Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 1 Ca 1111/08

Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aus § 15 II AGG?

§ 15 VI AGG schließt einen Anspruch auf (Wieder-)Einstellung nach Ablauf des wirksam befristeten Arbeitsvertrags auf Grund einer Benachteiligung wegen des Geschlechts (§§ 1, 7 AGG) ausdrücklich aus.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und um Entschädigungsansprüche nach § 15II AGG sowie  Prämienansprüche für die Jahre 2006 und 2007.

Die Klägerin war auf Grund befristeten Arbeitsvertrags vom 30. 1. 2006 in der Zeit vom 1. 2. 2006 bis zum 31. 1. 2008 bei der Beklagten, einer Betriebskrankenkasse in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, als Außendienstmitarbeiterin beschäftigt. Nach Nr. 12 des Arbeitsvertrags der Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der chemischen Industrie Anwendung. Im Dezember 2006 schloss die Beklagten mit dem Personalrat eine Dienstvereinbarung vom 1. 8. 2006, die in § 3 für  hauptamtliche Vertriebsmitarbeiter folgende Prämienregelung enthält: Prämie für hauptamtliche Vertriebsmitarbeiter. Der für die Einheit Vertrieb verantwortliche Bereichsleiter vereinbart mit den hauptamtlichen Vertriebsmitarbeitern nach Vorliegen seiner eigenen Zielvereinbarung und in Abstimmung mit den Vorständen und dem Personalrat ein Jahresvertriebsziel. Es werden hierfür die Wettbewerbssituation, die personelle Situation der Einheit, das Vorjahresergebnis sowie  gegebenenfalls vorliegende Ergebnisse vergleichbarer Kassen zu Grunde gelegt. In der  Zielvereinbarung wird eine Mindestzahl für neue Mitglieder festgelegt. Erst nach Überschreiten der Mindestzahl werden Prämien an die hauptamtlichen Vertriebsmitarbeiter gezahlt. Die Prämie der hauptamtlichen Vertriebsmitarbeiter setzt sich zusammen aus einer Teamprämie und einer individuellen Prämie, wobei beide Prämien aus der Gesamtteamprämie finanziert werden. Für die Ermittlung der Prämie werden auch neue Mitglieder erfasst, die nicht auf die ausschließliche persönliche Gewinnung des Vertriebsmitarbeiters zurückzuführen sind. Denn Aufgabe des Vertriebsmitarbeiters ist es auch, sowohl Mitarbeiter und Mitglieder, die selbst Mitglieder werden, als auch die nicht bei F Beschäftigten (z.B.  Verbindungspersonen) in ihrem Tun zu motivieren und zu unterstützen. Eine mehrfache Prämienzahlung (im Rahmen der Regelung „Mitglieder werben „Mitglieder“ für nebenamtliche und für hauptamtliche Vertriebsmitarbeiter) ist daher möglich. Grundlage für die Ermittlung der Teamprämie als auch der individuellen Prämie ist zunächst die Staffelung, wie sie bei den nebenamtlichen Vertriebsmitarbeitern Anwendung findet (§ 2).

Für die neuen Mitglieder, deren Mitgliedschaft auf die Werbung eines Vertriebsmitarbeiters direkt zurückzuführen ist, erhält der Werbende 50% der Prämie. Die anderen 50% fließen in ein gemeinsames Prämienkonto des Vertriebs. Hierdurch soll die persönliche Leistung und die Teamarbeit zur Bewältigung der gemeinsamen Aufgaben und Ziele gefördert werden.

Für Neumitglieder, bei denen der Nachweis einer direkten Werbung durch einen Vertriebsmitarbeiter fehlt oder die Werbung durch einen nicht bei F Beschäftigten, wie z.B. einer Verbindungsperson erfolgte, entfällt der persönliche Teil der Prämie. Es werden jedoch 50% der Prämie für die Teamprämie herangezogen. Für die Ermittlung der Teamprämie wird die jeweilige Anzahl der Vertriebsmitarbeiter mit der Anzahl der Neumitglieder je Stufe multipliziert. Es erfolgt dann eine Aufteilung der insgesamt über die festgelegte Mindestzahl hinausgehenden geworbenen Neumitglieder des Jahres auf die hauptamtlichen Vertriebsmitarbeiter. Für die Prämienzahlung je gewonnenem Mitglied wird der Grundprämienbetrag mit 50%  berücksichtigt und mit dem Zielerreichungsgrad multipliziert. Der Zielerreichungsgrad wird aus dem Verhältnis Neukundenzahl und Vertriebsziel ermittelt, wobei eine Beschränkung auf max. 1,1 vorgenommen wird. In der Stufe 6 wird ab Erreichung des vereinbarten Ziels jedes Neumitglied lediglich mit einem Grundprämienbetrag von 25 Euro berücksichtigt. Aus der Summe der einzelnen Prämien je Stufe wird die Gesamtteamprämie ermittelt. Die Summe aller Teamprämien wird unter den Mitarbeitern gleichmäßig aufgeteilt. Es zählt die tatsächliche Stellenbesetzung, wobei der Abteilungsleiter mit 0,5 gewertet wird. Auch bei der Ermittlung der individuellen Prämie wird der Grundprämienbetrag mit 50% berücksichtigt und mit Zielerreichungsgrad multipliziert. Aus der Teamprämie und der individuellen Prämie wird die Gesamtprämie jedes hauptamtlichen Vertriebsmitarbeiters errechnet. Hierbei ist das individuelle Jahresgehalt zu berücksichtigen. Grundlage bildet die tarifliche Eingruppierung in die Entgeltgruppe mit der Entgeltstufe 6. Bei Mitarbeitern, die ein höheres Entgelt erhalten, wird der über das Grundlagengehalt hinausgehende Betrag bei der Ermittlung der Gesamtprämie in Abzug gebracht. Hierdurch sollen lukrative Anreize für die Mitarbeiter geschaffen und die unterschiedlichen Gehälter der Einheit Vertrieb berücksichtigt werden. Der Abteilungsleiter Vertrieb wird mit einem Anteil von 0,5 berücksichtigt. Als Gehalt wird für diese Position die Entgeltgruppe E13 angenommen. Sollte die zu zahlende Prämie negativ sein, wird keine Prämie ausgezahlt. Nach § 4 der Dienstvereinbarung folgt die Auszahlung der Prämie einmal jährlich mit dem Entgelt des Monats März für das vorangegangene Kalenderjahr. Im November 2007 wurde der Klägerin im Rahmen eines Gesprächs mit ihren Vorgesetzten, Herrn T und Herrn S mitgeteilt, dass sie nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde, sondern ihr Arbeitsverhältnis mit dem 31. 1. 2008 ende; die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Im Dezember 2007 leistete die Beklagten an die Klägerin eine Prämienzahlung für das Jahr 2006 i.H. von 1100 Euro. Im März 2008 zahlte die Beklagte an die Klägerin als Prämie für das Jahr 2007 einen Betrag i.H. von 5939,91 Euro brutto, der sich aus einer individuellen Prämie i.H. von 3061 Euro brutto und einer Teamprämie i.H. von 2878,91 Euro brutto zusammensetzt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. 3. 2008 machte die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ab dem 1. 2. 2008 sowie Entschädigungsansprüche nach § 15II AGG geltend und forderte die Beklagten zur Übersendung der Berechnungsgrundlagen der Prämienzahlung für die Jahre 2006 und 2007 auf. Die von ihr beanspruchten Prämienzahlungen bezifferte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 21. 4. 2008 auf mindestens 25000 Euro für das Jahr 2007 und 10000 Euro für das Jahr 2006. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. 5. 2008 nahm die Beklagten unter anderem zu der von ihr vorgenommenen Berechnung der ausgezahlten Prämie für das Jahr 2007 i.H. von 5939,91 Euro brutto Stellung und übersandte der Klägerin hierzu die tabellarische Aufschlüsselung der Prämienberechnung für das Jahr 2007 und die Liste der für sie nach der Dienstvereinbarung zu berücksichtigenden Neukunden. 

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sowie die Zahlung einer Entschädigung gem. § 15II AGG wegen der Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis auf Grund ihrer Schwangerschaft i.H. von mindestens 15000 Euro sowie wegen sexueller Belästigung i.H. von mindestens 10000 Euro. Weiterhin macht sie eine Individualprämie für das Jahr 2007 i.H. von weiteren 24014 Euro brutto und im Wege der Stufenklage eine höhere Team- und Individualprämie für das Jahr 2006 sowie eine höhere Teamprämie für das Jahr 2007 geltend. 

Die Klägerin beantragt, 

1. die Beklagten zu verpflichten, sie über den 31. 1. 2008 hinaus in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen gemäß den Bedingungen ihres bisherigen Arbeitsvertrags, 

2. die Beklagten zu verurteilen, ihr Schadensersatz gem. § 15II AGG, dessen Höhe in das Ermessen de Gerichts gestellt wird, zu zahlen, mindestens aber i.H. von 15 000 Euro,

3. a) die Beklagten zu verurteilen, an sie eine leistungsbezogene Individualprämie i.H. von 24 014 Euro für das Jahr 2007 zu zahlen, 

b) die Beklagten zu verurteilen, ihr zu der Teamprämie 2007 sowie der Individualprämie und Teamprämie 2006 Auskunft zu erteilen 

aa) über das Gesamtvertriebsergebnis des Außendienstteams 2006 und 2007, 

bb) über alle Abschlüsse von Neukunden, die den jeweiligen Mitarbeiter/innen des Außendienstteams persönlich zuzuordnen sind für die Jahre 2006 und 2007, einschließlich der aus Werbeaktionen resultierenden Neuabschlüsse, 

cc) über ihre getätigten Neuabschlüsse im Jahr 2006, 

c) die Beklagten zu verurteilen, an sie den sich aus der Auskunft zur Team- und Individualprämie 2006 ergebenden Differenzbetrag zu zahlen, 

d) die Beklagten zu verurteilen, an sie den sich aus der Auskunft zur Teamprämie 2007 ergebenden Differenzbetrag zu zahlen. 

4. die Beklagten zu verurteilen, ihr Schadensersatz gem. § 15II AGG, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen, mindestens aber i.H. von 10000 Euro.

Die Klage hatte mit den Anträgen zu 1, 2, 3a)-c) und 4 keinen Erfolg. 

 

Entscheidungsgründe 

Über den im Wege der Stufenklage erhobenen (unbestimmten) Leistungsanspruch auf Zahlung eines Differenzbetrags hinsichtlich der Teamprämie 2007 (Antrag zu 3d) kann erst nach rechtskräftigem Abschluss der Auskunftsstufe (Antrag zu 3b in Bezug auf die Teamprämie 2007) entschieden werden, so dass gem. § 301I 1 ZPO ein Teilurteil zu erlassen war.

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf den mit dem Antrag zu 1 begehrten Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auf Grund wirksamer Befristung (§ 17 TzBfG i.V. mit § 7 KSchG) zum 31. 1. 2008 geendet. Der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7I AGG ist nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags zu begründen. Nach § 15 VI AGG begründet ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7I keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Diese Bestimmung schließt einen Anspruch auf (Wieder-)Einstellung nach Ablauf des wirksam befristeten Arbeitsvertrags auf Grund einer Benachteiligung wegen des Geschlechts (§§ 1, 7 AGG) ausdrücklich aus. 

Ein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags lässt sich nicht auf eine „Zusicherung“ der Beklagten stützen. Die Beklagten hat ausdrücklich bestritten, dass es in irgendeiner Form eine „Zusicherung“ durch einen ihrer Mitarbeiter gegeben habe, die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Zur Begründung einer rechtsverbindlichen Zusage auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags hätte die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, wann durch wen bei welcher Gelegenheit in welchem Zusammenhang welche Erklärungen abgegeben worden sein sollen, die auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Beklagten schießen lassen. Daran fehlt es. Der pauschale Verweis der Klägerin darauf, ihr Vorgesetzter, Herr T habe ihr immer wieder zugesichert, dass sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde, soweit sie sich in ihren Leistungen bewähre, lässt nicht erkennen, in welchem Zusammenhang ihr Vorgesetzter welche Erklärungen abgegeben haben soll, die nach welchem Gesprächsverlauf den rechtlichen Schluss zulassen, die Beklagten wolle sich bereits vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags verbindlich auf eine Übernahme der Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis festlegen. Mangels substanziierten Sachvortrags der Klägerin lässt sich eine Zusage der Beklagten mithin nicht feststellen. 

Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf einen von der Beklagten geschaffenen Vertrauenstatbestand beruft. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 19. 1. 2005, BAGE 113, 184 = NZA 2005, 873 [zu IIIa]) handelt der Arbeitgeber treuwidrig, wenn er eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Vertragslaufzeit ablehnt, obwohl er bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags in Aussicht gestellt hat, dass er den Arbeitnehmer bei entsprechender Eignung im Anschluss an das befristete Arbeitsverhältnis unbefristet weiterbeschäftigen werde und er dadurch ein berechtigtes Vertrauen des Arbeitnehmers auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geweckt oder diese Erwartung auch noch während der Dauer des befristeten Vertrags bestärkt hat. Dafür genügt jedoch nicht allein die subjektive Erwartung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber werde ihn nach Fristablauf weiterhin beschäftigen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten bei Vertragsschluss oder während der Vertragslaufzeit einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob ein derart treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers einen Schadensersatzanspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags (positives Interesse bzw. Erfüllungsinteresse) begründet oder nur der Vertrauensschaden (negatives Interesse) zu ersetzen ist  (offen gelassen von BAGE 113, 184 = NZA 2005, 873 [zu IIIc]; vgl. hierzu auch LAG Rheinland-Pfalz [8. 8. 2008 - 9 Sa 145/08], BeckRS 2008, 56842; zum Nichterfüllungs- und Vertrauensschaden vgl. Palandt, BGB, 66. Aufl., Vorb. § 249 Rdnrn. 16 und 17), weil sich auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin der von der Rechtsprechung vorausgesetzte Vertrauenstatbestand nicht feststellen lässt. Gemäß den obigen Ausführungen hat die Klägerin bereits nicht hinreichend substanziiert dargelegt, wann, durch wen, bei welcher Gelegenheit welche Erklärungen abgegeben worden sein sollen, die auf die von ihr pauschal behauptete „Zusicherung“ bzw. einen entsprechenden Vertrauenstatbestand schließen lassen. Vielmehr hat die Beklagten der Klägerin bereits im November 2007 und damit mehr als zwei Monate vor Befristungsablauf mitgeteilt, dass sie nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werde. In zeitlicher Hinsicht spricht danach gegen ein bei Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags schützenswertes Vertrauen der Klägerin auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, dass ihr bereits erhebliche Zeit zuvor von der Beklagten eröffnet worden war, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde (zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt vgl. LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2008, 56842).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15II AGG wegen ihrer Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (Antrag zu 2). Einen Entschädigungsanspruch nach § 15II AGG hat die Klägerin nicht innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist des § 15IV 1 AGG schriftlich geltend gemacht. Gemäß § 15IV 2 AGG beginnt die zweimonatige Ausschlussfrist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in allen sonstigen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Die Klägerin hat bereits im November 2007 Kenntnis davon erlangt, dass sie nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wird. Auch die Äußerung ihres Vorgesetzten (Herr S), aus der sie einen Verstoß gegen das Benachteilungsverbot herleitet, soll im Rahmen des Gesprächs im November 2007 gefallen sein. Den mit dem Antrag zu 2 verfolgten Entschädigungsanspruch hat sie erstmals mit Schreiben vom 28. 3. 2003 und damit erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 15IV AGG geltend gemacht. 

Der mit dem Antrag zu 3a geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer leistungsbezogenen Individualprämie i.H. von weiteren 24014 Euro brutto für das Jahr 2007 ist unbegründet. Die Beklagten hat an die Klägerin für 142 gewonnene Neukunden eine persönliche Prämie i.H. von 3061 Euro brutto bereits gezahlt. Die Klägerin hat den von ihr geltend gemachten Differenzanspruch darauf gestützt, dass sie insgesamt 570 „Abschlüsse“ getätigt habe. Die Beklagten hat demgegenüber zu Recht darauf hingewiesen, dass der pauschale Verweis auf das Anlagenkonvolut nicht belegt, dass der Klägerin für alle darin aufgeführten Neukunden eine persönliche Prämie zusteht. Die Klägerin hat bei ihrer Anspruchsbegründung nicht berücksichtigt, dass die Dienstvereinbarung unterschiedliche Voraussetzungen für die Ermittlung der Teamprämie und der individuellen Prämie festlegt. Zwar werden für die Ermittlung der Gesamtprämie nach § 3 IV der Dienstvereinbarung auch neue Mitglieder erfasst, die nicht auf die ausschließliche persönliche Gewinnung des Vertriebsmitarbeiters zurückzuführen sind. Nach § 3 V lit. b der Dienstvereinbarung entfällt aber der persönliche Teil der Prämie für Neumitglieder, bei denen der Nachweis einer direkten Werbung durch einen Vertriebsmitarbeiter fehlt oder die Werbung durch einen nicht bei der Beklagten Beschäftigten, wie z.B. einer Verbindungsperson erfolgte. Es werden jedoch 50% der Prämie für die Teamprämie herangezogen. Die Klägerin hat ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Auflistung auch alle Neumitglieder einbezogen, die durch Aktionen, z.B. auf Grund der Aktion „M w M“ (MwM) gewonnen wurden. Mangels Nachweises einer direkten Werbung ArbG Ludwigshafen: Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG - Benachteiligung wegen des 241 Geschlechts und sexuelle Belästigung (NZA-RR 2009, 238) besteht für die Neumitglieder, die auf Grund von Aktionen gewonnen wurden, kein Anspruch auf eine persönliche Prämie, auch wenn die Klägerin im Rahmen der Werbeaktion Gespräche geführt oder Aufnahmeanträge ausgefüllt haben sollte. Diejenigen Neumitglieder, die im Rahmen einer Werbeaktion gewonnen wurden und bei denen der Nachweis einer direkten Werbung durch einen Vertriebsmitarbeiter fehlt, sind nach der Dienstvereinbarung nicht für die individuelle Prämie, sondern nur für die Teamprämie zu berücksichtigen. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrer Aufstellung auch selbst angegeben, welche der aufgelisteten Neumitglieder im Rahmen der jeweils angeführten Aktionen gewonnen wurden. Weiterhin hat die Klägerin bei ihrer Berechnung für alle aufgelisteten Neumitglieder den höchsten Prämienbetrag angesetzt, ohne gem. § 3 V der Dienstvereinbarung die in § 2 festgelegte Staffelung zu berücksichtigen. Dementsprechend hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt, dass ihr eine persönliche Prämie für das Jahr 2007 zusteht, die die von der Beklagten bereits gezahlte persönliche Prämie i.H. von 3061 Euro für 142 Neukunden übersteigt. 

Der im Rahmen der Stufenklage geltend gemachte Auskunftsanspruch (Antrag zu 3b) ist in Bezug auf die Teamprämie 2007 bereits erfüllt. Die Beklagten hat der Klägerin mit Schreiben vom 14. 5. 2008 unter Vorlage einer tabellarischen Aufschlüsselung der Prämienrechnung für das Jahr 2007 mitgeteilt, wie sie die Teamprämie 2007 errechnet hat. Aus der tabellarischen Aufstellung geht hervor, wie die Beklagten anhand der in § 3 VI der Dienstvereinbarung festgelegten Vorgehensweise die Teamprämie ermittelt hat. Aus der Aufstellung lässt sich auch entnehmen, dass die Beklagten - anders als bei der individuellen Prämie - alle Neukunden einschließlich der aus Werbeaktionen resultierenden Neuabschlüsse für das Jahr 2007 mit insgesamt 11467 Neukunden berücksichtigt hat. Bei der individuellen Prämie hat die Beklagten gemäß der in § 3 V lit. b der Dienstvereinbarung enthaltenen Regelung zutreffend nur die - nachweislich - direkt von den jeweiligen Vertriebsmitarbeitern geworbenen Neukunden berücksichtigt. Aus dem Klageantrag zu 3b und der Antragsbegründung geht nicht hervor, welche Auskünfte die Klägerin über die von der Beklagten bereits erteilte Auskunft hinaus noch benötigen will. Für den Auskunftsanspruch - erste Stufe - ist unerheblich, ob die erteilte Auskunft zutreffend ist und die Beklagten berechtigt war, eine Mindestkundenzahl von 10000 Neukunden zu Grunde zu legen. Ein Auskunftsanspruch ist grundsätzlich unbegründet, wenn die Auskunft nach Ansicht des Antragsstellers lediglich unzulänglich erteilt worden ist, weil dann nur ein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung besteht (Zöller, 24. Aufl., § 254 Rdnr. 10). Es ist Sache der Klägerin, gegebenenfalls im Rahmen der nächsten Stufe einen Antrag auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der Auskunft (2. Stufe, §§ 259, 260 BGB) bei Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu stellen oder im Hinblick auf die für unzulässig erachtete Mindestkundenzahl anhand der Dienstvereinbarung und der tabellarischen Aufstellung der Beklagten einen Differenzanspruch zu errechnen sowie einen entsprechenden bezifferten Zahlungsantrag zu formulieren. Über den noch unbestimmten Leistungsanspruch auf Zahlung eines Differenzbetrags hinsichtlich der Teamprämie 2007 (Antrag zu 3d) ist erst nach rechtskräftigem Abschluss der diesbezüglichen Auskunftsstufe (Antrag zu 3b in Bezug auf die Teamprämie 2007) zu entscheiden (zur sukzessiven Verhandlung bei einer Stufenklage vgl. Zöller, § 254 Rdnrn. 7ff.). 

Die von der Klägerin erhobene Stufenklage war hinsichtlich der Team- und Individualprämie 2006 (Antrag zu 3b in Bezug auf die Team- und Individualprämie 2006 und Antrag zu 3c) hingegen insgesamt abzuweisen, weil die geltend gemachten Prämienansprüche für das Jahr 2006 auf Grund der tariflichen Ausschlussfristen ausgeschlossen sind und dem Hauptanspruch damit bereits die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. hierzu Zöller, § 254 Rdnr. 9). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung (Nr. 12 des Arbeitsvertrags) der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie (MTV) Anwendung.  Nach § 17 Nr. 2 S. 1 MTV müssen die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist gemäß S. 2 die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nach S. 3 nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.

Die Prämie ist nach § 4 der Dienstvereinbarung vom 1. 8. 2006 mit dem Entgelt des Monats März für das vorangegangene Kalenderjahr zur Zahlung fällig. Im Streitfall ist unerheblich, dass die Beklagten der Klägerin über ihre Prämie für das Jahr 2006 keine Abrechnung erteilt hat. Zwar wird der Lauf einer Ausschlussfrist gehemmt, solange der Arbeitnehmer die erforderliche Abrechnung des Anspruchs verlangen kann. Sobald jedoch der Anspruch auf Abrechnung verfallen ist, beginnt auch der Lauf der Verfallfrist für den Zahlungsanspruch (BAG [27. 11. 1984], NZA 1986, 259 L = AP TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 89). Danach ist der Prämienanspruch spätestens mit Ablauf des Monats September 2007 verfallen, wenn man von einem Abrechnungsanspruch ausgeht, der mit Ablauf des Monats Juni 2007 verfallen wäre. Die erst nach Ablauf der Ausschlussfrist im Dezember 2007 erfolgte Einmalzahlung der Beklagten ändert nichts an dem bereits eingetretenen Verlust des von der Klägerin geltend gemachten Differenzanspruchs auf eine höhere Prämie für das Jahr 2006. Besondere Umstände, auf Grund derer die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist als unzulässige Rechtsausübung i.S. von § 17 Nr. 2 S. 3 MTV anzusehen sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass sie zum Zeitpunkt der Einmalzahlung im Dezember 2007 erkrankt und hochschwanger gewesen sei, ist dies bereits deshalb unerheblich, weil der Anspruchsverlust selbst bei Annahme eines Abrechnungsanspruchs bereits mit Ablauf des Monats September 2007 eingetreten war. 

Der Antrag zu 4 auf Zahlung einer Entschädigung gem. § 15II AGG wegen sexueller Belästigung ist unbegründet. Hierzu hätte die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin im Einzelnen darlegen müssen, wann ihr Arbeitskollege bei welcher Gelegenheit und in welchem Zusammenhang welche der von ihr angeführten Äußerungen gemacht haben soll. Diesen Anforderungen an eine substanziierte Anspruchsbegründung wird der Vortrag der Klägerin, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, nicht gerecht. Soweit sie angeführt hat, dass sie die von ihr angeführten verbalen Attacken bereits ab Februar 2007 im Rahmen einer psychologischen Behandlung zu verarbeiten versucht habe, ist bereits die Ausschlussfrist des § 15IV AGG nicht gewahrt. Im Übrigen lässt sich mangels substanziierten Sachvortrags der Klägerin nicht feststellen,  wann es zu welchen der von ihr behaupteten Äußerungen gekommen sein soll. 



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