Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 3 Sa 572/13

"Ich verzichte auf die Leitungsstelle" - Kündigung?

Eine Willenserklärung kann nur dann als Kündigung qualifiziert werden, wenn sich aus ihr der Wille ergibt, das Arbeitsverhältnis für die Zukunft zu beenden. Gemäß § 133 BGB ist die Erklärung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen konnte. Es kommt darauf an, wie ein objektiv urteilender Erklärungsempfänger die Erklärung verstehen durfte. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Willenserklärung mehrdeutig ist. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der zu Recht verstandenen Interessenlage entspricht.
Für die außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers gelten die gleichen Maßstabe und Grundsätze wie für die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers.

Hier: Die folgende schriftliche Aussage einer Arbeitnehmerin, die zunächst als examinierte Altenpflegekraft und dann als Wohnbereisleiterin beschäftigt ist, ist nicht als Kündigungserklärung auszulegen, da sie sich nur auf die Leitungsstelle bezieht:
"Ich verzichte mich ab 19.09.13 auf die WBL Stelle. C."

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.11.2013, Az.: 4 Ca 1891/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob eine schriftliche Erklärung der Klägerin als fristlose Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses zu verstehen ist, oder aber nicht.

Die Klägerin wurde von dem Beklagten im Oktober 2009 als examinierte Altenpflegerin eingestellt; hinsichtlich des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 4 bis 6 d. A. Bezug genommen. Aufgrund einer Arbeitsvertragsänderung vom 11.08.2010, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 7 d. A. Bezug genommen wird, wurde die Klägerin sodann ab dem 01.09.2010 als Wohnbereichsleitung weiterbeschäftigt.

Am 19.09.2013 hat die Klägerin folgendes schriftlich erklärt:

"Ich verzichte mich ab 19.09.13 auf die WBL Stelle. C."

Die Klägerin hat dies unterzeichnet.

Der Beklagte hat darauf mit Schreiben vom 19.09.2013 wie folgt reagiert:

"Einschreiben mit Rückschein

Frau

 C.

C-Straße

 A-Stadt

Bestätigung Ihrer Beendigungskündigung vom 19.09.2013

Sehr geehrte Frau C.,

hiermit bestätigen wir den Erhalt Ihrer fristlosen Kündigung zum 19.09.2013.

Wir bedauern Ihren Entschluss sehr und bedanken uns für die Zusammenarbeit.

Für Ihren weiteren beruflichen als auch persönlichen Lebensweg wünschen wir Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen...."

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 21.10.2013 erhobenen Klage.

 

Die Klägerin hat vorgetragen,

sie habe lediglich erklärt, dass sie künftig keine leitende Stelle mehr ausüben möchte, sondern nur, wie zuvor, als Altenpflegerin arbeiten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch eine fristlose Kündigung zum 19.09.2013 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen,

das streitgegenständliche Schreiben der Klägerin sei als fristlose Kündigung zu verstehen; dies gelte erst Recht im Hinblick auf das - unstreitige - Verhalten der Klägerin, die nach Abfassung und Übermittlung des Schreibens vom 19.09.2009 das Heim verlassen und im Anschluss daran dem Beklagten eine Krankmeldung übermittelt hatte. Die Klägerin sei offensichtlich wegen der Nichtgewährung von Urlaub derart erzürnt gewesen, dass sie schriftlich gekündigt, ihre Sachen gepackt und sofort das Haus verlassen habe.

Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 20.11.2013 - 4 Ca 1891/13 - festgestellt. dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch eine Kündigung vom 19.09.2013 aufgelöst worden ist.

Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 41 bis 43 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 29.11.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte durch am 19.12.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 20.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Klage der Klägerin sei verfristet und im Übrigen habe die Klägerin eine Eigenkündigung ausgesprochen die weder in ihrem Wortlaut noch nach den näheren Umständen als Änderungskündigung zu verstehen gewesen sei. Damit sei das Arbeitsverhältnis aufgrund fristloser Kündigung der Klägerin beendet worden.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 10.01.2014 (Bl. 67 bis 71 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 72 bis 75 d. A.) sowie auf ihren Schriftsatz vom 27.03.2014 (Bl. 90 bis 92 d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.11.2013, Az.: 4 Ca 1891/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, da das Schreiben vom 19.09.2013 nicht als schriftliche Kündigung verstanden werden könne, könne auch die Frist des § 4 KSchG nicht in Gang gesetzt werden. Sie habe keinesfalls selbst das Arbeitsverhältnis mit dem Schreiben unter dem 19.09.2013 gekündigt. Dazu habe auch keine Veranlassung bestanden. Der Inhalt des Schreibens könne nur so verstanden werden, dass die Klägerin lediglich auf ihre leitende Stelle verzichten und nur noch als Altenpflegerin - wie auch schon in der Vergangenheit - arbeiten wolle. Der Wille, das Arbeitsverhältnis für die Zukunft insgesamt zu beenden, habe nie bestanden und könne auch dem Schreiben bei verständiger Würdigung nicht entnommen werden.

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 23.01.2014 (Bl. 78 bis 80 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 31.03.2014.

Entscheidungsgründe

I.  Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.  Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Feststellung verlangen kann, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch eine Kündigung vom 19.09.2013 aufgelöst worden ist.

Der Begründetheit der Klage steht vorliegend § 4 KSchG entgegen der Auffassung des Beklagten entgegen, da mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen ist, dass das streitgegenständliche Schreiben nicht als Kündigungserklärung zu qualifizieren ist.

Denn eine Willenserklärung kann nur dann als Kündigung qualifiziert werden, wenn sich aus ihr der Wille ergibt, das Arbeitsverhältnis für die Zukunft zu beenden. Gemäß § 133 BGB ist die Erklärung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen konnte. Es kommt darauf an, wie ein objektiv urteilender Erklärungsempfänger die Erklärung verstehen durfte. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Willenserklärung mehrdeutig ist. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der zu Recht verstandenen Interessenlage entspricht.

Für die außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers gelten die gleichen Maßstabe und Grundsätze wie für die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers (BAG 12.3.2009 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 8; 19.10.1967 EzA § 124 GewO Nr. 1; Hess. LAG 25.05.2011 LAGE § 626 BGB 2002 Eigenkündigung Nr. 2; APS/Dörner/Vossen § 626 BGB Rn. 394 ff., vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 4, Rz. 3553 ff. = S. 2068 ff.). Die Kündigung muss gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen (BAG 12.03.2009 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 8; LAG RhlPf 22.04.2004 NZA-RR 2005, 251), ihr hat i.d.R. eine Abmahnung vorauszugehen (BAG 12.03.2009 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 8; 17.01.2002 EzA § 628 BGB Nr. 20; LAG Köln 29.03.2006 - 2 Sa 1571/05, EzA-SD 21/06 S. 8 LS; s.a. BSG 6.2.2003 - B 7 AL 72/01 R, EzA-SD 4/03, S. 16 LS), die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist anzuwenden und es hat eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden. Für den wichtigen Grund ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Es ist i.d.R. rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Arbeitnehmer beim Fehlen eines wichtigen Grundes später selbst auf die Unwirksamkeit der Kündigung beruft (BAG 04.12.1997 EzA § 626 BGB Eigenkündigung Nr. 1; 12.03.2009 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 8; 09.06.2011 - 2 AZR 418/10, EzA-SD 24/2011 S. 3; Hess. LAG 25.05.2011 LAGE § 626 BGB 2002 Eigenkündigung Nr. 2). Das gilt jedenfalls i.d.R. für den Fall, dass der Arbeitnehmer selbst unmissverständlich und definitiv außerordentlich gekündigt hatte und sich weder in einer seelischen Zwangslage befand noch sonst in unzulässiger Weise in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wurde (BAG 09.06.2011 2 AZR 418/10 EzA-SD 24/2011 S. 3). Dies gilt sowohl hinsichtlich des Fehlens eines wichtigen Grundes, als auch hinsichtlich der Einhaltung einer vereinbarten und der gesetzlichen (§ 623 BGB) Schriftform. Wurde zunächst angenommen, dass lediglich besondere Umstände ein Berufen auf die Unwirksamkeit der Eigenkündigung als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnten (BAG 16.01.2003 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 3), geht das BAG (12.03.2009 EzA § 242 BGB 2002 Kündigung Nr. 8; 09.06.2011 - 2 AZR 418/10, EzA-SD 24/2011 S. 3; Hess LAG 25.05.2011 LAGE § 626 BGB 2002 Eigenkündigung Nr. 2) inzwischen davon aus, dass der Arbeitnehmer, der schriftlich außerordentlich gekündigt hat, dann, wenn der Arbeitgeber die Kündigung trotz Fehlen eines wichtigen Grundes hingenommen hat und die Unwirksamkeit nicht gerichtlich geltend gemacht hat, sich regelmäßig nicht auf die Unwirksamkeit berufen kann. Denn andernfalls verstößt er gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Wenn das Gesetz die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung an das Vorliegen eines wichtigen Grundes knüpft, so geschieht dies zudem nicht, um dem Kündigenden die Möglichkeit zu eröffnen, seine einmal bekundete Lösungsabsicht rückgängig zu machen. Vielmehr soll - ganz im Gegenteil - der Vertragspartner von einem ihn plötzlich treffenden Vertragsbruch geschützt werden.

Umstände, die den Vorwurf treuwidrigen Verhaltens begründen, liegen ohnehin dann vor, wenn das unwirksame Rechtsgeschäft tatsächlich umgesetzt, der unwirksame Rechtsakt auch tatsächlich vollzogen und beim Arbeitgeber das berechtigte Vertrauen erweckt wird, der Arbeitnehmer halte an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fest (Hess. LAG 25.05.2011 LAGE § 626 BGB 2002 Eigenkündigung Nr. 2).

Für die Arbeitgeberkündigung gelten insoweit folgende Grundsätze:

Inhaltlich muss das Schreiben nicht das Wort Kündigung enthalten; ausreichend ist, dass vom Empfängerhorizont her der Wille, das Arbeitsverhältnis durch einseitige Gestaltungserklärung für die Zukunft lösen zu wollen, eindeutig zum Ausdruck kommt. Zur Angabe des Kündigungsgrundes verpflichtet § 623 BGB ebenso wenig wie zur Angabe der Kündigungsfrist (s. dazu LAG Köln 06.10.2005 NZA-RR 2006, 353). Bleibt allerdings unklar, ob eine außerordentliche oder eine ordentliche Kündigung gewollt ist, führt dies dazu, dass es sich im Zweifel um eine ordentliche Kündigung als die normale Beendigungsmöglichkeit des Arbeitsverhältnisses handelt (LAG Köln 06.10.2005 NZA-RR 2006, 353); formnichtig ist eine derartige Kündigung jedoch nicht, denn die Kündigung als solche steht fest (APS/Greiner § 623 Rn. 30).

Bei der Änderungskündigung ist die Schriftform auch für das Änderungsangebot zu beachten (BAG 16.09.2004 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 2; LAG Köln 26.09.2003 LAGE § 623 BGB 2002 Nr. 2 a; s. Rdnr. 3064), denn es handelt sich um einen tatsächlich und rechtlich einheitlichen Tatbestand, der lediglich aus zwei Willenserklärungen zusammengesetzt ist. Nicht formbedürftig ist dagegen, die Annahme durch den Arbeitnehmer, denn der Änderungsvertrag als solcher ist nicht formbedürftig (APS/Greiner § 623 Nr. 32; Dassau ZTR 2000, 290; a.A. Sanden/Siebert AuR 2000, 291). Dabei kommt es nicht darauf an, ob Kündigung oder Änderungsangebot in einem Schriftstück zusammengefasst sind (KDZ/Däubler § 623 BGB Rn 11).

Von welchen inhaltlichen Kriterien insoweit bei der Feststellung der Bestimmtheit der Kündigung und der notwendigen Eindeutigkeit des Beendigungswillens auszugehen ist, verdeutlicht der aktuelle Diskurs in der Rechtsprechung des 2., 5. und 6. Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, a. a. O., 11. Aufl. 2014, Rz. 40 ff.)

Es gilt der Grundsatz der notwendigen Bestimmtheit der Kündigung (s. Müller FA 2013, 290 ff). Denn eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Deshalb muss sich aus der Erklärung oder den Umständen zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 23.05.2013 EzA § 23 KSchG Nr. 39 = NZA 2013, 1197). eine Kündigung ist also folglich bestimmt und unmissverständlich zu erklären (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137); eine Kündigung zu einem bestimmten Datum ist ein anderes Rechtsgeschäft als eine Kündigung zu einem anderen Datum (BAG 15.05.2013 - 5 AZR 130/12 - EzA-SD 18/2013, S. 3 = NZA 2013, 1076). Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Danach muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137), ohne dass der Arbeitnehmer darüber rätseln muss, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung genannten Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte (BAG 15.05.2013 - 5 AZR 130/12 - EzA-SD 18/2013, S. 3 = NZA 2013, 1076; 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - BAGE 135, 225). Dafür genügt bei einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137). Ein Hinweis auf die maßgebliche gesetzliche Regelung reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis ende soll (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 611 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137). Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 611 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137; 05.02.2009 - 6 AZR 151/08 - BAGE 129, 265). Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung u.a. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137; 15.12.2005 - 2 AZR 148/05 - BAGE 116, 226). Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Staudinger/Oetker 2012 Vorbem. zu §§ 620 ff. Rn. 125; ähnlich Eisemann NZA 2001, 601, 602). Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (vgl. Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176 Raab RdA 2004, 321, 326). eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wen in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137; 21.10.1981 - 7 AZR 407/79 -).

Das Urteil des BAG vom 01.09.2010 (- 5 AZR700/09 - BAGE 135, 255) geht von keinen anderen Voraussetzungen für eine hinreichend bestimmte Kündigung aus. dort war zu beurteilen, ob sich bei einer Kündigung, die einen bestimmten Kündigungstermin nennt, durch Auslegung ein anderer Kündigungstermin ermitteln lässt, wenn die Kündigung keine weiteren Angaben enthält. In diesem Zusammenhang hat das BAG (a.a.O.) ausgeführt, auch das Bestimmtheitsgebot stehe der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers darüber zu rätseln, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung angegeben Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könne (vgl. BAG 01.09.2010 - 5 AZR 700/09 -). Dem ist nicht zu entnehmen, ohne Angabe eines datierten Kündigungstermins handle es sich nicht um eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung; vielmehr ist auch danach eine Kündigungserklärung in der Regel auslegungsfähig (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - EzA § 622 BGB 2002 Nr. 9 = NZA 2013, 1137). Der Kündigende muss den Wirkungszeitpunkt seiner Willenserklärung so bestimmen, dass der Empfänger unschwer ermitteln kann, zu welchem Datum das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG 15.05.2013 - 5 AZR 130/12 - EzA-SD 18/2013, S. 3 = NzA 2013, 1076). Dem genügt die Kündigung jedenfalls dann, wenn sie nicht nur ein bestimmtes Datum, sondern auch den Zusatz "fristgemäß zum" enthält und wenn zwischen den Parteien außer Streit steht, dass für ihr Arbeitsverhältnis keine anderen als die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Der Arbeitnehmer kann dann anhand von § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB in einem einfachen Rechenschritt die maßgebliche Kündigungsfrist selbst berechnen, ohne dass er von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB in die Irre geführt werden könnte (BAG 15.05.2013 - 5 AZR 130/12 - EzA-SD 18/2013, S. 3 = NZA 2013, 1076). Die Kündigung muss im Übrigen insgesamt den Beendigungswillen eindeutig zum Ausdruck bringen (ausf. APS/Preis Grundlagen D Rn. 33 ff.; Busemann/Schäfer Rn 20 ff). Der Gekündigte muss Klarheit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhalten. Deshalb bestehen z.B. gegen die Annahme einer Kündigung erhebliche Bedenken, wenn in einem Schreiben lediglich von einer "vorübergehenden Ausstellung" die Rede ist (LAG RhPf 14.07.2004 NZA-RR 2005, 274).

Im Übrigen gilt folgendes:

Für die Kündigung gilt der Grundsatz der Klarheit, d.h. der Beendigungswille und   -zeitpunkt müssen sich eindeutig, zumindest im Wege der Auslegung unter Zuhilfenahme von Gesetz, Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung ergeben. Daraus folgt die grundsätzliche Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung. Auch die Verbindung einer Kündigung mit einer unzulässigen (auflösenden) Bedingung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Zulässig sind dagegen Kündigungen unter sog. Potestativbedingungen, weil es bei ihnen der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, ob er die Kündigung wirksam werden lässt oder nicht. Deshalb werden derartige Kündigungen allgemein als wirksam angesehen (LAG Köln 06.02.2002 NZA-RR 2003, 18). Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht nur außerordentlich fristlos, sondern zugleich hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin, ist die ordentliche Kündigung weder in unzulässiger Weise bedingt noch zu unbestimmt (BAG 23.05.2013 EzA § 23 KSchG Nr. 39 = NZA 2013, 1197). Auch eine "hilfsweise" oder "vorsorglich" erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz "hilfsweise" oder "vorsorglich" macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen also nicht etwa verzichten will (BAG 12. Oktober 1954 - 2 AZR 36/53 - zu III der Gründe, BAGE 1, 110). Die "hilfsweise" oder "vorsorglich" erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn 22) - auflösenden Rechtsbedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist (ähnlich KR/Gribeling 10. Aufl. § 1 KSchG rn .169), BAG 23.05.2013 EzA § 23 KSchG Nr. 39 = NzA 2013, 1197). Eine normativ geregelte Ausnahme von der Bedingungsfeindlichkeit bildet die Änderungskündigung gem.- § 2 KSchG, weil der Kündigungsempfänger unmittelbar überblicken kann, ob die Kündigung wirksam wird oder nicht.

In Anwendung dieser Grundsätze kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass vorliegend eine fristlose Arbeitnehmerkündigung gegeben ist und zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat.

Dem Schreiben lässt sich zwar entnehmen, dass die Klägerin eine sofortige ("fristlos") Änderung in dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis herbeizuführen wünscht. Der weitere Wortlaut spricht aber eindeutig dafür, dass es nur um die Leitungsfunktion der Klägerin geht, die diese zuletzt inne hatte. Der Wille, das Arbeitsverhältnis zu beenden, folgt daraus jedoch nicht. Insofern bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass eine außerordentliche und/oder ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewollt, noch dafür, dass eine außerordentliche und/oder ordentliche Änderungskündigung beabsichtigt war. Vom Empfängerhorizont her war aufgrund der schriftlichen Erklärung schlicht unklar, was gewollt war.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Klage als begründet.

Das Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus Sicht des Beklagten verständlich - deutlich, dass der Beklagte mit dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis der Beurteilung des hier maßgeblichen Streitgegenstandes nicht einverstanden ist, der die Kammer letztlich folgt.

Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren insbesondere darauf abstellt, dass eine Kündigungserklärung hinreichend bestimmt und so deutlich sein muss, dass der Gekündigte Klarheit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhält, folgt die Kammer dem, wie dargelegt ausdrücklich. Allerdings besteht die Konsequenz entgegen der Auffassung der Beklagten nicht etwa darin, dass die Klägerin an einer gar nicht erklärten Kündigung festzuhalten ist, sondern darin, dass die Anforderungen an eine Kündigungserklärung schlicht nicht gegeben sind.

Nach alledem war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.



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