Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom - Az: 7 W 11/24

Arbeitgeber-Bewertungsportal muss negative Bewertungen löschen oder Identität des Verfassers offenlegen

1. Auch für die Zulässigkeit von Bewertungen in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal kommen die vom Bundesgerichtshof für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 9. 8. 2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen Umfangs zum Tragen.

2. Die Erhebung einer Vielzahl von Rügen eines Bewerteten gegen Bewertungen in einem Bewertungsportal, die jeweils darauf gestützt werden, dass ein geschäftlicher Kontakt zwischen dem Bewerter und dem Bewerteten nicht bestanden hat, begründet allein nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Das gilt auch dann, wenn der Bewertete sich dabei von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen.

3. Der Bewertete kann die Löschung der Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber den Bewerter ihm gegenüber nicht so individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Das gilt auch dann, wenn der Portalbetreiber einwendet, aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen diese Individualisierung nicht vornehmen zu dürfen.
(Leitsätze des Gerichts)

Im vorliegenden Fall forderte die Arbeitgeberin die Betreiberin eines bedeutenden Arbeitgeber-Bewertungsportals auf, mehrere negative Bewertungen zu entfernen, da sie Zweifel hatte, dass diese von aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern verfasst worden waren. Die Betreiberin des Portals lehnte dies zunächst ab und verwies auf datenschutzrechtliche Bestimmungen, die eine Offenlegung der Identität der Bewerter ohne deren Zustimmung untersagen.
Das Landgericht Hamburg wies den Antrag der Arbeitgeberin zurück, woraufhin diese Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg einlegte – mit Erfolg. Anders als die Vorinstanzen entschied das OLG Hamburg, dass die Anonymität der bewertenden Personen aufgehoben werden könne. Zudem müssten bei Zweifeln an der Authentizität einer kritisierten Bewertung diese dauerhaft entfernt werden.
Die Richter argumentierten, dass Arbeitgeber nicht schutzlos negativen Bewertungen ausgesetzt sein sollten. Im Falle einer negativen Bewertung müsse es für den Arbeitgeber möglich sein, zu prüfen, ob der Verfasser tatsächlich eine geschäftliche Beziehung zu ihm hatte. Zudem vertraten das Gericht die Auffassung, dass Mitarbeiterkritik auf Bewertungsplattformen immer konkrete Bezugspunkte haben sollte. Diese könnten jedoch nur überprüft werden, wenn die Identität des Verfassers bekannt sei. Darüber hinaus gebe es keinen grundsätzlichen Anspruch auf Anonymität der Bewertenden aus Datenschutzgründen. Es sei entscheidend, möglichst viele Informationen zu haben, um die Rechtmäßigkeit einer negativen Bewertung zu überprüfen – einschließlich der Identität des Bewerters. Daher trage der Verfasser das Risiko, dass seine Anonymität aufgehoben werden könne – so das Gericht.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 8. Januar 2024, Az. 324 O 559/23, abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), verboten,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die nachstehend wiedergegebenen Bewertungen zu veröffentlichen:

a)

"Startup abgebogen in die Perspektivlosigkeit

1,6

Nicht empfohlen

Oktober 2023

Arbeitsatmosphäre
Lob und Anerkennung gibt es hier nicht, Wertschätzung schon gar nicht. Mit Glück wirft einem die Geschäftsführung beim Vorbeigehen morgens ein "Guten Morgen" hin, ansonsten wird man eher getrieben schnell zu arbeiten und bloß keine Fehler zu machen.
Einarbeitung? Fehlanzeige! Am ersten Tag bekommt man ein paar Dokument, die man sich auf eigene Faust aneignen soll und dann wird bitte losgelegt.

Kommunikation
Es ist alles sehr undurchsichtig. Zahlen, Ziele und Planungen werden konsequent geheim gehalten. Meetings finden in der Regel hinter verschlossener Tür statt. Dabei achtet die Geschäftsführung stets drauf zu zweit den einzelnen Angestellten zu sich zu rufen, Gruppengespräche mit der Belegschaft werden vermieden.

Kollegenzusammenhalt
War ok, man hält in der Not zusammen.

Work-Life-Balance
Die Arbeitszeiten wurden eingehalten. Weibliche Angestellte/Bewerberinnen wurden teilweise nach ihrem Kinderwunsch gefragt. Was die Antwort darauf für Konsequenzen hat, bleibt offen...
Urlaub wird nur wiederwillig genehmigt. Für den Urlaubsantrag hatte man sich per Unterschrift die Bestätigung der jeweiligen Vertretung zu besorgen.

Vorgesetztenverhalten
Setzen Sechs! Man ist nur eine Nummer.
Empathie ist ein Fremdwort.
Informationspolitik existiert quasi nicht.
Es wird erwartet, dass die Angestellten Verantwortung übernehmen und eigenständig arbeiten, gleichzeitig ist die Geschäftsführung nicht in der Lage Verantwortung abzugeben und leidet unter Kontrollwahn. Die Tür zur Geschäftsführung steht meist offen, aber in erster Linie aus dem Grund, weil permanent ein Ohr bei den Büroangestellten horcht.

Interessante Aufgaben
Sehr eintönige Arbeit. Durch die Unterbesetzung kann es passieren, dass die Angestellten aus dem Büro regelmäßig im Lager aushelfen müssen.

Umgang mit älteren Kollegen
Es wird drauf geachtet die Belegschaft überdurchschnittlich jung zu halten. Es macht den Anschein, ältere Mitarbeiter mit Lebens- Arbeitserfahrung seien unerwünscht.

Arbeitsbedingungen
Veraltete Technik. Gebrauchte Computer statt modernem Arbeitsgerät. Freeware und selbst programmieret Software auf Hobby-Niveau statt lizenzierter Software.
Schlecht beheizte Arbeitsräume, Heizen scheint zu teuer zu sein.
Improvisierte und chaotische Lagerhaltung und Versandabteilung.

Gehalt/Sozialleistungen
Gehalt war angemessen und pünktlich. Urlaubs- Weihnachsgeld gibt es nicht. Bei Weihnachtsfeiern war auffällig, dass das Budget penibel im Rahmen der steuerlich absetzbaren Summe gehalten wurde.

Image
Nach innen geht es kaum schlechter und auch nach außen scheint es mehr und mehr bekannt zu werden.

Karriere/Weiterbildung
Aufstiegt aussichtslos. Weiterbildung bitte privat organisieren"

wie geschehen unter der URL ...

in Abbildung aussehend wie folgt: ...

b)

"Vorsicht bei der Firmenwahl

1,3

Nicht empfohlen

November 2023

Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/in Hat im Bereich Administration /Verwaltung gearbeitet.

Arbeitsatmosphäre
Den Mitarbeiten wurde 0,0 vertraut

Kommunikation
Mitarbeiter wurden mehr oder weniger gegeneinander ausgespielt

Kollegenzusammenhalt
War ok

Work-Life-Balance
Abmachungen wurden nicht eingehalten

Vorgesetztenverhalten
Absolute Kontrolle über jeden einzelnen Schritt. Selbstständiges entscheiden von simplen Sachen war nicht gewünscht

Interessante Aufgaben
Immer das selbe

Arbeitsbedingungen
Es ist eine kühle Lagerhalle ohne Dämmung. Im Winter ist es zum Teil nur 17-19 Grad. Ich habe durchgehend gefroren und wurde mit einer halb funktionierenden wärme Fußmatte abgespeist.

Image
Wird nach aussen toll gepriesen aber ist mehr pfui als hui

Gleichberechtigung

Umgang mit älteren Kollegen

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Gehalt/Sozialleistungen

Karriere/Weiterbildung"

wie geschehen unter der URL ...

in Abbildung aussehend wie folgt: ...

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf € 10.000,00.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin das Unterlassen der Zugänglichmachung von zwei Bewertungen ihres Unternehmens in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal.

Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen zum Vertrieb von ... und ein Ladengeschäft in Hamburg. Sie hat etwa 22 Mitarbeiter. Die Antragsgegnerin betreibt eine große Arbeitgeber-Bewertungsplattform. Auf dieser über das Internet aufrufbaren Plattform können gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Bewerberinnen und Bewerber und Auszubildende ihren Arbeitgeber in verschiedenen Kategorien bewerten. Auf der Bewertungsplattform befinden sich über 5.300.000 Bewertungen zu über 1.040.000 Unternehmen, täglich kommen rund 1.000 neuen Bewertungen zu etwa 500 Unternehmen hinzu.

In diese Bewertungsplattform wurden die angegriffenen, aus dem Tenor ersichtlichen Bewertungen eingestellt.

Die Antragstellerin ließ die Antragsgegnerin durch zwei kurz aufeinander folgende Schreiben auffordern, die Einträge zu löschen. Zur Begründung hieß es in beiden Schreiben jeweils gleichlautend: "Der genannte Bewerter hat unsere Mandantschaft negativ bewertet. Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt zu dem Bewerter wird mit Nichtwissen bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann." Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin auf, mögliche unwahre Tatsachenbehauptungen bzw. Rechtsverletzungen zu substanziieren. Hintergrund hierfür war, so die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin durch ihre Rechtsanwälte innerhalb kürzester Zeit gegen elf Bewertungen - von insgesamt 14 eingestellten Bewertungen des Unternehmens der Antragstellerin - gleichlautende Beanstandungen erhoben hatte, die die Antragsgegnerin als jeweils unsubstanziiert ansah. Als die Antragsgegnerin von der Antragstellerin keine weiteren Informationen erhielt, sah sie von einer Löschung der Einträge ab. Nach Erhalt des dieses Verfahren einleitenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wandte sich die Antragsgegnerin an die Nutzer, die die hier beanstandeten Bewertungen abgegeben hatten. Die von diesen erhaltenen Unterlagen, aus denen sich der Nachweis ergeben sollte, dass die Nutzer bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen seien, anonymisierte eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin und übersandte der Antragstellerin zum Beleg, dass der Urheber der mit dem Antrag zu a) angegriffenen Bewertung bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei, den folgenden - anonymisierten - Tätigkeitsnachweis: ...,

und zum Beleg, dass der Urheber der mit dem Antrag zu b) angegriffenen Bewertung bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei, den folgenden - anonymisierten - Tätigkeitsnachweis: ...

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zuletzt genannten Unterlagen ausreichen würden, um eine tatsächliche Mitarbeiterstellung der Rezensenten nachzuweisen, so dass die Übermittlung ungeschwärzter Tätigkeitsnachweise nicht erforderlich gewesen sei. Soweit die Antragstellerin vortrage, aus den Unterlagen nicht auf die Identität der Bewertenden schließen zu können, stelle sie damit die Authentizität der Unterlagen nicht in Abrede. Zudem habe die Antragsgegnerin - unbestritten und durch eine eidesstattliche Versicherung belegt - vorgetragen, dass die Tätigkeitsnachweise und die darin enthaltenen Namen von ihrer Mitarbeiterin X1... mit den im Bewerterprofil der Antragstellerin hinterlegten Bestandsdaten abgeglichen und verifiziert worden seien und die Daten übereinstimmten.

Hiergegen richtet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Verfügungsantrag mit den im Antrag auf deren Erlass vorgebrachten Argumenten weiterverfolgt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet und führt dazu, dass der Senat die begehrte einstweilige Verfügung erlässt.

Der Antragstellerin steht aus § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (Artt. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG) ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertungen zu.

Auch für den hier gegebenen Fall kommen die nunmehr vom Bundesgerichtshof für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 9. 8. 2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen Umfangs zum Tragen: Die Antragstellerin ist als Portalbetreiberin mittelbare Störerin hinsichtlich der beanstandeten Bewertungen und haftet als solche nur eingeschränkt. Wird sie mit der Beanstandung eines Betroffenen – die richtig oder falsch sein kann – konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich, unabhängig davon, ob die beanstandete Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil, das auf einer behaupteten Tatsache aufbaut, zu qualifizieren ist. Als hinreichend konkrete Beanstandung des Bewerteten ist es dabei bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich ausreichend, wenn dieser rügt, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt des Bewerters mit seiner Leistung zugrunde liege; diese Rüge darf der Bewertete grundsätzlich so lange aufrechterhalten, bis ihm gegenüber der Bewerter so individualisiert wird, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann.

Diese Rüge nicht gegebenen Geschäftskontakts hat die Antragstellerin hier erhoben. Da die Antragstellerin in ihren Abmahnungen sich auf diese Rüge beschränkt hat, bedurfte es der Übermittlungen von konkreten weiteren Informationen zu den Inhalten der Bewertungen, von deren Übermittlung die Antragsgegnerin ihr Tätigwerden zunächst abhängig machen wollte, nicht. Derartige Informationen wären im Grundsatz ohnehin wenig geeignet gewesen, zu einer weiteren Begründung des Löschungsverlangens der Antragstellerin beizutragen; denn die Überprüfungsobliegenheit des Portalbetreibers ist durch seine Erkenntnisquellen begrenzt, und nur solche konkreten Hinweise auf Umstände, die es ihm aus seiner Perspektive ermöglichen, einen Rechtsverstoß unschwer - "ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung" - zu bejahen, muss der Portalbetreiber an den Urheber der Bewertung weiterleiten (BGH aaO.). Da die Bewertungen aber überwiegend Werturteile enthielten, hätte die Übermittlung weiterer Informationen durch die Antragstellerin es der Antragsgegnerin kaum ermöglicht, allein aufgrund dieser Informationen unschwer einen eventuellen Rechtsverstoß zu erkennen, so dass sie auch bei einer Übermittlung weiterer Informationen nicht darum herumgekommen wäre, ermitteln zu müssen, ob den Bewertungen tatsächliche geschäftliche Kontakte zugrundelagen, zu diesem Zweck von den Urhebern der Bewertungen Stellungnahmen einzuholen und diese in solcher Form der Antragstellerin zu präsentieren, dass diese das tatsächliche Vorliegen von Geschäftskontakten hätte überprüfen können.

Dass die Antragstellerin die Rüge nicht gegebenen geschäftlichen Kontakts hinsichtlich vieler Bewertungen, die über das Bewertungsportal der Antragsgegnerin verbreitet worden sind, erhoben hat, begründet, anders als die Antragsgegnerin meint, nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs; denn es ist nicht ausgeschlossen, dass auf einem Bewertungsportal eine Vielzahl nicht auf konkreten Kontakten beruhender Bewertungen eines Betroffenen eingestellt werden. Noch weniger kann der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs - wie es die Antragsgegnerin geltend macht - damit begründet werden, dass sich der Betroffene von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen; denn die Beauftragung einer solchen Kanzlei allein lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob das Bestreiten des Vorliegens eines geschäftlichen Kontaktes durch die Antragstellerin in jedem einzelnen Fall in der Sache begründet ist oder nicht. Der große Umfang des Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin entbindet sie von der Einhaltung ihrer Überprüfungsobliegenheit nicht, da diese jeden Betreiber eines Bewertungsportals trifft.

Die Antragsgegnerin hat auf die Rüge der Antragstellerin dieser die Bewerter nicht so identifizierbar gemacht, dass die Antragstellerin in der Lage wäre, das tatsächliche Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes zu prüfen. Die der Antragstellerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens übermittelten Unterlagen mögen aus dem Geschäftsbereich der Antragstellerin stammen; wer die betreffenden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gewesen sein mögen, auf die sie sich beziehen, vermag sie aus diesen Unterlagen aber nicht zu erkennen, so dass sie nicht überprüfen kann, ob die Urkunden wirklich die Urheber der Bewertungen betreffen und ob es sich dabei tatsächlich um Personen handelt, die einmal für sie gearbeitet haben oder noch für sie arbeiten. Die Möglichkeit zu einer eigenen Überprüfung des Vorliegens eines geschäftlichen Kontakts darf dem von der Bewertung Betroffenen nicht in der Weise genommen werden, dass der Portalbetreiber die Überprüfung für sich vornimmt und dem Bewerteten dann versichert, sie habe ein positives Ergebnis erbracht; ansonsten stünde der Betroffene, der geltend macht, nicht zu wissen, ob er überhaupt Kontakt zu dem Bewerter hatte, der Behauptung des Portalbetreibers, dies sei der Fall gewesen, wehrlos gegenüber.

Der Umstand, dass es sich bei dem Portal der Antragsgegnerin um ein Arbeitgeber-Bewertungsportal handelt, rechtfertigt eine andere Sichtweise nicht. Die Antragsgegnerin meint zwar, dass der Antragstellerin hier schon aufgrund der geringen Anzahl der bei ihr beschäftigten Personen eine eigenständige Überprüfung darauf, ob eine Bewertung von einer dieser Personen stamme, möglich sein müsse, zumal ein Arbeitgeber viel eher in der Lage sei, aus einer Bewertung zu ersehen, ob die darin erhobenen Beanstandungen der innerbetrieblichen Verhältnisse von Angehörigen seines Personals stamme, als ein Unternehmer, der nur aufgrund einmaligen Kontakts mit ihm ansonsten unbekannten Kunden zu tun hat, aus einer Bewertung ersehen könnte, ob ihr ein tatsächlicher Geschäftskontakt zugrunde liegt. Dem kann aber nicht gefolgt werden; denn auch bei der Bewertung eines Arbeitgebers kann sich eine Kritik auf konkrete Fälle beziehen, die auf ihre tatsächliche Gegebenheit von ihm nur dann überprüft werden können, wenn die Person des (angeblich) betroffenen Arbeitnehmers oder jedenfalls der konkreten Situation, die geschildert wird, bekannt sind (hier z.B. bei den Kritiken "Einarbeitung? Fehlanzeige! Am ersten Tag bekommt man ein paar Dokument[e], die man sich auf eigene Faust aneignen soll[,] und dann wird bitte losgelegt", "Abmachungen wurden nicht eingehalten"), und auch aus allgemein gehaltenen Meinungsäußerungen, die etwa das Betriebsklima oder die Ausstattung mit Betriebsmitteln betreffen (hier z.B. die Kritiken "Vorgesetztenverhalten ... Empathie ist ein Fremdwort", "Software auf Hobby-Niveau"), lassen sich Rückschlüsse auf das tatsächliche Bestehen eines Beschäftigtenverhältnisses nicht ziehen.

Zu einem abweichenden Beurteilungsmaßstab führt auch nicht der Umstand, dass es für den Betreiber eines Arbeitgeber-Bewertungsportals schwieriger sein mag, nach der Beanstandung einer Eintragung einzelne Bewerter dazu zu bewegen, sich zu erkennen zu geben, weil sie im Gegensatz zu Nutzern, die einmalige Geschäftskontakte wie einen Hotelaufenthalt, einen singulären Arztbesuch oder den Ankauf einer Ware bewertet haben, häufig befürchten werden, nach ihrer Kenntlichmachung Repressalien ihres negativ bewerteten Arbeitgebers ausgesetzt zu sein. Auch dies aber vermag nicht zu rechtfertigen, dass ein Arbeitgeber, der einer über das Internet verbreiteten Kritik einer Person, die behauptet, für ihn gearbeitet zu haben oder zu arbeiten, ausgesetzt wird, diese öffentliche Kritik hinnehmen muss, ohne die Möglichkeit zu erhalten, sie auf das Vorliegen einer tatsächlichen Grundlage zu prüfen und sich ggf. dazu in der Sache zu positionieren.

Aus dem zuletzt genannten Grund kann die Antragsgegnerin gegen das Erfordernis, dem Bewerteten die Person des Bewerters individualisieren zu müssen, wenn sie die Bewertung weiterhin zugänglich halten will, auch nicht mit Erfolg vorbringen, dass sie den Bewerter aus Datenschutzgründen ohne dessen Zustimmung nicht ohne Weiteres namhaft machen dürfe. Selbst wenn § 21 TTDSG - wegen des Erfordernisses des Verfahrens nach dessen Absätzen 2 bis 4 - diese Konsequenz haben sollte, dürfte das nicht dazu führen, dass eine Bewertung öffentlich zugänglich gehalten werden darf, solange dem Bewerteten die Möglichkeit genommen ist zu klären, ob ihr überhaupt ein geschäftlicher Kontakt mit dem Bewerter zugrunde liegt; denn soweit es um die Verbreitung von Äußerungen geht, deren Rechtmäßigkeit nur überprüft werden kann, wenn der Urheber oder die Quelle der Äußerungen bekannt ist, trägt das Risiko, ob er den Urheber oder die Quelle namhaft machen darf, kann oder will, im Streitfall grundsätzlich der Verbreiter. Geschieht die Verbreitung im Rahmen eines Geschäftsbetriebes, wie das bei einem Bewertungsportal der Fall ist, gehört dieses Risiko zu den typischen Geschäftsrisiken, die jeden Unternehmer bei seiner Tätigkeit treffen.

Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die es zulassen könnten, in der Beurteilung dieses Falls von den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen.

Die Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht, der Einschätzung des Landgerichts folgend, auf § 3 ZPO.



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