Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 6 Sa 30/15

Hausverbot und Kündigung wegen Weigerung, den Betrieb zu verlassen

(1.) Die Ausübung des Hausrechts unterliegt Beschränkungen, wenn der Inhaber zur Gestattung des Aufenthalts vertraglich verpflichtet ist. Denn durch den Vertrag hat der Inhaber des Hausrechts seine Interessen freiwillig gestaltet. Zwar müssen seine Rechte und Interessen (insb. Eigentums-, Unternehmer- und Privatautonomiegrundrechte) gegen die des Arbeitnehmers (insb. dessen Persönlichkeitsrecht) abgewogen werden. Die Abwägung führt aber dazu, dass ein den Vertrag vereitelndes Hausverbot der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf.

(2.) Ist der Arbeitgeber wegen einer nicht unerheblichen Auseinandersetzung mit einer Arbeitnehmerin berechtigt diese des Büros zu verweisen, so begeht die Arbeitnehmerin eine erhebliche Pflichtverletzung, wenn sie trotz mehrfacher Aufforderungen den Arbeitsplatz nicht verlässt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Verzicht auf die Arbeitsleistung nicht schriftlich erklärt. Es handelt sich hierbei um ein Verhalten, das generell geeignet ist eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

(3.) Eine Freistellungserklärung unter Fortzahlung der Vergütung lässt erkennen, dass der Arbeitgeber sich in der Lage sieht, das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Eine außerordentliche Kündigung kommt dann nicht in Betracht.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Im vorliegenden Fall kündigte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin bereits in der Probezeit, da sie nicht schnell genug arbeite. In der Folge kam es zu einem Streit über die Arbeitsleistung der Klägerin, in dessen Verlauf der beklagte Arbeitgeber die Arbeitnehmerin zum Verlassen des Betriebes aufforderte. Dies lehnte die Arbeitnehmerin ab, da sie ihre Arbeitsleistung erbringen müsse. Daraufhin erteilte der Arbeitgeber ein Hausverbot und wiederholte seine Aufforderung. Die Arbeitnehmerin verlangte eine schriftliche Bestätigung für den Verzicht auf ihre Arbeitsleistung. Erst als der Arbeitgeber eine schriftliche Bestätigung mündlich zusagte - zuvor war bereits die Polizei verständigt worden -, verließ die Arbeitnehmerin den Betrieb. Im Rahmen erklärte der Arbeitgeber zudem, die Arbeitnehmerin sei unter Fortzahlung ihrer Bezüge bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt. Im Nachhinein sprach der Arbeitgeber wegen dieses Vorfalls die außerordentliche Kündigung aus, gegen die die Arbeitnehmerin vorliegend klagt.
Wie schon die Vorinstanz hält das Landesarbeitsgericht die Kündigung für unwirksam. Zwar habe an sich ein Grund zur außerordentlichen Kündigung vorgelegen, allerdings habe der Arbeitgeber durch seine Freistellungserklärung unter Lohnfortzahlung zu verstehen gegeben, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum Ende der Kündigungsfrist für ihn nicht unzumutbar ist.

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03. Dezember 2014 - 6 Ca 4819/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und über eine Zeugnisberichtigung.

Die 1966 geborene, ledige Klägerin war beim Beklagten aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29. Juli 2013 (im Folgenden: AV), wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 26 ff. d. A. verwiesen wird, ab 1. November 2013 als Steuerberaterin und vereidigte Buchprüferin zu einem Bruttomonatsverdienst von 4.100 EUR beschäftigt. Der Beklagte ist - wie ua. sein Sohn, Rechtsanwalt und Steuerberater Marc R. C. - Partner der C. + Partner Steuerberater-Rechtsanwalt-Partner-gesellschaft, die sich die Räumlichkeiten mit der Einzelpraxis des Beklagten teilt und der der Beklagte auch zuarbeitet. Die Klägerin war während des Beschäftigungsverhältnisses auch für die C. + Partner Steuerberater-Rechtsanwalt-Partnergesellschaft tätig und unterlag Weisungen von deren Partnern.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit ordentlich zum 31. Januar 2014 und führte zur Begründung an, die Klägerin benötige für von ihr zu verrichtende Tätigkeiten zuviel Zeit. Nach Erhalt der Kündigung erklärte die Klägerin mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 7. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf die Kündigung, sie werde weder auf seinen unseriösen Vortrag und die dargelegten Halbwahrheiten, noch darauf weiter eingehen, dass dem Beklagten als Einzelpraxis die im Kündigungsschreiben verwandte Wir-Form nicht zustehe. Sie teilte dem Beklagten weiter ua. mit, Überstunden künftig nur nach Vorankündigung und bei Festlegung des zeitlichen Rahmens leisten zu wollen und bat ihn unter Hinweis darauf, dass ihr privates Laptop lediglich 30 Sekunden zum Herunterfahren brauche, endlich die seit Arbeitsbeginn bestehende Langsamkeit des Arbeitslaptops von 10-15 Minuten beheben zu lassen.

Am 9. Dezember 2013 fragte der Sohn des Beklagten unter Hinweis auf ein bestehendes Weisungsrecht bei der Klägerin per E-Mail an, wann mit der Fertigstellung zweier von der Klägerin zu bearbeitender Vorgänge zu rechnen sei. Die Klägerin antwortete per E-Mail, Termine könne Sie ihm nicht nennen, sie werde jedoch an den mitgeteilten Planungspunkten weiterarbeiten, um die Unterlagen baldmöglichst zur Verfügung stellen zu können. Gegen Ende lautet die E-Mail wie folgt:

 „P.S.: Kleiner Hinweis am Rande: Bei Berufsträgern (Verhältnis vBP zu StB/RA, etc.) ist hinsichtlich des Weisungsrechts das Berufsrecht maßgebend. Die Wirtschaftsprüferkammer in Berlin erteilt gerne nähere Auskünfte.“

Mit E-Mail vom 11. Dezember 2013 erinnerte die Klägerin den Beklagten an ihren für den 13. Dezember gestellten Urlaubsantrag zum Besuch der Arbeitsagentur unter gleichzeitigem Hinweis, dass der Beklagte als Arbeitgeber alleinig den Umstand ihrer baldigen Arbeitslosigkeit zu vertreten habe. Im von der Klägerin zu führenden Tagesprotokoll zur Zeiterfassung nahm sie im Hinblick auf eine zu diesem Punkt geführte Unterredung der Parteien die Formulierung „peinliche Befragung durch den Beklagten“ auf.

Am 12. Dezember 2013 bemängelte der Sohn des Beklagten, die Vorgehensweise der Klägerin hinsichtlich der Erstellung angewiesener Ausdrucke widerspreche der im Haus bestehenden Organisation. Die Klägerin antwortete per E-Mail, dass die von ihr dargelegte Ablauforganisation berufsüblichen Standards entspreche, wie sie sie in renommierten Wirtschaftsprüfergesellschaften kennengelernt habe.

Am selben Tag gegen Mittag gerieten der Beklagte und die Klägerin am Arbeitsplatz der Klägerin über deren Arbeitsleistung und das von ihr dabei gezeigte Verhalten erneut in Streit. Der Beklagte forderte die Klägerin im Laufe der Auseinandersetzung auf, umgehend das Büro zu verlassen. Die Klägerin weigerte sich und erklärte, dass sie ihre Arbeitsleistung erbringen müsse. Daraufhin erteilte der Beklagte der Klägerin ein Hausverbot. Auch danach verließ die Klägerin das Büro nicht, sondern forderte den Beklagten auf, ihr das schriftlich zu geben. Der Beklagte wiederholte seine Aufforderung unter Androhung der Zuhilfenahme der Polizei und bekräftigte das Hausverbot. Die Klägerin beharrte auf ihrem Standpunkt und forderte erneut eine schriftliche Erklärung. Daraufhin öffnete der Beklagte die Bürotür und rief seiner Sekretärin zu, dass sie die Polizei anrufen solle, da eine Mitarbeiterin sich weigere zu gehen. Der hinzugekommene Sohn des Beklagten forderte die Klägerin sodann ebenfalls mehrfach zum Gehen auf. Auch ihm gegenüber beharrte die Klägerin auf ihrer Ansicht, sie könne nicht einfach ihren Arbeitsplatz während der Arbeitszeit verlassen und benötige etwas Schriftliches. Als schließlich der Sohn des Beklagten hierauf antwortete, dass sie mit sofortiger Wirkung unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der Arbeitsleistung bis zum 31. Januar 2014 freigestellt sei, packte die Klägerin ihre persönlichen Sachen und bat nochmals um eine schriftliche Bestätigung. Diese wurde ihr vom Sohn des Beklagten zugesagt. Daraufhin bestellte die Sekretärin des Beklagten die Polizei ab und die Klägerin händigte vor Verlassen des Büros ihre Büroschlüssel gegen Quittung aus.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013, das der Klägerin am 20. Dezember 2013 zuging, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Die Klägerin hat am 30. Dezember 2013 beim Arbeitsgericht Koblenz Kündigungsschutzklage erhoben. Nachdem sie am 06. Februar 2014 die Erteilung eines einfachen Arbeitszeugnisses angemahnt hatte, erteilte der Beklagte ihr unter dem Datum des 12. März 2014 - nicht auf seinem vollständigen Briefbogen - ein Arbeitszeugnis folgenden Inhaltes:

 „Frau A., A-Straße, A-Stadt, war bei mir in der Zeit vom 01. November 2013 bis zum 12. Dezember 2013 als Steuerberaterin und vereidigte Buchprüferin beschäftigt.

Für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg wünsche ich Frau A. alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

C-Stadt, den 12. März 2014

C.

Steuerberater

Vereidigter Buchprüfer“

Die Klägerin, die mit dem Zeugnis nicht einverstanden ist, hat ihre Klage am 20. Juni 2014 um einen Zeugnisberichtigungsantrag erweitert.

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie habe sich weder im Vorfeld, noch anlässlich des Vorfalls vom 12. Dezember 2013 etwas zu Schulden kommen lassen, was eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Sie sei über das wutentbrannte Verhalten des Beklagten am 12. Dezember 2013, der behauptet habe, sie wolle bestimmen, wo es lang gehe und mit erhobenem Arm „Raus!! Raus!!“ gebrüllt habe, erschüttert gewesen, dennoch ruhig und sachlich geblieben und habe auf ihrem Standpunkt bestanden, etwas Schriftliches zu benötigen, um - da nach ihrer Wahrnehmung zumindest anfangs niemand weiteres im Büro gewesen sei - nicht später dem unberechtigten Vorwurf der Arbeitsverweigerung ausgesetzt zu sein. Das erteilte Zeugnis sei zu berichtigen, insbesondere müssten ihre in den diesbezüglichen Klageanträgen genannten Arbeiten Erwähnung finden.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1.  festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2013 aufgelöst worden ist,

2.  den Beklagten zu verurteilen, dass der Klägerin unter dem Datum des 12. März 2014 erteilte Arbeitszeugnis wie folgt zu ändern:

-     Das Zeugnis ist auf dem vollständigem Briefbogen des Beklagten unter Angabe der Adresse sowie der sonstigen Kontaktdaten zu erteilen;

-     das Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses ist auf den 31. Januar 2014 zu ändern;

-     Zwischen dem ersten und dem zweiten Absatz ist folgender Absatz einzufügen:

Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit lag in der Steuerberatungsabteilung von C. & Partner StB RA mit der Aufstellung von Jahresabschlüssen von GmbH&Co.KG und GmbH und der Erstellung nebst Ausarbeitung von Steuererklärungen für diese Rechtsformen.

-     Das Ausstellungsdatum ist auf den 6. Februar 2014 zu datieren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt, weil die Klägerin sich in der ihr eigenen Art uneinsichtig gezeigt und gegen das mehrfach ausgesprochene Hausverbot verstoßen habe. Sie habe es generell als lästig empfunden, Weisungen entgegenzunehmen. Daran ändere auch die durch seinen Sohn erfolgte Freistellung nichts, weil die Freistellung zur Erbringung der Arbeitsleistung und der Hausfriedensbruch unterschiedliche Voraussetzungen hätten und die Freistellung eine fristlose Kündigung allenfalls im Falle eines Verzichts auf die Abmahnung eines Hausfriedensbruchs „verbrauchen“ könne. Ihm sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht zumutbar gewesen, da sie ihn mit ihrem Verhalten im Betrieb habe bloß stellen wollen, beleidigend gewesen sei und jeden Respekt habe vermissen lassen. Der Zeugnisberichtigungsantrag werde anerkannt, soweit es um die Erteilung des Zeugnisses auf seinem Briefbogen gehe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 03. Dezember 2014 der Kündigungsschutzklage und dem Zeugnisberichtigungsantrag weitgehend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei nicht gerechtfertigt. Die Nichtbefolgung einer wiederholten Aufforderung des Arbeitgebers, das Büro zu verlassen, stelle zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die an sich grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne, die Kündigung halte jedoch nach Berücksichtigung der Einzelfallumstände einer Wirksamkeitsprüfung nicht stand. Die Klägerin habe sich in dem offen kommunizierten Irrtum befunden, im Hinblick auf die grundsätzliche Arbeitsverpflichtung etwas Schriftliches zu benötigen (was der Beklagte leicht habe erfüllen können) und sich nicht grundsätzlich der Weisung, das Büro zu verlassen, widersetzen wollen. Ihr Verhalten sei zwar nicht rechtlich entschuldbar, jedoch deutlich weniger schwerwiegend, als wenn sie mit ihrem Verweilen rechtswidrige oder völlig haltlose Ziele verfolgt hätte. Schließlich habe sie auch ohne Eingreifen der Polizei das Büro verlassen. Zudem hätte es einer Abmahnung bedurft, zumal der Sohn des Beklagten die Klägerin unwidersprochen bis Ende Januar 2014 freigestellt habe, so dass die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass ihr keine weitergehenden rechtlichen Konsequenzen mehr drohen würden. Das Verhalten der Klägerin nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung könne die fristlose Kündigung nicht rechtfertigen, weil der Beklagte selbst im Kündigungsschreiben vom 12. Dezember 2013 zu erkennen gegeben habe, bis zu dem Vorfall an diesem Tag nur die Freistellung beabsichtigt zu haben. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Zeugnisberichtigung im ausgeurteilten Umfang; der weitergehenden Formulierung des Tätigkeitsinhalts wie beantragt bedürfe es allerdings nicht; sie könne auch keine Rückdatierung des Zeugnisses verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 168 bis 172 d. A. Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 16. Januar 2015 zugestellte Urteil mit am 02. Februar 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 16. April 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

Der Beklagte macht zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift (Bl. 199 ff. d. A.), auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend,

die fristlose Kündigung habe das Arbeitsverhältnis wirksam beendet, weil die Klägerin keinem - auch nicht vorgetragenen - Rechtsirrtum unterlegen sei, sie ihr perfides Spiel bis zum Letzten getrieben habe und erst die konkrete Drohung mit der Polizei zu ihrem Einlenken geführt habe. Der Klägerin sei mindestens zweimal Hausverbot erteilt worden, was in aller Kürze ausgesprochen werden könne und nicht schriftlich zu erteilen sei. Selbst wenn die Klägerin sich in dem Rechtsirrtum befunden haben solle, eine schriftliche Bestätigung zu benötigen, müsse sie sich fragen lassen, warum sie sich letztlich mit der mündlichen Äußerung seines Sohnes zufrieden gegeben habe, das spreche gegen einen Irrtum. Das Verhalten der Klägerin könne auch nicht isoliert ohne ihre Sticheleien, Beleidigungen und giftigen E-Mails aus den Tagen davor betrachtet werden. Auch aus einer nur das Austauschverhältnis und nicht den Bestand des Arbeitsverhältnis betreffenden Freistellung habe die Klägerin nicht schließen können, dass ihr weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht drohen, sonst könne ein Arbeitgeber bei einer Verdachtskündigung den Arbeitnehmer nicht zunächst freistellen und dann bei entsprechendem Ergebnis der Recherchen fristlos kündigen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03. Dezember 2014 - 6 Ca 4819/13, wird - soweit es der Klage stattgegeben hat - dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung teilweise zu verwerfen und im Übrigen zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 11. Juni 2015, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 222 d. A. Bezug genommen wird, im Wesentlichen wie folgt,

die Berufung sei als unzulässig zu verwerfen, soweit damit eine Abweisung der Zeugnisberichtigungsklage verlangt werde, weil sich der Beklagte diesbezüglich nicht mit den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung auseinandersetze. Die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet, weil es bereits an einem wichtigen Grund an sich fehle. Sie habe sich nach der verfrühten und mit nicht erforderlicher Begründung versehenen Probezeitkündigung durch den unzutreffenden Vorwurf bezüglich ihres Arbeitstempos stigmatisiert gefühlt, sich daher besonders um Korrektheit bemüht und ihre Arbeiten trotz des Angebots eines Aufhebungsvertrages ordnungsgemäß zu Ende bringen wollen. Dass dies auf den Beklagten provozierend gewirkt haben könne, habe er nie, insbesondere nicht in Form einer Abmahnung erklärt. Sie habe in der eskalierten und für sie bedrohlichen Situation in der Mittagspause am 12. Dezember 2013 „ausgeharrt“, weil sie befürchtet habe, der Beklagte werde ihr Verlassen des Büros zum Anlass nehmen, ihr wegen unentschuldigten Fehlens fristlos zu kündigen. Den erforderlichen triftigen Grund für das Hausverbot habe es nicht gegeben und die wesentliche Vertragsbedingung der Freistellung habe der Beklagte entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NachwG nicht schriftlich bestätigt. Jedenfalls habe sie mit dem Verlangen nach schriftlicher Bestätigung ein berechtigtes Interesse wahrgenommen. Hilfsweise sei die Kündigung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles unwirksam.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A  Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe a, c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 16. Januar 2015 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 02. Februar 2015 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO). Sie wurde innerhalb bis 16. April 2015 verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 16. April 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO), entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung auch im Hinblick auf den Zeugnisberichtigungsanspruch. Bezieht sich ein Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Rechtsmittelbegründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine Auseinandersetzung mit der Hauptbegründung kann nur dann genügen, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs von der des anderen abhängt (BAG 26. September 2007 - 5 AZR 870/06 - Rn. 16; 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - Rn. 61, jeweils zitiert nach juris). Ein derartiger Fall ist vorliegend gegeben. Zwar macht die Berufungsbegründung ausschließlich geltend, das Arbeitsverhältnis sei entgegen der Auffassung des Erstgerichts durch die außerordentliche Kündigung beendet worden und setzt sich nicht mit dem Ausspruch des Arbeitsgerichts zur Zeugnisberichtigung auseinander. Da der Beklagte jedoch ua. verurteilt wurde, das der Klägerin erteilte Zeugnis dahingehend zu korrigieren, dass das Arbeitsverhältnis erst mit dem 31. Januar 2014 - dem Ablauf der ordentlichen Probezeitkündigungsfrist - sein Ende gefunden hat, hängt die Begründetheit der Zeugnisberichtigungsklage zumindest insoweit von der Begründetheit der Kündigungsschutzklage ab. Vor diesem Hintergrund geht die Berufungskammer von einer ausreichenden Begründung der Berufung auch in Bezug auf den Anspruch der Klägerin auf Zeugnisberichtigung aus.

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2013 das Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung beendet hat und dass der Zeugnisberichtigungsanspruch der Klägerin - soweit nicht rechtskräftig abgewiesen - im ausgeurteilten Umfang besteht. Die Berufung des Beklagten unterlag insgesamt der Abweisung.

1. Die Kündigungsschutzklage der Klägerin ist begründet. Die außerordentliche, fristlose Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2013, die die Klägerin fristgemäß nach § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat, hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung beendet, da es an einem außerordentlichen Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

1.1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar war oder nicht (BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 265/14 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13 - Rn. 39; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 16; jeweils zitiert nach juris).

1.2. Ausgehend hiervon ist das Arbeitsgericht mit sorgfältiger und zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2013 die Voraussetzungen nach § 626 Abs. 1 BGB nicht erfüllt. Die Berufungskammer folgt zur Vermeidung von Wiederholungen den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils unter I (S. 7 bis 10 = Bl. 168 bis 171 d. A.) und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Angriffe der Berufung und das übrige Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren geben Anlass zu den nachfolgenden Erwägungen.

1.2.1. Entgegen der von der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung hat die Klägerin sich - wie vom Arbeitsgericht zu Recht angenommen - durch ihr Verhalten gegenüber dem Beklagten am 12. Dezember 2013 einer erheblichen Pflichtverletzung schuldig gemacht, die einen an sich zur Begründung einer außerordentlichen Kündigung geeigneten Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellt.

a) Es kann dahinstehen, ob der Beklagte gegenüber der Klägerin anlässlich des Streits am 12. Dezember 2013 ein wirksames Hausverbot ausgesprochen hat.

aa) Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht es seinem Inhaber, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt; in ihm kommt insbesondere die - ihrerseits aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) fließende - Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB); darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt; dazu gehört, dass rechtlich erhebliche Willensentscheidungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; das gilt in gleicher Weise für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit gestattet wird (vgl. insgesamt BGH 09. März 2012 V ZR 115/11 Rn. 8, 10, mwN, LAG Köln 17. September 2014 - 5 Sa 292/14 -Rn. 43, jeweils zitiert nach juris). Allerdings unterliegt die Ausübung des Hausrechts Beschränkungen, wenn der Inhaber zur Gestattung des Aufenthalts vertraglich verpflichtet ist (vgl. BGH 09. März 2012 - V ZR 115/11 - Rn. 10, ArbG Stuttgart 09. Juli 2014 - 11 Ca 1767/14 - Rn. 47, jeweils zitiert nach juris). Die zivilrechtliche Bindung, durch deren Begründung der Inhaber des Hausrechts seine Interessen freiwillig - privatautonom - gestaltet hat, führt dazu, dass die Berufung auf die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) und die unternehmerische Freiheit (Art. 12 GG) sowie die Ausübung der Eigentumsrechte (Art. 14 GG) deutlich an Gewicht verlieren; diese Grundrechte treten bei der gebotenen Abwägung hinter das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des von dem Hausverbot Betroffenen sowie das Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) zurück, da diese Regelungen insbesondere über die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB ebenfalls mittelbar in das Zivilrecht einwirken; die Abwägung führt dazu, dass ein den Vertrag vereitelndes Hausverbot der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf (vgl. BGH 09. März 2012 - V ZR 115/11 - Rn. 14, aaO).

bb) Auch wenn man ausgehend von diesen Grundsätzen zugunsten der Klägerin annehmen wollte, dass der Beklagte für den Ausspruch des Hausverbotes am 12. Dezember 2013 gewichtiger Sachgründe bedurfte, da die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt im - zwar ordentlich gekündigten, aber noch - bestehenden Arbeitsverhältnis befand und sie zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung darauf angewiesen war, den Betrieb zu betreten, kann dahinstehen, ob der Streit zwischen den Parteien ein solches Ausmaß angenommen hatte, dass solche Gründe vorliegend bejaht werden können.

b) Die Klägerin hat sich einer erheblichen Pflichtverletzung iSd. § 626 Abs. 1 BGB bereits deshalb schuldig gemacht, weil der Beklagte jedenfalls - ohne wesentliche Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen insgesamt - berechtigt war, sie angesichts der Auseinandersetzung in der Mittagspause am 12. Dezember 2013, dem Tag der Auseinandersetzung der Parteien, des Büros zu verweisen. Nachdem die Parteien in nicht unerheblicher Weise persönlich in Streit geraten waren, hat der Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin durch seine mehrfache Aufforderung, sie solle das Büro verlassen, unmissverständlich abgelehnt, ohne dass dieser Verzicht der Schriftform bedurft hätte. Der Beklagte ist dadurch mit der Annahme der Leistung der Klägerin gemäß §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB in Gläubigerverzug geraten. Unabhängig davon, aus welchen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigenden Beweggründen - etwa um sich abzusichern oder zur Sicherung von Beweisen - die Klägerin trotz mehrmaliger Ablehnung durch den Beklagten ihre Arbeit am 12. Dezember 2013 trotzdem weiter erbringen wollte bzw. sie eine schriftliche Bestätigung der Anweisung verlangt hat, hat sie sich der Aufforderung des Beklagten jedenfalls nachhaltig widersetzt. Selbst wenn die Klägerin der irrigen Auffassung gewesen sein sollte, der Beklagte habe sie nicht oder zumindest nicht ohne schriftliche Bestätigung des Betriebes verweisen dürfen, stünde dies der erheblichen Pflichtverletzung nicht entgegen. Maßgebend für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Vertragspflichtverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 32, zitiert nach juris). Dass die Klägerin sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden hätte, der nur gegeben wäre, wenn die Klägerin mit einem Unterliegen in einem Rechtsstreit nicht hätte rechnen müssen (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 34, aaO), ist nicht ersichtlich.

1.2.2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch angenommen, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Probezeitkündigungsfrist zumutbar war.

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen.

aa) Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 21, zitiert nach juris; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 mwN, jeweils zitiert nach juris).

bb) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 22; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16; aaO).

b) Gemessen hieran war es dem Beklagten zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Januar 2014, dem Zeitpunkt des Fristablaufs der bereits erklärten Probezeitkündigung, fortzusetzen. Zwar ist zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass die - noch nicht lange im Betrieb beschäftigte Klägerin - nach Ausspruch der Probezeitkündigung aus dahingestellten Gründen gegenüber dem Beklagten die Grenzen nur förmlichen Verhaltens möglicherweise überschritten hat, indem sie ihn schriftlich ua. des unseriösen Vortrags, der Äußerung von Halbwahrheiten, sowie der „peinlichen Befragung“ bezichtigte und ihn und den ihr gegenüber weisungsbefugten Sohn des Beklagten im Hinblick auf die Verwendung von Formulierungen, die Anwendung bestehenden Berufsrechts und die üblichen Abläufe in „renommierten Wirtschaftsprüfergesellschaften“ mit Belehrungen überzog. Auch wenn dieses einer Abmahnung zugängliche Verhalten der Klägerin, welches auch aus den vom Arbeitsgericht richtig festgehaltenen Gründen für sich genommen die außerordentliche Kündigung nicht begründen könnte, im Rahmen der Interessenabwägung nicht für die Klägerin spricht, überwiegen jedoch letztlich die zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Umstände, insbesondere im Hinblick auf den Kündigungsvorfall am 12. Dezember 2013. Die Klägerin hat - bereits vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet - im Rahmen der Auseinandersetzung vom Beklagten die schriftliche Bestätigung über den Verzicht auf ihre Arbeitsleistung und später den Ausspruch des Hausverbots verlangt und damit deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich nicht unter Herabwürdigung des Beklagten notorisch weigern wollte, dessen Anweisungen nachzukommen, sondern sich lediglich in der konkreten Streitsituation - wohl auch infolge der von ihr für unzutreffend erachteten vorangegangenen Kündigungsvorwürfe - absichern wollte. Folgerichtig hat sie den Betrieb auch verlassen, nachdem der Sohn der Beklagten ihr eine schriftliche Erklärung zumindest mündlich zugesagt hatte. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang weiter die Tatsache, dass der Sohn des Beklagten die Klägerin zuvor zuletzt mit sofortiger Wirkung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung ihrer Vergütung von ihrer Arbeitsleistung freigestellt hat, ohne dass der Beklagte diesen in seinem Namen abgegebenen Erklärungen entgegengetreten wäre, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Probezeitkündigungsfrist dem Beklagten unzumutbar war. Nachdem es im gesamten vorherigen Streit ausschließlich darum gegangen war, dass die Klägerin den Betrieb nur bei einer schriftlichen Bestätigung des Verzichts auf ihre Arbeitsleistung bzw. des Hausverbots verlassen wollte, konnten die Äußerungen des Sohnes des Beklagten nur so verstanden werden, dass damit die Auseinandersetzung beendet und das Arbeitsverhältnis bis zu seiner Beendigung - am 31. Januar 2014 - befriedet werden sollte. Der von der Berufung gezogene Vergleich mit einer zunächst erfolgten Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung und einer nachfolgenden Verdachtskündigung nach entsprechendem Rechercheergebnis verfängt mangels vergleichbarer Situation nicht. Während im Falle der Erhärtung eines Verdachtes neue Tatsachen im Vergleich zur Situation bei der vorangegangenen Freistellung hinzutreten, sind vorliegend neue Gründe, die eine Kündigung stützen können, gerade nicht ersichtlich, sondern der Beklagte stützt die Kündigung auf den Vorfall, auf den arbeitgeberseits am 12. Dezember 2013 mit einer Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung bei gleichzeitiger Rückgabe des Betriebsschlüssels reagiert werden sollte. Es kann dahinstehen, ob in der erfolgten Freistellung bereits ein Verzicht auf ein Kündigungsrecht insgesamt zu sehen sein könnte, der eindeutig sein muss, um ein entsprechendes Vertrauen des Arbeitnehmers zu rechtfertigen (vgl. zur Abmahnung: BAG 02. Februar 2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 22, auch: 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 11, jeweils zitiert nach juris). Jedenfalls lässt die Freistellungserklärung unter Fortzahlung der Vergütung erkennen, dass der Beklagte sich trotz des Vorfalls vom 12. Dezember 2013 in der Lage sah, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin auf diese Weise bis zum 31. Januar 2014 fortzusetzen.

2. Der Zeugnisberichtigungsantrag der Klägerin ist - soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens - begründet (§ 109 Abs. 1 Satz 1 GewO). Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich die Berufungskammer die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils unter II (S. 10 f. des Urteils = Bl. 171 f. d. A.) vollumfänglich zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 1 ArbGG). Die Berufung hat über den im Wege der Kündigungsschutzklage streitigen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses hinaus Einwendungen gegen die erstinstanzliche Entscheidung zur Zeugnisberichtigung nicht erhoben.

B  Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.



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