Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil vom - Az: 2 Sa 410/13

Fristlose Kündigung in der Freistellungsphase der Altersteilzeit

(1.) Ergeht gegen einen Arbeitnehmer ein Strafbefehl wegen der Begehung mehrerer Urkundendelikte, die einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen, so besteht ein dringender Tatverdacht, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

(2.) Gleiches gilt auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase einer Altersteilzeit befindet, insbesondere wenn eine Tat nach Beginn der Freistellungsphase begangen wird.

(3.) Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht, wenn -wie vorliegend- ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst seine Stellung ausnutzt um Befähigungszeugnisse zu erhalten, deren Voraussetzungen er nicht erfüllt.

(4.) Nicht entscheidend ist, ob dem Arbeitgeber Kosten entstanden sind oder die Taten Außenwirkung haben, da das Vertrauensverhältnis unabhängig davon beschädigt wird.

(5.) Vorliegend spricht auch eine Dienstzugehörigkeit von 37 Jahren und ein Alter von 59 Jahren nicht gegen die Wirksamkeit der Kündigung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Altersteilzeitverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch drei Jahre bestanden hätte.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19.09.2013 - 2 Ca 1427/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen eine fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses während der Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Der Kläger ist am ....1952 geboren. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 50. Beim beklagten Land war er seit dem 01.04.1974 als Decks- und Maschinenhelfer beschäftigt und bei der Wasserschutzpolizei in F. eingesetzt. Die Parteien haben am 20.08.2002 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell abgeschlossen, der bis zum 28.02.2015 läuft (BI. 6 - 7 d.A.). Seit dem 01.07.2011 befindet sich der Kläger in der Freistellungsphase. Zuletzt erhielt er Vergütung nach Egr.6 Stufe 6 TV-L i. H. v. 1.647,55 EUR netto einschließlich eines Aufstockungsbetrags von 380,55 EUR netto, entsprechend ca. 83 % des regulären Nettoentgeltes. Seit dem 01.05.2012 bezieht der Kläger Altersrente.

Der Kläger betreibt zwei Fahrgastschiffe auf der F. Förde, die MS M. und die MS J.. Hierfür war ihm eine Nebentätigkeit genehmigt worden.

In den Jahren 2008 bis 2011, zuletzt am 24.11.2011, beantragte der Kläger auf Anregung von POM M. und mit dessen maßgeblicher Unterstützung beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) die Erteilung verschiedener nautischer Befähigungszeugnisse, deren Voraussetzungen er nicht sämtlich erfüllte. Insoweit manipulierte M. die notwendigen Zeugnisse. Diese Befähigungszeugnisse benötigte der Kläger nicht für seine dienstliche Tätigkeit. Hinsichtlich der Einzelheiten der Anträge wird auf das angefochtene Urteil sowie die Akten verwiesen. Mit Strafbefehl vom 13.03.2013 (BI. 162-169 der Akte) zum Az. 590 Js 6078/13 = 41 Cs (16/13) wurde der Kläger wegen fünf selbstständiger Handlungen gemeinschaftlich handelnd mit dem gesondert verfolgten M. zu einer Gesamtgeldstrafe i. H. v. 650,00 EUR (65 Tagessätze) wegen des Gebrauchs von unechten Urkunden, der Bewirkung von falschen Urkunden und des Versuchs des Erschleichens von falschen Urkunden gemäß §§ 267 Abs. 1, 271 Abs. 1 und 4 StGB verurteilt. Zu Grunde lagen der strafrechtlichen Verurteilung die Anträge des Klägers beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in H. vom 18.07.2008, vom 08.08.2008, vom 18.02.2010, vom 14.11.2010 und vom 24.11.2011.

Die Beklagte erfuhr von den Anträgen des Klägers am 28.09.2011 und unterrichtete den Hauptpersonalrat unter dem 29.09.2011. Mit Schreiben vom 05.10.2011 (Anl. K 2, Bl. 12 d.A.) hörte sie den Kläger wegen drei manipulierter Zeugnisse und zweier Bescheinigungen vom BSH an. Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 12.10.2011 und 18.10.2011 die Zusendung von Unterlagen, die die Beklagte ihm am 13.10.2011 und am 26.10.2011, zuletzt mit Fristsetzung bis 02.11.2011, zusandte. Der Kläger äußerte sich zu den Vorwürfen nicht.

Am 10.11.2011 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt der Stadt F. die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers. Das Integrationsamt stimmte mit Bescheid vom 22.11.2011 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung und mit Bescheid vom 08.12.2011 der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers zu.

Die Zustimmung des Hauptpersonalrats beantragte das beklagte Land am 07.11.2011 (BI. 110 d.A.) zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung des Klägers wegen verschiedener Straftaten. Beigefügt war der Antrag an die Hauptfürsorgestelle mit Anlagen. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf das Schreiben vom 05.10.2011 und das Schreiben an die Hauptfürsorgestelle vom 10.11.2011 Bezug genommen. Der Hauptpersonalrat stimmte am 17.11.2011 der beabsichtigten ordentlichen und außerordentlichen Kündigung zu (BI. 115 d.A.).

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 23.11.2011 (Bl. 33 d.A.) das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich wegen des Verdachts von Straftaten. Die Kündigung ging dem Kläger am 28.11.2011 zu, nachdem sie ihm bereits zuvor am 23.11.2011 per Fax mitgeteilt worden war. Die ordentliche Kündigung nahm die Beklagte im Hinblick auf die tarifliche Unkündbarkeit des Klägers mit Schreiben vom 13.01.2012 zurück, wobei sie erklärte, an der außerordentlichen Kündigung festzuhalten.

Mit der am 14.12.2011 erhobenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger die fristlose Kündigung angegriffen. Er hat vorgetragen, wichtige Gründe in seinem Verhalten, die die Kündigung rechtfertigten, lägen nicht vor. Insbesondere könne der Verdacht von Straftaten nicht eine außerordentliche Kündigung während der Freistellungsphase der Altersteilzeit rechtfertigen. Das erforderliche Vertrauen könne nicht mehr zerstört werden. Im Hinblick auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses von 37 Jahren sei eine außerordentliche Kündigung während der Freistellungsphase nicht verhältnismäßig. Eine Interessenabwägung müsse zu Gunsten des Bestandsinteresses des Klägers ausfallen. Die lange Beschäftigung und die Schwerbehinderung seien vorrangig.

Das beklagte Land habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt und den Antrag bei der Hauptfürsorgestelle nicht fristwahrend gestellt.

Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung beteiligt worden. Das beklagte Land habe sowohl den Beginn der Freistellungsphase als auch die ordentliche Unkündbarkeit gegenüber dem Hauptpersonalrat falsch angegeben.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 23. November 2011 nicht aufgelöst worden sei, sondern über den 23. November 2011 hinaus fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, die Kündigung sei wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Urkundenfälschung, des Arbeitszeit- und Leistungsbetrugs und vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Hierdurch sei das auch während der Freistellungsphase eines Altersteilzeitverhältnisses für die Fortsetzung erforderliche Vertrauen zerstört worden. Die Zustimmung des Integrationsamtes zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung sei ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung unstreitig am 22.11.2011 erteilt worden. Der Personalrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

Inzwischen seien weitere Kündigungsgründe bekannt geworden. Es bestehe der dringende Verdacht des Arbeitszeitbetruges im Umfang von 15 Stunden (Wert ca. 540,00 EUR) und der Tätigkeit während einer Arbeitsunfähigkeit auf seinen Fahrgastschiffen an 18 Tagen (Schaden ca. 5.000,00 EUR). Der Kläger habe bei der Anzeige von Nebentätigkeiten unwahre Angaben zum Umfang und zu den erzielten Einkünften gemacht. Er habe auch Arbeit auf seinen privaten Schiffen als Arbeitszeit bei der Polizei eingetragen. Zu diesen weiteren Verdachtsvorwürfen habe sie den Hauptpersonalrat am 17.11.2011 und am 06.02.2012 angehört.

Das Arbeitsgericht hat die Akte des Strafverfahrens 590 Js 6078/13 = 41 Cs (16/13) AG Flensburg beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Mit dem angefochtenen Urteil vom 19.09.2013, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 18.11.2013 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 16.12.2013 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 19.02.2014 am 17.02.2014 begründet.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bestehe nicht ein wichtiger Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit seines Arbeitnehmers sei durch den Verdacht der strafbaren Handlung nicht zerstört worden. Der Antrag auf Erteilung des Patents habe nicht in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gestanden. Dem beklagten Land sei ein Nachteil nicht entstanden. Außerdienstliches Verhalten sei grundsätzlich nicht geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Das Patent habe der Kläger weder dienstlich noch außerdienstlich eingesetzt. Er fahre mit seinem Fahrgastschiff nicht in Gewässer, die dieses Patent erforderten. Nicht er selbst habe den Briefkopf des Wasserschutzpolizeireviers F. benutzt, sondern lediglich als Anschrift seiner Dienstadresse genannt. Gleichfalls habe er die Unterschrift ohne Nennung einer Dienstbezeichnung geleistet. Das Verhalten des Polizeiobermeisters M. sei ihm nicht zuzurechnen. Er, der Kläger, habe nicht Kenntnis davon gehabt, dass dieser weitere Schriftsätze in der Angelegenheit an den BSH gerichtet habe. Nicht nur der Kläger, sondern auch andere Arbeitskollegen seien von Herrn M. angesprochen worden, ob nicht auch sie Interesse daran hätten, ihre Patente erweitern zu lassen. Der Kläger sei ebenso wie seine Kollegen davon ausgegangen, dass sie alle Voraussetzungen hierfür erfüllten. Dies habe Herr M. auch bestätigt. Den Strafbefehl habe er zwar anerkannt, aber nur, weil er zum einen eingesehen habe, dass es nachlässig gewesen sei, seinem Arbeitskollegen blind zu vertrauen und Blankounterschriften abzugeben, was er bereue, und weil die Fortführung des Verfahrens für seine Nebentätigkeit mit den Fahrgastschiffen rufschädigend gewesen sei. Eine mündliche Verhandlung, bei der voraussichtlich auch die Presse anwesend gewesen wäre, habe er vermeiden wollen. Die verhängte Gesamtgeldstrafe i. H. v. 650,00 EUR sei im Verhältnis zu den zu erwartenden Umsatzeinbußen das geringere Übel gewesen. Das habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt.

Obwohl er die Anträge teilweise persönlich unterzeichnet habe, habe er den Inhalt nicht kontrolliert. Denn er sei davon ausgegangen, dass Herr M. nur die Unterlagen einreichte, die der Kläger im zugeleitet habe. Die strafrechtlichen Handlungen des Herrn M., von denen er nicht Kenntnis gehabt habe, habe er nicht gebilligt.

Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis seien zu befürchten. Der Kläger habe nicht mehr Kontakt zu seinen Kollegen und werde auch nicht nach außen hin für die Wasserschutzpolizei tätig. Dies sowie das 37 -jährige ungestörte Beschäftigungsverhältnis und die Schwerbehinderung des Klägers seien bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

Zudem habe das beklagte Land die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Das beklagte Land habe ab dem 28.09.2011 von den Anträgen des Klägers erfahren. Selbst wenn die Frist erst am 26.10.2011 begonnen hätte, sei sie nicht gewahrt. Eine wirksame Hemmung sei nicht eingetreten. Die Zweiwochenfrist sei bereits vor Einreichen des Antrags beim Integrationsamt verstrichen gewesen. Der Antrag datiere mit dem 04.11.2011, sei tatsächlich aber erst am 10.11.2011 beim Integrationsamt eingegangen. Die Frist sei aber bereits am 09.11.2011 abgelaufen.

Auch sei der Personalrat zur außerordentlichen Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Er, der Kläger, bestreite nach wie vor mit Nichtwissen, dass dem Personalrat die Angaben zur Person des Klägers und seine Sozialdaten ordnungsgemäß mitgeteilt worden seien. Dem Personalrat sei unter anderem mitgeteilt worden, dass der Kläger mit Wirkung vom 01.11.2011 in die Freistellungsphase eingetreten sei. Tatsächlich habe diese bereits am 01.07.2011 begonnen. Der Personalrat habe damit eine völlig falsche Vorstellung gehabt. Selbst wenn der Hauptpersonalrat grundsätzlich bei der Genehmigung von Altersteilzeitverträgen beteiligt werde, bestreite er, der Kläger, mit Nichtwissen, dass diese Unterlagen bei der Prüfung der außerordentlichen Kündigung hinzugezogen worden seien. Das beklagte Land habe dies auch nicht behauptet.

Darüber hinaus sei der Personalrat nicht ausreichend zur Kündigungsfrist, dem Kündigungszeitpunkt und dem Kündigungstermin unterrichtet worden. Auch sei nicht ersichtlich, dass ihm die eingetretenen Störungen und die nachteiligen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis dargelegt worden seien. Die Interessenabwägung sei dem Personalrat ebenso wenig wie die Tatsache, dass eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden sollte, mitgeteilt worden. Die Beschlussfähigkeit des Personalrats sei nicht geprüft worden. Die nach § 32 Abs. 2 MitbestG Schleswig-Holstein anzufertigende Niederschrift habe das beklagte Land nicht vorgelegt, obwohl der Kläger mit Schriftsatz vom 03.05.2012 ausdrücklich bestritten habe, dass der Personalrat beschlussfähig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 19. September 2013, Aktenzeichen 2 Ca 1427/11, wird abgeändert.

Es wird nach den Schlussanträgen erster Instanz erkannt.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen und trägt weiter vor, das Fehlverhalten des Klägers, nämlich der Verdacht der Begehung von Straftaten sei an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Straftat habe einen Bezug zum Arbeitsverhältnis. Die Taten seien in Zusammenarbeit mit Herrn M. unter Nutzung dienstlicher Ressourcen begangen worden. Die Schreiben seien auf dem Briefkopf des Wasserschutzpolizeireviers F. gefertigt worden. Der Kläger habe selbst in seinem Schreiben vom 10.06.2008 ausdrücklich auf seine Dienststellung beim Wasserschutzpolizeirevier F. hingewiesen. Zudem beruhe die Begründung der entsprechenden Anträge gerade auf der Tätigkeit des Klägers bei der Wasserschutzpolizei. Er habe angegeben, dass er die - tatsächlich nicht erfüllten - Voraussetzungen für die Befähigungsnachweise im Dienste des beklagten Landes realisiert habe. Auch in dem Schreiben vom 13.07.2011 habe der Kläger auf seine Tätigkeit verwiesen und wahrheitswidrig behauptet, Polizeiboote als eigenverantwortlicher Bootsführer geführt zu haben.

Soweit der Kläger behaupte, er habe von den Handlungen des Herrn M. nicht gewusst, handele es sich um eine Schutzbehauptung. Der Kläger habe die verschiedenen Anträge selbst unterschrieben. Die Anträge vom 10.06.2008 und 18.01.2010 seien überschaubar. Es seien nur wenige Kreuze angebracht. Selbst bei oberflächlicher Lektüre sei ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass die vom Kläger unterzeichneten Angaben unzutreffend waren. Im Antrag vom 01.07.2009 habe der Kläger wahrheitswidrig behauptet, er habe den Fachlehrgang Küste am 30.06.2007 erfolgreich abgeschlossen. Auch hier habe es sich auf angeblich ausgeübte Tätigkeiten auf Polizeibooten bezogen. Gleiches gelte für die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Antrag vom 13.07.2011.

Auch die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Zwar seien die lange Betriebszugehörigkeit und die Schwerbehinderung des Klägers zu berücksichtigen. Andererseits handele es sich bei den Taten des Klägers um wiederholte Straftaten, die das Vertrauen des beklagten Landes in eine redliche Pflichterfüllung des Klägers massiv beeinträchtigt hätten und die im Zusammenhang mit dem Dienst des Klägers bei der Wasserschutzpolizei erfolgt seien. Die Dienststelle sei in besonderer Weise für die Einhaltung der Strafgesetze verantwortlich.

Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung während der Freistellungsphase sei zulässig, wenn in dieser Zeit Straftaten begangen würden bzw. der Verdacht entstehe. Denn die Treue- und Fürsorgepflichtbeziehung der Arbeitsparteien bestehe fort. Der Kläger habe zudem deutlich gemacht, dass er sich durch die Freistellungsphase nicht von der Begehung weiterer Taten abhalten lasse. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei nicht zumutbar.

Die Kündigungserklärungsfrist sei eingehalten. Das beklagte Land habe nach erstmaliger Kenntnis am 28.09.2011 zunächst kurzfristig versucht, den Sachverhalt aufzuklären. Dazu sei der Kläger mit Schreiben vom 05.10.2011 aufgefordert worden, Stellung zu nehmen. Mit Anwaltsschreiben vom 12.10.2011 und 18.10.2011 habe der Kläger um weitere Informationen gebeten. Die Verdachtsmomente seien mit Schreiben vom 26.10.2011 nochmals konkretisiert und eine Stellungnahme bis zum 02.11.2011 angefordert worden. Der Kläger habe diese Frist verstreichen lassen. Dem beklagten Land habe der maßgebliche kündigungsrelevante Sachverhalt daher erst am 03.11.2011 vorgelegen. Erst an diesem Tag habe die Frist begonnen.

Das beklagte Land habe die Ermittlungen nicht verzögert. Der Kläger habe zunächst mit Schreiben vom 12.10.2011 wahrheitswidrig vorgetragen, er habe die für die Erlangung der nautischen Befähigungszeugnisse notwendigen Lehrgänge absolviert. Danach sei der Anwalt des Klägers auf den Irrtum hingewiesen worden. Daraufhin habe die Prozessbevollmächtigte des Klägers weitere Unterlagen erbeten. Dieser Wunsch habe nicht abgelehnt werden können. Daher seien die Unterlagen unter Fristsetzung übersandt worden.

Die Beteiligung des Integrationsamtes am 07.11.2011 habe die Kündigungserklärungsfrist gehemmt. Unmittelbar nach Eingang der Zustimmung sei unverzüglich die Kündigung ausgesprochen worden.

Der Hauptpersonalrat sei mit E-Mail vom 07.11.2011 angehört worden. Bereits vorher sei er laufend ab dem 29.09.2011 umfassend unterrichtet worden. Dies habe der Hauptpersonalrat in dem Zustimmungsschreiben vom 17.11.2011 ausdrücklich bestätigt. Unschädlich sei, dass in dem Schreiben an das Integrationsamt der Beginn der Freizeitphase fehlerhaft mit dem 01.11.2011 statt 01.07.2011 angegeben worden sei, sowie der Ausschluss der ordentlichen Kündigung nicht ausdrücklich angegeben worden sei. Aus den Angaben im Anhörungsschreiben - Geburtsdatum und Beschäftigungszeit - ergebe sich eindeutig die ordentliche Unkündbarkeit. Den Mitgliedern des Hauptpersonalrats sei dies bekannt gewesen. Die irrtümliche Angabe in dem Schreiben, dass eine ordentliche Kündigung möglich sei, habe sich nicht ausgewirkt, weil den Mitgliedern des Hauptpersonalrats die ordentliche Unkündbarkeit bekannt gewesen sei und der Hauptpersonalrat der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich zugestimmt habe. Zudem sei dem Personalrat bekannt gewesen, dass die Kündigung in der Freizeitphase der Altersteilzeit erfolgen solle. Der Hauptpersonalrat sei schon zuvor mit dem Personalvorgang der Altersteilzeit befasst gewesen. Eine Angabe einer Kündigungsfrist, des Kündigungszeitpunktes und des Kündigungstermins im Unterrichtungsschreiben an den Personalrat sei überflüssig, da im Fall einer außerordentlichen Kündigung die Kündigung unmittelbar nach Zugang der Zustimmung des Personalrates ausgesprochen werde. Die für die Interessenabwägung maßgeblichen Gesichtspunkte ergäben sich aus der dem Hauptpersonalrat übersandten Stellungnahme an das Integrationsamt. Dieses Schreiben enthalte auch den Hinweis auf eine Verdachtskündigung. Etwaige Verfahrensfehler im Verwaltungsablauf des Hauptpersonalrats seien nicht zu berücksichtigen, da sie sich nicht auf die Wirksamkeit der Zustimmung auswirkten. Derartige Mängel bestreite das beklagte Land.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist als Bestandsstreitigkeit statthaft, § 64 Abs. 2 ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Berufung inhaltlich ordnungsgemäß begründet worden ist, obwohl der Kläger im Wesentlichen seine erstinstanzlichen Argumente wiederholt. Es bestehen daher Bedenken hinsichtlich einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügenden Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Danach muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (LAG Berlin-Brandenburg vom 04.11.2010 - 26 Sa 1438/10 - NZA-RR 2011,153). Die Berufungsbegründung muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (BAG Urteil vom 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - NZA 2011,62; BAG vom 15.03.2011 - 9 AZR 813/09 - DB 2011,1532 = NZA 2011,767; BAG vom 18.05.2011 - 4 AZR 552/09 - NZA 2012,231).

Vorwiegend wird von einer gerade noch hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils ausgegangen, da es im Wesentlichen um die Bewertung des der Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalts geht.

2. In der Sache hat die Berufung jedoch nicht Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage gegen die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 23.11.2011, zugegangen am 28.11.2011, abgewiesen. Damit endete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 28.11.2011. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts verwiesen. Die Angriffe der Berufung führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

2.1 Streitgegenstand ist nur noch die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung des beklagten Landes. Dieser ist wirksam, da in die Beklagte berechtigterweise den durch Tatsachen begründeten dringenden Verdacht der Begehung von strafbaren Handlungen hatte, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. Dem beklagten Land ist es daher nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zu der vereinbarten Beendigung - 28.02.2015 - fortzuführen. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier der Fall.

Die außerordentliche Kündigung ist als Verdachtskündigung zulässig. Voraussetzung einer Verdachtskündigung ist, dass der Verdacht objektiv durch bestimmte im Zeitpunkt der Kündigung vorliegende (Indiz-)Tatsachen begründet ist. Der Verdacht muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Zudem muss er dringend sein und sich auf eine schwerwiegende Pflichtverletzung beziehen (KR-Etzel, Rn. 212 zu § 626 BGB).

Das beklagte Land hatte zu Recht den dringenden Verdacht, dass der Kläger sich durch mehrere Handlungen unter Verwendung von manipulierten Bescheinigungen nautische Befähigungszeugnisse beschafft hat, deren Voraussetzungen er nicht erfüllte. Dieser Verdacht ist durch den rechtskräftigen Strafbefehl vom 13.03.2013 (Bl. 162) bestärkt worden. Auch wenn das Arbeitsgericht gehalten ist, einem Entlastungsvorbringen des Klägers durch Aufklärung des Sachverhalts nachzugehen, kann sich der Kläger hier nicht darauf berufen, wie in der Berufungsverhandlung geschehen, dass er die Voraussetzungen für die nautischen Befähigungszeugnisse erfüllt habe. Der Kläger hat nicht dargelegt, wann er welche Lehrgänge besucht und welche Tätigkeiten er erbracht hat, um die verschiedenen beschafften nautischen Befähigungszeugnisse zu erhalten. Sein Vorbringen ist insoweit zu pauschal, als dass ein Eingehen hierauf möglich gewesen wäre. Dabei muss der Kläger sich vorhalten lassen, dass im unstreitigen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts festgehalten ist, dass er weder den Fachlehrgang Küste noch die Ausbildungslehrgänge Radar und Radar See besucht noch als Nautiker tätig gewesen ist.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er eventuell Blankounterschriften geleistet habe. Die maßgeblichen Anträge hat er selbst gestellt, auch wenn Herr M., wie der Kläger behauptet, den weiteren Schriftwechsel geführt und die Unterlagen gefälscht hat. In mindestens zwei Fällen hat der Kläger behauptet, er habe den Fachlehrgang Küste erfolgreich besucht, obwohl dies nicht der Fall war.

Entgegen der Auffassung des Klägers besteht zwischen den Taten und dem Arbeitsverhältnis ein Zusammenhang. Insoweit wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen. Der Kläger hat, wenn er auch nicht in jedem Fall den dienstlichen Briefkopf verwendet hat, doch unter Angabe seiner dienstlichen Adresse die Anträge gestellt. Insbesondere hat er in seinem Schreiben vom 01.07.2009 (Bl. 66 der Akten) ausgeführt:

"Ich habe mit dem 30.03.2007 meinen Fachlehrgang Küste erfolgreich bestanden und muss die im Erlass aufgeführte Zeit auf seegehenden Polizeibooten absolvieren... ich bitte Sie daher von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen, und mir somit eine Verkürzung der Fahrenszeit auf seegehenden Polizeibooten anzuerkennen".

Dieses Schreiben hat der Kläger selbst unterzeichnet. In diesem Schreiben nimmt er ausdrücklich auf seine Tätigkeit bei der Wasserschutzpolizei Bezug. Ebenfalls hat der Kläger mit Schreiben vom 13.07.2011 (Bl. 69) auf seine Tätigkeit beim Wasserschutzpolizeirevier F. Bezug genommen. Mithin hat der Kläger seine dienstliche Tätigkeit ausgenutzt, um sich Befähigungszeugnisse zu beschaffen, für die er die Voraussetzungen nicht erfüllte. Dabei hat er vorgespiegelt, in seiner Dienstposition und damit auch für die Arbeitgeberin zu handeln, als er die Anträge stellte.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass dem beklagten Land kein Nachteil entstanden sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem beklagten Land hierdurch Kosten entstanden sind. Jedenfalls hat der Kläger gegen seine ihm obliegende Verpflichtung, sich so zu verhalten, dass das Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht leidet, verstoßen. Gerade wenn ein Angehöriger der Polizei seine dienstliche Stellung dazu genutzt, um sich ihm nicht zustehende Vorteile zu verschaffen, schädigt dies das Ansehen des öffentlichen Dienstes, hier des Polizeidienstes. Die Allgemeinheit muss Vertrauen in die Korrektheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben. Dieses Vertrauen wird durch Taten, wie der Kläger sie begangen hat, beschädigt.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass seine Taten keine Außenwirkungen hatten. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist doch das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem beklagten Land beschädigt worden. Das beklagte Land kann nicht darauf vertrauen, dass der Kläger nicht gleichartige Taten wieder begehen würde. Denn der Kläger hat sich nicht nur ein Befähigungszeugnis, sondern mehrere verschafft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die letzte Tat nach Beginn der Freistellungsphase der Altersteilzeit begangen wurde, obwohl auch in dieser Zeit die gegenseitigen Pflichten und Rechte aus dem Arbeitsverhältnis weiterbestanden.

Soweit der Kläger behauptet, er habe die erlangten Befähigungszeugnisse weder dienstlich noch außerdienstlich eingesetzt, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Er hat, wie der rechtskräftige Strafbefehl zeigt, gemeinsam mit Herrn M. Straftaten nach §§ 267 Abs. 1, 271 Abs. 4 StGB begangen. Zudem hat er in der Berufungsverhandlung selbst erklärt, dass die beantragten Seeschifffahrtpatente dazu dienten, eine Erweiterung seiner Tätigkeit als selbstständiger Reeder zu ermöglichen und mit seinen Schiffen nach D. zu fahren.

Die Interessenabwägung fällt, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zu Lasten des Klägers aus. Weder das Alter des Klägers noch seine lange Dienstzugehörigkeit noch seine Schwerbehinderung können gegenüber der Tatsache, dass der dringende Verdacht besteht, der Kläger habe unter Ausnutzung seiner Stellung bei dem beklagten Land Straftaten begangen, überwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger noch mehr als 3 Jahre andauern sollte. In dieser Zeit wäre der Kläger noch Arbeitnehmer des beklagten Landes und Mitglied der Wasserschutzpolizei F.. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes muss unredliches Verhalten eines Arbeitnehmers nicht hinnehmen. Das war auch dem Kläger bewusst.

2.2 Der Kläger kann nicht damit gehört werden, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten sei. Nach § 91 Abs. 5 SGB IX kann die Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird. Dies ist geschehen. Das beklagte Land hat unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung mit Bescheid vom 22.11.2011 die Kündigung ausgesprochen.

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann erst mit dem 03.11.2011 zu laufen. Das beklagte Land war gehalten, vor der Entscheidung über den Ausspruch einer Verdachtskündigung den Sachverhalt aufzuklären. Der Kläger selbst hat das Verfahren verzögert, indem er zunächst während der Anhörung durch das beklagte Land den Sachverhalt bestritten und sodann nicht Stellung genommen hat. Das Land konnte erst nach Ablauf der dem Kläger gesetzten letzten Frist, d.h. nach dem 02.11.2011, tätig werden. Erst danach stand fest, dass eine Stellungnahme des Klägers nicht mehr kommen würde. Selbst wenn der Antrag des beklagten Landes beim Integrationsamt erst am 10.11.2011 eingegangen sein sollte, wäre er innerhalb der Zweiwochenfrist gestellt worden.

Das beklagte Land hat unverzüglich nach dem Bescheid über die Zustimmung zur fristlosen Kündigung gekündigt. Unverzüglich bedeutet nicht „sofort", sondern „ohne schuldhaftes Zögern", § 121 Abs. 1 BGB. Der Begriff „unverzüglich“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der unter Berücksichtigung in dem jeweils verwendeten Kontext ausgelegt werden muss. Die Erklärung ist so rechtzeitig abzugeben, wie dies dem Erklärenden unter den gegebenen Umständen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Teils an alsbaldiger Klarheit möglich und zumutbar ist. Absolute Grenzen gemessen an Kalendertagen gibt es nicht (ständige Rechtsprechung, z.B. LAG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 24.02.2009 - 5 Sa 256/08 - NZA-RR 2009,528). Schuldhaft ist ein Zögern dann, wenn das Zuwarten durch die Umstände des Einzelfalls nicht geboten ist (BAG Urteil vom 19.04.2012 - 2 AZR 118/11 - ArbRB 2012,362 = NZA 2013,507). Da nicht sofort, sondern unverzüglich zu kündigen ist, steht dem Arbeitgeber eine angemessene Überlegungsfrist zu. Diese ist jedoch im Hinblick darauf, dass die Kündigungsabsicht bereits Gegenstand des beim Integrationsamt geführten Zustimmungsverfahrens gewesen ist, also ergänzende Überlegungen kaum möglich sind, knapp zu bemessen (LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 05.10.2005 - 10 TaBV 22/05 - JurionRS 2005, 30100).

Bei einem Zugang der fristlosen Kündigung am 28.11.2011, d.h. bei einem Zeitabstand von weniger als einer Woche nach der Zustimmung zur fristlosen Kündigung, hat das beklagte Land mit dem Ausspruch der Kündigung nicht schuldhaft gezögert.

2.3 Die Kündigung ist auch nicht unwirksam wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats, § 108 Abs. 2 BPersVG; § 51 MBG SH.

Dem Personalrat sind die persönlichen Daten des Klägers wie Geburtsdatum und Beginn des Arbeitsverhältnisses mitgeteilt worden. Der Personalrat hat mit Schreiben vom 17.11.2011 (Bl. 90 d. A.) ausdrücklich erklärt, er sei ab dem 29.09.2011 laufend und umfassend informiert worden. Er habe sich am 09.11.2011 intensiv mit der beabsichtigten Maßnahme befasst und habe der außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung zugestimmt. Dass dem Personalrat der Eintritt in die Freistellungsphase am 01.11.2011 statt am 01.07.2011 mitgeteilt worden ist, wird für unschädlich erachtet. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich eine andere Beurteilung des Sachverhaltes ergeben hätte. Wäre der Kläger erst am 01.11.2011 in die Freistellungsphase eingetreten, hätte er die beanstandeten Taten sämtlich während seiner aktiven Zeit begangen.

Soweit der Kläger meint, der Personalrat sei nicht ausreichend zur Kündigungsfrist, dem Kündigungszeitpunkt und dem Kündigungstermin unterrichtet worden ist, geht diese Rüge ins Leere, da vorliegend über den Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu entscheiden ist. Die ordentliche Kündigung ist nicht Gegenstand der Berufung. Da das beklagte Land nicht beabsichtigte, die außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist auszusprechen, war es auch nicht erforderlich, den Personalrat über etwa geltende Kündigungsfristen zu unterrichten.

Die Rüge, es sei nicht ersichtlich, dass dem Personalrat die eingetretenen Störungen und die nachteiligen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis sowie die Gesichtspunkte der Interessenabwägung dargelegt worden seien, greift ebenfalls nicht. Dem Personalrat sind - unstreitig - die Unterlagen, die dem Integrationsamt zugeleitet worden sind, ebenfalls übersandt worden. Aus dem Antragsschreiben des beklagten Landes vom 04.11.2011 (Bl. 110 d.A.) ergeben sich die vom beklagten Land gesehene Störung des Vertrauensverhältnisses ebenso wie die Interessenabwägung (insbes. S. 3 ff. des Schreibens, Bl. 112 ff. d.A.).

Dass der Personalrat wusste, dass eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden sollte, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 17.11.2011 (Bl. 90 d.A.), das der Kläger offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat.

Nicht erforderlich war, die Beschlussfähigkeit des Personalrats zu prüfen und die Niederschrift der Sitzung des Personalrats einzusehen. Der Personalrat hat der fristlosen Verdachtskündigung zugestimmt und dies dem beklagten Land mitgeteilt. Die Entscheidungsfindung einschließlich der Beschlussfähigkeit des Gremiums stellen Interna der Personalratsarbeit dar, die sich nicht auf die Wirksamkeit der Zustimmung auswirken. Mängel bei der Beschlussfassung haben grundsätzlich selbst dann nicht Auswirkung auf die Ordnungsgemäßheit der Beteiligung des Mitbestimmungsgremiums, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt weiß oder erkennen kann, dass das Gremium die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums „Betriebsrat" bzw. „Personalrat“ vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat (BAG Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 732/11 - NZA 203,665). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



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