Arbeitsgericht Trier

Urteil vom - Az: 3 Ca 1224/07

Einbeziehung eines Tarifvertrages in den Arbeitsvertrag

Durch Einbeziehung des §46 BAT wird nicht der diese Vorschrift ergänzende Zusatzversorgungstarifvertrag zum Bestandteil des Arbeitsvertrages.
Die Berufungsinstanz (LAG Rheinland-Pfalz) schließt sich dieser Auffassung nicht an.

I. Die Klage wird abgewiesen.

 II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 III. Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt. 

 

Tatbestand 

Die am ... 1943 geborene Klägerin ist seit dem 01.10.1970 bei dem beklagten Land als Lektorin im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft beschäftigt. Zunächst schlossen die Parteien für die Zeiträume vom 01.10.1970 bis 31.12.1974 drei befristete Arbeitsverträge. Mit Arbeitsvertrag vom 17.12.1974 vereinbarten sie ab dem 01.01.1975 ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit. § 3 des befristeten Arbeitsvertrages vom 23.11.1970 enthielt folgende Regelung:

Auf das Arbeitsverhältnis sind die §§ 5 bis 14, 18 bis 21, 36, 38 bis 52, 56 bis 64 und 70 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und die diese Bestimmungen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge anzuwenden. Diese Regelung galt auch für die beiden nachfolgenden befristeten Arbeitsverträge. § 2 des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 17.12.1974 lautete wie folgt: 

Auf das Arbeitsverhältnis sind die §§ 6 bis 14, 18 bis 21, 36,38 bis 64 und 70 des Bundes- Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und die diese Bestimmung ergänzenden oder ändernden Tarifverträge anzuwenden. Das beklagte Land hatte die Klägerin für den Zeitraum vom 01.10.1970 bis zum 01.09.1980 nicht zur Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) angemeldet bzw. hatte die Anmeldung nachträglich storniert. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.08.2006 an die Universität B-Stadt bat die Klägerin, die Nachmeldung zur VBL und die Nachzahlung der entsprechenden Beiträge für den Zeitraum vom 01.10.1970 bis zum 30.09.1980 zu veranlassen. Mit Schreiben vom 29.11.2006 teilte das beklagte Land mit, dass grundsätzlich eine Anmeldung zur Zusatzversorgung abgelehnt werde. 

Die Klägerin beantragt:

Das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin für die Zeit vom 01.10.1970 bis zum 30.09.1980 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zur Zusatzversorgung anzumelden und die entsprechenden Beiträge nachträglich abzuführen., hilfsweise, das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie auch für die Zeit vom 01.10.1970 bis zum 30.09.1980 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert gewesen wäre. 

Das beklagte Land beantragt
Klageabweisung. 

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer vorbereitenden Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist nicht begründet. 

Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Anmeldung zur Zusatzversorgung und Nachzahlung der entsprechenden Beiträge. Auch der hilfsweise geltend gemachte Klageantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen das beklagte Land auch keinen Anspruch auf Verschaffung der Versorgungsleistungen, die ihr zustünden, wenn sie in der Zeit vom 01.10.1970 bis 30.09.1980 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag setzen voraus, dass das beklagte Land verpflichtet war, die Klägerin in der Zeit vom 01.10.1970 bis 30.09.1980 bei der VBL zu versichern. Dies war nicht der Fall. Maßgeblich für die Verpflichtung des beklagten Landes sind die Vereinbarungen in § 3 des befristeten Arbeitsvertrages vom 23.11.1970 und in § 2 des Arbeitsvertrages vom 17.12.1974. In beiden Arbeitsverträgen haben die Parteien die Anwendung einzelner Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vereinbart, darunter die Anwendung der Vorschrift des § 46 BAT. Nach dieser Tarifvorschrift hat der Angestellte Anspruch auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe eines besonderen Tarifvertrages. Bei dem besonderen Tarifvertrag handelt es sich um den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV). Dieser Tarifvertrag gilt nach § 1 ATV für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildende (Beschäftigte), die unter den Geltungsbereich der in der Anlage 1 aufgeführten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes fallen und deren Arbeitgeber bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Beteiligter ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Sie fällt nicht unter den Geltungsbereich einer der in der Anlage 1 aufgeführten Tarifverträge. In Betracht kommt insoweit nur der  Bundesangestelltentarifvertrag der unter Ziff.1 der Anlage 1 aufgeführt ist. Als Lektorin ist die Klägerin nach § 3 BAT von dem Geltungsbereich des Bundesangestelltentarifvertrages ausgenommen. Dort heißt es unter „g“: „Dieser Vertrag gilt nicht für Lektoren... .“ Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Anwendung des § 3 BAT in den Arbeitsverträgen nicht vereinbart worden ist, also nicht Gegenstand der Arbeitsverträge war. 

Richtig ist zwar, dass die Parteien in den Arbeitsverträgen nur die Anwendung einzelner Vorschriften des BAT vereinbart haben, darunter nicht die des § 3 BAT. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Klägerin im Übrigen, insbesondere hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung unter den Geltungsbereich des BAT fällt, also uneingeschränkt Anspruch auf Altersversorgung nach dem Tarifvertrag Altersversorgung hat. Schon aus dem Wortlaut des § 46 BAT, dessen Anwendung die Parteien einzelvertraglich vereinbart haben, ergibt sich, dass der Anspruch auf Altersversorgung eingeschränkt ist, dass die Altersversorgung nur „nach Maßgabe“ des ATV zugesagt wird, also zu den in dem ATV geregelten Bedingungen, die vorsehen, dass nur die unter den Geltungsbereich u. a. des BAT fallenden Angestellten einen Anspruch auf Altersversorgung haben. Die Klägerin hat selbst nicht behauptete, dass sie uneingeschränkt unter den Geltungsbereich des BAT fällt. Wäre dies der Fall, so wäre die vertragliche Vereinbarung der Anwendung einzelner BAT-Vorschriften in den Arbeitsverträgen vom 23.11.1970 und 17.12.1974 nicht erforderlich gewesen. Die Vereinbarung einzelner Vorschriften des BAT spricht gerade dagegen, dass die Parteien abweichend von § 3 g BAT eine uneingeschränkte Anwendung des BAT vereinbaren wollten. 

Die Regelung in den Arbeitsverträgen vom 23.11.1970 und 17.12.1974 ist auch nicht unklar oder widersprüchlich i. S. d. § 305 c BGB mit der Folge, dass eine der Klägerin „günstige“ Auslegung geboten ist. In den genannten Arbeitsverträgen haben die Parteien nicht, wie die Klägerin meint, einen Anspruch auf Zusatzversorgung nach dem BAT vereinbart. Vereinbart worden ist lediglich die Anwendung des § 46 BAT und der diese Bestimmung ergänzenden oder ändernden Tarifverträge, im gegebenen Fall also die Anwendung des ATV, der - wie oben schon ausgeführt - eine Altersversorgung nur eingeschränkt gewährt. Insoweit sind die genannten Verträge eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Die Verträge enthalten auch keine arbeitsvertragliche Übernahmeklausel, der zufolge die Klägerin den zum Geltungsbereich des Tarifvertrages gehörenden Arbeitnehmern gleichgestellt wird. Vereinbart ist, wie sich aus den Verträgen eindeutig ergibt, nur die Anwendung einzelner ausgewählter Vorschriften des BAT. Die Nichteinbeziehung der Klägerin als Lektorin in den persönlichen Geltungsbereich des BAT verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. 

Das Bundesarbeitsgericht hatte seine in dem Urteil vom 26.01.1999 (Az: 3 AZR 381/97) vertretene Auffassung, von der Zusatzversorgung seien nur in wirksam befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigte Lektoren ausgenommen in seinem späteren Urteil vom 12.10.2004 (Az: 3 AZR 571/03 in NZA 2005 1127) aufgegeben. Nach der zuletzt genannten Entscheidung, der die Kammer folgt, ist § 3 g BAT nach den allgemeinen Regeln auszulegen. Schon aus dem für die Auslegung in erster Linie maßgeblichen Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass nicht nur befristet, sondern auch unbefristet beschäftigte Lektoren vom Geltungsbereich des BAT ausgenommen sind (BAG a. a. O. m. w. N.). Da die Klägerin den Prozess verloren hat, hat sie nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 3 ZPO. 



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