Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 10 Sa 463/12

Fristlose Kündigung - Arbeitsverweigerung - Maßregelung

Eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung scheidet aus, wenn der Arbeitnehmer berechtigt war, Arbeiten abzulehnen, die ihm der Arbeitgeber unter Überschreitung des Direktionsrechts zuweist.
Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Beschäftigungsplatz zu, weil Gütegespräche bezüglich einer betriebsbedingten Kündigung gescheitert sind, so stellt dies eine unzulässige Maßregelung und damit eine Überschreitung des Direktionsrechts dar (§612a BGB).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.08.2012, Az.: 4 Ca 3775/11, abgeändert und
festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 03.05.2012 aufgelöst worden ist,
die Beklagte wird verurteilt, den Kläger auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 zu unveränderten Bedingungen als Revisor/Oberbetreiber der Videotheken in B., A. (B. Straße), M., K. (W.straße), Rh. und H. zu beschäftigen,
die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit ab 01.09.2011 Auskunft über die Umsatzzahlen der im Antrag zu 2) genannten Videotheken zu erteilen und die sich hieraus ergebenden Beträge an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier fristloser, hilfsweise ordentlicher Kündigungen der Beklagten vom 21.03.2012 und 03.05.2012 sowie über die Weiterbeschäftigung des Klägers und Ansprüche auf Umsatzbeteiligung.

Der Kläger (geb. 31.12.1951, verheiratet) ist seit dem 01.09.1987 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern als Revisor von Videotheken zu einem monatlichen Durchschnittsverdienst von zuletzt ca. € 4.075,00 brutto beschäftigt (Gehalt € 2.413,82, Sachbezug Kfz € 348,00, Umsatzbeteiligung iHv. 1% des Verleihumsatzes). Er war zuvor seit 1970 bei K. persönlich als Zeitschriftenvertreter angestellt. K. ist Kommanditist der beklagten GmbH & Co. KG, die ca. 60 bis 70 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte betreibt in einem Geschäftsbereich auf der Grundlage von Franchiseverträgen bundesweit zahlreiche Videotheken. Als Revisor (a. Bez. Oberbetreiber) besuchte der Kläger regelmäßig die von ihm zu betreuenden Videotheken und überprüfte dort u.a. den Filmbestand und die Verkaufsartikel.
Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Schreiben vom 29.06.2011 zum 30.06.2012 aus betriebsbedingten Gründen wegen beabsichtigter Schließung sämtlicher Videotheken gekündigt. Das Arbeitsgericht Koblenz hat der dagegen erhobenen Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 29.02.2012 (4 Ca 2480/11) stattgegeben. Das - rechtskräftige - Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten am 12.03.2012 zugestellt.

Vom 15.08. bis 19.08.2011 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Im Anschluss nahm er vom 22.08.2011 bis zum 23.09.2011 seinen vollen Jahresurlaub. Mit einem Schriftstück vom 29.09.2011, das vom damaligen Prokuristen der Beklagten „i.A. H.“ unterzeichnet worden ist, teilte der Zeuge K. dem Kläger - auszugsweise - folgendes mit:
„Nochmals zur Klarstellung:
Bei unserem letzten Gespräch in C-Stadt teilte ich Dir mit, daß Du als Oberbetreiber ab sofort abgelöst bist und nicht mehr in Frage kommst.
Die Firma wird Dir nach Deiner Krankheit und Deinem Urlaub andere Aufgabenbereiche zuweisen.
Dieses ist letzte Woche bei einem Gespräch zwischen Frau K. und Dir geschehen.“


Am 30.09.2011 musste der Kläger seinen Firmenwagen zurückgeben. Seit Oktober 2011 beschäftigte ihn die Beklagte nicht mehr als Revisor/Oberbetreiber, sondern setzte ihn überwiegend in ihrem Dienstleistungszentrum (Lager) in L. ein. Dort hatte er ua. DVDs zu reinigen. Vom 11.10.2011 bis 10.02.2012 und vom 01.03. bis 16.03.2012 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Nach seiner Genesung meldete er sich am 19.03.2012 bei der für den Videothekenbereich zuständigen Vorgesetzten I., die ihn anwies, seine Tätigkeit im Lager in Limburg aufzunehmen. Der Kläger weigerte sich und teilte dem Geschäftsführer der Beklagten mit Schreiben vom 19.03.2012 (Bl. 12 d.A. 4 Ca 1122/12) ua. mit:
„Ich war heute am 19.03.2012 im Büro und habe mich zur Arbeit zurückgemeldet. Frau I. hat mir mitgeteilt das sie keine Arbeit für mich hätte, und über nichts informiert sei. Sie wies mich an nach L. ins Lager zu fahren, um dort weiter Filme zu Reinigen. Dies ist nicht meine Aufgabe, und entspricht nicht dem zwischen uns bestehenden Arbeitsvertrag.
Die Arbeit die ich ausgeführt habe lässt man mich nicht mehr machen.
Teilen Sie mir bitte mit wann ich meine alte Tätigkeit wieder aufnehmen kann.
Ich bitte um Bestätigung meines Schreibens“

Der Kläger erschien am 20.03.2012 nicht zur Arbeit. Noch am selben Tag warf ein Bote um 15:12 Uhr eine Abmahnung in den Hausbriefkasten des Klägers. Diese hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:
„Am 19.03.2012 haben Sie sich ... bei Frau I. ... zurückgemeldet. Frau I. hatte Sie zur Arbeitsaufnahme in das Lager ... geschickt. ... Sie sagten Frau I. ... , dass Sie diese Arbeit nicht machen müssten und Sie würden jetzt nach Hause fahren.
Ausweislich Ihres Arbeitsvertrages haben Sie auch andere Tätigkeiten gemäß Ihren Fähigkeiten auszuüben. Gemäß dieser Direktionsbefugnis werden Sie hiermit aufgefordert, unverzüglich, spätestens morgen früh pünktlich in Limburg Ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen, ansonsten aber arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen und Ihnen das Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann.“


Nachdem der Kläger auch am 21.03.2012 nicht zur Arbeit erschienen ist, kündigte ihm die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21.03.2012 fristlos, hilfsweise fristgerecht. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 23.03.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage (4 Ca 1122/12).

Mit Schriftsatz vom 03.05.2012 kündigten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorsorglich das Arbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht. Zur Begründung führen sei aus, der Kläger habe seit 19.03.2012 seine Arbeit nicht am vereinbarten Arbeitsplatz in L. angeboten. Da das Arbeitsgericht in der Güteverhandlung am 02.05.2012 darauf hingewiesen habe, dass die Zeit zwischen Abmahnung und fristloser Kündigung womöglich zu kurz bemessen sei, kündige sie fürsorglich nochmals. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 24.05.2012 erweiterten Klage (4 Ca 1122/12).

Das Arbeitsgericht hat den Kündigungsschutzprozess 4 Ca 1122/12 mit dem Verfahren 4 Ca 3775/11 verbunden, das seit dem 19.10.2011 zwischen den Parteien anhängig war. Im Verfahren 4 Ca 3775/11 hatte der Kläger bereits mit Klageschrift vom 18.10.2011, zugestellt am 26.10.2011, beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 20.09.2011 hinaus auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 zu unveränderten Bedingungen als Revisor/ Oberbetreiber bestimmter Videotheken zu beschäftigen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.08.2012 (dort Seite 2-7 = Bl. 120-125 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 zu unveränderten Bedingungen über den 29.09.2011 hinaus als Revisor/Oberbetreiber der Videotheken in B., A. (B. Straße), M., K. (W.straße), N. E., Rh., E., H., D.-M., D.-W. zu beschäftigen,
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die Umsatzzahlen der von ihm betreuten Videotheken in B., A. (B. Straße), M., K. (W.straße), N. E., Rh., E., H., D.-M., D.-W. für die Zeiträume vom 15.07.bis 29.07.2011 und vom 15.08. bis 31.08.2011 und 1 % der sich hieraus für Verleih und Verkauf ergebenden Bruttobeträge an ihn zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch für die Zeit ab dem 01.09.2011 Auskunft über die Umsatzzahlen der unter dem Antrag zu 2). genannten Videotheken zu erteilen und die sich hieraus ergebenden Beträge an ihn zu zahlen,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 21.03.2012 noch durch die neuerliche Kündigung vom 03.05.2012 beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen K., H. K. und K. H. die Kündigungsschutzklage mit Teilurteil vom 22.08.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 sei wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung nach § 626 BGB rechtswirksam. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, der Weisung der Vorgesetzten Isola am 19.03.2012 nachzukommen, weil zwischen den Parteien eine entsprechende Änderung des Tätigkeitsfelds bereits im August 2011 vereinbart und mit Schreiben vom 29.09.2011 schriftlich bestätigt worden sei. Das stehe zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die für das Merkmal Arbeitsverweigerung erforderliche Nachhaltigkeit im Willen sei erkennbar. Der Kläger habe sich bis März 2012 für verpflichtet gehalten, die ihm zugewiesenen Arbeiten auszuführen. Soweit er aufgrund des gewonnenen Vorprozesses (4 Ca 2480/11) zu einer anderen Auffassung gelangt sein sollte, habe ihn die Beklagte mit der Abmahnung vom 20.03.2012 auf seine Vertragspflichten und auf die drohende Kündigung hingewiesen. Die Abmahnung sei dem Kläger noch vor der Kündigung vom 21.03.2012 am 20.03.2012, 15:12 Uhr, durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugegangen. Der Kläger habe nach Zugang der Abmahnung Gelegenheit gehabt, sein Verhalten entsprechend einzurichten. Der Aufforderung, (pünktlich) zur geschuldeten Arbeit zu erscheinen, könne der Arbeitnehmer ohne weiteres bereits am Folgetag der Abmahnung nachkommen. Auch die abschließend vorzunehmende Interessenabwägung falle nicht zugunsten des Klägers aus. Zwar sei dieser schon langjährig bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Der Kläger habe sich jedoch bewusst und nachhaltig von den zunächst akzeptierten Vertragsbedingungen gelöst, als er am 19.03.2012 erklärt habe, künftig nicht mehr zu den vereinbarten Bedingungen arbeiten zu wollen. Nachdem das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits durch die Kündigung vom 21.03.2012 aufgelöst worden sei, könne der Kläger nicht verlangen, als Revisor/Oberbetreiber bestimmter Videotheken beschäftigt zu werden. Auch insoweit sei die Klage abzuweisen. Die begehrten Auskünfte über Umsatzzahlen könne der Kläger nur für die Zeit vom 15. bis 29.07.2011 und vom 15. bis 31.08.2011 verlangen, weil er in diesen Zeiträumen noch als Revisor für bestimmte Videotheken eingesetzt worden sei. Für die Zeit ab 01.09.2011 sei die Auskunftsklage unbegründet, denn ab September 2011 sei die Tätigkeit des Klägers einvernehmlich geändert worden. Ein Anspruch auf variable Vergütung und damit auch ein vorbereitender Auskunftsanspruch bestehe deshalb nicht mehr. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 8 bis 14 des erstinstanzlichen Teilurteils vom 22.08.2012 (Bl. 126-132 d.A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 07.09.2012 zugestellt worden. Er hat mit am 05.10.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 26.11.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 26.11.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er macht geltend, die außerordentliche Kündigung vom 21.03.2012 sei unwirksam. Nachdem der Zeuge K. erfahren habe, dass er gegen die betriebsbedingte Kündigung vom 29.06.2011 gerichtlich vorgehe, habe ihn die Beklagte schikaniert. Er habe den Auflagen und Einschränkungen wegen des laufenden Kündigungsschutzverfahrens (4 Ca 2480/11) und um seine Verbundenheit mit der Firma zu zeigen, Folge geleistet. Er habe sich mit den geänderten Arbeitsbedingungen jedoch zu keinem Zeitpunkt einverstanden erklärt. Nach seinem Obsiegen im Vorprozess habe er am 19.03.2012 seine Arbeitskraft als Revisor wieder angeboten. Die Abmahnung vom 20.03.2012 habe er erst am 21.03.2012 zeitgleich mit dem Kündigungsschreiben in seinem Briefkasten gefunden. Entgegen der Wertung des Arbeitsgerichts sei im August 2011 keine einvernehmliche Vertragsänderung erfolgt. Das vom Zeugen K. geschilderte Gespräch am 12.08.2011 habe nicht stattgefunden. Die ihm zugewiesene Aufgabe des Reinigens von DVDs in einer zugigen Ecke des Lagers in L. entspreche nicht seiner Revisorentätigkeit. Die Änderung des Arbeitsvertrags hätte auch der Schriftform bedurft. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 26.11.2012 (Bl. 187-193 d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger beantragt zweitinstanzlich,
das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.08.2012, Az.: 4 Ca 3775/11, teilweise abzuändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist und
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 03.05.2012 aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 zu unveränderten Bedingungen als Revisor/ Oberbetreiber der Videotheken in
a) B.f
b) A. (B. Straße)
c) M.
d) K. (W.straße)
e) Rh.
f) H.
zu beschäftigen,
die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 01.09.2011 Auskunft über die Umsatzzahlen der im Antrag zu 2) genannten Videotheken zu erteilen und die sich hieraus ergebenden Beträge an ihn zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 13.12.2012 (Bl. 198-203 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Weder die Beklagte noch die Zeugen und H. K. hätten den Kläger schikaniert. Der Kläger habe zu Zeiten der Blüte des Videothekengeschäfts 24 Videotheken betreut, im Juli 2011 nur noch 10. Das Arbeitsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass zwischen den Parteien im August/September 2011 vereinbart worden sei, dass der Kläger andere Arbeiten übernimmt. Nachdem der Kläger diese Arbeiten von September 2011 bis März 2012 „ohne Wenn und Aber“ ausgeführt habe, stelle sein Verhalten ab 19.03.2012 eine hartnäckige Arbeitsverweigerung dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die erst- und zweitinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird auf den Inhalt der Akten 4 Ca 2480/11 (Vorprozess) und 4 Ca 1122/12 (Verbindung) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.  Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet worden. Die Berufung ist somit zulässig.

II.  Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts und zur Feststellung, dass die außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 21.03.2012 und vom 03.05.2012 unwirksam sind, §§ 1, 13 KSchG, 626 BGB. Der Kläger hat einen Anspruch auf seine bisherige Beschäftigung als Revisor/Oberbetreiber der im Tenor aufgeführten Videotheken, weil die von der Beklagten vorgenommene Versetzung unwirksam ist. Deshalb hat der Kläger auch für die Zeit ab 01.09.2011 dem Grunde nach einen Anspruch auf die vereinbarte 1%ige Umsatzbeteiligung und im Rahmen seiner Stufenklage auf der ersten Stufe einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm Auskunft über deren Höhe erteilt.

1. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 ist mangels eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam. Sie ist nicht wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, eine vertraglich geschuldete, rechtmäßig und damit wirksam zugewiesene Arbeit zu leisten, eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt, die je nach den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen (BAG 24.02.2011 - 2 AZR 636/09 - NZA 2011, 1087; 05.04.2001 - 2 AZR 580/99 - NZA 2001, 893; LAG Rheinland-Pfalz 09.12.2011 - 9 Sa 427/11 - Juris). Eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung scheidet damit aus, wenn der Arbeitnehmer berechtigt war, Arbeiten abzulehnen, die ihm der Arbeitgeber unter Überschreitung des Direktionsrechts zuweist.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger mit seiner Weigerung vom 19.03.2012, der Anweisung von Frau I., der für den Videothekenbereich zuständigen Vorgesetzten, Folge zu leisten, seine Tätigkeit im Dienstleistungszentrum (Lager) in L. aufzunehmen, seine vertraglichen Pflichten nicht verletzt.

Die Entziehung von Aufgaben als Revisor/Oberbetreiber von Videotheken, die der Kläger seit 01.09.1987 wahrgenommen hat, stellt nach Einschätzung der Berufungskammer eine Maßregelung iSv. § 612a BGB. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Durch § 612a BGB werden Maßnahmen des Arbeitgebers verboten, die eine unmittelbare Reaktion auf die Wahrnehmung von Rechten durch den Arbeitnehmer darstellen (vgl. ausf. BAG 21.09.2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 32 ff NZA 2012, 317 mwN).

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat sich im Vorprozess (4 Ca 2480/11) mit seiner am 14.07.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 13.07.2011 gegen die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 29.06.2011 zum 30.06.2012 gewehrt. Damit hat er ein ihm nach dem Kündigungsschutzgesetz bestehendes Recht in zulässiger Weise ausübt. Die Beklagte hat sich in diesem Vorprozess darauf berufen, dass sie alle Videotheken zum 30.06.2012 schließen wolle - was bis heute nicht geschehen ist - und der Arbeitsplatz des Klägers deshalb zum 30.06.2012 ersatzlos wegfalle. Die Güteverhandlung vom 21.09.2011 blieb erfolglos.

Es ist kein sachlicher Grund dafür vorgetragen, weshalb die Beklagte den Kläger kurz nach dem Scheitern der Güteverhandlung mit Schreiben vom 29.09.2011 als Revisor/Oberbetreiber von Videotheken „ab sofort“ abgelöst hat, obwohl nach ihrer Behauptung die Schließung sämtlicher Videotheken erst zum 30.06.2012 erfolgen sollte. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb der Zeuge K. bzw. der (damalige) Prokurist K. H., der das Schreiben vom 29.09.2011 „i.A.“ unterzeichnet hat, der Ansicht war, dass der Kläger für die Arbeitsaufgaben, die er seit 1987 ausgeübt hat, ab sofort „nicht mehr in Frage kommt“. Der unsubstantiierter Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 19.01.2012, der Kläger habe „in der letzten Zeit vor der Kündigung“ seine Arbeiten „oft nicht mehr oder nicht mehr ordentlich“ durchgeführt, kommt über eine pauschale Behauptung nicht hinaus. Soweit die Beklagte auf das Bestreiten des Klägers in ihrem Schriftsatz vom 21.03.2012 kursorisch auf Vorgänge aus den Jahren 2004, 2006 und 2009 hinweist, hilft ihr dies in der Sache nicht weiter, sondern wirft allenfalls ein bezeichnendes Licht darauf, wie „dehnbar“ sie den Begriff „in der letzter Zeit“ auslegt.

Für einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB sprechen noch weitere Umstände. Während die Beklagte im Vorprozess (4 Ca 2480/11) noch vorgetragen hat, dass es in ihrem Betrieb nach Schließung des „Betriebsteils Videotheken“ keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger gebe (Schriftsatz vom 21.07.2011) bzw. dass es in ihrem Dienstleistungszentrum (Lager) in L. keine vergleichbaren Arbeitsplätze gebe, die in die Sozialauswahl fallen könnten, weil dort weitaus schlechter dotierte Verpackungs- und Versandarbeiten durchgeführt würden (Schriftsatz vom 27.10.2011), behauptet sie nunmehr (Schriftsatz vom 21.03.2012), bei dem neuen Aufgabenbereich des Klägers im Dienstleistungszentrum L. handele es sich „keineswegs um niedere Tätigkeiten“, denn der Kläger habe an einer Maschine DVDs gereinigt und poliert, die Lieferscheine für die wiederaufbereiteten DVDs erstellt, Ware kommissioniert, Auslieferungsfahrten mit dem Lkw zu verschiedenen Videotheken durchgeführt, um dort Ware abzuholen und die Schließung organisiert.

Eine Erklärung für die Widersprüche in ihrem Sachvortrag gibt die Beklagte nicht und zeigt damit, dass sie ihr Vorbringen zur Gleichwertigkeit der Arbeitsbedingungen des Klägers vor und nach Erhebung der Kündigungsschutzklage und dem Scheitern der Güteverhandlung am 21.09.2011 (4 Ca 2480/11) nach Belieben gegen andere Versionen auswechselt. Während eine Sozialauswahl mangels Gleichwertigkeit der Arbeitsaufgaben völlig ausgeschlossen war, soll eine Übertragung der gleichwertigen Tätigkeiten mittels Direktionsrechts nunmehr zumutbar sein.

Gegen die Gleichwertigkeit der Tätigkeiten des Klägers vor und nach Erhebung der Kündigungsschutzklage und dem Scheitern der Güteverhandlung vom 21.09.2011 (4 Ca 2480/11) spricht auch, dass sich die Verdienstchancen des Klägers erheblich verschlechtert haben. Die Beklagte hat dem Kläger am 30.09.2011 den Firmenwagen entzogen, so dass er einen geldwerten Vorteil von € 348,00 brutto monatlich verlor. Sie hat ihm außerdem die Umsatzbeteiligung in Höhe von 1 % des Verleihumsatzes der von ihm betreuten Videotheken nicht mehr gewährt, die sich im Durchschnitt auf € 1.313,18 brutto monatlich belief. Dadurch hat sich das (unstreitige) durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers von bisher € 4.075,00 brutto um 40 % reduziert. Damit stellt sich die Maßnahme als ein Eingriff in den geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses dar (vgl. BAG 07.08.2002 - 10 AZR 282/01 - AP § 315 BGB Nr. 81 mwN), der nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt ist.

Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger habe die neuen Arbeitsaufgaben von September 2011 bis zum 19.03.2012 widerspruchslos („ohne Wenn und Aber“) ausgeführt, steht dieser Befund mit den objektiven Gegebenheiten nicht im Einklang. Der Kläger hat bis 23.09.2011 seinen vollen Jahresurlaub genommen. Erst danach wurden ihm andere Arbeitsaufgaben übertragen, wie sich dem Schreiben des K. vom 29.09.2011, das der damalige Prokurist K. H. unterzeichnet hat, entnehmen lässt. Der Kläger hat bereits mit Klageschrift vom 18.10.2011, die der Beklagten am 26.10.2011 zugestellt worden ist, seine Beschäftigung als Revisor/Oberbetreiber bestimmter Videotheken gerichtlich geltend gemacht. Von einer widerspruchslosen Weiterarbeit bis zum Obsiegen im Kündigungsschutzprozess mit inzwischen rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.02.2012 (4 Ca 2480/11) kann keine Rede sein.

Aufgrund dieser Gesamtumstände liegt eine Maßregelung iSd. § 612a BGB vor. Tragender Beweggrund und wesentliches Motiv der Beklagten für den Entzug der Aufgaben als Revisor/Oberbetreiber war nach Überzeugung der Berufungskammer die Tatsache, dass der Kläger gegen die betriebsbedingte Kündigung vom 29.06.2011 geklagt hat und sich im Gütetermin vom 21.09.2011 keine Einigung erzielen ließ.

Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien nach dem bestrittenen Vortrag der Beklagten im September 2011 mündlich „vereinbart“ haben sollen, dass der Kläger künftig nicht mehr als Revisor beschäftigt, sondern mit neuen Aufgaben im Dienstleistungszentrum in L. betraut werden soll, worüber das Arbeitsgericht Beweis erhoben hat. Das Maßregelungsverbot iSd. § 612a BGB gilt auch bei vertraglichen Vereinbarungen des Arbeitgebers mit dem betroffenen Arbeitnehmer selbst (ErfK/Preis 13. Aufl. § 612a BGB Rn. 9; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 612a Rn. 13).

Hinzu kommt, dass die Beklagte zu einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung durch übereinstimmende Willenserklärungen nichts Substantiiertes vorgetragen hat. Die vom Arbeitsgericht gleichwohl durchgeführte Beweisaufnahme hat auch nichts Konkretes ergeben. Ein (mündliches) Änderungsangebot des Arbeitsgebers muss iSd. § 145 BGB den allgemeinen zivilrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit genügen, dh. eindeutig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Ihm muss zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche geänderten Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Dies ist schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern, wenn der Arbeitnehmer unter Anwesenden sofort auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen annimmt oder ablehnt. Auch wenn eine nachträgliche mündliche Individualvereinbarung ggü. einer formularvertraglichen Schriftformklausel Vorrang hat (§ 305b BGB), sind die Anforderungen an die Bestimmtheit eines mündlichen Änderungsangebots nicht geringer, als wenn es schriftlich fixiert worden wäre.

Den drei Zeugenaussagen lässt sich ein klar und eindeutig formuliertes Änderungsangebot der Beklagten nicht entnehmen. Es fehlt schon an einer eindeutigen Festlegung der zukünftig geänderten Tätigkeit. Darüber hinaus fehlt jedwede Erklärung, ab wann die angesonnenen Änderungen eintreten sollen (nach Ablauf der Kündigungsfrist oder sofort). Insbesondere kann den Zeugenaussagen nicht andeutungsweise entnommen werden, dass dem Kläger unmissverständlich und konkret mitgeteilt worden ist, dass ihm am 30.09.2011 der Firmenwagen zur privaten Nutzung entzogen und die Umsatzprämie mit sofortiger Wirkung gestrichen werden soll, was zu einer Reduzierung des Arbeitsentgelt um ca. 40 % führt.

Im Übrigen steht die behauptete mündliche Abrede, die bereits am 12.08.2011 zwischen dem Kläger und dem Zeugen K. zustande gekommen sein soll, im Widerspruch zum Inhalt der Schriftstücke vom 29.09.2011 und vom 20.03.2012. Am 29.09.2011 teilte der Prokurist K. H. dem Kläger im Auftrag des Zeugen „nochmals zur Klarstellung“ mit, K. habe ihm bei ihrem letzten Gespräch mitgeteilt, dass er als Oberbetreiber ab sofort abgelöst sei und nicht mehr in Frage komme. Die Firma werde ihm nach seiner Krankheit und seinem Urlaub andere Aufgabenbereiche zuweisen. Dies sei letzte Woche in einem Gespräch zwischen dem Kläger und Frau K. geschehen. Diese Erklärung deutet nicht ansatzweise auf eine einvernehmliche Vertragsänderung hin, die bereits am 12.08.2011 erfolgt sein soll. Die Abmahnung vom 20.03.2012 enthält den Vorwurf, dass der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrags verpflichtet sei, auch andere Tätigkeiten gemäß seinen Fähigkeiten auszuüben. Gemäß dieser Direktionsbefugnis werde er aufgefordert, seine Tätigkeit in Limburg wieder aufzunehmen. Die Behauptung, dass sich der Kläger im August 2011 in einem Gespräch mit K. mit einer Tätigkeit in L. mündlich einverstanden erklärt hat, enthält die Abmahnung nicht.

Auch aus der im erstinstanzlichen Beweistermin vorgelegten Aktennotiz vom 26.09.2011 (Bl. 117a d.A.), die nach der Aussage der Zeugin H. K. ein Zeichen dafür sein soll, dass sich der Kläger in einem Gespräch im August 2011 mit einer Vertragsänderung einverstanden erklärt habe, lässt sich dieser Rückschluss nicht herleiten. Die Aktennotiz erschöpft sich in einem Einsatzplan für den Kläger vom 26.09.2011 für die 39. Kalenderwoche. Allein der Umstand, dass der Kläger aufgrund dieses Einsatzplans in dieser Woche widerspruchslos gearbeitet hat, führt nicht zu einem Einverständnis mit einer Änderung des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987.

2. Auch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 ist iSd. § 1 Abs. 2 KSchG in Ermangelung einer unberechtigten (beharrlichen) Arbeitsverweigerung und damit arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers sozial ungerechtfertigt. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

3. Die fristlose, hilfsweise ordentliche Schriftsatzkündigung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 03.05.2012 ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB. Die hilfsweise ordentliche Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat nach Zugang der ersten fristlosen Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 seine vertraglichen Pflichten nicht verletzt.

Der Kläger war nach Zugang der unwirksamen fristlosen Kündigung vom 21.03.2012 nicht verpflichtet, der Beklagten seine Arbeitskraft weiterhin tatsächlich anzubieten. Das Arbeitsangebot des Klägers gemäß § 295 BGB liegt in der Erhebung der Kündigungsschutzklage, die am 23.03.2012 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung kann nach dem 21.03.2012 keine Rede sein. Die Beklagte hat den Kläger auch nicht zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, sie habe ihm zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14, NZA 2012, 858, mwN.).

Soweit die Beklagte dem Kläger zur Begründung der Kündigung vom 03.05.2012 erneut vorwirft, er habe vom 19.03. bis zum 21.03.2012 die Arbeit hartnäckig verweigert, ist diese Kündigung schon deshalb unwirksam, weil es sich um eine sog. Wiederholungskündigung handelt. Mit der bloßen Wiederholung der Kündigung auf Grund desselben Kündigungssachverhalts ist der Arbeitgeber ausgeschlossen (BAG 22.05.2003 - 2 AZR 485/02 - AP § 1 KSchG 1969 Nr. 71, mwN).

Es kann dahinstehen, ob die Kündigung vom 03.05.2012 auch wegen Verstoßes gegen § 174 BGB unwirksam ist, weil sie der Kläger mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurückgewiesen hat.

4. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger auf der Basis des Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 zu unveränderten Bedingungen als Revisor/Oberbetreiber der Videotheken in B., A. (B. Straße), M., K. (W.straße), Rh. und H. zu beschäftigen.

Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig (vgl. BAG 25.08.2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 12 NZA 2010, 1355 mwN.). Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Versetzung als Vorfrage zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Klage ist die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO liegen vor, weil es die Beklagte ablehnt, den Kläger als Revisor/Oberbetreiber von Videotheken zu beschäftigen, wie sie ihm mit Schreiben vom 29.09.2011 kategorisch mitgeteilt hat.

Die Beschäftigungsklage ist auch begründet. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass er weiter wie bisher - seit 01.09.1987 - als Revisor/Oberbetreiber von Videotheken beschäftigt wird, wobei er die im Tenor aufgeführten Videotheken zu betreuen hat. Die Entziehung von Aufgaben als Revisor/Oberbetreiber von Videotheken stellt nach den obigen Ausführungen eine Maßregelung iSv. § 612a BGB. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, den früheren Zustand wieder herzustellen.

5. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit ab 01.09.2011 Auskunft über die Umsatzzahlen der im Antrag zu 2) genannten Videotheken zu erteilen.
Die Stufenklage ist zulässig. Der Auskunftsantrag hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt und ist auch hinreichend bestimmt. Für den Zahlungsantrag weicht § 254 ZPO insoweit von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ab, als es im Rahmen der Stufenklage zulässig ist, den eingeklagten Betrag erst nach „Rechnungslegung“ zu bestimmen. Als Rechnungslegung im Sinne dieser Bestimmung gilt jede Auskunftserteilung, die zur Erhebung eines bezifferten Zahlungsantrags erforderlich ist.

Die Klage ist hinsichtlich der im Berufungsverfahren streitgegenständlichen Auskunftsansprüche (erste Stufe) begründet. Der Kläger kann von der Beklagten über den 01.09.2011 hinaus eine Umsatzbeteiligung verlangen. Gemäß den obigen Ausführungen war die Beklagte verpflichtet, den Kläger auch ab September 2011 als Revisor/Oberbetreiber von bestimmten Videotheken zu beschäftigen. Damit bestand auch ein Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Umsatzbeteiligung von 1% des Nettoumsatzes aus Verkauf und Verleih in den zu betreuenden Videotheken.

Der unbezifferte Zahlungsantrag ist wieder beim Arbeitsgericht anhängig. Über ihn wird nach den Regeln des § 254 ZPO mit dem Schlussurteil zu entscheiden sein. Hier sind nach Auskunftserteilung noch nachträgliche Feststellungen zur Höhe erforderlich, die zunächst in der ersten Instanz getroffen werden.

III.  Das angefochtene Urteil war nach alledem wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. Die Beklagte hat als insoweit unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten erster Instanz bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.

Der am 24.01.2013 verkündete Tenor wird wegen versehentlicher Auslassung des Ausspruchs, dass sich die Kostenentscheidung nur auf das Berufungsverfahren bezieht, gemäß § 319 ZPO berichtigt. Eine abschließende Entscheidung über die Kosten erster Instanz war nicht zu treffen. Es handelt sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die jederzeit von Amts wegen zu korrigieren ist.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.



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