert nach juris).

Diese Anforderungen erfüllt die Beteiligte zu 1.. Ihr Organisationsbereich umfasst auch das Gesundheitswesen. Die Beteiligte zu 1. selbst ist tariffähig. Dies wird auch von keinem Beteiligten in Frage gestellt.

Die Beteiligte zu 1. hat an der begehrten Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Dies folgt schon daraus, dass das Gesetz in § 97 Abs. 1 ArbGG einer räumlich und fachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern das Recht einräumt, ein Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Aus diesem Grund ist der Antrag der Beteiligten zu 1. auch nicht wegen eines bestehenden Konkurrenzverhältnisses rechtsmissbräuchlich. Derart widerstreitende Interessen sind Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung typischerweise eigen (BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09, zitiert nach juris).

3.2.2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Tariffähigkeit der Beteiligten zu 2. verneint.

3.2.2.1. Die Beteiligte zu 2. erfüllt nicht die erforderlichen Mindestvoraussetzungen, um tariffähig zu sein.

Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. Sie wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten. Ihre Versagung führt nicht zur Geschäftsunfähigkeit der betreffenden Arbeitnehmervereinigung. Sofern sie Rechtsfähigkeit besitzt, kann sie mit einem Arbeitgeber oder mit einem Arbeitgeberverband schuldrechtliche Vereinbarungen, sog. Koalitionsvereinbarungen schließen. Derartigen Vereinbarungen kommen aber nicht die normativen Wirkungen eines Tarifvertrags zu. Sie bedürfen vielmehr der vertraglichen Umsetzung in das Individualarbeitsverhältnis (BAG vom 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - m.w.N., zitiert nach juris).

Auch die Anforderungen, die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellen sind, sind gesetzlich nicht beschrieben. § 2 Abs. 1 TVG bestimmt den Begriff der tariffähigen Gewerkschaft nicht, sondern setzt ihn voraus. Solange der Gesetzgeber auf die ausdrückliche Normierung der Voraussetzungen der Tariffähigkeit verzichtet hat, bleibt es Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen (BAG vom 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - m.w.N., zitiert nach juris).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig zu sein. Die Koalition muss sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge zu schließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und über eine leistungsfähige Organisation verfügen. Das Erfordernis der Gegnerunabhängigkeit ist allerdings nicht im formalen, sondern im materiellen Sinn zu verstehen. Es soll sicherstellen, dass die Vereinigung durch ihre koalitionsmäßige Betätigung zu einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens beitragen kann. Die erforderliche Gegnerunabhängigkeit fehlt, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt und verstetigt und die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei durch personelle Verflechtungen, auf organisatorischem Weg oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen ernsthaft gefährdet ist. Daran ist insbesondere zu denken, wenn sie sich im Wesentlichen nicht aus den Beiträgen ihrer Mitglieder finanziert und deshalb zu befürchten ist, dass die Arbeitgeberseite durch Androhung der Zahlungseinstellung die Willensbildung auf Arbeitnehmerseite beeinflussen kann. Eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung muss sozial mächtig und von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen. Der ihr damit obliegenden Mitwirkung am Zustandekommen eines angemessenen, sozial befriedenden Interessenausgleichs kann sie nur sachgerecht nachkommen, wenn sie auf die Arbeitgeberseite zumindest so viel Druck ausüben kann, dass diese sich veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen über tarifvertraglich regelbare Arbeitsbedingungen einzulassen. Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09 - m.w.N., zitiert nach juris).

Die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation bestimmt sich nach einer Gewichtung der hierfür von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien entsprechend den Umständen des Einzelfalls. Dabei dürfen die jeweiligen Anforderungen an die Tariffähigkeit und damit an die soziale Mächtigkeit sowie die organisatorische Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung nicht von Umständen abhängig gemacht werden, die nicht von der im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe der Koalitionen, das Arbeitsleben zu ordnen und zu befrieden, gefordert werden. Anforderungen, die nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geeignet, erforderlich und angemessen sind, überschreiten die Grenze der Ausgestaltung. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Koalitionsbetätigungsfreiheit wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Da die an die Tariffähigkeit zu stellenden Anforderungen nicht unverhältnismäßig auf die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte freie Bildung und Betätigung einer Koalition zurückwirken dürfen, kann Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler nicht bedeuten, dass die Arbeitnehmerkoalition die Chance des vollständigen Sieges haben muss. Es muss nur erwartet werden können, dass sie aufgrund ihrer Mitglieder- oder Organisationsstärke vom Gegner ernst genommen wird und deshalb die Regelung der Arbeitsbedingungen nicht einem Diktat der Arbeitgeberseite entspringt. Ebenso wenig kann von einer Arbeitnehmervereinigung eine Organisation verlangt werden, die ausschließlich oder überwiegend von Mitarbeitern getragen wird, die in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehen. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Arbeitnehmervereinigung über loyale Mitarbeiter verfügt, die ihr und ihren Mitgliedern im Konfliktfall verpflichtet sind und nicht dem bestimmenden Einfluss Dritter unterliegen. Entsprechendes gilt, wenn eine Arbeitnehmervereinigung im Wesentlichen vom Aufbau einer eigenen Organisation absieht und sich hierfür der Einrichtungen und des Personals einer anderen Arbeitnehmervereinigung bedient. In einem solchen Fall bedarf es besonderer Vorkehrungen, die sicherstellen, dass die Arbeitnehmervereinigung nicht zum „verlängerten Arm“ derjenigen Vereinigung wird, deren Organisation sie sich bedient. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die das Tarifgeschehen bestimmen, eine gewisse fachliche Nähe hierzu aufweisen. Denn diese ist Grundlage des sog. Richtigkeitsvertrauens in Tarifverträge, an das die Erwartung knüpft, dass die vereinbarten Arbeitsbedingungen und -entgelte den Besonderheiten der jeweiligen Branche Rechnung tragen und deshalb nur einer eingeschränkten verfassungs- wie einfachrechtlichen Kontrolle unterliegen. Für die einzelfallbezogene Beurteilung der Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung kommt der Mitgliederzahl eine entscheidende Bedeutung zu. Darüber hinaus kommt es auf die Teilnahme am Tarifgeschehen an. Die Zahl der organisierten Arbeitnehmer bestimmt zunächst die finanzielle Ausstattung einer Arbeitnehmerkoalition. Sie entscheidet über deren organisatorische Leistungsfähigkeit und auch darüber, ob eine Arbeitnehmervereinigung in der Lage ist, die mit dem Abschluss von Tarifverträgen verbundenen finanziellen und personellen Lasten zu tragen. Vor allem aber gibt die Mitgliederzahl im selbst gewählten fachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich Aufschluss darüber, ob eine Arbeitnehmervereinigung unter Berücksichtigung ihres organisatorischen Aufbaus überhaupt in der Lage ist, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen, um Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrags zu erzwingen. Diese Fähigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Fall eines Arbeitskampfes kurzfristig nur schwer ersetzt werden können. Insgesamt genügt es, wenn eine Arbeitnehmerkoalition eine mitgliedsbezogene Durchsetzungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs besitzt. Bereits dies lässt erwarten, dass sich die Vereinigung auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Verbleiben Zweifel an der durch die Mitglieder vermittelten sozialen Mächtigkeit und der organisatorischen Leistungsfähigkeit, kann zur Feststellung der Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmerkoalition auch deren langjährige Teilnahme am Tarifgeschehen in die Beurteilung einbezogen werden. Eine eigene aktive und dauerhafte Beteiligung am Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen in einem relevanten Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs kann ein Beleg dafür sein, dass die Koalition von der Arbeitgeberseite wahr- und ernstgenommen wird. Hat eine Arbeitnehmervereinigung originär ausgehandelte, eigenständige Tarifverträge in nennenswertem Umfang geschlossen, ist dieser Umstand geeignet, ihre Durchsetzungsfähigkeit zu belegen, soweit es sich nicht um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge handelt oder solche, die auf einem Diktat der Arbeitgeberseite beruhen. Tarifabschlüsse, die von einer Tarifgemeinschaft erzielt werden, können dagegen nicht als ein zuverlässiges Indiz dafür angesehen werden, dass die einzelnen Mitglieder der Tarifgemeinschaft jeweils für sich genommen von den Arbeitgebern ernst genommen werden und jeweils die erforderliche Durchsetzungskraft besitzen. In diesen Fällen kommt es vielmehr aufgrund des gemeinsamen Auftretens der in der Tarifgemeinschaft zusammengefassten Arbeitnehmervereinigungen zum Tarifabschluss, ohne dass den einzelnen Koalitionen hierbei individuelle Verhandlungsbeiträge zugeordnet werden können. Eine nennenswerte Anzahl bereits abgeschlossener Tarifverträge indiziert regelmäßig auch die organisatorische Fähigkeit zu deren Vorbereitung und Abschluss. Für die Fähigkeit, die tatsächliche Durchführung eines Tarifvertrags zu überwachen, gilt das allerdings nur eingeschränkt. Insoweit genügt aber, dass die Arbeitnehmerkoalition im Bedarfsfall die tatsächliche Einhaltung der von ihr geschlossenen Tarifverträge kontrollieren und gewährleisten kann (BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09 - m.w.N., zitiert nach juris).

Beteiligt sich eine noch junge Arbeitnehmerkoalition im zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Gründung am Aushandeln von Tarifverträgen, kann ohne Angaben zur Zahl ihrer Mitglieder und organisatorischen Leistungsfähigkeit allein die Anzahl abgeschlossener Tarifverträge ihre Tariffähigkeit nicht belegen. Denn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition entsteht nicht mit dem Abschluss von Tarifverträgen, sondern ist hierfür Wirksamkeitsvoraussetzung. Daher hat eine solche Arbeitnehmervereinigung Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, die den Schluss rechtfertigen, die Arbeitgeberseite habe sie bereits beim erstmaligen Aushandeln von Tarifverträgen nicht ignorieren können. Grundlage dieser Einschätzung ist die Mitgliederzahl oder Mitgliederstruktur der Arbeitnehmerkoalition, die ihr soziale Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit aus eigenem Gewicht bereits zu diesem Zeitpunkt vermitteln muss und Grundlage der Annahme ist, die Arbeitnehmervereinigung habe auch für künftige Tarifverhandlungen die erforderliche Durchsetzungskraft. Das schließt zugleich die Annahme aus, die Arbeitgeberseite habe sich nur mit dem Ziel auf Tarifverhandlungen mit ihr eingelassen, um auf diesem Wege gesetzliche Tarifvorbehalte oder -öffnungen zu ihren Gunsten nutzen und die Arbeitsbedingungen der nicht organisierten Arbeitnehmer durch entsprechende Verweise regeln zu können. Entsprechende Klauseln finden sich etwa in § 310 Abs. 4, § 622 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGB, § 8 Abs. 4 Satz 3 und 4, § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 13 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 TzBfG, in § 13 Abs. 1 BUrlG, § 3 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und 3 AÜG (BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09 - m.w.N., zitiert nach juris).

Bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern kann sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfs kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können (BAG vom 14.12.2004 - 1 ABR 51/03 - m.w.N., zitiert nach juris).

Eine Gewerkschaft muss auch von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Der Abschluss von Tarifverträgen erfordert Vorbereitungen. Hierfür sind die wirtschaftlichen Entwicklungen und sonstigen Rahmenbedingungen zu beobachten und zu prognostizieren, um daraus die Tarifforderungen zu entwickeln. Auch muss die tatsächliche Durchführung eines Tarifvertrags überwacht und abgesichert werden. Das Verhandlungsergebnis, das regelmäßig Kompromisscharakter hat, muss verbandsintern vermittelt und durchgesetzt werden. Die Erfüllung dieser Aufgaben muss eine Arbeitnehmervereinigung sicherstellen, um als Gewerkschaft Tarifverträge abschließen zu können. An den erforderlichen Organisationsaufbau können dabei keine starren Mindestanforderungen gestellt werden. Maßgeblich sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist, ob die Organisation ihre Aufgaben in dem selbst bestimmten Zuständigkeitsbereich erfüllen kann. Erstreckt sich dieser auf das gesamte Bundesgebiet und auf Arbeitnehmer in einer Vielzahl von Berufen und Sparten, wird regelmäßig eine erhebliche organisatorische Ausstattung auch in der Fläche erforderlich sein. Meist wird eine leistungsfähige Organisation einen hauptamtlichen Mitarbeiterapparat erfordern. Unabdingbare Voraussetzung für eine Gewerkschaft ist die Beschäftigung hauptamtlicher Mitarbeiter aber nicht. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, eine leistungsfähige Organisation auch auf der Grundlage ehrenamtlicher Mitarbeit aufzubauen. Allerdings müssen dann die ehrenamtlichen Mitarbeiter über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen (BAG vom 14.12.2004 - 1 ABR 51/03 - m.w.N., zitiert nach juris).

In Anwendung dieser vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze, denen die Kammer folgt, kann nicht festgestellt werden, dass die Beteiligte zu 2. über die für die Bejahung der Tariffähigkeit erforderlichen Mindestvoraussetzungen verfügt. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligte zu 2. aufgrund ihrer Mitglieder- und Organisationsstärke vom Gegner ernst genommen wird und deshalb die Regelung der Arbeitsbedingungen nicht einem Diktat der Arbeitgeberseite entspringt.

Aus der von der Beteiligten zu 2. selbst angegebenen Mitgliederzahl kann nicht entnommen werden, dass die Beteiligte zu 2.  über eine ausreichende Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit verfügt. Die Beteiligte zu 2. behauptet, zum 31. Dezember 2011 habe sie 7.439 Mitglieder gehabt; im 1. Quartal 2012 seien die Mitgliederzahlen etwas rückläufig gewesen. In dem von der Beteiligten zu 2.  bundesweit in Anspruch genommene Tätigkeitsbereich im Sozial- und Gesundheitswesen sind nach der am 09. September 2011 erfolgten Satzungsänderung nach den Angaben der Beteiligten zu 2. immer noch rund 700.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Damit liegt unter Zugrundlegung der von der Beteiligten zu 2. genannten Mitgliederzahl ein Organisationsgrad von lediglich rund einem Prozent vor. Bei einem derartig geringen Organisationsgrad ist die Prognose nicht gerechtfertigt, die Beteiligte zu 2.  werde von der Arbeitgeberseite als Tarifpartner ernstgenommen (vgl. BAG 28.03.2006 - 1 ABR 58/04, zitiert nach juris). Aufgrund der Weigerung der Beteiligten zu 2., zu ihrer Mitgliederstärke weitere Angaben zu machen, ist auch nicht feststellbar, dass es bestimmte räumliche oder fachliche Bereiche gibt, in denen der Organisationsgrad signifikant höher und daher eine Durchsetzungskraft vorhanden wäre, die es rechtfertigen würde, die Tariffähigkeit insgesamt zu bejahen. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Beteiligten zu 2. in bestimmten Schlüsselpositionen so stark vertreten wäre, dass davon ausgegangen werden könnte, die Arbeitgeberseite werde sich im Hinblick auf dieses Druckpotential ernsthaften Verhandlungen über die Regelung von Arbeitsbedingungen nicht entziehen können  (vgl. BAG 28.03.2006 - 1 ABR 58/04, zitiert nach juris).

Die Annahme der Beteiligten zu 2., sie brauche ihre Mitgliederzahl nicht offenzulegen oder nachzuweisen, weil die Gewerkschaftszugehörigkeit zu den besonders geschützten Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG gehöre und es ihr auch nicht zugemutet werden könne, ihre Mitgliederzahl derart konkret anzugeben, dass die Beteiligte zu 1. als konkurrierende Gewerkschaft sowie die am Verfahren beteiligten Arbeitgeberverbände einen Einblick in die regional unterschiedlichen Stärken der Beteiligten zu 2. erhielten, ist unzutreffend. Die Beteiligte zu 2. muss ihre Mitglieder nicht namentlich benennen und muss auch nicht den Mitgliederbestand im Einzelnen regional aufschlüsseln. Aus ihren mitgliedsbezogenen Darlegungen muss sich allerdings ergeben, dass sie nicht nur in einem kleinen unbedeutenden Teil ihres selbstgewählten fachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereichs durchsetzungsfähig und damit auch in der Lage ist, flächendeckend Tarifverträge auszuhandeln, die den Interessen beider Seiten gerecht werden. Auch wenn die Angaben zur Mitgliederzahl sowohl der konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung als auch dem sozialen Gegenspieler Rückschlüsse auf die tatsächliche Durchsetzungsstärke einer Arbeitnehmervereinigung erlauben, kann auf Angaben hierzu nicht verzichtet werden. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie verlangt nicht den Schutz einer „imaginären Verbandsmacht“, sondern beruht auf der realen Durchsetzungsfähigkeit und Geschlossenheit einer Arbeitnehmervereinigung. Ansonsten würde sog. „Phantomgewerkschaften“ Vorschub geleistet, also solchen Vereinigungen, denen keine oder nur eine zu vernachlässigende Zahl an Arbeitnehmern angehören, deren Arbeitsbedingungen zu regeln sind und auf deren Verhandlungsangebot die Arbeitgeberseite letztlich nur deswegen eingeht, um die Arbeitsbedingungen der nichtorganisierten Arbeitnehmer durch Gleichstellungsabreden zu regeln und damit einer AGB-Kontrolle entziehen zu können (vgl. BAG vom 05.10.2010 - 1 ABR 88/09, zitiert nach juris).

Die Beteiligte zu 1. hat bestritten, dass die Beteiligte zu 2. über mehr als 100 Mitglieder verfügt. Die Beteiligte zu 2. hat entgegen der ihr erteilten Auflage keine Angaben zur Verteilung ihrer Mitglieder in räumlicher Hinsicht sowie im Hinblick auf verschiedene Teilbereiche des von ihr gewählten Zuständigkeitsbereiches gemacht. Ohne diese Angaben kann jedoch ihre Verbandsmacht nicht beurteilt werden.

3.2.2.2. Entgegen der von den Beteiligten zu 2., 3. und 5. vertretenen Auffassung verstößt die Rechtsprechung des  Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen europarechtliche Vorgaben vor.

Die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit sind befugt, die unbestimmten Rechtsbegriffe im Wege der Auslegung des Tarifvertragsgesetzes im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen, also die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmer-Koalition näher zu umschreiben, solange der Gesetzgeber auf die Normierung der Voraussetzungen für die Gewerkschaftseigenschaft und die Tariffähigkeit im Einzelnen verzichtet hat. Die Lehre, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss (Wesentlichkeitstheorie), gilt für das Verhältnis von Staat und Bürger. Die Feststellung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation betrifft jedoch deren Verhältnis zu gleichgeordneten Grundrechtsträgern. In diesem Bereich müssen die Gerichte bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten, die für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblich sind. Das gilt auch, soweit es um die nähere Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit geht. An den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Normen sind höchstrichterliche Urteile schon deswegen nicht zu messen, weil sie dem Gesetzesrecht nicht gleich zu achten sind und keine damit vergleichbare Rechtsbindung erzeugen  (BVerfG vom 16.09.1991 - 1 BvR 453/90, zitiert nach juris).

Der Hinweis der Beteiligten zu 2.  auf Art. 11 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bzw. die Charta der Grundrechte der EU (EuGrC) ändert hieran nichts. Wann eine Vereinigung eine Gewerkschaft ist, sagt Art. 11 EMRK nicht (vgl. BVerfG vom 16.09.1991 - 1 BvR 453/90, zitiert nach juris). Insofern lässt sich aus Art. 11 Abs. 1 EMRK ebenso wenig wie aus Art 12 Abs. 1 EuGrC ableiten, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei mit europäischem Recht nicht vereinbar. Art. 28 EuGrC stellt insofern klar, dass das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen beinhaltet, nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen. Weder die Charta der Grundrechte der EU noch der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) enthalten jedoch Bestimmungen dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Tariffähigkeit einer Vereinigung auszugehen ist. Gleiches gilt für die Europäische Sozialcharta (ESC) und Art. 11 Abs. 1 EMRK (vgl. BAG vom 28.03.2006 - 1 ABR 58/04, zitiert nach juris).Art. 153 Abs. 5 AEUV stellt ausdrücklich klar, dass dies auch nicht zu den Kompetenzen der Union gehört, indem er bestimmt, dass die in diesem Artikel bestimmten Kompetenzen der Union sich nicht auf das Koalitionsrecht beziehen. Damit korrespondieren die Regelungen in Art. 6 Abs. 1 und 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV), wonach  sich durch die Grundrechte-Charta und den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nichts an den in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union ändert. Folglich bleibt es in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten, Bestimmungen zum Koalitionsrecht zu treffen. Von daher besteht keine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV.

Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt nicht zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der großen und etablierten Gewerkschaften, denn die Erfordernisse der Durchsetzungskraft sowie der Leistungsfähigkeit der Organisation sind geeignet und erforderlich, um eine sinnvolle Teilnahme an der Tarifautonomie sicherzustellen. Die unterschiedliche Behandlung ist damit von einem sachlichen Grund getragen (vgl. BVerfG vom 16.09.1991 - 1 BvR 453/90, zitiert nach juris). Soweit der Beteiligte  zu 5. meint, soweit die Frage der Durchsetzungskraft  allein an der Mitgliederstärke der Vereinigung festgemacht werde, werde dadurch die Gründung einer Gewerkschaft praktisch unmöglich gemacht, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beteiligte zu 2. ist nicht gezwungen, sich von vornherein einen bundesweiten Zuständigkeitsbereich zuzuschreiben. Sie könnte sich zunächst darauf beschränken, sich in einem regionalen Zuständigkeitsbereich, in dem sie bereits über eine ausreichende Mitgliederstärke verfügt, durch den Abschluss attraktiver Tarifverträge bekannt zu machen und damit für sich zu werben. Wieso, wie der Beteiligte zu 5. meint, eine Gewerkschaft mit einem regional begrenzten Zuständigkeitsbereich für Arbeitgeberverbände in der Regel keinen attraktiven Verhandlungspartner darstelle, erschließt sich nicht. Auch Arbeitgeberverbände haben häufig, wie die Beteiligten zu 11. und 12., nur regionale Zuständigkeitsbereiche. Dies hindert sie gleichfalls nicht am Abschluss von Tarifverträgen und macht sie auch nicht für den sozialen Gegenspieler uninteressant.

III.

Zu einer Kostenentscheidung bestand im Hinblick auf  § 2 Abs. 2 GKG in Verbindung mit § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG keine Veranlassung.

III.

Die Rechtsbeschwerde war für die Beteiligten zu 1., 2. und 5. gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Im Übrigen war die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.



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