Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom - Az: 8 C 13.17
Kein Ausgleich von Höchstarbeitszeit durch Urlaubs- oder Feiertage
(Leitsatz des Gerichts)
Die Beteiligten streiten um die Berechnungsmodalitäten der nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit. Der Kläger, ein Universitätsklinikum, führt für die bei ihm beschäftigten Ärztinnen und Ärzte sogenannte Arbeitszeitschutzkonten, um die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt sicherzustellen. Dabei werden die wöchentliche Höchstarbeitszeit als „Soll“ verbucht und die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden demgegenüber als „Haben“ erfasst. Tage des gesetzlichen Mindesturlaubs werden so verbucht, als sei an ihnen regulär gearbeitet worden. Darüber hinausgehende Urlaubstage und gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, wertete der Kläger jedoch als Ausgleichstage mit einer geleisteten Arbeitszeit von null Stunden. Damit konnten diese Tage zum Ausgleich für überdurchschnittlich geleistete Arbeit an anderen Tagen herangezogen werden. Die zuständige Bezirksregierung untersagte diese Praxis des Klägers, weil sie darin einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz sah. Die hiergegen erhobene Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Das BVerwG wies die Revision zurück.
(Redaktionelle Zusammenfassung)
Tenor
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Berechnungsmodalitäten der nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit.
Das klagende Universitätsklinikum wendet auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Ärzte - mit wenigen Ausnahmen - den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 an, der derzeit in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 6 vom 12. April 2017 gilt (nachfolgend: TV-Ärzte). Danach haben Ärzte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts, wobei der Urlaubsanspruch generell 30 Tage beträgt (vgl. § 26 Abs. 1 TV-Ärzte).
Um die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sicherzustellen, führt der Kläger für seine Beschäftigten so genannte Arbeitszeitschutzkonten. Auf diesen werden die wöchentliche Höchstarbeitszeit als "Soll" verbucht und die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden als "Haben" erfasst. An den Tagen des gesetzlichen Mindesturlaubs wird ein dem Sollwert entsprechender Habenwert zugebucht. Über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubstage sowie auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage verbuchte der Kläger hingegen mit einer geleisteten Arbeitszeit von null Stunden bei regulärem Sollwert. Damit konnten diese Tage zum Ausgleich für überdurchschnittlich geleistete Arbeit an anderen Tagen herangezogen werden.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2011 ordnete die Bezirksregierung K. für alle bei dem Kläger als Arbeitnehmer beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte an, dass alle Urlaubstage, auch soweit sie über den vierwöchigen gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz hinausgingen, bei den Ausgleichsregelungen des § 3 Satz 2 und des § 7 Abs. 8 ArbZG mit ihrer Regelarbeitszeit zu berücksichtigen seien. Sie dürften nicht als Ausgleichstage herangezogen werden. Ebenso wenig seien die gesetzlichen Feiertage als Ausgleichstage heranzuziehen.
Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Daraufhin hat der Kläger seine Berechnungsweise vorläufig aufgegeben, sich aber vorbehalten, sie nach der abschließenden gerichtlichen Klärung wieder aufzunehmen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Anordnung der Bezirksregierung sei rechtmäßig. Sie sei nach § 17 Abs. 2 ArbZG zur Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit der Ärzte erforderlich, nachdem der Kläger ausdrücklich angekündigt habe, nach einer Klärung der Rechtslage seine in der Vergangenheit praktizierte Berechnungsweise gegebenenfalls wieder aufgreifen zu wollen. Entgegen seiner Auffassung dürften bei der Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit als Ausgleichstage für geleistete überdurchschnittliche Mehrarbeit grundsätzlich nur solche Tage berücksichtigt werden, an denen der Arbeitnehmer nicht arbeite, obwohl er an sich zur Arbeit verpflichtet sei. Deshalb dürften bei der Führung der Arbeitszeitschutzkonten weder Tage bezahlten Erholungsurlaubs noch auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage als Ausgleichstage angerechnet werden. Der Ausgleich von Mehrarbeit an einzelnen Arbeitstagen dürfe nur durch Minderarbeit an anderen Arbeitstagen, nicht aber durch fingierte Arbeitszeit in Zeiten bezahlten Erholungsurlaubs erfolgen. Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, tarifrechtlichen Mehrurlaub bei der Berechnung der zulässigen Höchstarbeitszeit anders als den gesetzlichen Urlaubsanspruch - und zwar für den Arbeitnehmer ungünstiger - zu verrechnen, sei nichts ersichtlich. Auch eine an der EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG orientierte Auslegung der § 3 Satz 2 und § 7 Abs. 8 ArbZG verlange, bei der Berechnung der Durchschnittsarbeitszeit die Tage des tariflichen Mehrurlaubs nicht als Ausgleichstage zu berücksichtigen. Ebenso wenig dürften auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage als Ausgleichstage angerechnet werden. Ausgleichstage könnten nur solche Tage sein, an denen der Arbeitnehmer nicht arbeite, obwohl er an sich zur Arbeit verpflichtet sei. Das sei an gesetzlichen Feiertagen nicht der Fall; an diesen Tagen komme eine Beschäftigung nur ausnahmsweise in Betracht.
Mit der Revision verteidigt der Kläger seine frühere Praxis, übergesetzliche Urlaubstage sowie gesetzliche Wochenfeiertage als Ausgleichstage im Arbeitszeitschutzkonto zu bewerten. Ein Verbot, diese Tage nicht auf die durchschnittliche Höchstarbeitszeit anzurechnen, folge weder aus dem Arbeitszeitgesetz noch aus Unionsrecht. Das Arbeitszeitgesetz und der einschlägige Tarifvertrag regelten nicht, ob übergesetzliche Urlaubstage oder andere Tage der Arbeitsbefreiung in die Berechnung des Zeitausgleichs nach § 7 Abs. 8 ArbZG einbezogen werden dürften. Damit existierten keine günstigeren Rechtsvorschriften, die eine Anrechnung von übergesetzlichen Urlaubstagen verbieten könnten. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG verbiete lediglich, gesetzliche Mindesturlaubstage als Ausgleichstage bei der Berechnung der Durchschnittsarbeitszeit nach § 7 Abs. 8 ArbZG zu berücksichtigen. Die Anrechnung von übergesetzlichem Urlaub sei vom Anwendungsbereich der Richtlinie hingegen nicht erfasst. Etwas anderes folge nicht aus Art. 15 RL 2003/88/EG, der den Mitgliedstaaten erlaube, günstigere Vorschriften zu erlassen. Von dieser Befugnis hätten weder der Gesetzgeber noch die Tarifvertragsparteien Gebrauch gemacht. Das Berufungsgericht verkenne darüber hinaus den strukturellen Unterschied zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Mehrurlaub. Es treffe zwar zu, dass der Arbeitnehmer auch im Fall des übergesetzlichen Urlaubs von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit sei. Der tarif- bzw. individualvertraglich vereinbarte zusätzliche Urlaubsanspruch diene aber nicht dem Gesundheitsschutz oder einem Erholungszweck, sondern regele lediglich das synallagmatische Verhältnis von Arbeitszeit und Verdienst. Die Praxis, gesetzliche Wochenfeiertage als Ausgleichstage zu berücksichtigen, sei auch mit dem besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV vereinbar. Denn die Anrechnungsregelung bewirke nicht, dass an den betroffenen Feiertagen tatsächlich gearbeitet werde; diese würden lediglich als Ausgleichstage berücksichtigt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Juni 2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. November 2012 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung K. vom 16. Juni 2011 aufzuheben.
Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil für zutreffend. Tarifrechtliche Mehrurlaubstage veränderten nicht das synallagmatische Verhältnis von Arbeitszeit und Verdienst, sondern dienten wie der gesetzliche Mindesturlaub der Erholung. Die Arbeitszeitrichtlinie enthalte Mindestvorgaben zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer. Sowohl das Arbeitszeitgesetz als auch das Bundesurlaubsgesetz dienten der Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie und ließen für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen zu.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen, dass der Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 16. Juni 2011 rechtmäßig ist.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 17 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. November 2016 (BGBl. I S. 2500) - ArbZG -. Danach kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der Pflichten zu treffen hat, die sich aus diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen der Norm zu Recht bejaht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anordnung der Bezirksregierung erforderlich war, um die Einhaltung der nach dem Arbeitszeitgesetz zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit sicherzustellen. Die vom Kläger in der Vergangenheit praktizierte Ausgestaltung der Arbeitszeitschutzkonten steht mit den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes nicht in Einklang. Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen (1.), und gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen (2.), dürfen bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG nicht als Ausgleichstage herangezogen werden.
1. Nach der Grundregel des § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 Satz 2 ArbZG).
a) Die in § 3 Satz 2 ArbZG geregelte Höchstgrenze der durchschnittlichen werktäglichen Arbeitszeit setzt die Möglichkeit eines Arbeitszeitausgleichs zwischen einzelnen Werktagen innerhalb eines Ausgleichszeitraums voraus. Auch bei einer Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ist die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden innerhalb des gesetzlich bestimmten Ausgleichszeitraums einzuhalten. Werktag ist jeder Tag, der nicht Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist (vgl. auch § 3 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz - BUrlG).
Von der Grundregel des § 3 ArbZG kann unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 ArbZG unter anderem durch Tarifvertrag abgewichen werden. So kann die Arbeitszeit abweichend von § 3 ArbZG über zehn Stunden werktäglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG). Der Tarifvertrag kann außerdem abweichend von § 3 ArbZG einen anderen Ausgleichszeitraum festlegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ArbZG). Darüber hinaus ermöglicht § 7 Abs. 1 Nr. 4 ArbZG auch eine Abweichung von § 6 Abs. 2 ArbZG. Diese Vorschrift regelt die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer, die acht Stunden nicht überschreiten darf und auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden kann, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ArbZG). Hiervon abweichend kann nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ArbZG die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich hinaus verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt; außerdem kann ein anderer Ausgleichszeitraum festgelegt werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbZG).
Das Arbeitszeitgesetz lässt damit bestimmte tarifvertragliche Modifikationen der Arbeitszeitgestaltung zu und ermöglicht auf diese Weise eine Flexibilisierung der werktäglichen Arbeitszeit (vgl. § 1 Nr. 1 ArbZG), setzt ihr aber zugleich Grenzen. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten, wenn abweichende Regelungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ArbZG zugelassen werden. Die nach diesen Öffnungsklauseln zulässigen Abweichungen von den gesetzlich vorgegebenen Parametern für die werktägliche Arbeitszeit und den Ausgleichszeitraum dürfen also nicht dazu führen, dass die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 12 Kalendermonaten überschreitet.
Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 in der derzeit maßgeblichen Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 6 vom 12. April 2017 (nachfolgend: TV-Ärzte) hat von den in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b ArbZG vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht. So sieht § 6 Abs. 1 TV-Ärzte eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vor, die auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen oder dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden kann. Daraus ergibt sich bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage eine werktägliche durchschnittliche Arbeitszeit von 8,4 Stunden. Darüber hinaus legt § 6 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einen Zeitraum von einem Jahr fest und dehnt damit den Ausgleichszeitraum auf den nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG höchstzulässigen Zeitraum aus.
b) Bei der Berechnung der danach zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit dürfen Tage des gesetzlichen Mindesturlaubs sowie tarifvertraglich eingeräumte Mehrurlaubstage nicht als Ausgleichstage herangezogen werden. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG und dessen Entstehungsgeschichte dazu nichts entnehmen. Aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift mit § 3 Abs. 2 ArbZG und dem Bundesurlaubsgesetz sowie aus dem Zweck der Regelung ergibt sich aber, dass ein Ausgleich zu viel geleisteter Arbeitszeit nur durch Freistellung zu anderen Arbeitszeiten innerhalb des Ausgleichszeitraums erfolgen kann. Als Ausgleichstage können nur solche Tage dienen, an denen der Arbeitnehmer nicht schon wegen Urlaubsgewährung von der Pflicht zur Arbeit freigestellt ist.
§ 7 Abs. 8 ArbZG wurde mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) in das Arbeitszeitgesetz eingefügt. Die Regelung setzt Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) in nationales Recht um. Nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG können die Tarifvertragsparteien einen Ausgleichszeitraum für Arbeitszeitverlängerungen von bis zu zwölf Monaten vereinbaren, wobei innerhalb dieses Zeitraums die Arbeitszeit nicht höher als durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich sein darf. Die Vorschrift enthält zugleich die an die Mitgliedstaaten gerichtete Maßgabe, die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer zu wahren. § 7 Abs. 8 ArbZG dient ausweislich der Gesetzesmaterialien lediglich der Klarstellung und soll entsprechend den Vorgaben der Richtlinie sicherstellen, dass auch bei einer Verlängerung des Ausgleichszeitraums die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird (BT-Drs. 15/1587 S. 31). Für die Frage der Berechnungsmodalitäten der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit sind die Gesetzesmaterialien hingegen unergiebig.
Allerdings ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG mit § 3 Satz 2 ArbZG und dem Bundesurlaubsgesetz, dass nur solche Tage als Ausgleichstage herangezogen werden können, an denen der Arbeitnehmer nicht schon wegen Urlaubsgewährung von der Arbeitspflicht freigestellt ist. § 7 Abs. 8 ArbZG stellt klar, dass Abreden zur Flexibilisierung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ArbZG die Notwendigkeit des Arbeitszeitausgleichs im Sinne des § 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ArbZG nicht abbedingen können. Unverändert bleiben auch die gesetzlichen Anforderungen an den Ausgleich. Wie sich aus § 7 ArbZG ergibt, definieren §§ 3 bis 6 ArbZG einen zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit unter Beachtung der jeweiligen Höchstgrenzen verteilt werden darf. Wird der Arbeitnehmer an einem Werktag dieses Zeitraums zur Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden verpflichtet, muss dies dadurch kompensiert werden, dass der zeitliche Umfang seiner Arbeitspflicht an anderen Werktagen des Ausgleichszeitraums entsprechend gemindert wird. Dies setzt eine Freistellung von der Arbeitspflicht an einem Tag voraus, an dem der Arbeitnehmer - ohne die Freistellung - zur Arbeit verpflichtet werden könnte. Daran fehlt es, wenn eine Arbeitspflicht an diesem Tag schon aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Das trifft zu, wenn dem Arbeitnehmer für den betreffenden Tag Erholungsurlaub gewährt wurde, gleich ob es sich dabei um den gesetzlichen Mindesturlaub oder um tariflichen Mehrurlaub handelt. Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Erholungsurlaub soll der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers dienen und sichert ihm die Möglichkeit, für eine bestimmte Dauer im Jahr die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (BAG, Urteil vom 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - BAGE 141, 73 Rn. 23). Der Arbeitnehmer ist in diesem Zeitraum unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeitspflicht befreit. Für eine Freistellung zwecks Arbeitszeitausgleichs stehen Urlaubstage damit nicht mehr zur Verfügung.
Die Entstehung des Urlaubsanspruchs ist auch nicht vom vorherigen Umfang der Arbeitsleistung abhängig. Der Erholungsurlaub muss also nicht durch Arbeitsleistung "verdient" werden. Er ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistungen, sondern eine gesetzlich bedingte Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, den Arbeitnehmer von dessen Verpflichtung zur Arbeitsleistung für die Dauer des Urlaubs freizustellen (vgl. BAG, Urteile vom 28. Januar 1982 - 6 AZR 571/79 - BAGE 37, 382 Rn. 14 und 17 und vom 8. März 1984 - 6 AZR 442/83 - BAGE 45, 199 Rn. 24). Er ist deshalb auch nicht durch vorherige oder nachfolgende Arbeitsleistung auszugleichen. Dem liefe es zuwider, wenn Urlaubstage als Ausgleich für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistung bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit in Anrechnung gebracht würden.
Das gilt nicht nur für den nach § 3 Abs. 1 BUrlG gesetzlich garantierten Mindesturlaub von jährlich 24 Werktagen, sondern auch für darüber hinaus gehende Mehrurlaubstage, die aufgrund Tarifvertrages oder individualrechtlich gewährt werden. § 3 Abs. 1 BUrlG, der die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs bestimmt, differenziert nicht zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub. Der einschlägige Tarifvertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine von der gesetzlichen Regelung abweichende arbeitszeitrechtliche Behandlung des tariflichen Mehrurlaubs hätten regeln wollen. Das Oberverwaltungsgericht ist in diesem Zusammenhang von einem Gleichlauf zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub ausgegangen (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - BAGE 137, 328 Rn. 23). Diese Auslegung des TV-Ärzte durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub differenzierender Regelungswille der Tarifvertragsparteien lässt sich aus dem Tarifvertrag nicht ableiten. Vielmehr trifft § 26 TV-Ärzte eine einheitliche Regelung für den Erholungsurlaub. Die tarifvertragliche Bestimmung erweitert den Urlaubsanspruch über das gesetzliche Mindestmaß hinaus, ohne eine Differenzierung zwischen gesetzlichen Mindesturlaubstagen und tariflichen Mehrurlaubstagen vorzunehmen und damit die Heranziehung von Mehrurlaubstagen als Ausgleichstage zu gestatten. Ob eine solche Regelung gesetzeskonform wäre, kann daher auf sich beruhen.
Die Auslegung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG, die keine Heranziehung tariflicher Mehrurlaubstage als Ausgleichstage zulässt, fügt sich in den Zweck des Arbeitszeitgesetzes ein. Zweck des Gesetzes ist es, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern (§ 1 Nr. 1 ArbZG). Die in § 7 ArbZG vorgesehenen Öffnungsklauseln ermöglichen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit innerhalb eines bestimmten zeitlichen, der tarifvertraglichen Gestaltung unterliegenden Rahmens. Sie gestatten jedoch keine Arbeitszeitverdichtung durch Erweiterung dieses Rahmens zulasten anderweitig geregelter Begrenzungen der Arbeitszeit. Tage, an denen eine Arbeitspflicht bereits nach dem Bundesurlaubsgesetz ausgeschlossen ist, sollen weder als Arbeits- noch als Ausgleichszeit in Anspruch genommen werden können.
c) Unionsrecht steht dieser Auslegung der Ausgleichregeln des Arbeitszeitgesetzes nicht entgegen. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG bestimmt, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Danach dürfen die betreffenden Tage bei der Berechnung nicht als Ausgleichstage herangezogen werden. Die Arbeitszeitrichtlinie nimmt zwar lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen Bezug (Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG). Gleiches gilt jedoch auch für darüber hinausgehende, durch nationales Recht begründete Mehrurlaubstage. Denn die Richtlinie 2003/88/EG verfolgt nach ihrem vierten Erwägungsgrund das Ziel, Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu verbessern, ohne dass diese Zielsetzungen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen. Demgemäß enthält die Richtlinie nach Art. 1 Abs. 1 lediglich Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung und gewährleistet damit ein Mindestschutzniveau.
Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten. Das umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Arbeitnehmer auch an solchen Mehrurlaubstagen von der Arbeitspflicht befreit ist, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit herangezogen werden (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - juris Rn. 63 und vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - BVerwGE 159, 245 Rn. 57 f.).
Entgegen der Auffassung des Klägers entfaltet Art. 15 RL 2003/88/EG keine "Sperre" für günstigere nationale Regelungen als den in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststandard der Arbeitszeitgestaltung (vgl. Art. 1 Abs. 1 RL 2003/88/EG). Vielmehr ist es im Sinne der so genannten acte-clair-Doktrin (vgl. hierzu: EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335], CILFIT - Rn. 16) offenkundig, dass die Vorschrift über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub hinausgehende und dem Arbeitnehmer günstigere nationale Urlaubs- und Ausgleichsregelungen zulässt und für vernünftige Zweifel insoweit kein Raum bleibt. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV ist mithin nicht veranlasst.
2. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz nicht als Ausgleichstage herangezogen werden dürfen, steht mit Bundesrecht in Einklang.
a) Das Arbeitszeitgesetz sieht in § 9 Abs. 1 ArbZG ein grundsätzliches Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen vor. Eine Differenzierung zwischen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, und anderen Feiertagen trifft die Regelung nicht; sie erfasst ausnahmslos alle gesetzlichen Feiertage. Eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an gesetzlichen Feiertagen kommt nach § 10 ArbZG unter den dort genannten Voraussetzungen nur ausnahmsweise in Betracht. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist (§ 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG). Zweck dieser Regelung ist es, dem Arbeitnehmer einen Ersatzruhetag als Ausgleich für einen durch Beschäftigung "verlorenen" Ruhetag zu gewähren. Allerdings finden die §§ 3 und 7 ArbZG - und damit auch die darin enthaltenen Ausgleichsregelungen - nach § 11 Abs. 2 ArbZG nur dann entsprechende Anwendung, wenn der Arbeitnehmer an einem Feiertag beschäftigt wird. Bleibt ein Wochenfeiertag arbeitsfrei, scheidet eine Anwendung der Ausgleichsregelungen und damit auch seine Heranziehung als Ausgleichstag von vornherein aus.
Daran ändert die Öffnungsklausel des § 12 Nr. 2 ArbZG nichts. Danach kann zwar durch Tarifvertrag abweichend von § 11 Abs. 3 ArbZG der Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feiertage vereinbart werden. § 6 Abs. 3 Satz 4 TV-Ärzte sieht aber grundsätzlich den Ausgleich eines Feiertags, der auf einen Werktag fällt, durch Freistellung an einem anderen Werktag innerhalb einer bestimmten Ausgleichsfrist vor. Nur wenn Freizeitausgleich nicht gewährt werden kann, tritt an dessen Stelle ein Entgelt für die ausnahmsweise ohne Freizeitausgleich geschuldete Arbeitsleistung (§ 6 Abs. 3 Satz 5 TV-Ärzte). Das Berufungsgericht hat diese tarifvertragliche Bestimmung revisionsrechtlich einwandfrei als eine Ausnahmeregelung verstanden, die eine Einzelfallprüfung erfordert, aber an dem Umstand, dass Wochenfeiertage grundsätzlich beschäftigungsfrei sind, nichts ändert. Damit gestattet sie keine Heranziehung von gesetzlichen Feiertagen als Ausgleichstage.
b) Aus dem Unionsrecht ergibt sich nichts anderes. Der Anwendungsbereich der EU-Arbeitszeitrichtlinie erstreckt sich nicht auf die Arbeitszeitgestaltung an Feiertagen. Deshalb beurteilt sich die Frage, ob gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit als Ausgleichstage herangezogen werden dürfen, ausschließlich nach den dargestellten nationalen Regelungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.