Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 2 Sa 571/15

Jubileum auf die letzte Sekunde

(1.) Der Zeitpunkt, ab dem ein Jubileum erreicht ist, berechnet sich nach den §§ 187, 188 BGB. Danach erreicht ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis am 01. Januar begonnen hat, ein nach Jahren bemessenes Jubileum am 31. Dezember um 24:00 Uhr. (Hier: 30-jähriges Jubileum am 31.12.2014, bei Eintritt am 01.01.1985)

(2.) Sagt der Arbeitgeber für das Jahr 2014 ein Jubileumsgeld zu, für das Jahr 2015 hingegen nicht, und erreicht ein Arbeitnehmer am 31. Dezember 2014 um 24:00 Uhr sein Jubileum, so hat er einen Anspruch auf das Jubileumsgeld. Dem steht es nicht entgegen, wenn der Fälligkeitstermin für die Auszahlung erst im Monat danach liegt.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.10.2015 - 5 Ca 1040/15 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 750,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2015 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Jubiläumsgeld.

Der 1955 geborene Kläger ist seit dem 01. Januar 1985 bei der Beklagten beschäftigt.

Für das Kalenderjahr 2014 veröffentlichte die Beklagte in ihrem Betrieb folgenden Aushang vom 10. Dezember 2013:

"An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir im Jahr 2014 die Betriebstreue unserer Mitarbeiter wie folgt honorieren: 10-jähriges Jubiläum 250,-- € 25-jähriges Jubiläum 500,-- € 30-jähriges Jubiläum 750,-- € 35-jähriges Jubiläum 1.000,-- € 40-jähriges Jubiläum 1.250,-- € 45-jähriges Jubiläum 1.500,-- € Der Betrag wird mit der Entgeltabrechnung des Jubiläumsmonats ausgezahlt. Die auf den Betrag anfallenden gesetzlichen Abzüge (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) trägt der Arbeitnehmer. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung des Arbeitgebers handelt, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Keine Auszahlung des Betrages erfolgt für Beschäftigte, die während der letzten 3 Jahre im Durchschnitt jährlich mehr als 20 Arbeitstage erkrankt waren. Hierbei werden Arbeitsunfähigkeiten wegen eines Arbeits- oder Wegeunfalls nicht berücksichtigt."

Für das Kalenderjahr 2015 wurde von der Beklagten folgender Aushang vom 19. Dezember 2014 veröffentlicht:

"An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir im Jahr 2015 die Betriebstreue unserer Mitarbeiter wie folgt honorieren: 10-jähriges Jubiläum 250,-- € 25-jähriges Jubiläum 500,-- € 35-jähriges Jubiläum 1.000,-- € 45-jähriges Jubiläum 1.500,-- € Der Betrag wird mit der Entgeltabrechnung des Jubiläumsmonats ausgezahlt. Die auf den Betrag anfallenden gesetzlichen Abzüge (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) trägt der Arbeitnehmer. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung des Arbeitgebers handelt, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Keine Auszahlung des Betrages erfolgt für Beschäftigte, die während der letzten 3 Jahre im Durchschnitt jährlich mehr als 20 Arbeitstage erkrankt waren. Hierbei werden Arbeitsunfähigkeiten wegen eines Arbeits- oder Wegeunfalls nicht berücksichtigt."

Mit seiner Klage begehrt der Kläger für sein 30-jähriges Jubiläum die Zahlung eines Betrages in Höhe von 750,-- EUR brutto.

Er hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe die Betriebstreue von 30 Jahren, die belohnt werden solle, bereits im Jahr 2014 erreicht. Der Anspruch sei am 31. Dezember 2014 mit Beendigung des letzten Tages des 30. Berufsjahres entstanden. Die Gratifikation für 30-jährige Zusammenarbeit solle den Arbeitnehmer an das Unternehmen binden und seine Treue honorieren. Die Regelung sei am 31. Dezember 2014 unstreitig gültig gewesen, so dass die Beklagte nachträglich den Anspruch nicht mehr einseitig zum Erlöschen bringen könne.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 750,-- EUR brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Februar 2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Gratifikation für ein 30-jähriges Betriebsjubiläum. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei das Jubiläumsgeld entsprechend § 271 BGB an dem Tag fällig, der auf die Vollendung der maßgeblichen Beschäftigungszeit folge (sog. Jubiläumstag). Das Jubiläumsgeld sei eben nicht bereits am letzten Tag der 30-jährigen Beschäftigungszeit fällig, denn dieser Tag müsse erst beendet sein, um den Anspruch zu erwerben. Im Falle des Klägers sei der sog. Jubiläumstag also der 01. Januar 2015, so dass er unter die Regelung für das Kalenderjahr 2015 falle, die ein Jubiläumsgeld für eine 30-jährige Betriebszugehörigkeit nicht mehr vorsehe.

Mit Urteil vom 15. Oktober 2015 - 5 Ca 1040/15 - hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes in Höhe von 750,-- EUR. Zwar habe der Kläger am 31. Dezember 2014 um 24.00 Uhr seine 30-jährige Beschäftigungszeit vollendet. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um die Voraussetzungen des Jubiläumsgeldes gemäß dem Aushang vom 10. Dezember 2013 zu erfüllen. Dem Wortlaut nach werde im Jahr 2014 die Betriebstreue bei entsprechenden Jubiläen honoriert. Danach müsse das Jubiläum in das Jahr 2014 fallen. Das Jubiläum selbst sei jedoch nicht der Ablauf der 30-jährigen Betriebszugehörigkeit, sondern der darauf folgende Tag, der dem Tag des Eintritts in das Unternehmen entspreche. Jubiläumstag sei nicht der letzte Tag der Frist der Betriebszugehörigkeit, sondern der folgende Tag. Im Falle des Klägers sei damit Jubiläumstag der 01. Januar 2015, womit das Jubiläum nicht in das Jahr 2014, sondern in das Jahr 2015 falle. Im Jahre 2015 sei jedoch eine Sonderzuwendung bei 30-jährigem Jubiläum nicht vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 25. November 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 22. Dezember 2015 eingegangen, Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er trägt vor, das Arbeitsgericht habe abweichend von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die ausgelobte Sonderzahlung für 30-jährige Betriebszugehörigkeit mit der Begründung verweigert, dass nicht auf die Betriebszugehörigkeit, sondern auf den Jubiläumstag abzustellen sei. Das Bundesarbeitsgericht habe sich in der zitierten Entscheidung (10 AZR 635/13) ausführlich mit der Fälligkeit von Sonderzahlungen für Betriebszugehörigkeit auseinandergesetzt. Danach solle nicht das Jubiläum honoriert werden, sondern die Betriebstreue, die bereits im Jahr 2014 mit 30 Jahren von ihm erreicht worden sei. Der Anspruch habe ihm nicht mehr rückwirkend genommen werden können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15. Oktober 2015 - 5 Ca 1040/15 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 750,-- EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Februar 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, der Kläger wiederhole in der Berufungsbegründung seinen bisherigen Vortrag, ohne sich in irgendeiner Weise mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen. Der Kläger führe in seiner Berufungsbegründung zu Unrecht an, dass das Arbeitsgericht von der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abgewichen sei, obwohl das Arbeitsgericht zu Recht gerade auf diese Entscheidung zum Beleg für die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung verwiesen habe. Bemerkenswert sei, dass in der Berufungsbegründung behauptet werde, der Kläger habe "unstreitig" bereits im Jahr 2014 eine Betriebstreue von 30 Jahren erreicht. Wäre dies tatsächlich der Fall, würde es das vorliegende Verfahren nicht geben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Entgegen der Ansicht der Beklagten beinhaltet die Berufungsbegründung des Klägers eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger hat gerügt, dass das Arbeitsgericht in Abweichung der angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht auf die Betriebszugehörigkeit, sondern auf den Jubiläumstag abgestellt habe. Das Bundesarbeitsgericht habe sich in der zitierten Entscheidung ausführlich mit der Fälligkeit von Sonderzahlungen für Betriebszugehörigkeit auseinandergesetzt, wonach nicht das Jubiläum honoriert werden solle, sondern die Betriebstreue, die unstreitig bereits im Jahr 2014 mit 30 Jahren erreicht worden sei. Darin liegt ein ordnungsgemäß begründeter Angriff gegen die Argumentation des Arbeitsgerichts.

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte ist aufgrund der in ihrem Aushang vom 10. Dezember 2013 liegenden Gesamtzusage verpflichtet, dem Kläger für sein im Jahr 2014 erreichtes 30-jähriges Jubiläum den hierfür zugesagten Betrag in Höhe von 750,-- EUR brutto zu zahlen.

1. Nach dem Aushang der Beklagten vom 10. Dezember 2003 wird im Jahr 2014 die Betriebstreue der Mitarbeiter u.a. für ein 30-jähriges Jubiläum in Höhe von 750,-- EUR honoriert. Die vorausgesetzte Betriebstreue von 30 Jahren hat der Kläger in dem nach der Zusage maßgeblichen Jahr 2014 erreicht. Der Zeitraum von 30 Jahren wird nach § 187 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB berechnet. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses fällt mit dem Beginn des Tages zusammen, der als Beginn des Arbeitsverhältnisses vertraglich vereinbart ist ( BAG 09. April 2014 - 10 AZR 635/13 - Rn. 11, NZA 2014, 1083 [BAG 20.02.2014 - 2 AZR 859/11] ). Die Jahresfrist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Demnach hat der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis am 01. Januar 1985 begonnen hatte, mit Ablauf des 31. Dezember 2014, d.h. am 31. Dezember 2014, 24.00 Uhr, eine 30-jährige Beschäftigungszeit vollendet. Hiervon ist auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

2. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts und der Ansicht der Beklagten steht dem Anspruch nicht entgegen, dass der Tag der Fälligkeit in das Jahr 2015 fällt.

Der Wortlaut der Zusage vom 10. Dezember 2013 verlangt als eindeutige Anspruchsvoraussetzung nur, dass im Jahr 2014 die vorausgesetzte Betriebstreue erreicht wird. Dass der zur Honorierung des im Jahr 2014 erreichten Jubiläums zugesagte Betrag mit der "Entgeltabrechnung des Jubiläumsmonats" ausgezahlt wird, ist nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern als Rechtsfolge formuliert. Nach Sinn und Zweck der Gesamtzusage reicht die Vollendung der vorausgesetzten Betriebstreue im Jahr 2014 für den sich danach ergebenden Anspruch auf Jubiläumsgeld aus. Die Regelung bezweckt ausschließlich, eine bestimmte Betriebstreue des Arbeitnehmers zu honorieren. Die besondere Betriebstreue, die mit der Zusage honoriert werden soll, hat der Kläger mit seinem 30-jährigen Jubiläum im festgelegten Anspruchsjahr 2014 erreicht, womit alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, auch wenn der zugesagte Betrag erst im nachfolgenden Jahr zur Auszahlung fällig wird.

Mithin ist sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung auf die Vollendung der vorausgesetzten Betriebstreue im Jahr 2014 abzustellen, während die sodann geregelte Auszahlung des danach geschuldeten Betrags lediglich die Fälligkeit der geschuldeten Zahlung festlegt (vgl. hierzu BAG 09. April 2014 - 10 AZR 635/13 - Rn. 14 ff., NZA 2014, 1038 [BAG 09.04.2014 - 10 AZR 635/13] ).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 1 ArbGG) nicht vorliegen.



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