Arbeitsgericht Berlin

Urteil vom - Az: 60 Ca 455/19

Bundeswehr darf rechtsextremen Mitarbeiter kündigen

Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers bei der Bundeswehr ist wegen der Verbindung zur rechtsextremistischen Szene gerechtfertigt.
(Redaktioneller Orientierungssatz)

Der Kläger, ein langjähriger Mitarbeiter der Bundeswehr, war in einer rechtsextremen Kameradschaft tätig und beteiligte sich in diesem Zusammenhang an mehreren Veranstaltungen der rechten Szene. Auch äußerte sich der Kläger in den sozialen Medien zustimmend zu rechtsextremen Themen. Das Bundesministerium für Verteidigung erklärte dem Kläger sodann die außerordentliche fristlose Kündigung. Kurz danach wurde die außerordentliche Kündigung mit einer neunmonatigen Auslauffrist umgeändert. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage an das ArbG.
Es sei nicht anzunehmen, dass der Kläger sich weder zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekenne noch auf Basis der Werte des Grundgesetzes und des Verteidigungsauftrags arbeiten werde – so das ArbG. Die persönliche Eignung, Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes bei der Bundeswehr zu sein, sei daher nicht gegeben. Allerdings sei in Anbetracht der 30-jährigen Beschäftigungsdauer sowie des hohen Lebensalters des Klägers die Kündigung nur mit sozialer Auslauffrist gerechtfertigt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hiergegen kann Berufung eingelegt werden.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor:

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der beklagten Republik mit Schreiben unter dem 21. Dezember 2018 aufgelöst worden ist.

II. Die beklagte Republik wird verurteilt, dem Kläger ein endgültiges Zeugnis, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt, zu erteilen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die beklagte Republik 1/3 zu tragen.

V. Der Wert der Beschwer des Klägers wird festgesetzt auf 9.490,60 EUR, der Wert der Beschwer der beklagten Republik wird festgesetzt auf 10.846,40 EUR

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit zweier Kündigungen sowie über Zeugniserteilung.

Der am … 1957 geborene, ledige und Kindern nicht zum Unterhalt verpflichtete Kläger trat zum 14. Februar 1983 als Heizer in die Dienste der Nationalen Volksarmee der DDR (vergleiche Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1983, Blatt 217 bis 217 Rückseite der Akten, und Jubiläumsurkunde, Blatt 10 der Akten). Der aktuelle Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger als „vollbeschäftigtem Arbeiter“ und dem beklagten Staat (Blatt 9 bis 9 Rückseite der Akten) datiert auf den 7. Oktober 1991. Seit dem 1. März 2003 fand der Kläger dienstliche Verwendung als Hausmeister in mehreren Kasernen.

Dort ist in § 2 des aktuellen Arbeitsvertrages geregelt, dass das Arbeitsverhältnis durch den Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder - Ost - und den diesen ersetzenden Tarifverträgen ausgestaltet werde. Zu den ersetzenden Tarifverträgen zählt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (im Folgenden: TVöD), der dem Kläger ordentliche Unkündbarkeit vermittelt. Ferner gilt für den Kläger die Zentrale Dienstvorschrift A-2600/7 „Extremismus - Vorbeugung und Bekämpfung“ (Auszug Blatt 192 bis 194 der Akten).

Der Kläger ist gegenwärtig in die Entgeltgruppe 3, Erfahrungsstufe 6 der Entgeltordnung zum TVöD eingruppiert. Dies macht monatlich 2.711,60 Euro brutto aus.

Am 25. September 2018 wurde der Kläger durch das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (im Folgenden: MAD) befragt. Dies zeitigte das Schreiben des MAD an das zuständige Personalmanagement der Streitkräfte des beklagten Staates unter dem 27. November 2018 (Blatt 128 bis 131 der Akten). Dortige Kernaussage ist, dass es sich bei dem Kläger um einen Rechtsextremisten handele, wie dessen Befragung ergeben habe.

Der Kläger wurde seitens des beklagten Staates zu einem Personalgespräch am 13. Dezember 2018 geladen. Wegen der dort anwesenden Personen und des genauen Ablaufs dieses Gesprächs wird auf das Protokoll (Blatt 242 bis 245 der Akten) Bezug genommen. Das Protokoll wurde durch den Kläger als „inhaltlich richtig“ abgezeichnet. Am 13. Dezember 2018 wurde der Kläger von seinen Arbeitspflichten freigestellt.

Jeweils unter dem 18. Dezember 2018 wurden zwei Schreiben an den zuständigen Personalrat (Blatt 160 bis 172, 176 bis 186 der Akten) gerichtet, betreffend die Absicht, das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos beziehungsweise außerordentlich mit Auslauffrist aufkündigen zu wollen. Der Personalrat reagierte mit zwei Antwortschreiben unter dem 20. Dezember 2018 jeweils ablehnend (Blatt 173 bis 175, 187 bis 189 der Akten; Blatt 188 folgend dabei identisch zu Blatt 174 folgend). Zu einem Erörterungsgespräch kam es nicht. Unter dem 27. Dezember 2018 wurde der Personalrat darüber informiert, dass man arbeitgeberseits die Einwände des Personalrates für nicht tragend erachte und an den Kündigungsabsichten festhalte (Blatt 190 folgend der Akten). Der Personalrat legte den Vorgang nicht der übergeordneten Dienststelle vor.

Ebenfalls mit zwei Schreiben unter dem 18. Dezember 2018 (Blatt 136 bis 146, 148 bis 158 der Akten) wurde die Gleichstellungsbeauftragte zu den Kündigungsabsichten durch das beklagte Land beteiligt. Von Seiten der Gleichstellungsbeauftragten wurde noch an demselben Tage zwei Zustimmungserklärungen abgegeben (Blatt 147, 159 der Akten).

Durch Schreiben des beklagten Staates unter dem 21. Dezember 2018 (Blatt 11 bis 11 Rückseite der Akten) wurde das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos aufgekündigt. Der Kläger hat mit einem am 11. Januar 2019 bei Gericht eingegangenen und dem beklagten Staat am 23. Januar 2019 zugestellten Schriftsatz die Kündigungsschutzklage sowie Klage auf Zeugniserteilung erhoben.

Durch Schreiben des beklagten Staates unter dem 15. Januar 2019 (Blatt 26 bis 26 Rückseite der Akten) wurde das Arbeitsverhältnis zudem außerordentlich unter Wahrung einer sozialen Auslauffrist bis 30. September 2019 - der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist nach § 34 Absatz 1 TVöD - aufgekündigt. Mit einem am 5. Februar 2019 bei Gericht eingegangenen und dem beklagten Staat am 28. Februar 2019 zugestellten Schriftsatz hat der Kläger die Klage mit einem gegen diese Kündigung gerichteten Klageantrag erweitert. Er hat später klargestellt, dass es sich hierbei um ein unechtes Hilfsbegehren nach der erstgenannten Kündigungsantrag handelt.

Der Kläger ist der Meinung, dass die streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigungen nicht durch einen wichtigen Kündigungsgrund getragen seien.

Über die Befragung durch den MAD sei der beklagten Republik bereits nicht zutreffend berichtet worden. Insbesondere könne dem Kläger aber nicht vorgehalten werden, private Kontakte zu Personen zu unterhalten, die die beklagte Republik als der rechten Szene zugehörig betrachte. Eine Reihe von Tatsachen seien hier dem Kläger nicht bekannt und somit mit Nichtwissen zu bestreiten (Näheres Blatt 207 bis 211, 213 der Akten). Sein Tun sei auch durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Äußerungen des Klägers im Personalgespräch vom 13. Dezember 2018 stelle das Protokoll unzutreffend dar (Näheres Blatt 209 der Akten). Zusammenfassend sei zu erkennen, dass Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers in keiner Weise gerechtfertigt seien.

Sei somit ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung inhaltlich nicht gegeben, so sei die beklagte Republik mit solchen Gründen auch infolge des Versäumens der Kündigungserklärungsfrist präkludiert. Eine Information des Dienstvorgesetzen durch den MAD datiere bereits auf den 24. September 2018 (Näheres Blatt 250 folgend, 253 der Akten).

Auch der Personalrat sei vor ihrem Ausspruch nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, und die Kündigungen hielten in Ansehung der Dienstverordnung A-2600/7 einer Interessenabwägung nicht stand.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der beklagten Republik mit Schreiben unter dem 21. Dezember 2018 noch durch hilfsweise mit Schreiben der beklagten Republik unter dem 15. Januar 2019 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bis zum 30. September 2019 aufgelöst worden ist, wobei die zweitgenannte Feststellung nur im Falle des Obsiegens hinsichtlich der erstgenannten Feststellung beantragt ist,

2. die beklagte Republik zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt,

3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem vollständigen Feststellungsbegehren zu 1., dem Kläger ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt, zu erteilen.

Die beklagte Republik erklärt hinsichtlich des Hilfsbegehrens zu 3. das Anerkenntnis und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, die streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigungen könnten sowohl auf einen verhaltensbedingten wie einen personenbedingten wichtigen Grund gestützt werden.

Der Kläger belege in seiner Person ebenso wie in seinen Handlungen, dass er der ihm obliegenden Loyalitätspflicht zur verfassungsmäßigen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht nachkommen könne. Dies zeigten seine multiplen Verletzungen dieser Loyalitätspflicht, welche durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt seien. Dem Kläger sei die Verfassungstreue abzusprechen, da er sich verfassungsfeindlich betätige. Dies folge aus seiner Mitgliedschaft bei der „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“, was die beklagte Republik anhand der Geschichte dieser Vereinigung und der klägerischen Aktivitäten dort und in deren Umkreis näher zu begründen sucht (Blatt 112 bis 113, 115 bis 118, 239 bis 241 der Akten). Bestätigt habe sich diese Einschätzung im Personalgespräch vom 13. Dezember 2018 durch die dort protokollierten Einlassungen des Klägers selbst, die auch zeugenschaftlich bewiesen werden könnten. Beredt sei im Übrigen der Verfassungsschutzbericht Brandenburg für 2018 (Auszug Blatt 246 bis 249 der Akten). Eine Distanzierung vom Rechtsextremismus durch den Kläger sei auch zukünftig nicht zu erwarten.

Damit bedingten sowohl fehlende Eignung wie auch das konkrete Verhalten die außerordentlichen Kündigungen, welche auch ohne Ausspruch einer vorhergehenden Abmahnung im Zuge der allumfassenden Interessenabwägung als verhältnismäßig zu erkennen seien.

20Wegen des Vortrages der Parteien im Weiteren wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2019 gewesen sind, sowie auf die dort protokollierten Parteierklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Klageantrag zu 1. enthält mehrere Kündigungsschutzklagen.

Ein Kündigungsschutzbegehren in Gestalt eines Feststellungsantrages zu verfolgen ist unmittelbar durch §§ 4 Satz 1, 13 Absatz 1 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz (im Folgenden: KSchG) vorgegeben und damit statthaft.

Bei den Klageanträgen zu 2. und 3. handelt es sich um Leistungsklagen auf Erteilung von Zeugnissen. Beiden Klageanträgen ist gemein, dass sie den Streitgegenstand hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Absatz 2 Nummer 2. Zivilprozessordnung (im Folgenden: ZPO) angeben.

II.

Die Klage ist nur teilweise begründet.

1. Die Klage ist insoweit begründet, als der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der beklagten Republik mit Schreiben unter dem 21. Dezember 2018 nicht aufgelöst worden ist, jedoch insoweit nicht begründet, als der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch hilfsweise mit Schreiben der beklagten Republik unter dem 15. Januar 2019 erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bis zum 30. September 2019 nicht aufgelöst worden ist. Das zweitgenannte Begehren ist zur gerichtlichen Entscheidung gestellt, da der Kläger mit dem erstgenannten Begehren durchdringt.

Beide außerordentlichen Kündigungen sind zwar an sich durch einen wichtigen Kündigungsgrund getragen und auch nicht durch anderweitige Rechtsunwirksamkeitsgründe ergriffen, jedoch erweist sich die außerordentliche und fristlose Kündigung nicht als interessengerecht im Sinne einer allumfassenden Interessenabwägung. Auf diese Fragen kommt es an, denn der Kläger hat rechtzeitig im Sinne der §§ 4 Satz 1, 7, 13 Absatz 1 Satz 2 KSchG, 167 ZPO Kündigungsschutzklage erhoben bzw. diese erweitert.

a) Die hier streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigungen sind durch einen wichtigen Kündigungsgrund getragen.

Gemäß § 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (im Folgenden: BGB) kann ein Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder unter Wahrung einer sozialen Auslauffrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung beziehungsweise über den Ablauf der Auslauffrist hinaus nicht zugemutet werden kann. Im Kern besteht der wichtige Kündigungsgrund hierbei auf einer im Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens beim Arbeitnehmer aus objektiver Sicht des Gerichtes anzustellende Prognose für ein fortwährendes Arbeitsverhältnis negativen Inhaltes, dass in Ansehung des bisherigen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers - sei es verhaltens-bedingt und damit steuerbar oder sei es personenbedingt und damit nicht steuerbar - auch für die Zukunft in einem Maß mit arbeitsvertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers zu rechnen ist, wie dies als Risiko dem Arbeitgeber in wertender Betrachtung nicht aufgebürdet werden darf.

Für jede Tatsache, die diese Negativprognose stützen soll, trägt der im Kündigungsschutzverfahren beklagte Arbeitgeber die primäre Darlegungslast. Vorliegend vermag der beklagte Staat seiner Darlegungslast nachzukommen, während dies der Kläger hinsichtlich seiner damit ausgelösten Erwiderungslast nicht vermag. Dies führt im Ergebnis zur Feststellung des wichtigen Kündigungsgrundes durch die erkennende Kammer.

aa) Dem beklagten Land gelingt die Darlegung eines personenbedingten wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung.

Es stellt sich die Negativprognose, dass der Kläger nicht in der Lage ist, sich an Normen zu halten, deren Einhaltung für ein dem beklagten Land zumutbares Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Parteien unabdingbar ist. Der Kläger ist nicht allein aus seinem Verhalten heraus, sondern aus einer der Steuerungsfähigkeit durch den Kläger entzogenen gesellschaftspolitischen Grundhaltung heraus nicht in der Lage, sich an dasjenige zu halten, was ihm durch den Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 1991, § 241 Absatz 2 BGB und die Zentrale Dienstvorschrift A-2600/7 aufgetragen ist. Der Kläger wird sich weder durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen noch auf der Basis der Werte des Grundgesetzes und des Verteidigungsauftrags arbeiten, weil er nicht fähig ist, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten und das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit und der Menschenwürde zu schützen. Der Kläger ist daher als Hausmeister der Bundeswehr auf nicht absehbare Zeit persönlich ungeeignet.

Die vorstehende Feststellung basiert zunächst auf den Darlegungen des primär darlegungsbelasteten beklagten Staates im Zusammenspiel mit dem unstreitigen Sachverhalt, wie sie auch dem für das Kündigungsverfahren zuständigen Personalrat unter dem 18. Dezember 2018 zugeleitet worden sind.

(1) Der an die Darlegungen des beklagten Landes zu legende rechtliche Maßstab ergibt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die politische Betätigung eines Angestellten des Bundes kann als personen-bedingter Grund für eine Kündigung in Betracht kommen, wenn der Angestellte unter Berücksichtigung der ihm obliegenden Funktion und der staatlichen Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers auf Grund konkreter Umstände nicht als geeignet für seine Tätigkeit angesehen werden muss. Fehlende Bereitschaft zur Verfassungstreue ist durch den Arbeitgeber anhand konkreter Umstände zu personifizieren und zu verstärken, so dass die Feststellung der fehlenden Eignung rechtfertigen, konkrete Umstände, die gegen eine Eignung sprechen, können sich aus dem bisherigen dienstlichen oder außerdienstlichen Verhalten sowie aus seinem durch Anhörung zu ermittelnden Verfassungsverständnis ergeben [Bundesarbeitsgericht (im Folgenden: BAG) vom 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - Arbeitsrechtliche Praxis (im Folgenden: AP) Nummer 24 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung]. Arbeitnehmer, die - anders als Beamte - nur eine „einfache“ politische Treuepflicht trifft, müssen ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als sie nicht darauf ausgehen dürfen, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen, wobei dies gleichermaßen für den dienstlichen wie für den außerdienstlichen Bereich gilt (BAG vom 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - ).

(2) Gemessen an Vorstehendem ergibt sich, dass dem Kläger die persönliche Eignung fehlt, Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes bei der Bundeswehr zu sein. Dies ist aus seiner inneren Einstellung abzuleiten.

Zentral hierfür steht das Protokoll des Personalgesprächs vom 13. Dezember 2018. Dort wurde der Kläger zunächst über die Behauptungen informiert, die der MAD unter dem 27. November 2018 über ihn aufgestellt hatte, namentlich betreffend die Teilnahme an mehreren Veranstaltungen im rechtsradikalen Kontext. Der Kläger bezeichnete diese Tatsachenbehauptungen ausweislich des Protokolls als inhaltlich zutreffend. Damit ist festzustellen, dass der Kläger seit vielen Jahren sich der „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ zugehörig fühlt und sich entsprechend verhält. Was hierunter zu verstehen ist, fasst das Protokoll anhand der Einlassungen des Klägers auf seiner zweiten Seite zusammen. Demnach handelt es sich bei dem Kläger um diejenige Person, die innerhalb der Kameradschaft aufgrund seines Alters als Respektsperson angesehen wird. Dies setzt der Kläger dafür ein, einerseits den Zusammenhalt der Kameradschaft als rechtsradikalem, völkischem Bündnis zu stärken, andererseits die jüngeren Gefolgsmänner von unmittelbar strafbarem, rechtsterroristischem Handeln abzuhalten. Der Kläger bekennt sich dabei zu den durch die Kameradschaft vertretenen Inhalten und verhält sich innerhalb dieser adäquat, das heißt er nimmt an entsprechenden Veranstaltungen gemeinsamen öffentlichen Bekenntnisses wie Demonstrationen aber auch an internen Stammtischrunden teil. Auch in sozialen Medien gibt der Kläger seine Verbundenheit in das rechtsradikale Milieu kund. Ferner konsumiert er musikalische Darbietungen mit rechtsradikalen Inhalten.

Aus vorstehender Einlassung des Klägers im Personalgespräch ist zu schlussfolgern, dass es sich bei dem Kläger um eine Person mit rechtsradikaler innerer Einstellung handelt, von der zwar keine Gefahr für die demokratischen Institutionen in dem Sinne ausgeht, dass er zu strafbarem oder terroristischen Handeln neigt, der es aber recht wäre, würden Maßnahmen auf aktuellen politischen Problemfeldern ergriffen, die mit den Werten des Grundgesetzes nicht in Einklang zu bringen sind, etwa auf den Gebieten Migration oder Geschichtsrevisionismus. Damit bietet der Kläger keine hinreichende Basis für eine Zusammenarbeit mit dem beklagten Staat im Zuge eines Arbeitsverhältnisses, da es ihm an Verfassungstreue mangelt.

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger sich im Grundsatz - wie jeder andere Bürger auch - im Verhältnis Bürger-Staat und damit als Reflexwirkung auch im Verhältnis Arbeitnehmer-Staat auf die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu berufen vermag, wie sie das Grundgesetz garantiert. Diese Grundrechte sind jedoch nicht uneingeschränkt gewährt, sondern enden dort, wo es zum Schutz anderer Grundrechte sowie des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates unabwendbar notwendig ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Für die Verächtlichmachung der Bundesrepublik Deutschland in den zentralen Identifikationspunkten wie dem Rechtsstaat, der Demokratie und der Verantwortung für die deutsche Vergangenheit gibt die Meinungsfreiheit keinen Spielraum ab. Der Markenkern rechtsradikaler Vereinigungen wie der „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ ist es gerade, solche Verächtlichmachung zu betreiben.

Soweit der Kläger einen Sinneswandel behauptet, vermögen seine relativierenden Einlassungen nicht zu überzeugen. Wenn der Kläger laut der dritten Seite des Protokolls vom 13. Dezember 2018 von Zweifeln spricht, die sich seiner nach der Teilnahme am Rudolf-Heß-Gedenkmarsch bemächtigt hätten, gleichzeitig er sich aber wünscht, bereits Rentner zu sein, um innerhalb der Kameradschaft für Ruhe sorgen zu können, ist vielmehr zu schlussfolgern, dass der Kläger auch zukünftig die Ziele der Kameradschaft - auf seine spezifische Weise - zu unterstützen gedenkt.

(bb) Ist somit eine Erwiderungslast auf Seiten des Klägers ausgelöst, vermag er dieser nicht nachzukommen.

Hierbei ist es nicht behelflich, die Richtigkeit des Protokolls vom 13. Dezember 2018 in Abrede stellen zu wollen. Vielmehr muss sich der Kläger an der inhaltlichen Richtigkeit dieses Protokolls festhalten lassen, denn er hat diese durch seine Unterschrift unter dem Protokoll ausdrücklich bestätigt. Dies schließt dann die Richtigkeit des Berichtes des MAD vom 27. November 2018 mit ein. Wenn der Kläger im Übrigen bestimmte Wertungen seines Verhaltens im Zusammenhang mit der „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ nicht teilt, so stellt dies keinen Tatsachenvortrag dar, mit dem allein der Darlegungslast genüge getan werden könnte.

cc) Eine Präklusion des beklagten Landes hinsichtlich des personenbedingten wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung ist nicht eingetreten.

Gemäß § 626 Absatz 2 Satz 1 und 2 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen, wobei die Frist mit demjenigen Zeitpunkt beginnt, in welchem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Diese Kündigungserklärungsfrist verliert indessen ihre rechtliche Relevanz, handelt es sich bei dem wichtigen Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers um einen Tatbestand von Dauer (zuletzt BAG vom 28.06.2018 - 2 AZR 436/17 - , unter III. der Gründe). So liegen die Dinge hier.

Der Kläger verfügt über eine innere Einstellung, die mit dem Pflichtenkreis eines Beschäftigten des beklagten Staates unvereinbar ist. Bei dieser inneren Einstellung handelt es sich um einen Dauertatbestand, so dass sich die Unzumutbarkeit des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses fortwährend aufs Neue manifestiert. Hierauf kann der Arbeitgeber fortlaufend durch Ausspruch der außerordentlichen Kündigung reagieren. Im hiesigen Zusammenhang ist es insbesondere nicht beanstandenswert, dass der beklagte Staat zunächst noch ein Personalgespräch durchführte, um die durch den MAD übermittelten Schlüsse auf die innere Einstellung des Klägers im Gespräch mit demselben nachzuprüfen. Im Anschluss erfolgte die Einleitung des Kündigungsverfahrens.

Dahinzustehen hat, welche Personen innerhalb des Organisationszusammenhanges des beklagten Staates als die Kündigungsberechtigten im Sinne von § 626 Absatz 2 Satz 2 BGB zu identifizieren seien und wie sich der Informationsfluss an diese im Einzelnen gestaltete.

b) § 626 Absatz 1 BGB bindet die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung an eine Interessengerechtigkeit unter Einbezug sämtlicher Aspekte des Lebenssachverhaltes. Dieser Anforderung hält hier nur die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist stand, nicht jedoch die streitgegenständliche fristlose Kündigung.

Zwar bleibt die sich dem Arbeitsverhältnis stellende Negativprognose dieselbe, jedoch wird sie anhand der sozialen Daten des Klägers entscheidungserheblich relativiert, als es um die fristlose Kündigung geht. Diese erscheint nicht als interessengerecht auf der dritten Stufe einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Dienstzugehörigkeit von knapp 36 Jahren im Kündigungszeitpunkt gebietet ebenso wie das Lebensalter von knapp 62 Jahren ein höheres Maß der Rücksichtnahme auf die Interessen des Klägers. Zwar muss dem beklagten Staat die Möglichkeit offen stehen, sich von dem Kläger zu trennen, da dieser sich nicht hinreichend zu seinem Arbeitgeber zu bekennen bereit ist, jedoch hat dies in angemessener Weise durch eine Kündigung zu geschehen, die in ihren realen Auswirkungen einer ordentlichen Kündigung entspricht.

c) Die an dieser Stelle allein noch zu betrachtende außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ist nach ordnungsgemäßer Beteiligung des zuständigen Personalratsgremiums ausgesprochen worden.

Vor außerordentlichen Kündigungen ist nach § 79 Absatz 3 Satz 1 und 2 BPersVG der zuständige Personalrat anzuhören. Der Dienststellenleiter hat dabei die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Widrigenfalls ist die Kündigung nach § 79 Absatz 4 BPersVG unwirksam.

Der Kläger hat sich in der Klageschrift darauf berufen, dass es an einer ordentlichen Personalratsbeteiligung vor Ausspruch der Kündigungen mangele. Dadurch ist eine diesbezügliche Darlegungslast des beklagten Staates ausgelöst worden. Dieser ist der beklagte Staat auch nachgekommen, denn er hat das Unterrichtungsschreiben unter dem 18. Dezember 2018 betreffend die Absicht, das Arbeitsverhältnis außerordentlich mir Auslauffrist aufzukündigen, vorgelegt und den Ablauf der Personalratsbeteiligung im Einzelnen geschildert. Dem ist der Kläger nicht mehr entgegengetretene, so dass der Geschehensablauf als zugestanden zu werten ist.

Inhaltlich erheben sich keine Bedenken. Die Unterrichtung erfolgte wahrheitsgemäß entlang der dem beklagten Staat vorliegenden Erkenntnisse unter Einbezug der klägerischen Stellungnahmen. Der Personalrat widersprach der Kündigungsabsicht unter dem unter dem 20. Dezember 2018, was den beklagten Staat ausweislich seines Schreibens unter dem 27. Dezember 2018 nicht überzeugte. Hierbei ließ es der Personalrat sein Bewenden haben; ein Vorgehen nach § 72 Absatz 4 BPersVG erfolgte nicht. Die unter dem 15 .Januar 2019 ausgesprochene Kündigung setzt also auf einer gesetzeskonform abgelaufenen Personalratsbeteiligung auf.

d) Weitere Rechtsunwirksamkeitsgründe, die die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist rechtsunwirksam erscheinen ließen, sind der erkennenden Kammer nicht vor Augen getreten. Sie ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2019 beendet.

2. Die Klage ist insoweit unbegründet, als der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses begehrt.

Ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis ist im Grundsatz nur dann gegeben, obsiegt ein Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren erstinstanzlich. Hieran mangelt es vorliegend. Der beklagte Staat ist nicht verpflichtet, durch die aktuelle Ausstellung eines Zwischenzeugnisses den Schein zu errichten, als bestünde zwischen den Parteien gegenwärtig ein Arbeitsverhältnis.

3. Die Klage ist insoweit begründet, als der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses begehrt. Dieses Begehren ist zu gerichtlichen Entscheidung gestellt, denn die innerprozessuale Voraussetzung hierfür, das Unterliegen mit dem Begehren gerichtet auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, tritt - wie gesehen - ein.

Da der beklagte Staat insoweit ein Anerkenntnis erklärt hat, bedarf der Zuspruch auf die Klage insoweit keiner näheren Begründung, § 313b Absatz 1 Satz 1 ZPO. Das Urteil ist lediglich als teilweise auf Anerkenntnis beruhend zu kennzeichnen, § 313b Absatz 1 Satz 2 ZPO.

III.

Die Kosten des Rechtsstreites haben die Parteien gemäß § 92 Absatz 1 Satz 1 ZPO im Verhältnis ihres jeweiligen Unterliegens zu tragen.

IV.

Der Wert der Beschwer der Parteien durch dieses Urteil ist gemäß § 61 Absatz 1 ArbGG, 3 fortfolgende ZPO festzusetzen. Die Festsetzung erfolgt hier in Höhe von jeweils drei Monatsbruttovergütungen des Klägers für das jeweilige Unterliegen beider Seiten im Kündigungsrechtsstreit. Für das Unterliegen mit dem Zeugniserteilungsbegehren tritt für den Kläger ein weiteres halbes Monatsbruttoentgelt hinzu, für den beklagten Staat ein weiteres volles Monatsbruttoentgelt.



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