Arbeitsgericht Lüneburg

Urteil vom - Az: 1 BV 5/19

Betriebsrat darf Werbegeschenke nicht behalten

(1.) Erhalten Betriebsratsmitglieder im Rahmen einer Betriebsratsschulung vom Veranstalter Werbegeschenke als „Sachmittel für die Betriebsratsarbeit“ (u.a. Tablet-PC, Laptoptaschen, Rucksack, Regenschirm), so kann der Betriebsrat nicht verlangen, dass ihm der Arbeitgeber diese Gegenstände als Sachmittel für seine Arbeit zur Verfügung stellt. Insbesondere sind solche Sachmittel nicht für die Erledigung von Betriebsaufgaben erforderlich.

(2.) Andernfalls besteht die Gefahr, dass Betriebsratsmitglieder sich bei der Wahl von zukünftigen Schulungsveranstaltungen von der Qualität der vom Veranstalter angebotenen „Zugaben“ beeinflussen lassen und hierdurch die Vorgaben für Seminarbesuche nach § 37 Abs. 6 BetrVG aus den Augen verlieren.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tenor:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, die von einzelnen Mitgliedern des Betriebsrates beim Besuch von Betriebsratsschulung vom Veranstalter der Schulung erhaltenen Gegenstände (wieder) an den Betriebsrat herauszugeben bzw. diesem die Gegenstände zur Durchführung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

Der Antragsteller (nachfolgend Betriebsrat) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) (nachfolgend Arbeitgeberin) gebildete fünfköpfige Betriebsrat. Die Arbeitgeberin produziert Wasserbehandlungsanlagen und beschäftigt ca. 60 Arbeitnehmer.

Im Jahr 2018 besuchten zwei Mitglieder des Betriebsrates mehrere Schulungen des Anbieters ifb. Dieser verteilte an die Teilnehmer neben den üblichen Schulungsmaterialien (z. B. Gesetzestexte, Bleistifte und Textmarker) weitere als „Sachmittel für die Betriebsratsarbeit“ bezeichnete Gegenstände. Konkret „stattete“ der Anbieter ifb die beiden Mitglieder des Betriebsrates im Zuge der besuchten Schulungen mit folgenden Gegenständen aus:

- Tablet-PC des Herstellers Odys,

- Moleskine Smart Writing Set,

- 2 Laptoptaschen,

- Rucksäcke und

- 2 Regenschirme.

Die Arbeitgeberin verlangt von allen Mitarbeitern des Betriebes die Herausgabe von „Werbegeschenken“ in einem Wert von über 10,00 Euro. Diese werden im Rahmen der jährlichen Weihnachtstombola an die Belegschaft verlost.

Am 27.02.2019 schrieb ein Mitglied des Betriebsrates an den Vorstand der Arbeitgeberin folgende E-Mail:

Betreff: Alte Ausgaben „Arbeitsgesetze“ (Beck-Texte im dtv); Notepad und Gutschein Hallo Herr v. Bredow In unserem Besitz befinden sich alte Ausgaben der Taschenbuchausgabe „Arbeitsgesetze“ (Beck-Texte im dtv) aus den Jahren 2014 bis 2016. Der Antragsteller hat inzwischen neue-re Auflagen und benötigt die 9 alten Exemplare nicht mehr. Sie sind natürlich Firmeneigentum. Können die Exemplare entsorgt werden oder sollen wir sie Ihnen übergeben? Außerdem teilen wir mit, dass wir vom Seminaranbieter ifb im Rahmen einer Seminarteilnahme ein Notepad erhalten haben. Dies befindet sich im BR-Büro und wird vom BR für seine Tätigkeit benutzt werden. Es existiert zudem aus einer anderen Seminarteilnahme ein Gutschein des Seminaranbieters ifb für Arbeitsrecht-Fachliteratur, der online eingelöst werden kann. Mit freundlichen Grüßen

Am 28.02.2019 traf sich die Arbeitgeberin mit den Mitgliedern des Betriebsrates und forderte die Vorlage der vom Veranstalter der Schulungen an die Mitglieder des Betriebsrates übergeben Gegenstände. Im Anschluss behielt die Arbeitgeberin folgende Gegenstände ein:

- Tablet-PC,

- Rucksack,

- Laptoptasche und

- zwei Regenschirme.

An den ebenfalls vorgelegten „Büromaterialien“ und Gesetzestexten zeigte die Arbeitgeberin kein Interesse. In der Laptoptasche befanden sich Bleistifte und Textmarker, welche bei Vorlage der Laptoptasche unbemerkt blieben. Am 01.03.2019 übersandte der Betriebsrat der Arbeitgeberin einen elektronischen „ifb-Medien-Gutschein“ für Fachliteratur im Wert von 150,00 EUR. Nach Auskunft des Betriebsrates war dieser Gutschein im Zeitpunkt der Kammerverhandlung am 02.10.2019 „abgelaufen“. Zusätzlich übergab der Betriebsrat am 01.03.2019 an die Arbeitgeberin einen weiteren Rucksack und ein Moleskine Smart Writing Set. Beide Gegenstände hatten sich am 28.02.2019 bei einem Betriebsratsmitglied „zu Hause“ befunden.

Mit E-Mail vom 04.03.2019 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, die einbehaltenen Gegenstände an den Betriebsrat herauszugeben. Dies lehnte die Arbeitgeberin ab. Hinsichtlich des Betriebsratsmitgliedes, welches im Rahmen der Schulung das Moleskine Smart Writing Set erhalten hatte, und des Betriebsratsmitgliedes, welches das Moleskine Smart Writing Set am 28.02.2019 bei sich „zu Hause“ hatte, beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung gem. § 103 BetrVG. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung. Hinsichtlich eines der beiden Mitglieder betrieb die Arbeitgeberin das sogenannte gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren. Das zum Aktenzeichen 1 BV 6/19 geführte Verfahren endete durch Antragsrücknahme im Kammertermin.

Am 28.03.2019 beschloss der Betriebsrat die Durchführung dieses Beschlussverfahrens. Zu diesem Zeitpunkt war das Büro des Betriebsrates mit einem PC nebst zwei Bildschirmen und Internetzugang ausgestattet. Der Betriebsrat kann sich an den „Büromaterialen“ der Arbeitgeberin (Papier, Blöcke, Stifte, Hefter, Locher, Mappen etc.) eigenständig bedienen. Der Tablet-PC war im Zeitpunkt seiner Herausgabe noch unbenutzt.

Der Betriebsrat hat seine Anträge wie folgt begründet:

Die Arbeitgeberin habe ihm den unmittelbaren Besitz an den streitigen Gegenständen am 28.02.2019 und 01.03.2019 durch verbotene Eigenmacht entzogen. Er habe dem Einbehalt der Gegenstände nicht zugestimmt. Damit sei die Arbeitgeberin zur Herausgabe der Gegenstände nach § 861 BGB verpflichtet. Zumindest sei die Arbeitgeberin aber verpflichtet, ihm die streitigen Gegenstände gem. § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung zu stellen. Mit dem Moleskine Smart Writing Set könne er Protokolle, Mitschriften und Skizzen erstellen und direkt auf das Tablet übertragen. Dies erspare das Abtippen handschriftlicher Notizen. Durch das Tablet sei der mobile Zugriff auf die eigenen Daten möglich. Hierdurch entfalle die Notwendigkeit, Unterlagen der Betriebsratsarbeit bei Terminen außerhalb des Betriebsratsbüros mit sich herumtragen zu müssen und Gefahr zu laufen, benötigte Dokumente nicht dabei zu haben. Durch den Online-Zugang zum Internet könne der Tablet-PC auch zur Recherche relevanter Themen eingesetzt werden. Die Rucksäcke ermöglichten den Transport und die Lagerung von Betriebsratsunterlagen. Die in der Laptoptasche befindlichen Bleistifte und Textmarker seien für die tägliche Betriebsratsarbeit erforderlich. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeberin durch diese Gegenstände keinerlei Kosten entstanden sind, weil die Kosten bereits mit den Schulungsgebühren abgegolten waren. Das Moleskine Smart Writing Set habe sich am 28.02.2019 nicht zur privaten Nutzung bei einem seiner Mitglieder befunden. Das Mitglied sei von ihm beauftragt worden, sich mit der Nutzung dieses Gerätes vertraut zu machen. Dies habe das Mitglied nur „privat“ erledigen können, weil das Moleskine Smart Writing Set nicht mit dem von der Arbeitgeberin verwendeten Programm „MS Windows 7“ kompatibel ist.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

die Arbeitgeberin zu verurteilen, dem Betriebsrat folgende Gegenstände herauszugeben:

1. Tablet-PC des Herstellers Odys

2. Moleskine Smart Writing Set

3. 2 Rucksäcke

4. Regenschirm

5. Literaturgutschein

6. 2 Textmarker

7. 2 Bleistifte.

Hilfsweise die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Betriebsrat folgende Gegenstände zur Verfügung zu stellen:

1. Tablet-PC des Herstellers Odys

2. Moleskine Smart Writing Set

3. 2 Rucksäcke

4. Regenschirm

5. Literaturgutschein

6. 2 Textmarker

7. 2 Bleistifte.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat ihren Zurückweisungsantrag wie folgt begründet:

Ihr sei bei Genehmigung der Seminare nicht bekannt gewesen, dass es im Rahmen der Seminare zur Übergabe der streitigen Gegenstände kommen würde. Dementsprechend habe sie durch Genehmigung der Seminare auch nicht einer Nutzung dieser Gegenstände durch den Betriebsrat vorab zugestimmt. Der Betriebsrat habe die streitigen Gegenstände freiwillig am 28.02.2019 und 01.03.2019 übergeben. Der Betriebsrat sei von dem Einbehalt der Gegenstände nicht überrascht worden. Er benötige die streitigen Gegenstände nicht für die tägliche Betriebsratsarbeit. Dies zeige sich insbesondere daran, dass alle Gegenstände - bis auf die von einem Betriebsratsmitglied privat genutzten Gegenstände (Rucksack und Moleskine Smart Writing Set) - im Zeitpunkt der Übergabe noch ungenutzt gewesen waren. Eine Nutzung des Moleskine Smart Writing Sets anhand des ebenfalls „streitigen“ Tablet-PC sei nicht möglich. Gemäß den eigenen Ausführungen des Betriebsrates im Schriftsatz vom 20.06.2019 sei eine Nutzung des Moleskine Smart Writing Sets nur mittels eines mit Windows 10 ausgestatteten Geräts möglich. Diese Voraussetzungen erfülle der Tablet-PC nicht, weil er mit einem Android-Betriebssystem ausgestattet ist. Im Betrieb würden keine Tablets eingesetzt. Lediglich die beiden Vertriebsleiter nutzten Tablets im Außendienst.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Protokolle der Sitzungen vom 27.05.2019 und 02.10.2019 verwiesen.

II.

Sowohl der zulässige Haupt- als auch der zulässige Hilfsantrag sind unbegründet.

1. Es besteht kein Herausgabeanspruch. Die Arbeitgeberin hat die streitigen Gegenstände nicht durch verbotene Eigenmacht erlangt.

a) Verbotene Eigenmacht ist entweder Besitzentziehung oder Besitzstörung. Relevant ist hier die vom Betriebsrat behauptete Besitzentziehung.

Besitzentziehung ist der totale und dauernde Ausschluss von der faktischen Sachherrschaft. Die Besitzentziehung nimmt den Besitzer die tatsächliche Gewalt dauernd und total. Körperliche Maßnahme ist die sogenannte Wegnahme (vgl. Staudinger/Gutzeit 2018, BGB § 858 Randnr. 11 ff.). Neben der körperlichen Maßnahme der Wegnahme kommen auch psychisch wirkende Maßnahmen wie z. B. Drohungen in Betracht (vgl. Staudinger/Gutzeit 2018, BGB § 858 Randnr. 13).

b) Der Betriebsrat hat die streitigen Gegenstände an die Arbeitgeberin übergeben. Die Arbeitgeberin musste sich die Sachherrschaft nicht selbst verschaffen. Eine Wegnahme ist nicht erfolgt.

Die Arbeitgeberin hat die Sachherrschaft über die streitigen Gegenstände durch freie Entschließung des Betriebsrates erlangt. Die Übergabe der streitigen Gegenstände wurde nicht mittels einer Drohung mit einem Übel erwirkt.

Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat nicht dergestalt getäuscht, dass dieser mit einer unmittelbaren Rückgabe der vorgelegten Gegenstände rechnen durfte. Denn ansonsten hätte der Betriebsrat nicht am 01.03.2019 weitere Gegenstände an die Arbeitgeberin herausgegeben. Damit kommt es auf die Frage, ob die durch eine Täuschung erlangte Besitzaufgabe mangels eines rechtsgeschäftlichen Charakters des Aufgabewillens als freiwillig zu erachten ist (so beispielsweise BGH, NJW 1953, S. 1506, 1507) nicht an.

2. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass die Arbeitgeberin ihm die streitigen Gegenstände nach § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung stellt.

a) Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass ihm konkret die vom Schulungsveranstalter ausgegebenen Gegenstände nach § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung gestellt werden.

aa) Aus der Formulierung des Hilfsantrages und dem Inhalt der Antragsschrift ergibt sich im Wege der Auslegung, dass der Betriebsrat mit dem Hilfsantrag nicht die zur Verfügungstellung abstrakter Sachmittel, sondern der Gegenstände verlangt, die seinen Mitgliedern vom Schulungsveranstalter übergeben und später von der Arbeitgeberin einbehalten worden sind.

bb) Dieser Anspruch kann nicht auf § 40 Abs. 2 BetrVG gestützt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hat der Arbeitgeber den in § 40 Abs. 2 BetrVG bezeichneten Sachaufwand selbst zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG, Beschluss v. 21.04.1983, ). Von maßgeblicher Bedeutung ist hierbei, dass der Arbeitgeber ein Auswahlrecht bei der Beschaffung von Sachmitteln hat. Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber keine konkreten Produktvorgaben erteilen, sondern nur die zur Verfügungstellung eines Arbeitsmittels mittlerer Art und Güte verlangen (vgl. BAG, Beschluss v. 09.06.1999 7 ABR 66/97, , Beschluss v. 12.05.1999, 7 ABR 36/97, ).

Gerade unter dem Gesichtspunkt der Kompatibilität von technischen Geräten und der sogenannten IT-Sicherheit ist es unerlässlich, dass der Arbeitgeber selbst die dem Betriebsrat als Sachmittel zur Verfügung zu stellende Hard- und Software aussucht.

b) Die vom Betriebsrat mit dem Hilfsantrag verlangten Sachmittel sind zudem nicht für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich.

aa) Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat kann dann die zur Verfügungstellung von Sachmittel verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist.

Soweit der Betriebsrat mit seinem Hilfsantrag unter anderem Informations- und Kommunikationstechnik (Tablet-PC und Moleskine Smart Writing Set) verlangt, ist zu berücksichtigen, dass auch nach der am 28.07.2001 in Kraft getretenen Fassung des § 40 Abs. 2 BetrVG bei der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik durch den Betriebsrat von der Prüfung der Erforderlichkeit nicht abgesehen werden kann (vgl. BAG, Beschluss v. 20.10.2010, 7 ABR 79/08, Randnr. 11 bei juris).

Die zwar dem Betriebsrat obliegende Prüfung, ob ein von ihm verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, darf der Betriebsrat nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Hierbei sind die betrieblichen Verhältnisse und die sich dem Betriebsrat stellenden Aufgaben zu berücksichtigen. Das Interesse an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes ist einerseits mit den berechtigten Interessen des Arbeitgebers auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht, gegeneinander abzuwägen (vgl. BAG, Beschluss v. 16.05.2007, 7 ABR 45/06, Randnr. 22 bei juris).

Diese Entscheidung des Betriebsrates über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Die Prüfung ist darauf beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigt Belange des Arbeitsgebers Rechnung getragen hat.

bb) Danach ist die Erforderlichkeit für alle streitigen Gegenstände zu verneinen.

(1) Kein taugliches Argument ist, die streitigen Gegenstände seien durch die Teilnahme an den Schulungsveranstaltungen bereits „bezahlt“ und den Arbeitgeber träfen keine (weitere) Kosten.

Diese Argumentation des Betriebsrats vermischt unzulässig die jeweils in § 40 Abs. 2 und § 37 Abs. 6 BetrVG genannten Voraussetzungen. Der Betriebsrat kann bei seiner Ausstattung mit Sachmitteln nicht mittels des Besuchs von Schulungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BetrVG umgehen. Es besteht die Gefahr, dass Betriebsratsmitglieder sich bei der Wahl von zukünftigen Schulungsveranstaltungen von der Qualität der vom Veranstalter angebotenen „Zugaben“ leiten lassen und hierdurch die Vorgaben des § 37 Abs. 6 BetrVG aus den Augen verlieren.

(2) Ansonsten gilt hinsichtlich der vom Betriebsrat verlangten Sachmittel im Einzelnen Folgendes:

(a) Der elektronische Literaturgutschein ist mittlerweile abgelaufen. Eine Entscheidung über die Erforderlichkeit bedarf es nicht (mehr).

(b) Die Arbeitgeberin stellt dem Betriebsrat das für seine Arbeit erforderliche Büromaterial unstreitig in einem ausreichenden Umfang zur Verfügung. Der Betriebsrat kann sich frei an den Büromaterialen der Arbeitgeberin „bedienen“. Damit ist es nicht erforderlich, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat zusätzlich die sich bei Übergabe in der Laptoptasche befindlichen zwei Bleistifte und Textmarker zur Verfügung stellt.

(c) Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass ihm ein Regenschirm zur Verfügung gestellt wird. Es fehlt an jeglicher Darlegung, inwiefern ein Regenschirm zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.

(d) Die Arbeitgeberin hat dem Betriebsrat nicht zwei Rucksäcke zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben zur Verfügung zu stellen. Dem Gericht sind die Rucksäcke des Schulungsveranstalters ifb aufgrund der Bewerbung auf der ifb-Homepage bekannt. Dort werden sie als hochwertige Rucksäcke „im Business-Look“ beworben. Sie sind sicherlich für den Transport von Betriebsratsunterlagen nützlich, hierfür aber „überqualifiziert“. Sie stellen keine Transporttaschen „mittlerer Art und Güte“ dar.

(e) Der Betriebsrat benötigt für die Erledigung seiner gesetzlichen Aufgaben keinen „elektronischen Stift“ in Art und Weise des Moleskine Smart Writing Sets.

Der Betriebsrat hat im Schriftsatz vom 20.06.2019 selbst dargelegt, dass das Moleskine Smart Writing Set nur im Zusammenhang mit einem Gerät verwendet werden kann, auf dem das Betriebssystem „Windows 10“ installiert ist. Da die Arbeitgeberin noch mit dem Betriebssystem Windows 7 arbeitet und auch der streitige Tablet-PC des Herstellers Odys mit einem Android-Betriebssystem arbeitet, kommt eine sinnvolle Nutzung im Betrieb nicht in Betracht. Dem entspricht, dass der Betriebsrat das Moleskine Smart Writing Set mangels eigener Möglichkeiten der Erprobung einem seiner Mitglieder zum Testen mit nach Hause gegeben haben will.

(f) Der Betriebsrat benötigt keinen Tablet-PC zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben.

Dem Betriebsrat ist zuzustimmen, dass ein Tablet-PC den mobilen Zugriff auf die Daten des Betriebsrates ermöglicht und hierdurch die Arbeit von Betriebsratsmitgliedern außerhalb des Betriebsratsbüro erleichtert. Der Betriebsrat hat sich durch sein Verhalten aber selbst widerlegt. Er hat vor der Schulung nie einen Tablet-PC bei der Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 2 BetrVG beantragt. Seit der Schulung hat der Betriebsrat diese „Zugabe“ des Schulungsanbieters über Monate und Wochen ungenutzt im Betriebsratsbüro „liegen lassen“ und an den Arbeitgeber im „originalverpackten Zustand“ am 28.02.2019 herausgegeben. Der Betriebsrat hat es also nicht für notwendig erachtet, diesem abstrakt nützlichen Gegenstand einer konkreten Nutzung für die Betriebsratsarbeit zuzuführen.



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