Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 5 Sa 10/22

Kirchen müssen behinderte Stellenbewerber nicht einladen

1. Der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung.

2. Die Evangelische Kirche, einschließlich ihrer Untergliederungen, ist kein öffentlicher Arbeitgeber im Sinne der §§ 165 Satz 3, 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX.

3. Lädt ein Kirchenkreis der Evangelischen Kirche einen schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kommt dem keine Indizwirkung im Sinne von § 22 AGG zu.
(Leitsätze des Gerichts)

Im vorliegenden Fall bewarb sich der schwerbehinderte Kläger, ein ausgebildeter Großhandelskaufmann, auf die vom beklagten Kirchenkreis der Evangelischen Kirche Rheinland ausgeschriebene Vollzeitstelle in der Finanzbuchhaltung. Zu einem Vorstellungsgespräch war der Kläger nicht eingeladen worden. Auf Nachfrage des Klägers erklärte der Beklagte, dass ihn die fachliche Qualifikation einer Mitbewerberin überzeugt habe. Der Kläger fühlte sich daraufhin wegen seiner Behinderung diskriminiert und verlangte eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern (7.500,00 €). Nach Ansicht des Klägers sei der Beklagte eine Körperschaft öffentlichen Rechts und damit als öffentlicher Arbeitgeber anzusehen. Damit hätte der Kläger zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden müssen. Das LAG Rheinland-Pfalz war jedoch anderer Ansicht und wies die Klage ab. Als „öffentlicher Arbeitgeber“ seien vielmehr jene gemeint, die Staatsaufgaben wahrnehmen, in einer Staatsorganisation eingebunden sind oder als öffentliche-rechtliche Körperschaft einer staatlichen Aufsicht unterliegen. Dies sei bei dem Beklagten nicht der Fall. Es handele sich bei ihm nicht um eine „staatsmittelbare“ Organisation oder Verwaltungseinrichtung. Die kirchliche Gewalt sei keine staatliche Gewalt – so das Gericht. Daran ändere auch nichts, dass der Beklagte den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft innehabe. Der Beklagte war daher nicht nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Da der Kläger keine Verhaltensweisen des Beklagten dargelegt hat, die für sich genommen oder im Rahmen einer Gesamtbetrachtung seine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten ließen, ist die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung keinem verpönten Kriterium aus § 1 AGG zuzuordnen.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.11.2021, Az. 10 Ca 3388/20, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderung zu zahlen.

Der Beklagte, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist einer der 37 Kirchenkreise in der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Sitz in C-Stadt. Er schrieb am 4. April 2020 für sein Verwaltungsamt zum nächstmöglichen Zeitpunkt "eine Stelle in Vollzeit mit 39 Wochenstunden (m/w/d) in der Finanzbuchhaltung" aus. Als Qualifikationsvoraussetzung wurde genannt: "Die Ausbildung zur/zum Verwaltungsfachangestellten oder eine vergleichbare kaufmännische Ausbildung sind wünschenswert". Der mit einem GdB von 60 schwerbehinderte Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 11. April 2020 unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf diese Stelle. Er ist ausgebildeter Großhandelskaufmann.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2020 teilte ihm der Beklagte mit, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Zu einem Vorstellungsgespräch war der Kläger nicht eingeladen worden. Auf Nachfrage des Klägers erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 22. Juni 2020, dass ihn die fachliche Qualifikation einer Mitbewerberin überzeugt habe. Mit Schreiben vom 8. Juli 2020 machte der Kläger vergeblich die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern geltend. Mit seiner am 8. Oktober 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt er den Anspruch zuletzt in Höhe von € 7.500,00 weiter.

Das Arbeitsgericht hat die Klage wegen Säumnis des Klägers im Kammertermin am 22. Juli 2021 abgewiesen. Nach fristgerechtem Einspruch des Klägers hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil mit Urteil vom 25. November 2021 aufrechterhalten.

Zur Begründung der Entscheidung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Beklagte habe den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Die Tatsache, dass der Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, stelle kein Indiz für eine Diskriminierung iSv. § 22 AGG dar. Der Beklagte sei zu einer Einladung gem. § 165 Satz 3 SGB IX nicht verpflichtet gewesen. Er sei zwar als evangelischer Kirchenkreis eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dennoch sei er nicht als "sonstige Körperschaft" iSd. § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX einzustufen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 25. November 2021 Bezug genommen.

Gegen das am 13. Dezember 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 13. Januar 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er macht geltend, bei dem Beklagten handele es sich um einen öffentlichen Arbeitgeber. Entscheidend sei hier zunächst der klare Gesetzeswortlaut des § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX. Der Wortlaut schränke den Begriff nicht auf die Staatsverwaltung ein, sondern umfasse auch staatsferne Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Annahme des Arbeitsgerichts, der Begriff knüpfe an das allgemeine verwaltungsrechtliche Begriffsverständnis an, greife zu kurz. Der Beklagte sei zwar kein Teil der Staatsverwaltung, dies sei aber beispielsweise auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht der Fall, der als Anstalt öffentlichen Rechts kein Teil der Staatsverwaltung sei, und auch nicht bei öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Zweifellos habe nie eine ausdrückliche Verleihung des Körperschaftsstatus an den Beklagten stattgefunden. Entscheidend sei aber, dass der Beklagte auch in der Gegenwart durch den Staat als eine Körperschaft anerkannt werde sowie nach außen als eine solche auftrete und so im Rechtsverkehr wahrgenommen werde. Der Beklagte genieße - wie alle öffentlich-rechtlichen Kirchenverbände - als öffentlich-rechtlich Körperschaft gewisse staatsähnliche Rechte, wie das Recht zum Steuereinzug bei den Mitgliedern und die Dienstherrenfähigkeit. Zu dem gewährten "Privilegienbündel" gehörten steuerliche Begünstigungen sowie Vollstreckungsschutz. Der Beklagte bediene sich - im Gegensatz zu vielen Freikirchen - eines weltlichen Gewandes in Form einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Er nehme diesen Status, diese "Hülle" und die gewährten Vorrechte in Anspruch und sei folgerichtig jedenfalls iSd. § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX auch so als öffentlicher Arbeitgeber zu behandeln. Zwar sei das grundgesetzlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zu beachten. Allerdings laute der fortgeltende Art. 13 Abs. 3 WRV: "Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes". Es gehöre nicht zu den "eigenen Angelegenheiten" der Kirche Schwerbehinderte bei der Einladung zu Vorstellungsgesprächen weniger gleichzustellen als andere öffentliche Arbeitgeber. Im Gegenteil könne die in Rede stehende Gleichstellungsvorschrift des § 165 Satz 3 SGB IX als Ausfluss des christlichen Gedankenguts entsprungenen Sozialstaatsgebots angesehen werden; sie stehe daher nicht in Widerspruch zur Garantie des Art. 13 Abs. 3 WRV. Die Stelle, auf die er sich beworben habe, sei vom Beklagten unter der Firmierung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes öffentlich ausgeschrieben worden. Er habe somit darauf vertrauen können, dass er als schwerbehinderter Mensch eine Einladung auf seine Bewerbung erhalte. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagte nicht als öffentlicher Arbeitgeber sehe oder nicht als solcher anzusehen sei, seien für ihn nicht ersichtlich gewesen. Der Beklagte habe daher durch die unterlassene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ein Indiz iSd. § 22 AGG für eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung gesetzt, welches nicht widerlegt worden sei.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25. November 2021, Az. 10 Ca 3388/20, unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 22. Juli 2021 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung iHv. € 7.500,00 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

 

Gründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil zu Recht aufrechterhalten. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hat der Beklagte den Kläger nicht wegen der Schwerbehinderung benachteiligt.

Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung untersagt.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Weder der Umstand, dass der Kläger keine Einladung des Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hat, noch sonstige Umstände begründen die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass zwischen der Benachteiligung bei der Stellenbesetzung und der Schwerbehinderung des Klägers der erforderliche Kausalzusammenhang besteht.

1. § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung (vgl. BAG 01.07.2021 - 8 AZR 297/20 - Rn. 19-21 mwN).

2. Entgegen der Ansicht der Berufung war der Beklagte nach § 165Satz 3 SGB IX nicht verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die besondere Pflicht nach § 165Satz 3 SGB IX, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, trifft nur öffentliche Arbeitgeber iSv. § 154 Abs. 2 SGB IX. Der beklagte Kirchenkreis ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat - kein öffentlicher Arbeitgeber nach dieser Bestimmung.

§ 154 Abs. 2 SGB IX enthält mit seinen Nummern 1 bis 4 eine abschließende Aufzählung der Einheiten, die als öffentliche Arbeitgeber iSd. Teils 3 des SGB IX gelten. Nur diese trifft die besondere Verpflichtung nach § 165 Satz 3 SGB IX, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Darauf, ob Arbeitgeber ggf. nach anderen Regelungen öffentliche Arbeitgeber sind oder als solche gelten, kommt es demnach nicht an (vgl. BAG 16.05.2019 - 8 AZR 315/18 - Rn. 35, zur Vorgängerregelung in § 71 Abs. 3 SGB IX aF).

§ 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX knüpft (wie die Vorgängerregelung in § 71Abs. 3 Nr. 4 SGB IX aF) mit den Begriffen "Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts" an das allgemeine verwaltungsrechtliche Begriffsverständnis an. Danach sind Körperschaften des öffentlichen Rechts durch staatlichen Hoheitsakt geschaffene, rechtsfähige, mitgliedschaftlich verfasste Organisationen des öffentlichen Rechts, die regelmäßig staatliche Aufgaben mit in der Regel hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnehmen. Die besondere rechtliche Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts setzt einen entsprechenden staatlichen Hoheitsakt, die Verleihung des Körperschaftsstatus, voraus. Dadurch wird nach außen hin für jedermann erkennbar dokumentiert, welchen Einheiten ein solcher Status zukommt. Dies ist bei der Prüfung, ob ein Arbeitgeber ein öffentlicher Arbeitgeber nach § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX ist, von besonderer Bedeutung. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Beschäftigte bzw. Bewerber müssen ohne Schwierigkeiten erkennen können, ob den Arbeitgeber die besonderen Pflichten eines öffentlichen Arbeitgebers nach § 165 Satz 3 SGB IX treffen (vgl. BAG 16.05.2019 - 8 AZR 315/18 - Rn. 41, zu § 82 Satz 2 SGB IX aF).

3. Wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, führt die Rechtssubjektqualität des beklagten Kirchenkreises als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht dazu, dass ihn die besondere Verpflichtung nach § 165 Satz 3 SGB IX trifft, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist kirchliche Gewalt grundsätzlich keine staatliche Gewalt. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 5 WRV soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Er ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Die Religionsgemeinschaften stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber. Damit unterscheiden sich die korporierten Religionsgemeinschaften im religiös-weltanschaulich neutralen Staat des Grundgesetzes, der keine Staatskirche oder Staatsreligion kennt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV), grundlegend von den Körperschaften des öffentlichen Rechts im verwaltungs- und staatsorganisationsrechtlichen Verständnis. Sie nehmen keine Staatsaufgaben wahr, sind nicht in die Staatsorganisation eingebunden und unterliegen keiner staatlichen Aufsicht (vgl. BVerfG 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 - Rn. 75 ff mwN; BVerwG 27.02.2014 - 2 C 19.12 - Rn. 11 mwN).

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Kirchen, die eine "Sonderstellung innerhalb der staatlichen Rechtsordnung" einnehmen, ungeachtet ihrer Anerkennung als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht dem Staat inkorporiert, also auch nicht im weitesten Sinn "staatsmittelbare" Organisationen oder Verwaltungseinrichtungen. Die Stellung der Kirchen bedeutet keine Gleichstellung mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und unterwirft sie keiner besonderen Kirchenhoheit des Staates. Infolge dieser öffentlichen Rechtsstellung und öffentlichen Wirksamkeit der Kirchen, die sie aus ihrem besonderen Auftrag herleiten und durch die sie sich von anderen gesellschaftlichen Gebilden unterscheiden, ist die kirchliche Gewalt keine staatliche Gewalt (vgl. BAG 12.10.2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 47 ff mwN).

Die Evangelische Kirche und damit auch der beklagte Kirchenkreis sind nach dieser Rechtsprechung, der sich auch die Berufungskammer anschließt, kein Teil der öffentlichen Verwaltung. Durch die Zuerkennung eines öffentlich-rechtlichen Status wird die Kirche anderen öffentlich- rechtlichen Körperschaften iSd. § 154Abs. 2 Nr. 4 SGB IX nicht gleichgestellt. Der Beklagte war daher nicht nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Nichteinladung kommt daher keine Indizwirkung iSd. § 22 AGG zu. Da der Kläger keine Verhaltensweisen des Beklagten dargelegt hat, die für sich genommen oder im Rahmen einer Gesamtbetrachtung seine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten ließen, ist die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung keinem verpönten Kriterium aus § 1 AGG zuzuordnen.

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.



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