Bundesverfassungsgericht

Beschluss vom - Az: 1 BvR 951/01

Offensichtliche Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde; Beschwerdemissbrauch

Eine Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, wenn der Beschwerdeführer zu Beginn seiner Beschwerde lediglich eine Kette von Artikeln aus dem Grundgesetz zitiert, ohne diese in eine Verbindung mit dem angegriffenen Urteil zu setzen.
Die Verfassungsbeschwerde wird rechtsmissbräuchlich eingelegt, wenn der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer formal das zweite Urteil eines Gerichts angreift, sich inhaltlich aber gegen das erste Urteil wendet, welches er bereits zuvor erfolglos mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen hatte.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr in Höhe von 1.000 DM (in Worten: eintausend Deutsche Mark) auferlegt.

Gründe

I.

1. Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers wurde vom Beklagten des Ausgangsverfahrens außerordentlich und ordentlich gekündigt. Eine Kündigungsschutzklage blieb im Wesentlichen vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg, da die ordentliche Kündigung das Dienstverhältnis der Parteien beendet habe. Eine vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesarbeitsgericht als unzulässig verworfen. Eine gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts eingelegte Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers (1 BvR 1421/99) wurde durch Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 1999 nicht zur Entscheidung angenommen.

Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im vorstehend beschriebenen Rechtsstreit kündigte der Beklagte dem Beschwerdeführer vorsorglich erneut zum nächst möglichen Termin. Auch gegen diese Kündigung wendete sich der Beschwerdeführer mit einer Klage. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Nach dem im vorhergehenden Rechtsstreit der Parteien ergangenen Urteil des Landesarbeitsgerichts sei das Dienstverhältnis der Parteien wirksam beendet worden. Der vom Beschwerdeführer erneut begehrten Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung stehe die Rechtskraft des vorgenannten Urteils entgegen. Eine ausnahmsweise Durchbrechung der Rechtskraft des vorangegangenen Urteils nach § 826 BGB komme vorliegend nicht in Betracht. Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision gegen dieses Urteil nicht zu. Eine vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesarbeitsgericht als unzulässig verworfen.

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer gegen das zweite Urteil des Landesarbeitsgerichts. Das erste Urteil des Landesarbeitsgerichts verstoße gegen die "Grundrechte des Grundgesetzes". Auch die nachfolgenden Urteile des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts verletzten den Beschwerdeführer in seinen in der Verfassung geschützten Rechten.

II.

Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne von § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist darüber hinaus missbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, da der Beschwerdeführer nicht in hinreichend substantiierter Weise einen Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte durch die angegriffene Entscheidung geltend macht. Damit genügt er nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer zitiert lediglich zu Beginn seiner Verfassungsbeschwerde eine Kette von Artikeln des Grundgesetzes, ohne auf diese hinsichtlich der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen zweiten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zurückzukommen.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG. Ein Missbrauch liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 1995, 2 BvR 1806/95, NJW 1996, S. 1273 f.; vom 11. März 1997, 2 BvR 325/97, NStZ-RR 1997, S. 202 f.; vom 15. März 1999, 2 BvR 375/99; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 1999, 1 BvR 1559/99). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgabe, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird.

Ein solcher Fall des Missbrauchs liegt hier vor. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat nicht nur eine offenkundig unzulässige Verfassungsbeschwerde eingelegt, sondern wendet sich ersichtlich nur formal gegen das zweite Urteil des Landesarbeitsgerichts, auf welches er der Sache nach in seiner Beschwerdeschrift nicht mehr substantiiert eingeht. Vielmehr gelten seine Ausführungen fast ausschließlich dem ersten Urteil des Landesarbeitsgerichts, bezüglich dessen er aber bereits erfolglos eine Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte. Auf dem missbräuchlichen Umweg über ein neuerliches fachgerichtliches Verfahren versucht sich der Beschwerdeführer erneut Zugang zum Bundesverfassungsgericht zu verschaffen, betreffend eine Angelegenheit, hinsichtlich derer er bereits vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde. Eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Bevollmächtigten muss sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG). Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf einer unzulänglichen anwaltlichen Beratung beruhen, bleibt dem Beschwerdeführer die Geltendmachung eines entsprechenden Regressanspruchs unbenommen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 



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