Landesarbeitsgericht Nürnberg

Urteil vom - Az: 7 Sa 592/14

Abwesenheit bei Personalgespräch wegen Krankheit

Der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.09.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die Klägerin steht seit 02.07.2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten.

Die Klägerin richtete am 18.03.2013 um 7:24 Uhr folgende e-mail an den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn H…:

. . .

da die angebotene berufliche Veränderung schon ein großer Schritt wäre, brauch ich zwingend Zeit um dass ordentlich zu überdenken, daher würd ich diese Woche gern Urlaub nehmen. Damit ich zum 1.4. auch darauf vorbereitet bin. Befinde mich heute im Homeoffice!

. . .

Herr H… antwortete am selben Tag um 13:12 Uhr ebenfalls per e-mail wie folgt:

. . .

wir haben abgesprochen, das ich heute ein ja/nein erhalte. Wir müssen sofern Du den besprochenen Schritt machen möchtest einiges erledigen und ich habe keine Zeit zu verlieren – somit ist die Wahl des Urlaubstimings suboptimal. Diesen Urlaub kann man, wenn alle Entscheidungen getroffen sind gerne berücksichtigen – soweit sind wir aber heute noch nicht.

Ich erwarte bis Mittwoch ein Go oder stand off.

. . .

Ab 20.03.2013 war die Klägerin arbeitsunfähig geschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis 30.06.2013.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 20.03.2013 ordentlich zum 31.05.2013.

Die Klägerin erhob gegen die Kündigung am 02.04.2013 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg.

Die Beklagte lud die Klägerin mit Schreiben vom 26.04.2013 zu einem Personalgespräch am 30.04.2013 ein. Mit e-mail vom selben Tag erkundigte die Klägerin sich nach dem Anlass für das Gespräch. Zu dem Personalgespräch erschien die Klägerin nicht.

Unter dem 02.05.2013 lud die Beklagte die Klägerin ein weiteres Mal zu einem Personalgespräch am 06.05.2013 ein. Zum Inhalt des Gesprächs äußerte sich die Beklagte nicht.

Die Prozessvertreterin der Klägerin forderte die Beklagte unter dem 06.05.2013 auf, Auskunft zu geben, welchen Anlass das gewünschte Gespräch habe, da die Klägerin noch arbeitsunfähig erkrankt sei.

Zum Personalgespräch erschien die Klägerin nicht.

Die Beklagte erteilte der Klägerin deshalb eine Abmahnung.

Am 07.05.2013 lud die Beklagte die Klägerin zu einem Personalgespräch am 10.05.2013 um 12:00 Uhr ein.

In einem weiteren Schreiben vom 07.05.2013 (Bl. 88) teilte die Beklagte der Klägerin u.a. mit, ihr stünden für März 2013 für 13 Kalendertage keine Vergütungsansprüche zu, und forderte die Klägerin auf, bis 15.05.2013 525,70 € netto an sie, die Beklagte, zurückzuzahlen. Die Beklagte kündigte ferner an, die Klägerin werde wegen der verspäteten Hereinsendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 26.04.2013, des unentschuldigten Fernbleibens von der Erbringung der Arbeitsleistung und wegen des unentschuldigten Fernbleibens vom angeordneten Personalgespräch vom 06.05.2013 jeweils eine gesonderte Abmahnung erhalten. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

In diesem Zusammenhang erlauben wir uns die Anmerkung, dass Sie vielleicht arbeitsunfähig erkrankt sein mögen, aber doch sehr wohl in der Lage sind, mit uns als Arbeitgeber zu sprechen. Im Rahmen des Personalgesprächs verlangen wir von Ihnen ja auch keine Arbeitsleistung, sondern lediglich die Teilnahme an einem Gespräch, zu der Sie arbeitsrechtlich auch verpflichtet sind.

Wir geben Ihnen auch zur Erörterung anderer Unregelmäßigkeiten und aufgetretenen Störungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die Gelegenheit, zu einem weiteren Personalgespräch in unseren Betriebsräumen zu erscheinen, welches wir hiermit festsetzen für den 10.05.2013 um 12:00 Uhr.

In einer e-mail vom 10.05.2013 um 10:54 teilte die Beklagte der Klägerin bzw. ihren Prozessvertretern mit, durch ihre vorangegangenen Schreiben habe sie deutlich gemacht, dass es nicht um eine Vertragsänderung oder den Inhalt des Klageverfahrens vor dem Arbeitsgericht gehe, sondern um die Sicherstellung und Verbesserung der Erbringung der Arbeitsleistung und Erfüllung von Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, solange dieses bestehe.

Die Klägerin erschien auch zu dem Personalgespräch am 10.05.2013 nicht.

Mit Schreiben vom 14.05.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2013.

Die Klägerin erweiterte die Klage insoweit am 29.05.2013.

Außerdem erhob sie Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum April bis August 2013 und auf Weiterbeschäftigung.

In der Kammerverhandlung vom 13.02.2013 erließ das Arbeitsgericht ein Versäumnisurteil, mit dem die Klage abgewiesen wurde. Das Versäumnisurteil wurde der Klägerin am 18.02.2014 zugestellt. Die Klägerin legte gegen das Versäumnisurteil am 25.02.2014 Einspruch ein.

Mit Endurteil vom 04.09.2014 hielt das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 13.02.2014 aufrecht, soweit die Klage im Hinblick auf die Lohnansprüche für April 2013, Mai 2013, Juni 2013, Juli 2013 und August 2013 und den Weiterbeschäftigungsanspruch abgewiesen worden war. Im Übrigen hob es das Versäumnisurteil auf und stellte fest, dass weder die ordentliche Kündigung vom 20.03.2013 noch die ordentliche Kündigung vom 14.05.2013 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgelöst hätten.

Das Urteil wurde der Beklagten am 16.10.2014 zugestellt.

Die Beklagte legte am Montag, 17.11.2014, Berufung gegen das Urteil ein und begründete sie am 09.01.2015. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.

Die Beklagte stellt klar, die Berufung richte sich nicht gegen die Feststellung des Erstgerichts, dass die ordentliche Kündigung vom 20.03.2013 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet habe.

Die Beklagte macht geltend, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, an den von ihr, der Beklagten, angeordneten Personalgesprächen teilzunehmen. Die entsprechende Weisung habe billigem Ermessen entsprochen. Auch ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer habe Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen und sei hierzu auch regelmäßig in der Lage. So könne ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden, wenn der Arbeitnehmer erkrankt sei. Darüber hinaus führe selbst eine Krankheit, die den Arbeitnehmer außer Stande setze, die konkret ausgeübte Tätigkeit auszuüben, nicht dazu, dass der Arbeitnehmer nicht auch vergleichbare Tätigkeiten ausüben könne.

Die Beklagte führt aus, für das Personalgespräch sei weder eine Vorlaufzeit erforderlich noch sei sie verpflichtet gewesen, der Klägerin die Gesprächsthemen mitzuteilen.

Sowohl das Schreiben vom 07.05.2013 (Bl. 88) als auch das Schreiben vom 10.05.2013 (Bl. 91) ließen erkennen, dass Gegenstand des Personalgesprächs gerade nicht beabsichtigte Vertragsänderungen gewesen seien, sondern eindeutig Verhaltenspflichten der Klägerin. Schließlich kämen auch mündliche oder schriftliche Weisungen des Arbeitgebers während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei es so, dass nur dann, wenn von vornherein feststehe, dass das Personalgespräch sich entweder auf eine Vertragsänderung oder ausschließlich auf den Inhalt oder Umfang der Hauptleistungspflichten beschränke, die Teilnahme am Personalgespräch verweigert werden könne.

Im Termin vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg am 01.09.2015 erschien für die Klägerin niemand.

Die Beklagte beantragt den Erlass eines Versäumnisurteils und stellt folgende Anträge:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.09.2014, Az. 10 Ca 2110/13, wird in dessen Ziffern I., III. und IV. aufgehoben.

II. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 13.02.2014, Az. 10 Ca 2110/13, bleibt vollständig aufrechterhalten.

Die Klägerin war im Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertreten.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und Absatz 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 und 2 ArbGG.

Die Berufung ist unbegründet.

Gegenstand der Berufung ist die mit Schreiben vom 14.05.2013 zum 31.07.2013 ausgesprochene Kündigung der Beklagten.

Der Erlass des von der Beklagten beantragten Versäumnisurteils kam nicht in Betracht.

Zwar war die Klägerin im Termin am 01.09.2015 säumig. Dies führt dazu, dass das tatsächliche Vorbringen der Beklagten als zugestanden anzusehen ist, § 539 Absatz 2 ZPO. Die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen berechtigten die Beklagte indes nicht zum Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 14.05.2013.

Insbesondere war die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt, § 1 KSchG.

Die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer gegen ihm obliegende Pflichten verstoßen hat.

Die Beklagte wirft der Klägerin vor, am 10.05.2013 zum wiederholten Mal nicht zu dem angeordneten Personalgespräch erschienen zu sein. Dies trifft zwar zu.

Die Klägerin war indes nicht verpflichtet, an den von der Beklagten angeordneten Personalgesprächen teilzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, kann der Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 und 2 GewO gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht betrifft danach zum einen die Konkretisierung der Hauptleistungspflicht. Es ermöglicht dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen und den Ort und die Zeit ihrer Erledigung verbindlich festzulegen. Darin erschöpft sich das Weisungsrecht jedoch nicht. Vielmehr tritt eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmende Vielzahl von Pflichten hinzu, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen. Auch hierauf kann sich das Weisungsrecht beziehen. Schließlich kann das Weisungsrecht auch den in fast allen Arbeitsverhältnissen bestehenden kollektiven Bereich betreffen, in dem es um diejenigen Regelungsbedürfnisse geht, die durch das Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb entstehen. Auch auf diese Bereiche können Weisungen bezogen sein. Dagegen erstreckt sich das Weisungsrecht nicht auf die Bestandteile des Austauschverhältnisses, also die Höhe des Entgelts und den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Da Weisungen regelmäßig keinem Formzwang unterliegen, muss dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit zur Verfügung stehen, sie mündlich zu erteilen. Das beinhaltet die Berechtigung, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an Gesprächen zu verpflichten, in denen der Arbeitgeber Weisungen in einem der oben genannten Bereiche vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will. Stets muss der Arbeitgeber bei Weisungen billiges Ermessen walten lassen (Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 606/08; juris).

Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, kommen Weisungen bezüglich seiner Arbeitsleistung nicht in Betracht, da der erkrankte Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit ist.

Die Klägerin war unstreitig in der Zeit vom 20.03.2013 an arbeitsunfähig erkrankt, insbesondere an den Tagen, an denen die Beklagte ein Personalgespräch führen wollte. Es bestand daher keine Verpflichtung der Klägerin, an einem Personalgespräch teilzunehmen, das sich auf die Arbeitsleistung beziehen sollte. Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes in der Lage gewesen wäre, an dem von der Beklagten gewünschten Gespräch teilzunehmen. Sie war hierzu nicht verpflichtet. Eine teilweise Arbeitsunfähigkeit besteht nicht (vgl. Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 09.04.2014 ‒ 10 AZR 637/13; juris).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin verpflichtet war, an den Personalgesprächen teilzunehmen, weil es darin um sog. leistungssichernde Verhaltenspflichten hätte gehen sollen.

Zum einen besteht nach Auffassung des erkennenden Gerichts während einer Arbeitsunfähigkeit unabhängig vom Thema generell keine Verpflichtung, an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen.

Diese Frage ist, soweit ersichtlich, höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. In der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war die betroffene Arbeitnehmerin nicht arbeitsunfähig erkrankt.

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, ist er primär nicht verpflichtet, seiner Hauptleistungspflicht nachzukommen. Dies gilt auch für Nebenpflichten, deren Erfüllung dazu dient, der geschuldeten Arbeitsleistung ordnungsgemäß nachzukommen, beispielsweise Pünktlichkeit oder das Tragen angemessener Bekleidung oder die betriebliche Sozialverträglichkeit des Verhaltens. Da auch derartige Nebenpflichten lediglich die Funktion haben, den Arbeitsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen, kann die Bereitschaft eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers, diesbezügliche Weisungen in einem Personalgespräch entgegen zu nehmen, vom Arbeitgeber nicht verpflichtend gefordert werden.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass sich das Personalgespräch auf die Ordnung/das Verhalten der Klägerin im Betrieb beziehen sollte, das über die bereits der Klägerin schriftlich erteilten Rügen hinaus ging. Dies ergibt sich insbesondere weder aus dem Schreiben der Beklagten vom 07.05.2013 noch aus der e-mail vom 10.05.2013. Im Schreiben vom 07.05.2013 machte die Beklagte eine Gegenforderung geltend, die sich auf Fehltage der Klägerin bezog. Selbstverständlich wäre es sinnvoll gewesen, hätten sich die Parteien in einem Gespräch hierüber ausgetauscht. Darüber hinaus rügte die Beklagte, die Zuverlässigkeit der Klägerin lasse sehr zu wünschen übrig, insbesondere werde die Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig mitgeteilt und Nachweise nur verspätet übermittelt. Gleichzeitig kündigte die Beklagte der Klägerin den Erhalt verschiedener Abmahnungen an.

Aufgrund dieser Mitteilungen ist nicht ersichtlich, was die Beklagte mit der Klägerin besprechen wollte, insbesondere hat sie dies im vorliegenden Rechtsstreit nicht konkret vorgetragen.

Selbst wenn die Klägerin grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, trotz ihrer Erkrankung an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen, galt dies nicht für das streitgegenständliche Gespräch am 10.05.2013.

Die Beklagte hat insoweit ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Das gebietet eine Berücksichtigung und Verwertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls (Bundesarbeitsgericht ‒ Urteil vom 21.07.2009 ‒ 9 AZR 404/08; juris).

Gemessen an diesen Kriterien ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen in billiger Weise ausgeübt hat.

Die Beklagte hat bereits nicht vorgetragen, welches Interesse sie daran hatte, während der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin mit dieser ein Personalgespräch zu führen. Insbesondere ist ‒ worauf schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat ‒ nicht ersichtlich, welchen dringenden, unaufschiebbaren Gesprächsbedarf die Beklagte hatte, so dass es für sie nachteilig gewesen wäre, hiermit zu warten, bis die Klägerin wieder arbeitsfähig war. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsverhältnis von der Beklagten zum 31.05.2013 gekündigt und hierüber ein Rechtsstreit zwischen den Parteien anhängig war.

Da die Kündigung somit aus Rechtsgründen unwirksam ist, war die Berufung zurückzuweisen.

Die Revision wurde gemäß § 72 Absatz 1 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 Satz 1 ZPO.



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