Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Urteil vom - Az: 3 Sa 1126/18

Befristeter Arbeitsvertrag: Anreise zählt als Arbeitszeit

1. Einigen sich die Vertragsparteien darüber, dass der Arbeitnehmer zu einer im betrieblichen Interesse erforderlichen und angeordneten Schulung, die am frühen Morgen des Tages beginnen soll, der zunächst als Vertragsbeginn vorgesehen war, bereits am Vortag anreist, weil der Schulungsort so weit vom Dienstort entfernt liegt, dass anderenfalls eine rechtzeitige Anreise nicht möglich oder unzumutbar wäre, handelt es sich bei der Fahrtzeit für die dienstlich erforderliche Anreise um Arbeitszeit im arbeitsvertragsrechtlichen Sinne. Der Arbeitnehmer erbringt damit bereits die versprochenen Dienste im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB (a.F.).

2. Vertragsrechtliche Arbeitszeit ohne Arbeitsvertrag gibt es nicht.

3. Die Einigung über vertragsrechtliche Arbeitszeit am Vortag des ursprünglich vorgesehenen Vertragsbeginns führt zur einvernehmlichen Vorverlegung des Beginns des Arbeitsverhältnisses auf den Tag der Dienstreise. Auch wenn im schriftlichen Arbeitsvertrag abweichend als Vertragsbeginn erst der Tag des Schulungsbeginns genannt wird, liegt darin lediglich eine falsa demonstratio. Aufgrund der Übereinkunft hinsichtlich der am Vortag stattfindenden Dienstreise haben die Parteien den Vertragsbeginn einvernehmlich auf dieses Datum vorverlegt.

4. Die Vorverlegung des Vertragsbeginns unterliegt nicht dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG.

5. Beginnt das Arbeitsverhältnis dementsprechend am 04.09.2016, überschreitet eine bis 04.09.2018 vereinbarte Befristung den für sachgrundlose Befristungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG maximal zulässigen Zeitraum von zwei Jahren um einen Tag. Rechtsfolge ist die Unwirksamkeit der Befristungsabrede und das Zustandekommen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

6. Rügt der Kläger die Überschreitung der Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG erstmalig im Berufungsverfahren, ist er gleichwohl mit seiner Rüge nicht präkludiert, wenn das Arbeitsgericht erstinstanzlich den erforderlichen Hinweis nach § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 6 KSchG nicht erteilt hat.

7. Zur Präklusion neuen Sachvortrages im Berufungsverfahren nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 67 ArbGG.
(Leitsätze des Gerichts)

Der klagende Jurist bewarb sich Mitte August 2016 auf eine Ausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Bewerbung war erfolgreich und der Kläger wurde zunächst für sechs Monate befristet eingestellt. Mit einem entsprechenden Änderungsvertrag wurde die Befristungsdauer anschließend bis zum 04.09.2018 verlängert. Ausweislich des Arbeitsvertrags begann das Arbeitsverhältnis am 05.09.2016. Bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses besuchte der Kläger in der Zeit vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 eine dienstliche Fortbildung, für die der Kläger einen Tag vor Vertragsbeginn anreiste. Die Reise- und die Hotelkosten für die Übernachtung am Anreisetag wurden von der Beklagten erstattet. Nach Ablauf der Befristung bewarb sich der Kläger erfolglos auf eine unbefristete Stelle. Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung zum 04.09.2018 beendet worden sei und forderte indes seine Weiterbeschäftigung.
Die Befristungsabrede sei letztlich unwirksam. Grund hierfür sei die Überschreitung der für eine sachgrundlose Befristung vorgesehenen Maximalbefristungsdauer von zwei Jahren. Dementsprechend sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht gegeben – so das LAG. Bei der vorliegenden Dienstreise am 04.09.2016 handle es sich um keine reine Vorbereitungshandlung mehr, sondern bereits um einen Teil der dem Kläger aus dem Arbeitsverhältnis auferlegten Hauptleistungspflicht. Der Kläger habe die Anfahrt zur Fortbildung am 04.09.2016 im dienstlichen Interesse und mit der Kenntnis und Einverständnis des Beklagten aufgenommen. Da die Reisezeit folglich als Arbeitszeit zu werten sei, haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis bereits am 04.09.2016 in Vollzug gesetzt. Die Überschreitung der Höchstdauer von zwei Jahren für die sachgrundlose Befristung aufgrund der Dienstreise führe nun dazu, dass mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.09.2018 - Az: 13 Ca 1518/18 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24./29.08.2016 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 nicht beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016 zu beschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt im Berufungsrechtszug noch über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sowie hilfsweise über die Berücksichtigung des Klägers bei der Vergabe von Stellen bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Der am 05.10.1976 geborene, in E. wohnhafte Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Er ist deutscher Staatsangehöriger, Volljurist und arbeitete seit Mai 2010 als Rechtsanwalt, unter anderem auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts.

Mitte August 2016 bewarb sich der Kläger auf eine Ausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. In einer E-Mail des Personalmanagements des BAMF vom 24.08.2016 an den Kläger heißt es wie folgt:

"Sehr geehrter Herr B. El-I.,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie für eine Einstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgesehen sind.

Es ist beabsichtigt, Sie - vorbehaltlich der Vorlage eines Führungszeugnisses ohne Eintrag sowie der Zustimmung aller zu beteiligenden Gremien - zum 05.09.2016 bis 04.03.2017 als Anhörer beim Bundesamt einzustellen. Es handelt sich um einen auf sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag der Entgeltgruppe E12 TVÖD des Bundes.

Sie sind für einen Einsatz in der Außenstelle E. des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vorgesehen. Bitte teilen Sie uns bis 27.08.2016 mit, ob Sie die angebotene Stelle annehmen möchten.

Vor Beginn der Tätigkeit werden Sie durch entsprechende Schulungen gezielt auf die zukünftige Tätigkeit vorbereitet. Die Qualifizierungszeit beträgt etwa drei Wochen.

Bitte kommen Sie zur Unterzeichnung Ihres Arbeitsvertrages am 29.08.2016 um 09:00 Uhr an folgende Adresse: …

Vor Beginn der Tätigkeit werden Sie durch eine entsprechende Schulung gezielt auf die zukünftige Tätigkeit vorbereitet. Bitte melden Sie sich für Ihre Schulung am 05.09.2016 um 09:00 Uhr.

Art der Schulung: Qualifizierung Anhörer

Ort: Qualifizierungszentrum O. Q. str. 46, O.

Zeitraum: 3 Wochen

Beginn: 9:00 Uhr

Sie erhalten für die gesamte Dauer Ihrer Schulung ggf. eine amtlich unentgeltliche Unterkunft (Einzelzimmer) einschließlich Frühstück. Wir bitten Sie, ein Hotel aus beiliegender Hotelübersicht (…) zu wählen und selbst zu buchen. …

Eventuelle Reisekosten werden Ihnen im Rahmen der Möglichkeiten des Bundesreisekostengesetzes ebenfalls erstattet. …."

Der Kläger teilte der Beklagten hierauf die Annahme des Arbeitsangebots mit. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser E-Mail-Korrespondenz wird auf die Anlage K7 (Blatt 18 f. der Akte) Bezug genommen.

Im Rahmen weiteren E-Mail-Schriftverkehrs vom 28.08.2016 (Blatt 383 der Akte) erklärte sich die Beklagte mit der Anreise des Klägers zur Schulung nach O. am Sonntag, den 04.09.2016 sowie mit der Übernahme der Reisekosten sowie der Hotelübernachtungskosten auch vom 04. auf den 05.09.2016 einverstanden. Dementsprechend hat sie dem Kläger diese aus seiner Anreise am 04.09.2016 resultierenden Kosten später auch erstattet bzw. sie gegenüber dem Hotel in O. direkt übernommen.

Am 29.08.2016 unterzeichnete der Kläger den arbeitgeberseitig bereits unter dem 24.08.2016 unterschriebenen Arbeitsvertrag. Dieser regelte die Einstellung des Klägers als Vollzeitbeschäftigter "ab 05.09.2016" sowie die Befristung des Arbeitsverhältnisses "ohne sachlichen Grund (§ 14 Abs. 2 TzBfG) bis zum 04.03.2017". Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf die Anlage K8 (Blatt 20 f. der Akte) Bezug genommen.

Mit schriftlichem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 (Anlage K 9, Blatt 22 der Akte) verlängerten die Parteien die Befristungsdauer bis zum 04.09.2018.

Vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 nahm der Kläger an der vorgenannten Schulung für Anhörer in O. teil. Danach wurde er zunächst ausschließlich als sog. "Anhörer" eingesetzt. In der Zeit vom 16.01. bis zum 20.01.2017 wurde er zum sog. "Entscheider" aufgeschult, da die Behördenleitung des BAMF beschlossen hatte, die Tätigkeit des Anhörers und Entscheiders wieder zusammenzuführen. Seit dem 21.01.2017 arbeitete der Kläger auf Grund der erfolgreich absolvierten Aufschulung als Entscheider. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 3.806,38 €.

Vom 09.05.2017 bis zum 10.05.2017 besuchte der Kläger eine zweitägige Schulung zum Sonderbeauftragten für unbegleitete Minderjährige.

Mit Stellenausschreibung vom 18.08.2017, Kenn-Nr. BAMF-2017-378-i (Anlage B 5, Blatt 94 ff. der Akte), schrieb die Beklagte mehrere Stellen als Sachbearbeiter/in aller Fachrichtungen in der Entgeltgruppe 12 aus. Des Weiteren schrieb sie mit Ausschreibung vom 21.09.2017, Kenn-Nr. BAMF-2017-600-i (Anlage B 6, Blatt 97 ff. der Akte), Stellen als Entscheider/in in der Entgeltgruppe 12 aus. Aus der Übersicht der Entfristungsmöglichkeiten zur Stellenausschreibung BAMF-2017-307-i ergibt sich, in welchen Organisationsbereichen bzw. in welchen Referaten insoweit Entfristungsmöglichkeiten bestanden (vgl. Anlage B 7, Blatt 100 der Akte). Wie viele Stellen in welchen Referaten auf Grund der Stellenausschreibung BAMF-2017-600-i zu besetzen waren, ergibt sich aus der Stellenausschreibung selbst. Zielgruppe der Ausschreibung waren ausschließlich befristete Tarifbeschäftigte der Entgeltgruppe 12.

Bei der Online-Bewerbung mussten die Bewerber ihre Wunschreferenz in eine verbindliche Reihenfolge bringen. Der Kläger bewarb sich auf die unbefristeten E 12-Stellen in folgenden Referaten mit folgender Priorisierung:

1) 534

2) 535

3) 538

4) 539

5) 531

Für das Verfahren existiert eine Bewertungsrichtlinie (Anlage B 8, Blatt 101 ff. der Akte). Die Bewertungsrichtlinie und die ergänzende Handlungsempfehlung zur Bewertungsrichtlinie (Anlage B 9, Blatt 111 ff. der Akte) beinhalten u.a. ausführliche Angaben zum Bewertungsinhalt, zum detaillierten Ablauf des Bewertungsverfahrens sowie zu den am Verfahren beteiligten Personen. Die Bewertungsrichtlinie sieht neun Notenstufen (1 bis 9 Punkte) vor. Für jeden Bewerber wurde durch die jeweils zuständige Abteilungsleitung als Bewerter eine Leistungsbewertung für die im sechsmonatigen Bewertungszeitraum erbrachte Arbeitsleistung erstellt. Die unmittelbaren Vorgesetzten, in der Regel die Referatsleitungen, fungierten dabei als Berichterstattende.

Mit Schreiben vom 12.02.2018 (Anlage K 1, Blatt 6 der Akte), dem Kläger zugegangen am 15.02.2018, teilte das BAMF dem Kläger mit, aufgrund der von ihm nicht erreichten Mindestgesamtnote von 5 Punkten sei es leider ausgeschlossen, ihm eine unbefristete Stelle anzubieten. Dem Schreiben beigefügt war die Leistungsbewertung vom 06.11.2017 (Anlage K 2, Blatt 7 ff. der Akte). Danach erzielte der Kläger eine "Gesamtnote rechnerisch" von 4,00 sowie eine "Gesamtnote unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks (einstellig)" von 4. Die Gesamtbeurteilung wurde wie folgt zusammenfassend begründet: "Das rechnerisch ermittelte Ergebnis spiegelt den Gesamteindruck zutreffend wieder. Die Qualität der Ergebnisse entspricht hierbei stets den Anforderungen. Die Ergebnisse können in der Regel mit geringfügigen Änderungen verwertet werden. Die Fachkenntnisse entsprechen in der Regel den Anforderungen. Eine Vertiefung der Fachkenntnisse ist in Teilen erforderlich."

Des Weiteren war dem Schreiben vom 12.02.2018 eine Aufstellung der jeweiligen zur Entfristung erforderlichen Mindestnoten für alle Referate (Blatt 11 der Akte) beigefügt.

Mit seiner am 27.02.2018 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten am 06.03.2018 zugestellten Klage hat der Kläger in erster Linie die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Hierzu hat der die Ansicht vertreten, die zuletzt vorgenommene Befristung zum 04.09.2018 sei unwirksam. Denn durch die Änderung der Tätigkeit vom Anhörer zum Entscheider sei der Vertragsinhalt so wesentlich geändert worden, dass der Vertrag vom 03./07.02.2017 keine "Verlängerung" darstelle, sondern den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit geändertem Vertragsinhalt. Die Beklagte habe sich mit der Stellenbeschreibung auf einen Vertragsinhalt (Tätigkeit als Anhörer) festgelegt, auch wenn der Vertrag vom 24./29.08.2016 selbst keine Tätigkeitsbeschreibung enthalte. Die in dem Arbeitsvertrag vom 03./07.02.2017 vereinbarte Befristung bis zum 04.09.2018 sei daher gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam. Hilfsweise hat der Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit Wirkung zum 05.09.2018 geltend gemacht und darüber hinaus eine neue Leistungsbewertung gefordert. Wegen seines diesbezüglichen Vorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 03.02./07.02.2017 besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, seine Leistungen zum Stichtag 15.02.2018 mit der Gesamtnote von mindestens 6,5 Punkten zu bewerten;

3. hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 1: die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 05.09.2018 abzuschließen, nach dem er, der Kläger, über den 04.09.2018 hinaus unbefristet zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen als Einzelentscheider in einem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) in der Entgeltgruppe E 12, Stufe 2 steht;

4. hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 2: die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu beurteilen;

5. hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 3: die Beklagte zu verurteilen, ihn über die Entfristung seines Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu bescheiden;

6. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nach Maßgabe des Arbeitsvertrags vom 03.02./07.02.2017 zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags bzw. dessen Verlängerung sei wirksam. Mit dem Verlängerungsvertrag vom 03./07.02.2017 sei keine inhaltliche Änderung des Arbeitsverhältnisses einhergegangen. Sie hat dazu behauptet, es gebe nicht die Position des "Anhörers" und des "Entscheiders", vielmehr handele es sich um eine letztlich einheitliche Position, die lediglich auf Grund der Flüchtlingskrise de facto vorübergehend in eine Anhörer- und eine Entscheidertätigkeit aufgegliedert worden sei. Bei dem damals erforderlichen, massiven Personalaufbau sei es unmöglich gewesen, alle neuen Mitarbeiter sofort für die Tätigkeit als Entscheider zu schulen. Sowohl die Tätigkeit eines Anhörers wie auch die Tätigkeit eines Entscheiders sei in die Entgeltgruppe E 12 TVöD (Bund) eingruppiert. Die Nichtberücksichtigung des Klägers im Bewerbungsverfahren und seine Leistungsbewertung seien ebenfalls rechtmäßig gewesen. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird gemäß § 69 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 21.09.2018 hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Klage hinsichtlich des Hilfsantrages Ziffer 5 stattgegeben und die Beklagte - nach Antragsauslegung - verurteilt, über das Angebot des Klägers auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 04.09.2018 hinaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klageabweisung zum Hauptantrag Ziffer 1 hat das Arbeitsgericht dabei damit begründet, dass die im Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages bis zum 04.09.2018 wirksam sei. Diese Befristung sei ohne Sachgrund wirksam, weil es sich um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässige Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags vom 24./29.08.2016 handele. Sie sei vor dem Ende der im Ursprungsvertrag vereinbarten Befristung zustande gekommen und befasse sich auch allein mit dem Hinausschieben des Vertragsendes bis zum 04.09.2018, womit auch die 2-Jahres-Grenze des Gesetzes nicht überschritten worden sei. Die Tatsache, dass der Kläger seit 21.01.2017 auf Grund der erfolgreich absolvierten Aufschulung als Entscheider gearbeitet habe, stehe dem nicht entgegen. Zwischen dieser aufgrund des Direktionsrechts der Beklagten erfolgten Tätigkeitsänderung und dem später abgeschlossenen Änderungsvertrag bestehe kein Zusammenhang. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts zur Abweisung der übrigen Anträge und zur Stattgabe des Antrages Ziffer 5 wird gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen das beiden Parteien über ihre Prozessbevollmächtigten am 25.09.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 16.10.2018 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.12.2018 - mit am 29.11.2018 bei Gericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet. Die Beklagte hat gegen das Urteil mit am 01.10.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.12.2018 - mit am 27.12.2018 bei Gericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet.

Der Kläger greift das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens primär hinsichtlich der Klageabweisung des gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses gerichteten Hauptantrages an. Er ist der Ansicht, die Entscheidung genüge nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 06.06.2018 - Az: 1 BvL 7/14 - für die Zulässigkeit sachgrundloser Befristungen aufgestellt habe. Denn mit dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 sei eine inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages wegen der Änderung der ursprünglichen Tätigkeit als Anhörer zu der eines Entscheiders verbunden gewesen. Den nach dem Vertragswortlaut vordergründigen Anschein einer lediglich vereinbarten Vertragsverlängerung habe die Beklagte durch einen Verstoß gegen das Nachweisgesetz erreicht. Unzutreffend sei zudem die Annahme des Arbeitsgerichts, die Beklagte hätte die Änderung der Tätigkeit vom Anhörer zum Entscheider allein im Wege des Direktionsrechts vornehmen können. Mit Schriftsatz vom 08.02.2019 beruft sich der Kläger sodann erstmals darauf, die Befristung sei auch wegen Überschreitung des für sachgrundlose Befristungen maximal zulässigen Zeitraums von zwei Jahren gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG unwirksam. Denn das Arbeitsverhältnis habe bereits am 04.09.2016 begonnen. Durch die Fortsetzung bis 04.09.2018 sei die gesetzliche Maximalbefristungsdauer um einen Tag überschritten worden. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses am 04.09.2016 folge daraus, dass der Kläger unstreitig auf Anordnung der Beklagten am 05.09.2016 um 9 Uhr bereits die Schulung in O. habe antreten müssen. Aufgrund der weiten Entfernung seines Wohn- und Dienstortes zum Schulungsort sowie aufgrund seiner Schwerbehinderung - der Kläger hat seine rechte Hand verloren -, die ihm eine langsamere Fahrweise aufzwinge, sei eine Anreise in der Nacht des 05.09.2016 nicht zumutbar gewesen. Sie hätte auch gegen die Reiserichtlinien des Bundesverwaltungsamtes (Blatt 399 der Akte) verstoßen, da danach bei einer Dienstreise eine Fahrt vor 6 Uhr morgens nicht zumutbar sei und er bei Abfahrt um 6 Uhr am 05.09.2016 den Schulungsort nicht bis 9 Uhr hätte erreichen können. Deshalb sei mit der Beklagten die Anreise als Dienstreise für den 04.09.2016 vereinbart worden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelte die Fahrtzeit einer angeordneten Dienstreise als Arbeitszeit. Die Vereinbarung der Dienstreise und damit von Arbeitszeit für den 04.09.2016 zwischen den Parteien impliziere, dass der Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits für den 04.09.2016 vereinbart worden sei. Dann sei die Zwei-Jahres-Frist aber bereits am 03.09.2018 abgelaufen und die Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses bis 04.09.2018 unwirksam.

Der Kläger beantragt nach teilweiser Berufungsrücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2019 zuletzt noch,

I.das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.09.2018 - Az.: 13 Ca 1518/18 - teilweise abzuändern und

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24./29.08.2016 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 nicht beendet worden ist;

2.die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016 weiter zu beschäftigen;

3.hilfsweise im Verhältnis zu dem Antrag Ziffer 1, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 05.09.2018 abzuschließen, nach dem er, der Kläger, über den 04.09.2018 hinaus zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen als Einzelentscheider in einem Arbeitverhältnis bei der Beklagten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) in der Entgeltgruppe 12, Stufe 2, steht;

II.die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

I.das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.09.2018 - Az.: 13 Ca 1518/18 - teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen;

II.die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und greift es hinsichtlich des der Klage stattgebenden Teils an; diesbezüglich wird auf ihre Berufungsbegründung vom 27.12.2018 Bezug genommen. Hinsichtlich des Vorbringens des Klägers zur vereinbarten Anreise zur Schulung nach O. am 04.09.2016 teilt sie dessen Rechtsauffassung nicht und ist zudem der Ansicht, er sei mit diesem Vorbringen, da er die entsprechenden Rügen gegen die Wirksamkeit der Befristung weder erstinstanzlich noch innerhalb der Berufungsbegründungsfrist im Berufungsverfahren erhoben habe, präkludiert. Unabhängig davon sei das Arbeitsverhältnis durch die frühere Anreise am 04.09.2016 nicht an jenem Tag bereits in Vollzug gesetzt worden. Daran ändere auch die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nichts, denn diese befasse sich ausschließlich mit der arbeitszeitrechtlichen Einordnung von Reisezeiten und deren Vergütungspflicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufungen beider Parteien sind, soweit zuletzt noch anhängig, zulässig, insbesondere sind sie unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie sind auch statthaft gemäß § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG.

II.

Die Berufung des Klägers ist mit den beiden Hauptanträgen begründet und führt insoweit zur teilweisen Abänderung und Neufassung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf. Die Befristungsabrede ist wegen Überschreitung der für sachgrundlose Befristungen vorgesehenen Maximalbefristungsdauer von zwei Jahren nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und mangels sie rechtfertigenden Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Dementsprechend steht dem Kläger auch der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Wegen des Erfolgs der Klage bereits mit den Hauptanträgen in der Berufung war über die Hilfsanträge des Klägers keine Entscheidung mehr zu treffen; soweit das Arbeitsgericht dem erstinstanzlichen Hilfsantrag Ziffer 5 entsprochen hat, ist das Urteil infolge der Abänderung und Stattgabe bereits der Hauptanträge gegenstandslos geworden. Über diesen und den in der Berufung weiter aufrechterhaltenen Hilfsantrag ist keine Entscheidung mehr zu treffen. Unmittelbare Folge der Begründetheit der Berufung des Klägers mit seinen Hauptanträgen ist zudem die Unbegründetheit der auf vollständige Klageabweisung gerichteten Berufung der Beklagten.

1. Die Entfristungsklage (Antrag Ziffer 1.) ist zulässig. Insbesondere ist und war der Feststellungsantrag von Beginn an als gegen die zuletzt mit Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 zum 04.09.2018 vorgenommene Befristung gerichtete Entfristungsklage im Sinne von § 17 Satz 1 TzBfG auszulegen, so dass die entsprechende Umformulierung und Anpassung des Antragswortlauts an die gesetzlich vorgegebene Fassung in der mündlichen Berufungsverhandlung keine Antragsänderung darstellt.

Klageanträge sind wie alle Prozesserklärungen der Auslegung zugänglich. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln, wie er sich aus dem Antrag, der Begründung und sonstigen Umständen bei Erhebung der Klage ergibt (BAG vom 15.05.2012 - 7 AZR 6/11, juris, Rz. 9; BAG vom 16.04.2003 - 7 AZR 119/02, juris, Rz. 15; APS/Backhaus, 5. Auflage, § 17 TzBfG Rn. 55 m.w.N.). Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (BAG vom 21.03.2018 - 7 AZR 408/16, juris, Rz. 40; BAG vom 04.11.2015 - 7 AZR 851/13, juris, Rz. 14).

In Anwendung dieser Grundsätze ist trotz des insoweit zunächst missverständlichen Antragswortlauts, der gerichtet war auf die Feststellung, "dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 03.02./07.02.2017 besteht", von Beginn an davon auszugehen, dass der Kläger mit diesem Antrag allein eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG erheben wollte. Denn schon mit der Klageschrift wurde insoweit allein die letzte Befristung durch den Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 zum 04.09.2018 hinsichtlich ihrer Wirksamkeit wegen eines geltend gemachten Verstoßes gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG gerügt. Dabei hat er argumentiert, dass der Änderungsvertrag keine bloße Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG enthalte. Die ganze Argumentation des Klägers hinsichtlich dieses Klageantrages zielte also allein auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristungsabrede im letzten Vertrag vom 03./07.02.2017 zum 04.09.2018 ab. Der Vertrag ist auch der Klageschrift bereits als Anlage beigefügt worden. Das allein auf eine Befristungskontrolle gerichtete, klar erkennbare Klageziel lässt sich allein mit der Entfristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG erreichen. Es ist nicht ersichtlich, dass und warum der Kläger gleichwohl eine - dann unzulässige - allgemeinen Feststellungsklage hätte erheben wollen. Unter Berücksichtigung der Vorgaben der Rechtsordnung in § 17 Satz 1 TzBfG entspricht es allein einer vernünftigen und am wohlverstandenen Interesse des Klägers ausgerichteten Auslegung anzunehmen, dass von Beginn an die Feststellung begehrt wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch die Befristung im letzten Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 nicht zum 04.09.2018 beendet worden ist. Diese Auslegung als Antrag nach § 17 Satz 1 TzBfG verletzt zudem keine schutzwürdigen Interessen der Beklagten, denn auch sie hat den Antrag von Anfang an so verstanden und daher zur Wirksamkeit der Befristung im Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 vorgetragen. Zulässigkeitsrügen gegen eine allgemeine Feststellungsklage hat sie nie erhoben, da sie die Klage offenbar nicht als solche verstanden hat. Auch das Arbeitsgericht hat den Antrag als Befristungskontrollantrag verstanden, denn obwohl in dem Urteil zwar nähere Ausführungen zur Auslegung und Zulässigkeit fehlen, hat das Gericht folgerichtig allein die Wirksamkeit der Befristungsabrede geprüft und die Klage als unbegründet abgewiesen, da es von der Wirksamkeit der Befristung im Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 ausgegangen ist.

Mit der vorgenommenen und auch für die Tenorierung des Berufungsurteils maßgeblichen Auslegung bedarf der Klageantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG keines besonderen Feststellungsinteresses (vgl. BAG vom 15.05.2012 - 7 AZR 6/11, juris, Rz. 10) und ist auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Denn die angegriffene Befristung im letzten Vertrag, dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 ist konkret bezeichnet, aus dem unstreitigen und schon mit der Klageschrift mitgeteilten Sachverhalt ergibt sich die Befristungsabrede zum 04.09.2018. Dass sich im Tenor des vorliegenden Urteils und im auf Hinweis der Berufungskammer entsprechend umformulierten Antrag in der zuletzt gestellten Fassung auch noch der "Arbeitsvertrag vom 24./29.08.2016" wiederfindet, hat erkennbar allein einen erläuternden Hintergrund, denn der Änderungsvertrag nahm die "Verlängerung" gerade dieses Ausgangsvertrages vor. Gegenstand der Befristungskontrolle ist unverändert aber allein die zuletzt mit Vertrag vom 03./07.02.2017 zum 04.09.2018 vorgenommene - verlängerte - Befristung und nicht die schon lange abgelaufene aus dem Ursprungsvertrag.

2. Die Entfristungsklage ist begründet. Die mit dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 vorgenommene Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zum 04.09.2018 führte zur Überschreitung der für sachgrundlose Befristungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG maximal zulässigen Befristungsdauer von zwei Jahren und damit - da die Beklagte sich weder auf eine Sachgrundbefristung berufen noch einen Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG dargelegt hat - zur Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses; diese beendet das Arbeitsverhältnis mithin nicht. Denn das Arbeitsverhältnis hat entgegen der Ansicht der Beklagten bereits am 04.09.2016 mit der von der Beklagten im dienstlichen Interesse zunächst angeordneten und nachfolgend zwischen den Parteien vereinbarten Dienstreise des Klägers nach O. zum Zwecke der Schulungsteilnahme begonnen. Die Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG endete gemäß §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 03.09.2018. Mit der Vereinbarung der Verlängerung der Befristung bis zum 04.09.2018 ist diese Frist um einen Tag überschritten worden, was zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede führt.

Im Einzelnen:

a. Die Befristungskontrollklage des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne von § 17 Satz 1 TzBfG erhoben worden, so dass die Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 nicht etwa schon wegen Versäumens der Klagefrist gemäß § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG als wirksam gilt.

Dass der Klageantrag Ziffer 1 aus der Klageschrift vom 26.02.2018 als Entfristungsantrag im Sinne von § 17 Satz 1 TzBfG auszulegen ist, ist bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage unter II.1 der Entscheidungsgründe begründet worden; hierauf wird Bezug genommen.

Die so auszulegende Befristungskontrollklage vom 26.02.2018 ist bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf am 27.02.2018 eingegangen und der Beklagten am 06.03.2018 zugestellt worden. Die Klage ist damit vor Ablauf von drei Wochen nach dem vereinbarten Befristungsdatum (04.09.2018) erhoben worden. Dass sie sogar noch weit vor dem eigentlichen Befristungsdatum selbst erhoben wurde, schadet im Rahmen des § 17 Satz 1 TzBfG nicht. Vielmehr wird die materiellrechtliche Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann gewahrt, wenn die Klage schon - unter Umständen sogar weit - vor dem Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit erhoben wird (BAG vom 21.09.2011 - 7 AZR 375/10, juris, Rz. 8; BAG vom 24.08.2011 - 7 AZR 228/10, juris, Rz. 15; BAG vom 23.06.2010 - 7 AZR 1021/08, juris, Rz. 12 m.w.N.; siehe auch APS/Backhaus, 5. Auflage, § 17 TzBfG Rn. 53).

b. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses durch den Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 bis zum 04.09.2018 verstößt gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Denn mit ihr wurde die Maximalgrenze von zwei Jahren für eine sachgrundlose Befristung um einen Tag überschritten. Rechtsfolge ist nach § 16 Satz 1 TzBfG, da die Beklagte sich weder auf eine Sachgrundbefristung berufen hat noch einen Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG darlegt, dass der befristete Arbeitvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.

aa. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat bereits am 04.09.2016 und nicht wie in § 1 des Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016 niedergelegt erst am 05.09.2016 begonnen.

Denn die Parteien haben sich, nachdem die Beklagte den Kläger mit E-Mail vom 24.08.2016 zum einen über die beabsichtigte Einstellung am Dienstort E. zum 05.09.2016 befristet bis zum 04.03.2017 informiert und ihn zum anderen aufgefordert hatte, sich am 05.09.2016 um 09:00 Uhr zur Schulung im Qualifizierungszentrum O. einzufinden, unstreitig darauf geeinigt, dass der Kläger, um dem nachkommen zu können, bereits am Sonntag, 04.09.2016 nach O. anreist und die hierfür anfallenden Reise- und Übernachtungskosten - also insbesondere auch die Hotelübernachtung vom 04. auf den 05.09.2016 - von der Beklagten getragen werden. Die Einigung auf die von der Beklagten veranlasste Dienstreise bereits am 04.09.2016 fand am Sonntag, 28.08.2016 statt, indem der Kläger hierzu eine E-Mail an das die Beklagte vertretende Personalmanagement des BAMF mit der Information über die erforderliche Anreise am Vortag der Schulung und die Hotelbuchung ab 04.09.2016 sandte und darauf noch am selben Tag von dem dortigen Mitarbeiter K. L. die entsprechende Bestätigung erhielt.

Damit haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis abweichend vom Vertragswortlaut des § 1 des Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016 bereits einvernehmlich am 04.09.2016 in Kraft und in Lauf gesetzt. Mit der im dienstlichen Interesse erforderlichen und zwischen den Parteien unstreitig vereinbarten Anfahrt zur Schulung am 04.09.2016 hat der Kläger seine Arbeit für die Beklagte mit deren Kenntnis und Einverständnis aufgenommen. Die Reisezeit ist als Arbeitszeit zu werten, mit der das Arbeitsverhältnis - einvernehmlich - in Vollzug gesetzt worden ist.

In Rechtsprechung und Schrifttum wird seit jeher schon zwischen der Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen, im arbeitsvertraglichen, im vergütungsrechtlichen, steuerrechtlichen, beamten- und tarifrechtlichen sowie im mitbestimmungsrechtlichen Sinne unterschieden, wobei die Begriffe im Einzelfall eine identische, eine unterschiedliche Bedeutung haben können oder sich auch überschneiden können (vgl. Wahlers, PersV 2007, 464).

Zu Recht verweist der Kläger im vorliegenden Fall auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, dass die für genehmigte Reisen zu im dienstlichen Interesse erfolgenden Fortbildungen außerhalb des Dienstortes aufgewandte Reisezeit in vollem Umfang als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu berücksichtigen ist, soweit keine abweichende Vergütungsregelung zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffen wurde (BAG vom 15.11.2018 - 6 AZR 294/17, juris, Rz. 19, 20, 23 ff.). Richtig ist zwar der Einwand der Beklagten, dass diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (ebenso die Entscheidungen des BAG vom 17.10.2018 - 5 AZR 553/17, juris, Rz. 13 ff. zu Reisezeiten bei Auslandsentsendung und vom 25.04.2018 - 5 AZR 424/17, juris, Rz. 15 ff. zu Fahrten zu auswärtigen Arbeitsstellen) jeweils primär den vergütungsrechtlichen Arbeitszeitbegriff betrifft.

Die Entscheidungen enthalten aber darüber hinaus auch Aussagen zum arbeitsvertraglichen Arbeitszeitbegriff. Das Bundesarbeitsgericht führt nämlich zur Begründung seiner Entscheidungen jeweils aus, dass zu den "versprochenen Diensten" im Sinne des - auch im vorliegenden Fall 2016 und damit vor Inkrafttreten der Neuregelung des § 611a BGB noch allein maßgeblichen - § 611 Abs. 1 BGB nicht nur die eigentliche Tätigkeit zählt, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. "Arbeit" als Leistung der versprochenen Dienste im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB ist damit jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (BAG vom 17.10.2018 - 5 AZR 553/17, juris, Rz. 13; BAG vom 25.04.2018 - 5 AZR 424/17, juris, Rz. 17; BAG vom 06.09.2017 - 5 AZR 382/16, juris, Rz. 12; BAG vom 26.10.2016 - 5 AZR 168/16, juris, Rz. 10).

So erbringt der Arbeitnehmer mit der - eigennützigen - Zurücklegung des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück keine Arbeit für den Arbeitgeber. Anders ist es jedoch, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebes zu erbringen hat. In diesem Falle gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten, weil das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden aufzusuchen - sei es, um dort Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen. Dazu gehört zwingend die jeweilige Anreise. Nicht nur die Fahrten zwischen den Kunden, auch die zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück bilden mit der übrigen Tätigkeit eine Einheit und sind insgesamt die Dienstleistung im Sinne der §§ 611, 612 BGB. Das ist unabhängig davon, ob Fahrtantritt und -ende vom Betrieb des Arbeitgebers oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus erfolgen und gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer bei An- und Abreise ein Fahrzeug mit den für die auswärtige Tätigkeit erforderlichen Werkzeugen, Ersatzteilen etc. führen muss (BAG vom 25.04.2018 - 5 AZR 424/17, juris, Rz. 18). Gleiches gilt für Reisezeiten im Rahmen einer Auslandsentsendung bei angeordneten Arbeitsleistungen im Ausland (BAG vom 17.10.2018 - 5 AZR 553/17, juris, Rz. 13 ff.) und für angeordnete oder vereinbarte Dienstreisezeiten zu einer ausschließlich im dienstlichen Interesse liegenden Fortbildung (BAG vom 15.11.2018 - 6 AZR 294/17, juris, Rz. 19, 24).

Durch den Bezug zu § 611 Abs. 1 BGB und die Einordnung der genannten Reisezeiten als Teil der versprochenen Dienste und damit der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis wird durch das Bundesarbeitsgericht der arbeitsvertragsrechtliche Arbeitszeitbegriff festgelegt. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass in allen Entscheidungen sodann die Einordnung als Arbeitsleistung und Arbeitszeit als solche von der Frage zum einen des Arbeitsschutzes und zum anderen der Vergütungspflicht getrennt wird und hierzu nachfolgend gesonderte Ausführungen insbesondere zur Abdingbarkeit durch tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelung in den Grenzen des MiLoG erfolgen (vgl. BAG vom 15.11.2018 - 6 AZR 294/17, juris, Rz. 24 ff; BAG vom 17.10.2018 - 5 AZR 553/17, juris, Rz. 18 ff.; BAG vom 25.04.2018 - 5 AZR 424/17, juris, Rz. 19 ff.).

Gemessen daran hat der Kläger durch die am 04.09.2016 im Einvernehmen mit der Beklagten erfolgte Anreise zu der im dienstlichen Interesse der Beklagten liegenden Schulung in O. und damit weit entfernt vom vereinbarten Dienstort E. bereits im Einvernehmen mit der Beklagten einen Teil der versprochenen Dienste im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB erbracht. Es liegt Arbeitszeit im vertragsrechtlichen Sinne vor. Diese wurde in Kenntnis und mit Zustimmung der Beklagten geleistet. Damit liegen nicht die Voraussetzungen eines faktischen Arbeitsverhältnisses vor, sondern es wurde das Arbeitsverhältnis im Einvernehmen der Parteien am 04.09.2016 in Vollzug gesetzt. Vertragsrechtliche Arbeitszeit ohne - damit bereits begonnenen - Arbeitsvertrag gibt es nicht.

Indem die Parteien sich - unstreitig - am 28.08.2016 darauf verständigten, dass der Kläger zur am frühen Morgen des 05.09.2016 beginnenden dienstlichen Fortbildung in O. bereits am 04.09.2016 anreist und die hierfür entstehenden Kosten von der Beklagten übernommen werden, haben sie zugleich die Aufnahme der versprochenen Dienste durch den Kläger insoweit am 04.09.2016 geregelt. Bei der Dienstreise am 04.09.2016 handelte es sich um keine reine Vorbereitungshandlung mehr, sondern bereits um einen Teil der dem Kläger aus dem Arbeitsverhältnis auferlegten Hauptleistungspflicht. Das Arbeitsverhältnis hat damit aufgrund entsprechender Vereinbarung auch bereits am 04.09.2016 begonnen.

Die anderslautende Bestimmung unter § 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016 steht dem nicht entgegen. Denn arbeitgeberseitig ist der von der Beklagten vorformulierte Vertrag bereits am 24.08.2016 unterzeichnet worden. Zu jenem Zeitpunkt gab es die abweichende Vereinbarung vom 28.08.2016 noch nicht. Die Unterzeichnung durch den Kläger am 29.08.2016 erfolgte bereits in Kenntnis der einen Tag zuvor erfolgten Einigung über die Dienstreise am 04.09.2016. Die Datumsangabe "05.09.2016" im schriftlichen Vertrag ist vor diesem Hintergrund nicht am 29.08.2016 bestätigt worden, sondern war vielmehr zu diesem Zeitpunkt bereits durch die vereinbarte Aufnahme der Dienstreise, damit der Erbringung der versprochenen Dienste durch den Kläger ab 04.09.2016 und mithin der vorzeitigen Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich abgeändert worden. So jedenfalls sind die entsprechenden Erklärungen beider Parteien im Zusammenhang mit der Anreise nach O. am 04.09.2016 auszulegen. Das abweichende Datum "05.09.2016" stellt vor diesem Hintergrund allein noch eine falsa demonstratio dar. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprach das Datum nicht mehr dem beiderseitigen Vertragswillen der Parteien.

Dieser beinhaltete vielmehr den Beginn des Vollzugs des Arbeitsverhältnisses am 04.09.2016 mit dem Antritt der Dienstreise des Klägers.

Die Vorverlegung des Beginns des Arbeitsverhältnisses unterlag nicht der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG, diese bezieht sich vielmehr allein auf die Befristungsabrede und damit die Festlegung des Endtermins des Arbeitsverhältnisses (ebenso LAG Hessen vom 18.12.2013 - 2 Sa 871/13, juris, Rz. 32).

Die Vorverlegung des Beginns des Arbeitsverhältnisses verstößt auch nicht gegen § 6 des Arbeitsvertrages vom 24./29.08.2016, denn wie bereits ausgeführt hat sich der gemeinsame Wille der Parteien bereits vor dem Zustandekommen des Vertrages durch die Unterschrift des Klägers am 29.08.2016 dahingehend geändert, dass der Kläger am 04.09.2016 eine Dienstreise nach O. antreten würde. Rechtliche Folge dessen ist der Beginn des Arbeitsverhältnisses durch einvernehmliche Invollzugsetzung am 04.09.2016. Das abweichend im Vertragsdokument genannte Datum 05.09.2016 stellt vor diesem Hintergrund lediglich noch eine unbeachtliche falsa demonstratio dar. Die Parteien hatten keinen erkennbaren Willen, trotz einvernehmlicher Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses am 04.09.2016 gleichwohl immer noch erst einen Vertragsbeginn am 05.09.2016 zu vereinbaren. Vielmehr wird der Kläger dieser Regelung in § 1 keinen besonderen Wert mehr zugemessen haben angesichts der einen Tag vor Unterzeichnung mit dem Vertreter der Beklagten erzielten Verständigung auf die Dienstreise am 04.09.2016, und die Beklagte hat ihren bei Unterzeichnung am 24.08.2016 noch abweichend bestandenen Willen mit der Einigung vom 28.08.2016 entsprechend geändert.

Nähme man entgegen der Ansicht der Berufungskammer an, es bleibe bei dem Vertragsbeginn des befristeten Arbeitsvertrages am 05.09.2016, käme man angesichts der unverändert am 28.08.2016 erzielten Einigung über die Dienstreise und damit die Begründung vertraglicher Hauptpflichten und deren Invollzugsetzung für den 04.09.2016 wohl kaum umhin, ein Arbeitsverhältnis für diesen Tag - unbefristet oder formunwirksam befristet, mag hier dahinstehen - anzunehmen (vgl. hierzu LAG Hessen vom 18.12.2013 - 2 Sa 871/13, juris, Rz. 29), was zur Unwirksamkeit der Befristung sowohl im Vertrag vom 24./29.08.2016 als auch vom 03./07.02.2017 wegen Verstoßes gegen das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG führen müsste.

Dass hingegen trotz Einigung über eine Dienstreise zur Anreise zu einer dienstlichen Schulung und damit die einvernehmliche Leistung versprochener Dienste durch den Arbeitnehmer bereits einen Tag vor zunächst vorgesehenem Arbeitsantritt keine Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses eben bereits am Anreisetag vereinbart worden sein soll, erschließt sich der Kammer im Lichte der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht. Der Kläger ist nicht im Eigeninteresse am 04.09.2016 nach O. gefahren. Gäbe es im öffentlichen Dienst mit § 44 Abs. 2 TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - nicht eine tarifliche Regelung zur Vergütungspflicht von Dienstreisezeiten, wäre nicht nur der vertragsrechtliche, sondern auch der vergütungsrechtliche Arbeitszeitbegriff in dem Sinne erfüllt, dass Zahlungsansprüche entstanden wären. Hätte der Kläger bei seiner Anreise am 04.09.2016 einen Verkehrsunfall erlitten, kann nicht ernsthaft in Frage stehen, dass eine versicherte Tätigkeit im Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat, so dass unfallversicherungsrechtliche Ansprüche bestanden hätten. Alles das hängt mit der Frage zusammen, wann das Arbeitsverhältnis begonnen hat. Aus Sicht der Berufungskammer kommt hierfür allein der 04.09.2016 als der Tag der einvernehmlich festgelegten Aufnahme der Tätigkeit durch Antritt der Dienstreise in Betracht.

bb. Bei vor Arbeitsaufnahme vereinbarter Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses zum 04.09.2016 richtet sich die Fristberechnung für den Ablauf der Zweijahresfrist des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nach §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB. Denn haben sich die Parteien über die Arbeitsaufnahme für einen bestimmten Tag vorab verständigt, ist der erste Arbeitstag in die Fristberechnung voll einzubeziehen. Das Arbeitsverhältnis beginnt dann, wenn der Arbeitsvertrag schon früher abgeschlossen ist, in der Regel nicht während des Tages, an dem die Arbeit angetreten werden soll, sondern bereits mit dem Beginn des vorgesehenen ersten Arbeitstages. Das entspricht der allgemeinen Verkehrsanschauung, soweit der "Beginn des Arbeitsverhältnisses" für die Berechnung einer Frist im Sinne der §§ 187 ff. BGB maßgebend ist (BAG vom 24.10.2013 - 2 AZR 1057/12, juris, Rz. 30 f.; BAG vom 27.06.2002 - 2 AZR 382/01, juris, Rz. 31; BAG vom 02.11.1978 - 2 AZR 74/77, juris, Rz. 49; Greiner in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 1 KSchG Rn. 174; Tillmanns in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 4. Auflage, § 14 TzBfG Rn. 76; ErfK/Müller-Glöge, 19. Auflage, § 14 TzBfG Rn. 86; APS/Backhaus, 5. Auflage, § 14 TzBfG Rn. 370). Allein dann, wenn ein Arbeitnehmer erst während eines Tages ein Arbeitsverhältnis eingeht und am gleichen Tage - regelmäßig sofort - seine Arbeit aufnimmt, macht das Bundesarbeitsgericht eine Ausnahme und wendet dann § 187 Abs. 1 BGB für die Fristberechnung an (BAG vom 27.06.2002 - 2 AZR 382/01, juris, Rz. 33).

Dieser Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Parteien haben vielmehr bereits eine Woche vor Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Einigung über den Dienstantritt mit Beginn der Dienstreise am 04.09.2016 vereinbart. Mit Beginn dieses ersten Tages des vereinbarten Invollzugsetzens der gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis begann somit auch die Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gemäß § 187 Abs. 2 BGB zu laufen. Die Zweijahresfrist für eine zulässige sachgrundlose Befristung endete damit mit Ablauf des 03.09.2018, § 188 Abs. 2 BGB.

Die mit dem Änderungsvertrag vom 03./07.02.2017 vorgenommene Verlängerung der Befristung bis zum Ablauf des 04.09.2018 überschreitet diese Frist und ist daher unwirksam.

cc. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger mit der Geltendmachung dieses Unwirksamkeitsgrundes hinsichtlich der Befristung seines Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt präkludiert.

(1) Das gilt zum einen für eine Präklusion nach §§ 17 Satz 2 TzBfG, 6 KSchG.

Nach § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 6 Satz 1 KSchG kann sich der Arbeitnehmer zur Begründung der Unwirksamkeit der Befristung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz auch auf innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG nicht geltend gemachte Gründe berufen, sofern er innerhalb dieser Frist Befristungskontrollklage erhoben hat. Darauf hat ihn das Arbeitsgericht nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 2 KSchG hinzuweisen. § 6 Satz 1 KSchG ist eine Präklusionsvorschrift (BAG vom 21.03.2018 - 7 AZR 408/16, juris, Rz. 30; BAG vom 04.05.2011 - 7 AZR 252/10, juris, Rz. 19). Die Präklusionswirkung nach § 6 Satz 1 KSchG tritt nur ein, wenn das Arbeitsgericht seiner Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 KSchG nachgekommen ist. Hat das Arbeitsgericht dagegen einen Hinweis nicht einmal in allgemeiner Form erteilt, steht § 6 Satz 1 KSchG der Einführung weiterer möglicher Unwirksamkeitsgründe für die Befristung im Berufungsverfahren nicht entgegen (BAG vom 21.03.2018 - 7 AZR 408/16, juris, Rz. 30; BAG vom 09.09.2015 - 7 AZR 190/14, juris, Rz. 27; BAG vom 20.08.2014 - 7 AZR 924/12, juris, Rz. 21; BAG vom 04.05.2011 - 7 AZR 252/10, juris, Rz. 20). Das Landesarbeitsgericht kann dann in der Sache selbst entscheiden und muss das neue Vorbringen berücksichtigen. Eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht ist nicht erforderlich (BAG vom 04.05.2011 - 7 AZR 252/10, juris, Rz. 30).

In Anwendung dieser Grundsätze konnte der Kläger den Unwirksamkeitsgrund der Überschreitung der maximal zulässigen Befristungsdauer der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG noch im Berufungsverfahren geltend machen. Zwar hat er ihn erstinstanzlich nicht erhoben. Das Arbeitsgericht hat ihm allerdings keinen Hinweis nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 6 KSchG erteilt. Obwohl der Klage von Beginn an die begehrte Befristungskontrolle nach §§ 14, 17 TzBfG im Wege der Auslegung zu entnehmen war, ist der im Formblatt des Arbeitsgerichts Düsseldorf für die Güteladung vorgesehene Hinweistext "Hinweis gem. § 17 Satz 2 TzBfG in Verbindung mit § 6 KSchG" vom Vorsitzenden nicht angekreuzt und dementsprechend auch nicht an den Kläger bzw. seinen Prozessbevollmächtigten übermittelt worden (Blatt 30/31 der Akte). Auch zu einem anderen Zeitpunkt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz lässt sich ein solcher Hinweis weder der Gerichtsakte noch dem Vorbringen der Parteien entnehmen. Da der Kläger mithin den erforderlichen Hinweis nicht erhalten hat, konnte keine Präklusion eintreten. Er war nicht nach §§ 17 Satz 2 TzBfG, 6 KSchG gehindert, in der Berufung neue Wirksamkeitsmängel hinsichtlich der streitigen Befristung geltend zu machen.

(2) Eine Präklusion ist auch nicht nach § 67 ArbGG in der Berufungsinstanz eingetreten. Richtig ist zwar der Einwand, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vorzubringen sind.

Gleichwohl ist abweichend von den im Zivilprozess geltenden Regelungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 67 ArbGG neuer Vortrag in der Berufungsinstanz grundsätzlich möglich. § 67 ArbGG geht § 531 ZPO als Spezialregelung vor. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können insbesondere nach den Regelungen des § 67 Abs. 2 bis Abs. 4 ArbGG bereits dann zulässig sein, wenn durch sie die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wird (BAG vom 19.12.2018 - 10 AZR 233/18, juris, Rz. 74).

Eben das ist hier der Fall. Der der nachträglich erhobenen Unwirksamkeitsrüge des Klägers zugrunde liegende Sachverhalt ist zwischen den Parteien - soweit für die Entscheidung des Rechtsstreits von Belang - nicht streitig. Die Rüge ist von dem Kläger zwar erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht worden, mit dem Schriftsatz vom 08.02.2019 aber noch so frühzeitig vor der mündlichen Berufungsverhandlung, dass die Beklagte hinreichend Gelegenheit zur Erwiderung hatte, die sie mit Schriftsatz vom 26.03.2019 im Übrigen auch genutzt hat. Die Berücksichtigung des unstreitigen Sachvortrages im Zusammenhang mit der neuen Unwirksamkeitsrüge hat den Rechtsstreit daher nicht verzögert. Allein deshalb schon scheidet eine Zurückweisung als verspätet nach § 67 ArbGG aus.

3. Der zulässige Weiterbeschäftigungsantrag ist begründet. Aufgrund des Obsiegens mit dem Entfristungsantrag steht dem Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gegen die Beklagte ein Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zu den zuletzt gültigen Arbeitsbedingungen nach Maßgabe der auch im Befristungsrechtsstreit anwendbaren (BAG vom 13.06.1985 - 2 AZR 410/84, juris, Rz. 75 f.; LAG Baden-Württemberg vom 19.06.2017 - 1 Sa 7/17, juris, Rz. 74) Grundsätze der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 27.02.1985 - GS 1/84) zu. Nach Erlass des vorliegenden Urteils, das die Unwirksamkeit der Befristung feststellt, überwiegt das Beschäftigungsinteresse des Klägers. Entgegenstehende überwiegende Interessen wiederum hat die Beklagte nicht dargelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 516 Abs. 3 Satz 1, 525, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO und entspricht dem Anteil von Obsiegen und Unterliegen der Parteien in beiden Instanzen unter Berücksichtigung der teilweisen Berufungsrücknahme des Klägers.

IV.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nach § 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.



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