Landesarbeitsgericht München

Urteil vom - Az: 6 Sa 508/13

Einstandspflicht des Arbeitgebers für Leistungskürzungen der Pensionskasse

1. Sagt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu, die über eine Pensionskasse durchgeführt werden und macht die Pensionskasse von ihrem satzungsmäßigen Recht Gebrauch, Fehlbeträge durch Herabsetzung ihrer Leistungen auszugleichen, so muss der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 dem Versorgungsempfänger im Umfang der Leistungskürzung für die auf seinen Beiträgen beruhende Versorgung einstehen.

2. Eine Einstandsverpflichtung des Arbeitgebers besteht allerdings nicht für bei der Altersversorgung berücksichtigte (befristete) Gewinnanteile, die nicht auf der Beitragszahlung des Arbeitgebers, sondern auf dem Wirtschaften der Pensionskasse beruhen.

3. Der Arbeitnehmer hat darzulegen, ob und inwieweit die auf Beiträgen des Arbeitgebers beruhende Pension gekürzt worden war.
(Leitsätze)

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 25.04.2013 - 18 Ca 1526/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, für Leistungskürzungen der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (nachfolgend: PKDW) im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung des Klägers einzustehen.

Der Kläger war seit 1. Jan. 29171 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Reisender für den Arbeitsbereich A-Stadt tätig gewesen. Nach § 12 des Arbeitsvertrages vom   6. Nov. 1970 (Anlage K 1, Bl. 5 ff., 9 d. A.) war die vorgesehene Altersversorgung „auf den Reisenden ausgedehnt“ worden. Zudem existierte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Betriebsvereinbarung „Betriebliche Altersversorgung“ vom 1. März 1992 (Anlage B 1, Bl. 46 ff. d. A.), auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird.

Gemäß Pensionsbescheid der PKDW, vormals Pensionskasse der Chemischen Industrie Deutschlands, bezog der Kläger ab Pensionsbeginn am 1. März 1999 eine Monatspension in Höhe von DM 549,73 (Anlage B 4, Bl. 91 d. A.). Zudem entrichtete die PKDW einen Gewinnzuschlag. Bis 30. Juni 2003 zahlte sie € 293,87 brutto zzgl. eines Gewinnzuschlages von € 44,08 brutto. Die Zahlung des Gewinnzuschlages stellte die Pensionskasse ab 1. Juli 2003 ein und kürzte die monatliche Pension um 1,4%. Der Zahlbetrag ab diesem Zeitpunkt belief sich mithin auf € 289,75 brutto. Auch in den Folgejahren bis 2012 kürzte die PKDW unter Berufung auf entsprechende Beschlüsse der Mitgliederversammlung die monatlichen Leistungen jährlich um bis zu 1,4%. Insoweit wird auf die Informationsschreiben der PKDW (Bl. 12 ff. d. A.) Bezug genommen. Seit 1. Juli 2012 erhält der Kläger noch eine monatliche Pension von € 256,55 brutto.

Mit seiner am 19. Okt. 2012 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 1. Nov. 2012 zugestellten Klage vom 17. Okt. 2012 macht der Kläger die Differenzbeträge zwischen der bis 30. Juni 2003 einschließlich der Gewinnzuschläge bezahlten und der zuletzt entrichteten Monatspension geltend.

Er hat die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber müsse für diesen Differenzbetrag einstehen. Dabei hat er sich auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. 6. 2010 - 19 Sa 33/09 bezogen. Der Anspruch auf den Ausgleich der Differenz ergebe sich aus der Versorgungszusage, weswegen ihm von Juli 2003 bis Oktober 2012 ein Differenzanspruch von € 7.202,79 brutto zustehe. Es liege eine beitragsorientierte Altersversorgung vor, für deren Erfüllung der Arbeitgeber, der sich einer Pensionskasse bediene, die von ihrem satzungsgemäßen Recht zur Leistungskürzung Gebrauch mache, auch hinsichtlich der Gewinnzuschläge als Teil der Altersversorgung einzustehen habe.

Demgegenüber hat die Beklagte eingewendet, ein Großteil der Forderungen sei jedenfalls verjährt. Bei den geltend gemachten Forderungen handle es sich nicht um einen Schadenersatz-, sondern einen Erfüllungsanspruch des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers, welcher der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist unterfalle.

Im Übrigen bestreite sie die Abgabe einer Versorgungszusage in geltend gemachter Höhe. Aus der Betriebsvereinbarung vom 1. März 1992 ergebe sich, dass die Beklagte weder eine Grundpension noch die Zahlung anfallender Gewinnzulagen zugesagt habe. Sie habe sich lediglich zur Übernahme eines Teils der Versicherungsbeiträge verpflichtet. Die Haftung des Arbeitgebers könne nicht auf die bloße Möglichkeit der Überschusserzielung ausgedehnt werden; diese seien regelmäßig nicht zu prognostizieren. Ausweislich der Betriebsvereinbarung habe sie nur 2/3 der Beiträge übernommen, weswegen die Leistungskürzungen auch nur zu 2/3 auf ihren Zahlungen beruhen könnten.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 25. Apr. 2013 (Bl. 97 ff. d. A.) abgewiesen. Wegen des unstreitigen sowie des streitigen Sachvortrages der Parteien, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der maßgeblichen rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.

Im Wesentlichen führt das Arbeitsgerichts zur Begründung der Klageabweisung aus, der Kläger habe im Grundsatz einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG auf Zahlung der Beträge, um welche die PKDW seine Pension gekürzt habe, soweit diese auf Arbeitgeberbeiträgen beruhten. Die Beklagte treffe eine nicht auszuschließende (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) Einstandsverpflichtung (Erfüllungsanspruch, nicht lediglich ein Schadenersatzanspruch), da es sich bei der Zusage nicht lediglich um eine reine Beitragszusage, sondern um eine Versorgungszusage gehandelt habe. Dem Kläger sei die Möglichkeit des Beitritts zur  ... eröffnet worden. Die Beklagte habe die Verpflichtung übernommen, ihn dort anzumelden und bestimmte Beiträge abzuführen, damit er einen Versorgungsanspruch erwerben könne. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 1. März 1992. Der Umstand, dass der Kläger einen Eigenanteil an der Beitragszahlung habe erbringen müssen, stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Auch umfasse die Versorgungszusage nicht lediglich die Erbringung der nach der Satzung der  PKDW herabgesetzten Leistung. Die Möglichkeit der Leistungskürzung sei nicht Bestandteil der im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis erteilten Versorgungszusage. Die dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Satzung in Nr. 11 der Betriebsvereinbarung vom 1. März 1992 diene allein der Ausfüllung der Versorgungszusage und erstrecke sich lediglich auf solche Satzungs- und Leistungsplanbestimmungen der PKDW die ausschließlich der Durchführung der getroffenen Altersversorgungsregelungen dienten. Sie begründe kein akzessorisches Recht der Beklagten zur Kürzung laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Allerdings beinhalte die Versorgungszusage nicht die bis 30. Juni 2003 entrichteten Gewinnanteile. Die Zusage der Beteiligung ggf. erwirtschafteter Gewinne stehe stets unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Gewinnerzielung. Der Kläger habe jedoch seinen ihm noch zustehenden Anspruch der Höhe nach nicht hinreichend dargetan. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG verpflichte die Beklagte nur, für die von ihr zugesagten Leistungen einzustehen. Diese könnten nicht bestimmt werden, da der Kläger nicht angegeben habe, in welchem Umfang seine Pension auf Leistungen der Beklagten beruhe, obschon diese nach seinen Angaben auch auf freiwilligen Beiträgen, über das zu entrichtende 1/3 der Monatsbeiträge hinaus, beruhe. Auch habe der Kläger nicht angeben, welche Versorgungszusage die Beklagte abgegeben habe. Schließlich wären eventuelle Ansprüche bis einschließlich 2008 nach § 18a BetrAVG verjährt, worauf sich die Beklagte ausdrücklich berufen habe.

Gegen dieses ihm am 17. Mai 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Juni 2013, der am 13. Juni 29013 beim Landesarbeitsgericht per Telefax eingegangen war, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18. Juni 2013, der am 21. Juni 2013 eingegangen war, begründet.

Er ist der Ansicht, die Beklagte habe für sämtliche Anwartschaften im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, auch für die Gewinnanteile, einzustehen. Eine weitergehende Substanziierung, welcher Teil auf Beiträgen der Arbeitgeberin, welcher auf seinen Beträgen beruht habe, sei nicht nötig gewesen. Dass das Arbeitsgericht allerdings einer solchen differenzierenden Ansicht zugeneigt habe, habe es nicht bekannt gegeben. Darin erblickt er einen „eklatanten“ Verstoß gegen die Hinweispflicht, der auch nicht durch seine anwaltliche Vertretung entbehrlich gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als er im Schriftsatz vom 29. Jan. 2013 zweimal um einen richterlichen Hinweis gebeten habe.

Die Beträge zu betrieblichen Altersversorgung stammten zu 2/3 von der Arbeitgeberin, zu 1/3 von ihm. Auf dieser Basis wäre, wie er meint, der Umfang der Einstandspflicht zu errechnen gewesen. Soweit für das Arbeitsgericht seine unbedachte Äußerung, er habe über die 6% vom Bruttolohn hinaus weitere Beiträge geleistet, offenbar entscheidend gewesen sei, so sei klarzustellen, dass dies nicht zutreffe. Das Gericht habe ihm in rechtsfehlerhafter Weise in diesem Moment keine Überlegungsfrist gewährt. Er habe in seiner aktiven Zeit noch eine weitere Altersversorgung in Form der Umwandlung der Weihnachtsgratifikationen zu einer gewinnorientierten Lebensversicherung besessen. Zu dieser habe er weitere Beiträge geleistet. Aus den Beitragsbescheinigungen für die Jahre 1972 bis 1991 (Bl. 172 ff. d. A.) ergebe sich, dass jeweils nur Beiträge von DM 900.- zur hier zugrunde liegenden Altersversorgung entrichtet worden seien, von denen er DM 300.- bezahlt habe. Dies müsse im Übrigen auch der Beklagten bekannt sein.

Die Ansprüche bis 2008 seien auch nicht verjährt. Die Verjährungsregelung des BGB wäre nur dann einschlägig, wenn Rentenraten nicht bezahlt worden wären, nicht aber bei einer jährlichen Leistungskürzung durch die Pensionskasse.

Er beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München - Kammer Ingolstadt - vom, 25.04.2013, Az.: 18 Ca 1526/12, in vollständig ausgefertigter Form zugestellt am 17.05.2013, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 7.854,15 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus € 578,40 seit 30.06.2004, aus 1.205,40 seit 30.06.2005, aus € 1.880,40 seit 20.06.2006, aus € 2.602,80 seit 30.06.2007, aus € 3.381,19 seit 30.06.2008, aus € 4.194,31 seit 30.06.2009, aus € 5.050,87 seit 20.06.2010, aus € 5.949,07 seit 30.06.2011, aus € 6.887,11 seit 30.06.2012, aus € 7.202,79 seit Zustellung der Klage, im Übrigen seit Zustellung der Berufungsbegründung zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.07.2013 jeweils monatlich die sich ergebende Differenz zwischen monatlicher Bezahlung der Pension, Mitgliedsnummer .... Tarif A der PKDW zum Betrag von € 337,95, fällig zum 1. des Monats, zu erstatten.

hilfsweise:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München - Kammer Ingolstadt - vom, 25.04.2013, Az.: 18 Ca 1526/12, in vollständig ausgefertigter Form zugestellt am 17.05.2013, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 2.618,52 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit Zustellung der Klage zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.07.2013 jeweils monatlich die sich ergebende Differenz zwischen monatlicher Bezahlung der Pension, Mitgliedsnummer ...Tarif A der PKDW zum Betrag von € 293,87, fällig zum 1. des Monats, zu erstatten.

weiterhin hilfsweise:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München - Kammer Ingolstadt - vom, 25.04.2013, Az.: 18 Ca 1526/12, in vollständig ausgefertigter Form zugestellt am 17.05.2013, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 1.745,68 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit Zustellung der Klage zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.07.2013 jeweils monatlich die sich ergebende Differenz zwischen monatlicher Bezahlung der Pension, Mitgliedsnummer  ... Tarif A der PKDW zum Betrag von € 195,91, fällig zum 1. des Monats, zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Grundsatz das erstinstanzliche Urteil und wendet ergänzend die Versäumung der tariflichen Ausschlussfristen nach § 17 des Manteltarifvertrages für die Chemische Industrie, die arbeitsvertraglich in Bezug genommen seien, ein.

Sie rügt den Vortrag, er habe entgegen seiner erstinstanzlichen Einlassung keine Zusatzbeiträge zur zugrunde liegenden betrieblichen Altersversorgung erbracht, als verspätet. Zudem bestreite sie dies mit Nichtwissen, da der Kläger nur Aufrechnungsbescheinigungen bis 1991 vorgelegt habe.

Im Übrigen enthalte die Berufungsbegründung, wie sie meint, noch immer keine schlüssige Darlegung des Anspruchsgrundes, insbesondere der erteilten Versorgungszusage. Zudem ergebe sich keine Einstandspflicht der Beklagten nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG für eine bereits 1992 begründete Altersversorgung; die gesetzliche Regelung sei erst mit dem Altersvermögensgesetz vom 26. Juni 2001 eingeführt worden. Die Einstandspflicht sei überdies nicht hinreichend begründet. Deren Umfang bemesse sich nach den zugesagten Leistungen, wodurch Lücken zwischen der Versorgungszusage und dem Durchführungsweg geschlossen werden sollten. Der Umfang der Zusage sei aber nicht ersichtlich, weswegen auch dem Grunde nach eine Einstandspflicht nicht festgestellt werden könne. Die Behauptung des Klägers, sämtliche im Jahr 2003 bis zur Kürzung bezahlten Leistungen hätten auf der Leistungszusage der Beklagten beruht, sei nicht überprüfbar. Insbesondere beinhalteten diese auch zeitlich befristete Gewinnzuschläge, welche ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg der Pensionskasse abhängig gewesen seien.

Auch die Hilfsanträge seien, wie die Beklagte meint, nicht begründet. Auch hier sei zu jedenfalls berücksichtigen, dass zeitlich befristete Gewinnanteile in den Leistungen der PKDW enthalten (gewesen) seien.

Vorsorglich berufe sie sich auf die Verjährung der Ansprüche bis einschließlich 2008. Ebenso seien die Zinsansprüche allenfalls teilweise begründet.

Für den Feststellungsantrag fehle es schon an einer tauglichen Anspruchsgrundlage.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze des Klägers vom 17. Okt. 2012 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 29. Jan. 2013 (Bl. 52 ff. d. A.), vom 18. Juni 2013 (Bl. 158 ff. d. A.), vom 13. Aug. 2013 (Bl. 246 ff. d. A.) und vom 16. Sept. 2013 (Bl. 262 ff. d. A.), der Beklagten vom 11. Jan. 2013 (Bl. 42 ff. d. A.), vom 10. Apr. 2013 (Bl. 75 ff. d. A.), vom 19. Juli 2013 (Bl. 208 ff. d. A.), vom 7. Aug. 2013 (Bl. 228 ff. d. A.) und vom 21. Okt. 2013 (Bl. 268 ff. d. A.) - einschließlich etwaiger Anlagen - sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 25. Apr. 2013 (Bl. 92 ff. d. A.), vom 20. Aug. 2013 (Bl. 258 ff. d. A.) und vom 12. Nov. 2013 (Bl. 271 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Zwar liegt hier eine Versorgungszusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten an den Kläger vor, nicht lediglich eine dem Betriebsrentengesetz nicht unterfallende Beitragszusage, mit der Folge, dass die Arbeitgeberin - hier: die Beklagte - für etwaige Rentenkürzungen der Pensionskasse einzustehen hat (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Die Einstandspflicht ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese zeitlich erst nach Schaffung der Betriebsvereinbarung vom 1. März 1992, als Grundlage der betrieblichen Altersversorgung des Klägers, ins Gesetz eingefügt worden war. Allerdings hat der Kläger auch in der Berufungsinstanz die Höhe der zu entrichtenden Zahlungen nicht schlüssig dargelegt. Denn die Beklagte hat allein die Kürzung der auf ihren Beiträgen beruhenden Altersversorgung zu erfüllen. Um welchen Betrag es sich dabei handelt, ist den klägerischen Ausführungen nicht zu entnehmen. Zudem hat das Arbeitsgericht zutreffend die Verjährung etwaiger Erfüllungsansprüche bis 2008 angenommen.

1. Die Beklagte trifft eine grundsätzliche Einstandspflicht hinsichtlich der Kürzung der betrieblichen Altersversorgung durch die PKDW, soweit diese auf deren Beiträgen bzw. den Beiträgen ihrer Rechtsvorgängerin beruht (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Diese ist nicht durch die erst nach Gewährung der Altersversorgung geschaffene gesetzliche Einstandsverpflichtung ausgeschlossen.

a. Hinsichtlich der grundsätzlichen Einstandsverpflichtung der Beklagten wegen der erteilten, als beitragsorientierte Leistungszusage (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG) - für die Annahme einer Beitragszusage mit Mindestleistung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG), welche die Beklagte als Möglichkeit ins Feld führt, fehlen entsprechende Anhaltspunkte - zu bewertenden Altersversorgungszusage wird auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 1. a. bis c. der Entscheidungsgründe Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

b. Die Einstandsverpflichtung der Beklagten ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG erst mit dem Altersvermögensgesetz vom 26.Juni 2001 (BGBl. I, S. 1310) eingeführt worden war, während die Altersversorgungszusage an den Kläger auf der Betriebsvereinbarung vom 1. März 1992 beruht. Diese erfasst vielmehr auch zum Zeitpunkt der Schaffung der Einstandspflicht des Arbeitgebers bestandene Altersversorgungsvereinbarungen (vgl. BAG v. 15. 2. 2011 - 3 AZR 54/09, NZA 2011, 928, das eine Einstandsverpflichtung nach dieser Norm hinsichtlich einer bereits 1995 begründeten Altersversorgungszusage angenommen hatte.). Aber auch der klägerseits in Bezug genommenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg v. 2. 6. 2010 (- 19 Sa 33/09, juris; Revisionsentscheidung: BAG v. 19. 6. 12012 - 2 AZR 408/10, NZA-RR 2013, 426) lag eine angenommene Einstandsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG hinsichtlich einer Jahr 1989 erteilten Altersversorgungszusage zugrunde.

2. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat allerdings auch in der Berufungsinstanz, selbst unter Berücksichtigung der irrtümlichen und unzutreffenden Äußerung vor dem Arbeitsgericht, er habe über die Regelbeiträge hinaus weitere Eigenbeiträge entrichtet, den Umfang der Einstandspflicht der Beklagten nicht in ausreichender Weise dargetan. Der ihm noch zustehende Zahlungsanspruch ist auch in der Berufungsinstanz nicht in ausreichender Weise dargetan worden. Insbesondere sind in den von der PKDW erbrachten Rentenleistungen auch befristete Gewinnanteile enthalten, die nicht, zumindest nicht zwingend, durch die allein maßgeblichen Beiträge der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin „erkauft“ waren.

a. Ausgehend vom berichtigten Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz beruhen 2/3 der Altersversorgungsleistung „an sich“ auf Beiträgen der Beklagten, 1/3 auf eigene Leistungen. Er hat durch Vorlage der Aufrechnungsbescheinigungen (bis 1991, vgl. Anlage K 5, Bl. 173 ff. d. A. und ab 1992, Anlage K 6, Bl. 251 ff. d. A.) in ausreichender Weise nachgewiesen, dass seitens der Firma jeweils DM 600.-, von seiner Seite jeweils     DM 300.- als Beitrag entrichtet worden waren. Sonderbeiträge des Klägers oder der Beklagten ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. Der klägerische Vortrag ist insoweit auch nicht als verspätet zurückzuweisen, da er seine Einlassung durch die eingereichten Unterlagen belegt hat und insoweit keine Verzögerung des Rechtsstreits mehr eintrat bzw. eintreten hatte können.

b. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers umfasst, worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, jedoch allein die auf seinen Beiträgen beruhende Pensionskassenrente (BAG v. 19. 6. 2012 a.a.O., unter Rz. 35), nicht aber die in den Versorgungsbezügen enthaltenen Gewinnanteile. Die Zusage der Beteiligung an zu erwirtschaftenden Gewinnen steht bereits dem Grunde nach unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Erzielung von nachträglich zu verteilenden Gewinnen. Insoweit wird auf I. 1. d. der Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

aa. Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung vom 19. 6. 2012 (a.a.O., unter Rz. 36) aus, der Arbeitgeber habe nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht unmittelbar über ihn erfolge. Diese Gesetzesregelung basiere auf der ständigen Rechtsprechung des 3. Senats, wonach im Betriebsrentenrecht zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und den Durchführungswegen zu unterscheiden und der eingeschaltete externe Versorgungsträger seiner Funktion nach nur ein Instrument des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner arbeitsrechtlichen Versorgungspflichten sei (vgl. nur BAG v. 19. 6. 2012, a.a.O.; BAG v. 29. 8. 2000 - 3 AZR 201/00NZA 2001, 163, unter II. 1. der Gründe). Soweit die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg erbracht werde, habe der Arbeitgeber im Versorgungsfall ggf. aus seinem Vermögen diejenigen gleichwertigen Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er dem Arbeitnehmer versprochen habe. Diese Einstandspflicht des Arbeitgebers führe nach dem betriebsrentenrechtlichen System nicht zu einer bloßen Schadensersatz-, sondern zu Erfüllungsansprüchen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Dieser Ansicht schließt sich die erkennende Kammer an.

Mit dem Aufgreifen dieser Rechtsprechung und der Änderung von § 1 BetrAVG durch das Altersvermögensgesetz vom 26. 6. 2001 (BGBl. I, S. 1310) hat der Gesetzgeber „aus Gründen der Klarstellung“ festgehalten, es bestehe „unabhängig von der Durchführungsform der betrieblichen Altersversorgung immer eine arbeitsrechtliche 'Grundverpflichtung' des Arbeitgebers zur Erbringung der zugesagten Leistungen“ (BT-Drucks. 14/4595 S. 67; vgl. dazu auch BAG v. 19. 6. 2012, a.a.O., unter Rz. 36). Der Arbeitgeber kann sich mithin seiner Verpflichtungen aus einer Versorgungszusage nicht dadurch entledigen, dass er betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger durchführt.

Demnach ist betriebsrentenrechtlich zwischen der Versorgungszusage (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG), der Bestimmung des internen oder externen Durchführungsweges (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG) und dem aus der Einstandspflicht (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG) folgenden Verschaffungsanspruch als Erfüllungsanspruch zu unterscheiden (vgl. BAG v. 19. 6. 2012, a.a.O., unter Rz. 37). Der Verschaffungsanspruch will und soll eine mögliche Lücke zwischen der Versorgungszusage einerseits und der Ausgestaltung des Durchführungsweges schließen. Demgegenüber betrifft die Einstandspflicht sowohl Fälle, in denen die für die Durchführung der Versorgungszusage vom Arbeitgeber mit dem Versorgungsträger getroffene Regelung hinter den Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem Versorgungsempfänger zurückbleibt, als auch Fälle, da der externe Versorgungsträger die Betriebsrentenansprüche aus anderen Gründen nicht erfüllt. Die nicht auszuschließende (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) Einstandspflicht stellt damit die Erbringung der der Versorgungszusage entsprechenden Leistungen selbst bei auftretenden Schwierigkeiten im Durchführungsweg sicher (BAG v. 19. 6. 2012, a.a.O., unter Rz. 37; BAG v. 12. 6. 2007 - 3 AZR 186/06, NZA-RR 2008, 537, unter Rz. 20).

bb. Vorliegend ist allerdings nicht klar, ob und ggf. in welchem Umfang die Beklagte eine Einstandspflicht trifft. Denn nach dem klägerischen Vortag kann nicht sicher bestimmt werden, welche Leistungen auf den Beiträgen des Arbeitgebers beruhen und für die dieser nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einzustehen hat. In der tatsächlich bezahlten Betriebsrente waren nicht nur die „erkauften“ Rentenanteile, sondern auch (zeitlich befristete) Gewinnanteile enthalten, deren Höhe nicht näher substanziiert ist.

aaa. In den Versorgungsleistungen des PKDW sind zeitlich befristete Gewinnanteile enthalten. So teilt die Pensionskasse mit Schreiben vom 18. Juli 2002 mit, der befristete Gewinnzuschlag sei in reduzierte Höhe von 15% bis 30. Juni 2003 verlängert worden. Man habe Anstrengungen unternommen, um einen Abschluss darstellen zu können, um eine Verlängerung des Zuschlags über den 30. Juni 2003 hinaus zu ermöglichen. Dies sei allerdings nur bei einer drastischen Verbesserung auf dem Kapitalmarkt darstellbar. Diese (befristeten) Gewinnanteile sind der Höhe nach klägerseits nicht näher substanziiert.

bbb. Für diese Gewinnanteile hat der Arbeitgeber nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einzustehen; die Zuschläge stellen eine auf einem besonderen wirtschaftlichen Erfolg beruhende Sonderleistung der Rentenkasse dar, weswegen auch auf Grund der nur zeitlich befristeten Gewährung dieser Anteile kein schutzwürdiges Vertrauen auf deren fortlaufende Gewährung und damit für eine Haftung auch der Beklagten entstehen hatte können. Demzufolge ist nicht ersichtlich, ob über eine eventuelle Streichung dieser Anteile hinaus eine Kürzung der arbeitgeberseits „erkauften“ anteiligen Altersversorgung erfolgt war.

Die Beklagte hatte bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass im Pensionsbescheid vom 9. Feb. 2000 (Anlage B 4, Bl. 91 d. A.) Gewinnzuschläge nicht ausgewiesen waren. Es ist danach weder ersichtlich, ob solche bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge Berücksichtigung gefunden hatten oder erst nachfolgend hinzugerechnet worden waren. Ebenso ist nicht ersichtlich, inwieweit (nur) die Gewinnanteile nachträglich ganz oder teilweise in Wegfall geraten waren. Der betragsmäßige Umfang dieser Anteile ist auch nach dem Sachvortrag des Klägers nicht näher zu bestimmen.

Weitergehendes zugunsten des Klägers ist auch der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 2. 6. 2010 - 19 Sa 33/09, juris), ungeachtet der nachfolgenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. 6. 2012 (a.a.O.), zu entnehmen. Auch dort wurde, wie der Kläger selbst erkennt, nur die Einstandsverpflichtung des Arbeitgebers für die von ihm „erkaufte“ Betriebsrente angenommen.

3. Jedenfalls aber ist die Klage hinsichtlich der bis 2008 geltend gemachten Ansprüche abweisungsreif, da diese nach § 18a BetrAVG verjährt sind. Bei den geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich um Differenzzahlungen wiederkehrender Leistung, die - im Gegensatz zum Stammrecht - der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterfallen. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 4. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

4. Inwieweit darüber hinaus die Ansprüche des Klägers auch nach § 17 MTV Chemische Industrie v. 16. März 2009 verfallen sind, bedarf daneben keiner Entscheidung. Allerdings bestehen dagegen Bedenken, da die Ausschlussfrist nicht für „nachwirkende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ eingreift (§ 17 Nr. 5 MTV Chemische Industrie). Um solche handelt es sich aber bei den Altersversorgungsansprüchen.

5. Angesichts des Vorstehenden ist die Berufung auch hinsichtlich der Hilfsanträge, welche sich allein in der Berechnung begehrten Leistungen unterscheiden, nicht begründet.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.



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