Landesarbeitsgericht Niedersachsen

Urteil vom - Az: 6 Sa 1501/14

Betriebliches Vergütungssystem verpflichtet nicht zur Gehaltserhöhung

1. Der Arbeitgeber kann, bei fehlender Tarifbindung, das Volumen der von ihm für die Vergütung seiner Mitarbeiter bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen.

2. Eine Betriebsvereinbarung, die das Wie der Verteilung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG regelt, verpflichtet ihn nicht zur Gehaltserhöhung.

3. Neben regelmäßigen Gehaltserhöhungen bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber sich über eine betriebliche Übung zu regelmäßigen Gehaltserhöhungen verpflichten will.
(Leitsätze des Gerichts)

(4.) Der Arbeitgeber kann zwar freiwillig eine normative Verpflichtung zur Gehaltserhöhung eingehen, u. a. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG. Die Übernahme einer solchen, gesetzlich nicht gebotenen und in der Praxis ungewöhnlichen Verpflichtung muss jedoch in der Betriebsvereinbarung unmissverständlich zum Ausdruck kommen.

Im vorliegenden Fall hatten die Betriebsparteien ein Vergütungssystem vereinbart. Dieses enthielt ein Eingruppierungssystem sowie Gehaltskorridore, die durch sog. Bandober- und unterlinien beschränkt wurden. Nach einer Gehaltserhöhung sollten die Bandoberlinien angepasst werden.
Der beklagte Arbeitgeber gewährte dem Kläger in vier aufeinander folgenden Jahren jeweils eine Gehaltserhöhung. Ebenso wurde die Bandoberlinie jeweils um 1,5 bis 2 % erhöht. Gleiches passierte im Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern. Der Kläger verlangt nun eine weitere Gehaltserhöhung.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat die Klage - ebenso wie die Vorinstanz - abgewiesen. Das Vergütungssystem regele nur das "Wie" der Gehaltsanpassungen, nicht aber das "Ob". Daher sei der Arbeitgeber aufgrund der Betriebsvereinbarung nicht zu einer Gehaltserhöhung verpflichtet. Insbesondere folgten die Bandlinienerhöhungen den Gehaltserhöhungen, gewährten umgekehrt jedoch keinen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung.
Das Gericht lehnt ebenfalls eine betriebliche Übung sowie einen Anspruch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ab. Eine betriebliche Übung bestehe deshalb nicht, da die Gehaltserhöhungen jährlich neu in Anwendung des Eingruppierungssystems erfolgten.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 21.10.2014 - 10 Ca 315/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, den Lohn des Klägers ab dem 01.01.2014 zu erhöhen.

Der Kläger ist seit dem 01.02.2001 als Standard Warehouse Agent für die Beklagte tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildet u. a. der schriftliche Vertrag vom 06.02.2001 (Bl. 8 bis 19 d. A.). Ein Tarifvertrag findet keine Anwendung.

Bis 2009 entschied die Beklagte über Gehaltsanpassungen der einzelnen Arbeitnehmer auf Grundlage einer von der Stationsleitung durchgeführten, unternehmenseinheitlich gestalteten Bewertung.

Unter dem 08.04.2010 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb gewählten Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung Vergütungssystem (nachfolgend: GBV Vergütungssystem). Diese soll ausweislich der Präambel dazu dienen, die bisherige Vergütungspraxis im Betrieb der Beklagten zu systematisieren. Sie enthält u. a. nachstehende Regelungen:

 „1 Geltungsbereich

1.1 Persönlicher Geltungsbereich

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle bei der X in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG.

1.2 Räumlicher Geltungsbereich

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der X mit Ausnahme der Mitarbeiter, die im sogenannten Headquarter (HQ) beschäftigt sind.

2 Funktionsbewertungssystem

2.1 Ausgangspunkt für die Definition der individuellen Grundvergütung der Mitarbeiter ist eine Funktionsbewertung aller bei der Arbeitgeberin vorkommenden Funktionen.

Die Funktionen wurden nach den acht Bewertungskriterien

- Fachwissen

- Unternehmenskenntnis

- Soziale Kompetenz und Führungsqualität

- Denkrahmen

- Schwierigkeitsgrad

- Entscheidungsfreiraum

- Einflussgröße

- Einfluss auf Zielerreichung

bewertet.

Jedem Kriterium ist eine Punkteskala zugeordnet, auf der im Bewertungsprozess das jeweilige Anforderungsniveau mit einem Punktwert festgelegt wird (Bewertungstabelle, Anlage 1).

...

Vergütungsstruktur

3.1 Ausgehend von den Grundsätzen der Funktionsbewertung (vgl. oben 2) erfolgt die individuelle Grundgehaltsermittlung für den einzelnen Mitarbeiter auf der Basis eines Gehaltsbandsystems. Dabei wird unter Grundgehalt das Monatsgehalt oder der Stundenlohn (Stundenlohn multipliziert mit dem durchschnittlichen monatlichen Stundensatz) ohne Zuschläge verstanden.

3.2 Es werden sechs Vergütungsgruppen gebildet. Den Vergütungsgruppen 1 bis 5 sind eine Bandunterlinie und eine Bandoberlinie zugeordnet; der Vergütungsgruppe 6 eine Bandunterlinie.

3.3 Die Bandober- und -unterlinien werden jährlich angepasst. Sie werden um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassungen des Vorjahres angepasst.

4 Ermittlung und Festlegung des individuellen Grundgehalts

4.1 Alle Mitarbeiter werden grundsätzlich in die Vergütungsgruppe eingestuft, die für die von ihnen ausgeübte Funktion ermittelt wurde. ...

4.2 Durch die Bandunterlinie und die Bandoberlinie ist jeweils der Entgeltkorridor vorgegeben, innerhalb dessen das individuelle Grundgehalt liegen kann. Die tatsächliche Festlegung des Grundgehalts erfolgt durch den Vorgesetzten.

4.3 Das Grundgehalt wird jährlich am dritten Donnerstag im Oktober überprüft. Der Grundgehaltsanpassungsprozentsatz wird zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt. Für die Bestimmung werden die Entwicklung der Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreisindex gemäß statistischem Bundesamt in den letzten 12 Monaten) und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens herangezogen.

...

9 Besitzstandsregelung und Einmalzahlungen

9.1 Mitarbeiter, die nach Zuordnung in die für ihre Funktion geltende Vergütungsgruppe bereits ein Grundgehalt haben, welches auf oder über der Bandoberlinie der jeweiligen Vergütungsgruppe liegt, erhalten diese Vergütung zukünftig weiter.

9.2 Mitarbeiter, deren Grundgehaltserhöhung nach 4.3 zum Überschreiten der Bandoberlinie führen würde, erhalten eine Erhöhung bis zur Bandoberlinie. Der gegebenenfalls verbleibende Betrag wird, multipliziert mit 12, als Einmalzahlung gewährt.

9.3 Lag das Grundgehalt bereits vor der Erhöhung über der Gehaltsoberlinie, wird anstelle einer Grundgehaltserhöhung eine Einmalzahlung gewährt. Deren Höhe bemisst sich nach dem berechneten Erhöhungsbetrag nach 4.3, multipliziert mit 12.

...

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gesamtbetriebsvereinbarung wird auf Blatt 26 bis 30 der Akte verwiesen.

Die sechs Vergütungsgruppen einschließlich ihrer jeweiligen Bandunter- und Bandoberlinien ergeben sich für das Jahr 2011 aus der Tabelle gemäß Blatt 31 der Akte, für das Jahr 2012 aus der Tabelle gemäß Blatt 32 der Akte, für das Jahr 2013 aus der Tabelle gemäß Blatt 33 der Akte und für das Jahr 2014 aus der Tabelle gemäß Blatt 34 der Akte.

Danach sind die Bandlinien im Jahr 2011 im Vergleich zum Jahr 2010 um 1,5 %, im Jahr 2012 im Vergleich zum Jahr 2011 um ebenfalls 1,5 %, im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 zumindest um 2 % - zwischen den Parteien ist streitig, ob sich diese auf 2 % reduzierte bzw. 2,5 % umfasste - und im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 um 2 % erhöht worden.

Die Gehaltsentwicklung des Klägers vollzog sich von 2010 bis 2013 wie folgt:

Bruttomonatsvergütung 2010 2.026,27 €, 2011 2.056,66 €, 2012 2.108,08 € und 2013 2.150,24 €.

Im Jahr 2014 hat die Beklagte bei keinem ihrer Mitarbeiter - so auch dem Kläger - eine Gehaltserhöhung durchgeführt.

Mit Schreiben vom 12.03.2014 begehrte der Kläger von der Beklagten erfolglos die Erhöhung seines Grundgehaltes um 2 % rückwirkend ab dem 01.01.2014 entsprechend der Bandlinienerhöhung (vgl. Bl. 35 d. A.).

Dieses Begehren verfolgt er mit der am 25.04.2014 beim Arbeitsgericht Hannover eingereichten Klage weiter.

Er hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Erhöhung seines Grundgehaltes um 2 % entsprechend der Bandlinienerhöhung folge zunächst aus einer betrieblichen Übung. Seit Inkrafttreten der GBV Vergütungssystem habe der Kläger jedes Jahr eine Erhöhung seines Grundgehaltes erhalten, die mindestens der Erhöhung der Bandlinien vonseiten der Beklagten entsprochen habe. Dadurch habe die Beklagte einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Unabhängig davon habe sich die Tätigkeit des Klägers im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert. Dann dürfe sich auch die Lage seines Grundgehaltes innerhalb der Grenzen der Bandlinien nicht ändern. Anderenfalls handele es sich um einen verschlechternden Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma, welches die Beklagte einseitig nur durch eine Änderungskündigung herbeiführen könne.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 387,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Grundgehalt des Klägers ab dem Monat Oktober 2014 um 43,01 € brutto zu erhöhen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Gehalt des Klägers zukünftig jeweils in der Höhe zu erhöhen, in welcher die Beklagte die Bandlinien erhöht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Verpflichtung zur Gehaltserhöhung ergebe sich weder aus der GBV Vergütungssystem noch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung. Die Entscheidung des Arbeitgebers, eine individuelle Vergütungserhöhung vorzunehmen, sei mitbestimmungsfrei. Nach Ziffer 4.3 GBV Vergütungssystem habe die Beklagte lediglich freiwillig mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart, in bestimmten Intervallen eine Überprüfung des Grundgehaltes vorzunehmen. Das ändere an dem Grundsatz, dass es dem Arbeitgeber freistehe, eine Entscheidung dahingehend zu treffen, dass das Grundgehalt der Arbeitnehmer nicht erhöht werde, jedoch nichts. Nur wenn die Beklagte sich zu einer Gehaltsanpassung entschließe, sei gemäß Ziffer 3.3 GBV Vergütungssystem im folgenden Jahr zwingend eine Anpassung der Bandober- und Bandunterlinie um den Prozentsatz der Gehaltserhöhung vorzunehmen. Sinn und Zweck dieser Bandlinienanpassungen sei es sicherzustellen, zukünftige Gehaltserhöhungen auch Arbeitnehmern zu gewähren, die am oberen Ende der Gehaltsbandlinie eingeordnet seien, ohne dass diese die Bandlinienobergrenze überschritten. Nachdem die Beklagte 2013 eine Grundgehaltserhöhung um 2 % vorgenommen habe, sei sie deshalb unter Berücksichtigung dieser Systematik zu Beginn des Jahres 2014 verpflichtet gewesen, die Bandlinien ebenfalls um 2 % zu erhöhen. Daraus folge jedoch keine Verpflichtung, das Grundgehalt der Arbeitnehmer im Jahr 2014 um diesen Prozentsatz zu erhöhen. Die vom Kläger begehrte Gehaltserhöhung leite sich nicht aus einer betrieblichen Übung ab. Dass die Beklagte die jährliche Grundgehaltsüberprüfung nach Ziffer 4.3 der GBV Vergütungssystem in den Jahren 2011 bis 2013 zum Anlass genommen habe, jeweils eine Grundgehaltsanpassung vorzunehmen, lasse nicht den Rückschluss zu, dass die Beklagte sich für die Zukunft habe binden wollen.

Mit Urteil vom 21.10.2014 - 10 Ca 315/14 - hat das Arbeitsgericht Hannover die Klage abgewiesen. Wegen der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Seiten 6 bis 11 desselben, Bl. 98 bis 101 d. A.) verwiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 03.11.2014 zugestellt worden. Seine hiergegen gerichtete Berufung ist am 24.11.2014 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen und, nachdem dem Kläger zuvor Fristverlängerung gewährt worden war, unter dem 02.02.2015 begründet worden.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, einen Anspruch auf Erhöhung seines Gehaltes entsprechend der Bandlinienerhöhung zu haben und zudem einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte bei jedweder zukünftigen Bandlinienerhöhung verpflichtet sei, sein Gehalt zu erhöhen. Dieser Anspruch ergebe sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sowohl aus der GBV Vergütungssystem als auch aus betrieblicher Übung. Insoweit sei dem Arbeitsgericht zunächst vorzuhalten, dass es von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Die Bandlinienerhöhung im Jahr 2013 habe im Vergleich zum Jahr 2012 2 % betragen. Im Jahr 2013 seien die Grundgehälter der Arbeitnehmer jedoch nicht um 2 %, sondern um 2,5 % angehoben worden. Die nicht erfolgte Erhöhung des Grundgehaltes in 2014 bei gleichzeitiger Erhöhung der Bandlinien verstoße gegen die Grundsätze des Kündigungsschutzgesetzes. So verändere sich das Gehalt des Klägers qualitativ. Das könne die Beklagte nur im Rahmen einer Änderungskündigung erreichen. Deshalb sei die GBV Vergütungssystem dahingehend auszulegen, dass jede Bandlinienerhöhung eine Gehaltsanpassung zur Folge haben müsse. Keinesfalls sei die Bandlinienerhöhung inhaltlich untrennbar mit der Gehaltsanpassung verknüpft. Schon das tatsächliche Handeln der Beklagten negiere diese These. Ansonsten habe die Beklagte im Jahr 2013 die Bandlinie nicht um 2 %, sondern um 2,5 % erhöhen müssen. Das sei jedoch nicht geschehen. Eine Bandlinienerhöhung sei also nicht allein von einer Erhöhung des Grundgehaltsanpassungsprozentsatzes abhängig. Aus Ziffer 3.3 Satz 1 der GBV Vergütungssystem folge vielmehr, dass die Bandober- und -unterlinien jährlich angepasst werden müssten. Diese Verpflichtung bestehe unabhängig von jedweder Anpassung des Grundgehalts. Die Frage, ob eine Bandlinienanpassung jährlich stattfinde oder nicht, sei durch Ziffer 3.3 Satz 1 der GBV Vergütungssystem klar entschieden. Allein das Wie der Bandlinienerhöhung ergebe sich sodann aus Ziffer 3.3 Satz 2. Hier werde die Höhe der Anpassung vorgegeben. Davon werde das Ob der Bandlinienanpassung jedoch nicht berührt. Wenn nach der GBV Vergütungssystem einerseits eine Bandlinienanpassung zwingend, eine Grundgehaltsanpassung jedoch nicht zwingend vorgesehen sei, könnten beide nicht voneinander abhängig sein. Soweit man mit dem Arbeitsgericht davon ausgehen wolle, die Bandlinienerhöhung solle das Herausfallen von Mitarbeitern aus einer Vergütungsgruppe verhindern, sei nicht nachzuvollziehen, warum die Bandlinienerhöhung nicht zeitgleich mit der Anpassung des Grundgehaltes erfolge, sondern ein Jahr später. So sei es möglich, dass ein Mitarbeiter nach einer Anpassung des Grundgehaltes außerhalb seiner Vergütungsgruppe liege, weil er nach oben aus der Vergütungsgruppe gedrückt werde. Erst ein Jahr später werde er wieder in diese Vergütungsgruppe zurückgeholt. Das stelle für sich bereits einen einseitigen Eingriff in das Synallagma des Arbeitsvertrages dar, der ohne Änderungskündigung nicht zulässig sei. Zudem sei es möglich, dass Mitarbeiter nach unten aus einer Vergütungsgruppe herausfielen, wenn im laufenden Jahr eine Bandlinienanpassung ohne entsprechende Gehaltserhöhung erfolge. Auch führe die Erhöhung der Bandlinien ohne gleichzeitige Erhöhung des Grundgehaltes zu einer qualitativen Verschlechterung des Gehaltes, weshalb bei jeder Bandlinienerhöhung das Grundgehalt angepasst werden müsse. Unabhängig davon ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Erhöhung seines Gehaltes aus einer betrieblichen Übung. Nach Auffassung der Beklagten und des erstinstanzlichen Gerichtes bestehe gerade kein Anspruch auf die Erhöhung des Grundgehaltes. Wenn es aber keinen durchsetzbaren Anspruch auf Erhöhung des Grundgehaltes gebe, die Beklagte aber drei Jahre in Folge das Grundgehalt mindestens entsprechend der Bandlinienanpassung im gleichen Jahr erhöht habe, habe die Beklagte den Vertrauenstatbestand begründet, dass die Arbeitnehmer jedes Jahr zumindest eine Erhöhung des Grundgehaltes entsprechend der aktuellen Bandlinienerhöhungen erhalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 21.10.2014 - 10 Ca 315/14 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 559,13 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Grundgehalt des Klägers ab Februar 2015 um 43,01 € brutto zu erhöhen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Grundgehalt des Klägers zukünftig jeweils in der Höhe zu erhöhen, in welcher die Beklagte die Bandlinien erhöht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Der Kläger verkenne weiterhin, dass die Anpassung der Bandlinien gemäß Ziffer 3.3 der GBV Vergütungssystem lediglich Folge einer vorher durchgeführten Vergütungserhöhung nach Ziffer 4.3 der GBV Vergütungssystem sei. Die Anpassung der Bandlinien im Folgejahr solle lediglich verhindern, dass Mitarbeiter die Bandoberlinie ihrer Vergütungsgruppe überschritten. Die GBV Vergütungssystem begründe keine Verpflichtung der Beklagten, jedes Jahr eine Bandlinienanpassung vorzunehmen. Ziffer 3.3 der GBV Vergütungssystem sage zwar, dass die Bandober- und -unterlinien jährlich angepasst würden, allerdings um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassung des Vorjahres. Hieraus folge ohne Weiteres, dass dann, wenn es keine Gehaltsanpassung gegeben habe, keine Erhöhung der Bandlinien stattfinde. Durch die Praxis der Beklagten würden Mitarbeiter keineswegs aus Vergütungsgruppen herausgedrängt. Eine Vergütungsanpassung „nach unten“ sei nicht denkbar. Sollte es infolge einer Vergütungsanhebung und Anpassung der Bandlinien tatsächlich dazu kommen, dass ein Mitarbeiter über die Bandlinienobergrenze steige, erfolge die Vergütungserhöhung nicht pro rata temporis, sondern im Wege einer Einmalzahlung. Im Folgejahr befinde sich der jeweilige Mitarbeiter dann wieder innerhalb der anpassten Bandlinie. Eine betriebliche Übung scheitere schon daran, dass angesichts der Regelungen in Ziffer 4.3 der GBV Vergütungssystem bei den Arbeitnehmern und so auch dem Kläger nicht der Eindruck habe entstehen können, die Beklagte habe sich unabhängig von der GBV Vergütungssystem zu einer jährlichen Vergütungserhöhung verpflichten wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 02.02. und 19.02.2015 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 10.04.2015 wechselseitig abgegebenen Erklärungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht macht sich zunächst die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe zu eigen, verweist auf diese und stellt dieses fest, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Die Berufungsbegründung veranlasst folgende ergänzende Anmerkungen:

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Gehaltserhöhung aus der GBV Vergütungssystem.

a)

Grundsätzlich kann ein tarifungebundener Arbeitgeber kollektiv-rechtlich das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung seiner Mitarbeiter bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen und für die Zukunft ändern oder eben nicht. Mangels Tarifbindung leistet er in diesem Fall sämtliche Vergütungsbestandteile freiwillig, d. h., ohne hierzu normativ verpflichtet zu sein. Er kann also den allgemeinen Dotierungsrahmen mitbestimmungsfrei vorgeben, bedarf jedoch für die Ausgestaltung, also das Wie der Verteilung, nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des tarifungebundenen Arbeitgebers, die Gehälter seiner Mitarbeiter zu erhöhen oder nicht, grundsätzlich mitbestimmungsfrei. Der Arbeitgeber kann zwar freiwillig eine normative Verpflichtung zur Gehaltserhöhung eingehen, u. a. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG. Die Übernahme einer solchen, gesetzlich nicht gebotenen und in der Praxis ungewöhnlichen Verpflichtung muss jedoch in der Betriebsvereinbarung unmissverständlich zum Ausdruck kommen (vgl. nur BAG, 18.10.2011 - 1 AZR 376/10 - Rz. 13).

b)

Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Vorgaben konnte und kann die nicht tarifgebundene Beklagte mitbestimmungsfrei entscheiden, ob sie die Löhne bzw. Gehälter der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer erhöht oder nicht. Die GBV Vergütungssystem vom 08.04.2010 beinhaltet keine normative Verpflichtung, für das Jahr 2014 eine Gehaltserhöhung entsprechend der Bandlinienanpassung vorzunehmen. Das ergibt die Auslegung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung.

aa)

Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträgen geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, da dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis führt (vgl. nur BAG, 11.11.2014 - 3 AZR 848/11 - Rz. 35).

bb)

Die Gesamtbetriebsparteien haben nach dem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang der GBV Vergütungssystem ein abstraktes System zur Vereinheitlichung der Vergütungspraxis im Betrieb der Beklagten vereinbart. Ausweislich der Präambel der Gesamtbetriebsvereinbarung basiert das zugrunde liegende Entgeltsystem u. a. auf Funktionsbewertungen und einer Vergütungsstruktur in Form von Gehaltsbändern sowie einem Stationsbonus. Ausgangspunkt für die Funktionsbewertung ist nach Ziffer 2.1 der GBV Vergütungssystem eine Bewertung aller der bei der Beklagten vorkommenden Funktionen nach den festgelegten acht Bewertungskriterien. Jedes dieser Kriterien ist einer Punkteskala zugeordnet, auf der nach der Bewertungstabelle, die als Anlage 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung beigefügt ist, im Bewertungsprozess das jeweilige Anforderungsniveau mit einem Punktwert festgelegt wird. Die Addition der Punktwerte ergibt eine Summe, nach der die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe und den damit verbundenen Gehaltsbändern führt. Ausgehend von diesen Grundsätzen erfolgt gemäß Ziffer 3.1 der GBV Vergütungssystem die individuelle Grundgehaltsermittlung für den einzelnen Mitarbeiter auf der Basis eines Gehaltsbandsystems. Dabei werden gemäß Ziffer 3.2 sechs Vergütungsgruppen gebildet, denen bestimmte Funktionen zugeordnet werden. Jede dieser Vergütungsgruppen hat eine Bandunterlinie und die Vergütungsgruppen 1 bis 5 auch eine Bandoberlinie. Diese werden gemäß Ziffer 3.3 jährlich angepasst, und zwar nach Ziffer 3.3 Satz 2 um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassung des Vorjahres.

cc)

Hieraus ergibt sich zunächst eindeutig, dass Basis für den Prozentsatz der Bandober- und -unterlinienerhöhung die Gehaltsanpassung des Vorjahres ist. Hat es im Vorjahr keine Gehaltsanpassung gegeben, beträgt der Erhöhungsprozentsatz angesichts der Regelungen in Ziffer 3.3 Satz 2 null. Dann kommt die nach Ziffer 3.3 Satz 1 gebotene jährliche Entscheidung (über das „Ob“ der Anpassung) zu dem Ergebnis, dass diese sich auf null (das „Wie“ der Anpassung) beläuft. Diese zeitliche Verknüpfung zwischen Bandlinienanpassung und Prozentsatz der Gehaltserhöhung des Vorjahres wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte sich nach der Behauptung des Klägers im Jahr 2013 selbst nicht hieran gehalten hat, indem sie, obwohl die Gehälter im Jahr 2012 um 2,5 % angestiegen waren, die Bandlinien im Jahr 2013 lediglich um 2 % angehoben hat. Selbst wenn das zutreffen würde - wofür die vom Kläger vorgelegten unstreitigen Tabellen zur Bandlinienentwicklung sprechen - mag dem Kläger zuzugeben sein, dass die Beklagte dann bei der Bandlinienfestlegung im Jahr 2013 gegen die GBV Vergütungssystem verstoßen hat. Dieser Verstoß führt aber nicht dazu, dass die eindeutige Auslegung der GBV Vergütungssystem in diesem Zusammenhang zu korrigieren oder die GBV Vergütungssystem insgesamt obsolet wäre. In keinem Fall würde daraus ein Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrte individuelle Gehaltserhöhung resultieren.

dd)

Von der Bandlinienanpassung zu trennen sind nach der Systematik der GBV Vergütungssystem eindeutig die Ermittlung und Festlegung des individuellen Grundgehaltes des einzelnen Arbeitnehmers. Letzteres wird separat in Ziffer 4 der GBV Vergütungssystem geregelt. In Ziffer 4.1 ist zunächst festgehalten, dass alle Mitarbeiter grundsätzlich in die Vergütungsgruppe eingestuft werden, die für die von ihnen ausgeübte Funktion ermittelt wurde. Aus der Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe ergibt sich kein feststehendes Gehalt für den einzelnen Mitarbeiter, sondern ist lediglich der Entgeltkorridor vorgegeben, innerhalb dessen das individuelle Grundgehalt zu liegen hat, Ziffer 4.2 Satz 1 GBV Vergütungssystem. Die tatsächliche Festlegung des Grundgehaltes innerhalb dieser Bandbreite erfolgt gemäß Ziffer 4.2 Satz 2 durch den Vorgesetzten und ist nach Ziffer 4.3 Satz 1 der GBV Vergütungssystem jährlich am dritten Donnerstag im Oktober zu überprüfen. Es gibt also keine in der GBV Vergütungssystem angelegte automatische Verknüpfung zwischen erfolgter Bandlinienanpassung und davon abhängiger Gehaltserhöhung. Nicht die Gehaltsanpassung des aktuellen Jahres hat sich an dem Erhöhungsprozentsatz der Bandober- und -unterlinien zu orientieren, sondern die Bandober- und -unterlinien sind nachträglich um den Prozentsatz der Gehaltserhöhung des Vorjahres anzupassen, Ziffer 3.3 GBV Vergütungssystem. Ansonsten wären die Regelungen unter Ziffer 4.2 Satz 2 und 4.3 Satz 1 GBV Vergütungssystem, wonach die tatsächliche Festlegung des Grundgehaltes innerhalb des durch die Bandlinien vorgegebenen Entgeltkorridors durch den Vorgesetzten erfolgt und dieses Grundgehalt jährlich am dritten Donnerstag im Oktober überprüft wird, nicht nachvollziehbar. Eine verpflichtende Überprüfung wäre sinnlos, wenn sich das Grundgehalt ohnehin entsprechend der Anhebung der Bandlinien erhöhen würde. Dann wäre auch nicht verständlich, warum die Betriebsparteien unter Ziffer 4.3 Satz 2 vereinbart haben, dass der Grundgehaltsanpassungsprozentsatz zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abzustimmen ist und nach Ziffer 4.3 Satz 3 für die Bestimmung die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens heranzuziehen sind. Für die Entscheidung über eine Gehaltserhöhung innerhalb der Bandlinie sind nicht die Bandlinienanpassung, sondern davon unabhängige Faktoren in Gestalt der Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens relevant. Dabei wird aus dem Begriff „herangezogen“ in Ziffer 4.3 Satz 3 deutlich, dass diese beiden Kriterien lediglich Richtgrößen und keine verbindlichen Vorgaben sind. Die tatsächliche Festlegung im Sinne eines gestaltenden Aktes erfolgt durch den Vorgesetzten, der sich insoweit lediglich mit dem Gesamtbetriebsrat abzustimmen hat, d. h., diesen in seinen Überlegungen mit einzubeziehen hat, ohne dass ein Zustimmungserfordernis bestünde.

ee)

Diese Auslegung der GBV Vergütungssystem führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass der Beklagten die Möglichkeit eröffnet wird, in unzulässiger Art und Weise ohne Ausspruch der an sich gebotenen Änderungskündigung einseitig in das arbeitsvertragliche Synallagma einzugreifen. Im Arbeitsverhältnis besteht ein Gegenseitigkeitsverhältnis einerseits zwischen der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit und andererseits der hierfür vereinbarten Vergütung. Dass die GBV Vergütungssystem keine Verpflichtung der Beklagten normiert, die Erhöhung der Bandlinien auf das Gehalt aller Arbeitnehmer zu übertragen, führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer Störung dieses Gegenseitigkeitsverhältnisses. An der konkreten Vergütungshöhe des Klägers ändert sich durch eine Bandlinienanpassung nichts. Diese bleibt vielmehr nominal unverändert. Allein die Verschiebung innerhalb der Bandlinie führt nicht zu einer qualitativen Verschlechterung der Vergütung. In Umsetzung der GBV Vergütungssystem kann es nicht dazu kommen, dass ein bereits beschäftigter Arbeitnehmer - und so auch der Kläger - aus der Bandlinie für eine bestimmte Vergütungsgruppe herausfällt. Das ist schon deshalb unmöglich, well die Bandlinienanpassung zwingend einer Gehaltserhöhung folgt; eine Bandlinienanpassung ist ohne vorangegangene Gehaltserhöhung nicht denkbar. Soweit ein Arbeitnehmer nach einer erfolgten Gehaltsanpassung im aktuellen Jahr zu einem Gehalt auf der Bandunterlinie neu eingestellt wird, könnte er zwar bei einer Bandlinienanpassung im nächsten Jahr aus der Bandlinie und damit seiner Vergütungsgruppe herausfallen. Dann hätte er aber ohne Frage einen individualrechtlichen Anspruch auf Vergütung entsprechend seiner Vergütungsgruppe und damit zumindest in Höhe der angepassten Bandunterlinie. Soweit eine Gehaltserhöhung dazu führt, dass ein Arbeitnehmer die Bandlinienobergrenze überschreitet, haben die Betriebsparteien unter Ziffer 9 der GBV Vergütungssystem ausdrückliche Regelungen getroffen. Zunächst wird dazu in Ziffer 9.1 festgehalten, dass Mitarbeiter, die nach Zuordnung in die für ihre Funktion geltende Vergütungsgruppe bereits ein Grundgehalt erhalten haben, welches auf oder über der Bandoberlinie der jeweiligen Vergütungsgruppe liegt, diese Vergütung auch zukünftig weiter erhalten Soweit Mitarbeiter eine Grundgehaltserhöhung erhalten, die zum Überschreiten der Bandoberlinie führt, regelt Ziffer 9.2, dass sie dann eine Erhöhung bis zur Bandoberlinie erhalten und der ggf. verbleibende Betrag als Einmalzahlung gewährt wird. Dementsprechend bestimmt Ziffer 9.3, dass dann, wenn das Grundgehalt bereits vor der Erhöhung der Bandoberlinie lag, die Gehaltserhöhung als Einmalzahlung zu gewähren ist. Hieraus wird ersichtlich, dass sich an der grundsätzlichen Zuordnung zu den sechs Vergütungsgruppen allein durch die Höhe des Grundgehaltes nichts ändert und immer dann, wenn das Grundgehalt über der Bandoberlinie liegt, dieses als Einmalzahlung gewährt wird. Die Beklagte wird durch die GBV Vergütungssystem nicht dazu in die Lage versetzt, unter Missachtung des Erfordernisses der Änderungskündigung, einseitig belastend in das synallagmatische Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einzugreifen. Verändert werden kann allein die Position des einzelnen Arbeitnehmers innerhalb der Bandbreite, ohne dass dieses Auswirkung auf die Funktion und damit die Tätigkeit des Arbeitnehmers haben könnte oder dieser eine einseitige Reduzierung seines Gehaltes in Kauf nehmen müsste. Allein die Position innerhalb der Bandbreite steht in keinem synallagmatischen Verhältnis zur Tätigkeit. Die GBV Vergütungssystem kann das Erhöhungsverlangen des Klägers mithin nicht rechtfertigen.

2.

Es ist auch keine betriebliche Übung entstanden, das Gehalt jeweils im aktuellen Jahr an die Erhöhung der Bandlinien anzupassen.

a)

Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von dem Arbeitnehmer in der Regel stillschweigend angenommen wird, § 151 BGB, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände gemäß §§ 133, 157 BGB verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (vgl. BAG, 19.10.2011 - 5 AZR 359/10 - Rz. 13).

b)

Insoweit ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Erhöhung der Löhne und Gehälter bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber entsprechend der Tarifentwicklung davon auszugehen, dass eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne nur entsteht, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer bestimmte Vorgaben für die Entscheidung zur Anhebung der Löhne übernehmen will (vgl. nur BAG, 23.03.2011 - 4 AZR 268/09 - Rz. 61). Das ist vorliegend gerechtfertigt, weil die GBV Vergütungssystem eine Verknüpfung zwischen Gehaltsanpassung und Bandlinienfestlegung nur insoweit vorgibt, als die Bandlinienfestlegung zeitlich der Erhöhung des Grundgehaltes zu folgen hat und nicht umgekehrt. Ansonsten würde ein ständiger Zirkel entstehen: Die Beklagte wäre einerseits verpflichtet, jährlich die Bandober- und -unterlinien entsprechend des Prozentsatzes der Gehaltserhöhung des Vorjahres anzupassen. Im aktuellen Jahr müsste sie dann andererseits wiederum Gehaltserhöhungen entsprechend der Bandlinienanpassung vornehmen. Im darauffolgenden Jahr wären dann erneut die Bandlinien um die Gehaltserhöhungen des Vorjahres anzupassen mit der Konsequenz einer verpflichtenden Erhöhung des Gehaltes im aktuellen Jahr usw.

c)

Dass die Beklagte sich einer solchen Systematik unterwerfen wollte, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat zwar in den Jahren 2011, 2012 und 2013 regelmäßig Lohnerhöhungen zumindest entsprechend der Bandlinienanpassung vorgenommen. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich jedoch auf Grundlage der Regelung in Ziffer 4 der GBV Vergütungssystem für den Kläger und die anderen Arbeitnehmer erkennbar allein auf das konkrete Jahr und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte werde „für alle Zeiten“ unverändert so weiterverfahren. Der Kläger und auch seine Kollegen konnten ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände anlässlich der konkreten Lohnerhöhung auf Grundlage von Ziffer 4.3 der GBV Vergütungssystem für eine Übernahme zumindest der Bandlinienerhöhung entschieden (vgl. BAG, 19.11.2011 - 5 AZR 359/10 - Rz. 21). Neben den regelmäßigen Erhöhungen hätte es mithin zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung anzunehmen. Diese sind vom Kläger nicht vorgetragen worden.

3.

Letztlich kann der Kläger den Anspruch auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.

a)

Dieser gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist er trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Zwecke oder Voraussetzungen festlegt. Dann ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von der Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen (vgl. BAG, 15.07.2009 - 5 AZR 486/09 - Rz. 11 und 12).

b)

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt offensichtlich, dass die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt hat. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Beklagte in der Vergangenheit Gehaltserhöhungen einheitlich für alle Arbeitnehmer und dann im nächsten Jahr betriebsweit eine entsprechende Bandlinienerhöhung vorgenommen hat. Dementsprechend sind auch im Jahr 2014 insgesamt die Bandlinien erhöht worden. Nicht nur beim Kläger, sondern bei keinem Mitarbeiter hat die Beklagte im Jahr 2014 eine Gehaltsanpassung entsprechend der Bandlinienerhöhung vorgenommen. Die Position des einzelnen Arbeitnehmers innerhalb der Bandlinie hat sich im Vergleich zu seinen Kollegen mithin nicht verändert. Eine Schlechterstellung des Klägers oder Gruppen von Arbeitnehmern hat nicht stattgefunden, vielmehr hat die Beklagte all ihre Arbeitnehmer gleichbehandelt.

4.

Insgesamt ist mithin festzustellen, dass der Kläger weder Anspruch darauf hat, dass die Beklagte sein Monatsgrundgehalt ab 01.01.2014 um 2 % entsprechend der Bandlinienerhöhung anhebt, noch dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, das Gehalt des Klägers zukünftig jeweils um den Prozentsatz zu erhöhen, um welchen sie die Bandlinien anpasst. Die Anträge des Klägers sind unbegründet. Das hat das Arbeitsgericht Hannover zu Recht festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers war zurückzuweisen.

III.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

IV.

Die Zulassung der Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG veranlasst.



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