Landesarbeitsgericht Hessen

Beschluss vom - Az: 15 TaBV 153/15

Rechtmäßigkeit einer internen Ausschreibung nach Einstellung eines "minderqualifizierten" externen Bewerbers

(1.) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn eine erforderliche interne Ausschreibung unterblieben ist (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen dazu, welche Anforderungen an Inhalt, Form und Frist einer Ausschreibung sowie deren Bekanntmachung zu stellen sind. Die konkrete Ausgestaltung obliegt dem Arbeitgeber. Die Mindestanforderungen an den Inhalt einer Ausschreibung ergeben sich aus ihrem Zweck. Dieser geht dahin, die zu besetzende Stelle den in Betracht kommenden Arbeitnehmern zur Kenntnis zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Interesse an der Stelle kundzutun und sich darum zu bewerben. Aus der Ausschreibung muss daher hervorgehen, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss.

(2.) Ein Arbeitgeber, der eine freie Stelle intern und extern unverändert ausschreibt, hat potentiellen innerbetrieblichen Bewerbern nicht deshalb schlechtere Chancen für eine Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle eingeräumt, weil er einen externen Bewerber auswählt hat, der nicht sämtliche Qualifikationsanforderungen exakt erfüllt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Stellenausschreibung in ihrer Gesamtkonzeption hinreichend Raum dafür lässt, dass sich mit ihr auch solche (innerbetrieblichen) Interessenten zur Bewerbung für die Stelle aufgefordert fühlen konnten, die einen Teil einer im Qualifikationsprofil genannten Ausbildungsvoraussetzung nicht erfüllen.

Vorliegend schrieb der Arbeitgeber eine Stelle aus, für die die Bewerber nach dem Wortlaut der Ausschreibung ein "abgeschlossenes BWL-Studium mit Schwerpunkt Logistik oder eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung im Bereich Logistik oder Spedition sowie mehrjährige Berufserfahrung" mitbringen sollten. Nach erfolgloser interner Ausschreibung wurde im Zuge der externen Ausschreibung ein Bewerber eingestellt, der eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen konnte, die allerdings nicht im Bereich Logistik oder Spedition lag.
Der Betriebsrat widersprach der Einstellung mit der Begründung, der Arbeitgeber habe sein Anforderungsprofil gelockert und müsse zunächst noch einmal intern ausschreiben.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die interne Ausschreibung nicht unvollständig. Nach der Gesamtkonzeption sei auch für einen internen Bewerber erkennbar gewesen, dass der berufsqualifizierende Abschluss sowie die Berufserfahrung ausschlaggebende Kriterien seien, dass aber gerade nicht eine bestimmte Qualifikation vonnöten sei.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2015 - 7 BV 151/15 - teilweise abgeändert:

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers A als Gewerksleiter LCSC wird ersetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der vom Beteiligten zu 2. zu einer Einstellung verweigerten Zustimmung.

Die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des B Konzerns und nimmt Aufgaben des Luftfrachttransports wahr. Sie hat ihren Sitz in C. Der Beteiligte zu 2. ist der für den Betrieb in C gewählte Betriebsrat.

Die Beteiligte zu 1. schrieb in der Zeit vom 4. bis 19. Dezember 2014 innerbetrieblich die Stelle eines Gewerksleiters / einer Gewerksleiterin LCSC wie folgt aus:

lnterne Stellenausschreibung

1 Gewerksleiter (m/w) LCSC

in Vollzeit | AT | ab sofort

Dem Gewerksleiter obliegt die operative Leitung und Steuerung eines Gewerks der D GmbH (D)

Hierbei sind Sie verantwortlich für:

- die Umsetzung der quantitativen und qualitativen Zielvorgaben des jeweiligen Kunden

- den Aufbau, die Einführung und die Weiterentwicklung eines D-internen Qualitäts-, Performance- und Arbeitssicherheitsmanagements

- die fachliche und disziplinarische Führung des gesamten zugeordneten Personals

- die Ressourcenplanung und -steuerung (z. B. Personal/Gerät)

- die Erarbeitung der notwendigen Arbeitsanweisungen, fachlichen Unterweis- /Ausbildungskonzepte und Sicherstellung deren Umsetzung

- das Monitoring der wirtschaftlichen Daten auf Basis der D-Kennzahlen

- die Erarbeitung und Einführung von Produktions- und Produktivitätskennzahlen und deren ständige Weiterentwicklung

- den operativen Kontakt und die Rolle des operativen Ansprechpartners bei den operativen Vertretern der Kunden

Darüber hinaus wirken Sie mit bei:

- der Vorbereitung und Durchführung von Review-Terminen für bestehende Gewerke

- der Umsetzung von prozessualen Veränderungen in Abstimmung mit den Kunden

- der Vorbereitung, Mitarbeit und Durchführung von Projekten der D

lhr Qualifikationsprofil

- abgeschlossenes Studium der BWL mit dem Schwerpunkt Logistik oder abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung (Spedition und Logistik) und mehrjährige Berufserfahrung im Lagerwesen bzw. in der Logistikbranche

- mehrjährige einschlägige Erfahrung in der Mitarbeiterführung und -förderung

- Erfahrung im Dienstleistungssektor

- Erfahrung in der Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung, idealerweise in 3-Schichtbetrieben

- Gute Anwendungskenntnisse moderner Bürokommunikationsmittel und EDV-Systeme

- Ergebnisorientiertes, unternehmensübergreifendes Denken und Handeln

- ausgeprägtes Planungs-/Koordinations-/Dispositionsvermögen

- ausgeprägte Dienstleistungsorientierung, Verhandlungsgeschick und Teamfähigkeit

- ausgeprägte soziale Kompetenz und lntegrationsfähigkeit

- Erfahrung im Umgang mit Mitbestimmungsgremien

- sicheres Auftreten, Überzeugungs- und Durchsetzungsfähigkeit

- Belastbarkeit, Flexibilität, Eigeninitiative und gute Ausdrucksfähigkeit

- Sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, Englisch wünschenswert

- Ggf. Durchführung einer Eignungsuntersuchung

lhre vollständige Bewerbung richten Sie bitte bis zum 19.12.2014 an Frau E, die lhnen auch gerne für Rückfragen zur Verfügung steht.

Nachdem auf die interne Ausschreibung keine Bewerbung erfolgte, wählte die Beteiligte zu 1. im Anschluss an die externe Ausschreibung den Arbeitnehmer A aus. Dieser verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann und über langjährige Berufserfahrung im Logistiksektor. Wegen der Einzelheiten der Bewerbungsunterlagen des Arbeitnehmers A wird auf Blatt 128 bis 130 der Akten Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1. ersuchte den Beteiligten zu 2. um dessen Zustimmung zur Einstellung mit Schreiben vom 16. Januar 2015 (Bl. 16 d.A.). Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 22. Januar 2015 wie folgt:

"... Der Betriebsrat widerspricht der Einstellung, weil die innerbetriebliche Ausschreibung für diese Stelle nicht ordnungsgemäß war. Gegenstand der innerbetrieblichen Stellenausschreibung war die Qualifikationsanforderung abgeschlossenes Studium der BWL mit dem Schwerpunkt der Logistik oder abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung (Logistik und Spedition) und mehrjährige Berufserfahrung. Der Bewerber, der nunmehr ausgesucht wurde, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Dies zeigt im Ergebnis, dass Sie die zu besetzende Stelle im Betrieb nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben haben, weil Sie von diesem Qualifikationsanforderungen Abstand genommen haben.

Darüber hinaus führt dies auch zu einer Benachteiligung anderer Arbeitnehmer, da diese sich auf die Stelle beworben hätten, wenn Sie bereits in der Ausschreibung Abstand von den überzogenen Qualifikationsanforderungen genommen hätten. Gerne können Sie die Anforderungen für die Stelle herabsetzen und diese erneut ausschreiben. Es wird sich zeigen, wer sich dann auf diese Stelle bewirbt. Zurzeit widerspricht der Betriebsrat der geplanten Maßnahme. ...."

Auf die Unterrichtung gemäß § 100 BetrVG vom 18. Februar 2015 (Bl. 17, 18 d.A.) bestritt der Beteiligte zu 2. schriftlich am 23. Februar 2015 die dringende Erforderlichkeit (Bl. 19, 20 d.A.).

Mit Schriftsatz, der am 6. Februar 2015 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen ist, leitete die Beteiligte zu 1. das vorliegende Verfahren ein.

Sie hat gemeint, die Ausschreibung sei ordnungsgemäß erfolgt, denn es sei allein ihre Sache, wie sie die Stellenanforderungen gestalte. Für einen anderen Widerspruchsgrund genüge die Begründung des Beteiligten zu 2. nicht.

Der Betriebsrat hat gemeint, die Ausschreibung sei nicht ordnungsgemäß innerbetrieblich erfolgt, weil die Beteiligte zu 1. nach der ersten innerbetrieblichen Ausschreibung ihre Stellenanforderungen heruntergeschraubt habe, ohne dass die Information zu den geänderten Anforderungen dem innerbetrieblichen Stellenmarkt zur Verfügung gestanden hätte.

Wegen des erstinstanzlichen weiteren Vortrags der Beteiligten und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Gründe I. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 96 - 98 d.A.) Bezug genommen.

Mit dem am 8. Juli 2015 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Einstellung des Arbeitnehmers A aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war und den Zustimmungsersetzungsantrag zu 1. zurückgewiesen. Es hat - kurz zusammengefasst - angenommen, dass der Beteiligte zu 2. seine Zustimmung zu Recht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG verweigert habe, weil die von § 93 BetrVG verfolgten Ziele es erforderlich machten, dass ein Arbeitgeber, der durch die Auswahl eines Bewerbers von seinem eigenen zunächst veröffentlichten Qualifikationsprofil abweichen wolle, vor der Einstellung dieses Kandidaten die betreffende Stelle mit den geänderten Anforderungen erneut intern ausschreiben müsse. Darauf, ob zudem ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG vorliege, komme es nicht mehr entscheidungserheblich an.

Die Beteiligte zu 1. hat gegen diesen ihr am 10. August 2015 zugestellten Beschluss am 28. August 2015 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 10. November 2015 am 9. November 2015 begründet.

Sie meint nach wie vor, dass eine erneute innerbetriebliche Ausschreibung entbehrlich gewesen sei. Sie habe in der Stellenbeschreibung einen Wunschkandidaten beschrieben, was aber nicht bedeute, dass gleich oder ähnlich geeignete Kandidaten nicht hätten eingestellt werden dürfen. Sie meint, es sei in der Stellenausschreibung wegen des Klammerzusatzes nicht nur eine abgeschlossene Ausbildung zum Speditionskaufmann gefordert gewesen, sondern es sei vorrangig eine mehrjährige Erfahrung im Lagerwesen bzw. in der Logistikbranche gefordert worden. Sie meint auch nach wie vor, dass ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG nicht bestehe, weil kein Nachteil für andere Arbeitnehmer eingetreten oder auch nur ersichtlich sei.

Sie beantragt,

1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2015 - 7 BV 151/15 - wird abgeändert.

2. Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Einstellung von A auf die Stelle als Gewerksleiter LCSC wird ersetzt.

Der Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde zurückweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit sie von der Beteiligten zu 1. angegriffen wird. Er meint, die interne Stellenausschreibung lasse nur die Auslegung zu, dass es sich bei der kaufmännischen Ausbildung um eine in der Logistikbranche oder im Speditionswesen habe handeln müssen. Dementsprechend werde auch ein BWL-Studium mit entsprechendem Schwerpunkt gefordert. Auch die in der Ausschreibung gewählte Formulierung lasse nur den Schluss zu, dass es sich bei der geforderten Ausbildung um ein nicht nur erwünschtes, sondern erforderliches Qualifikationskriterium handele.

Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten im Beschwerderechtszug wird ergänzend auf die Beschwerdebegründung insgesamt (Bl. 121 - 127 d.A.) und den Schriftsatz des Beteiligten zu 2. vom 2. Dezember 2015 (Bl. 158 - 160 d.A.) sowie das Protokoll des Anhörungstermins am 5. April 2016 (Bl. 167 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und gemäß §§ 87 Abs. 2 S. 1, 89 Abs. 2, 66 Abs. 2 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Auslegung ergibt in Ansehung des zu 2. gestellten Antrages, dass die Beteiligte zu 1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main nur insoweit angreift, als sie mit ihrem Begehren nicht obsiegt hat, sie mithin nur die teilweise Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses begehrt.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist begründet. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist abzuändern, da die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers A zu ersetzen ist.

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Anhörung gemäß § 99 BetrVG ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Davon ist offenbar auch das Arbeitsgericht ausgegangen.

Die auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG gestützte Zustimmungsverweigerung ist unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Die Arbeitgeberin hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der Arbeitnehmers A. Diese gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat der Einstellung form- und fristgerecht unter Berufung auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 und 3 BetrVG widersprochen.

a) Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers innerhalb einer Woche nach der Unterrichtung durch den Arbeitgeber unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen. Geht dem Arbeitgeber innerhalb der Frist keine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung zu, gilt die Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

b) Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Einstellung des Arbeitnehmers A form- und fristgerecht widersprochen. Die Anhörung ist dem Betriebsrat am 16. Januar 2015 zugegangen, er hat darauf am 22. Januar 2015 die Zustimmung verweigert. Sie genügte auch im Übrigen den Anforderungen des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, da sie schriftlich erfolgte und ausreichend Zustimmungsverweigerungsgründe iSv. § 99 Abs. 2 BetrVG bezeichnet.

2. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers A als Gewerksleiter LCSC zu Unrecht verweigert. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2. war die erforderliche Ausschreibung der Stelle des Gewerksleiters LCSC innerbetrieblich weder unterblieben noch litt sie an solchen Mängeln, dass die als unterblieben anzusehen ist. Die bereits im Betrieb der Beteiligten zu 1. beschäftigten Arbeitnehmer erleiden durch die Einstellung des A auch keinen Nachteil iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG.

a) § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG rechtfertigt die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats nicht.

aa) Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung unterblieben ist. Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen dazu, welche Anforderungen an Inhalt, Form und Frist einer Ausschreibung sowie deren Bekanntmachung zu stellen sind. Die konkrete Ausgestaltung obliegt dem Arbeitgeber. Die Mindestanforderungen an den Inhalt einer Ausschreibung ergeben sich aus ihrem Zweck. Dieser geht dahin, die zu besetzende Stelle den in Betracht kommenden Arbeitnehmern zur Kenntnis zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Interesse an der Stelle kundzutun und sich darum zu bewerben. Aus der Ausschreibung muss daher hervorgehen, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 20/07 - Rn. 32).

bb) Danach genügt die Stellenausschreibung vom 4. Dezember 2014 den an eine ordnungsgemäße Ausschreibung zu stellenden Anforderungen. Aus ihr ergibt sich ausdrücklich, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt, welche Aufgaben zu verrichten sind und welche Voraussetzungen ein Bewerber erfüllen soll. Diese Stellenausschreibung hat die Beteiligte zu 1. auch nicht verändert, bevor sie die Stelle extern ausgeschrieben hat und sich für den Bewerber A entschieden hat. Die Beteiligte zu 1. hat daher an mögliche interne Bewerber keine höheren Anforderungen gestellt, als diejenigen, die letztlich vom Bewerber A verlangt hat. Den potentiellen innerbetrieblichen Bewerber waren damit die gleichen Chancen für die Besetzung der freien Stelle eingeräumt wie den außerbetrieblichen Bewerbern.

cc) Die Beteiligte zu 1. hat den potentiellen innerbetrieblichen Bewerbern auch nicht deshalb schlechtere Chancen für die Bewerbung eingeräumt, weil sie den Bewerber A ausgewählt hat. Auf eine Schmälerung der Chancen potentieller innerbetrieblicher Bewerber kann insbesondere nicht deswegen geschlossen werden, weil der ausgewählte Bewerber A zwar über eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung verfügt, diese aber nicht dem Bereich Spedition und Logistik zuzuordnen ist. Denn die Stellenbeschreibung lässt nach Meinung der Beschwerdekammer in ihrer Gesamtkonzeption hinreichend Raum dafür, dass sich mit ihr auch solche (innerbetrieblichen) Interessenten zur Bewerbung für die Stelle des Gewerksleiters LCSC aufgefordert fühlen konnten, die nicht die im Qualifikationsprofil genannte - nach dem Verständnis des Betriebsrats zwingend formulierte - Ausbildungsvoraussetzung einer abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung aus dem Bereich Spedition und Logistik erfüllten.

Dies wird zum einen dadurch deutlich, dass in der Stellenausschreibung bereits im ersten Punkt des Qualifikationsprofils nicht nur zwei unterschiedliche Ausbildungsprofile genannt sind, sondern gleichzeitig ("und") mehrjährige Berufserfahrung im Lagerwesen bzw. in der Logistikbranche aufgeführt ist. Auch im zweiten bis vierten und im fünftletzten Punkt des Qualifikationsprofils ist die "Erfahrung" - einmalig sogar "mehrjährige Erfahrung" - genannt. Dies und die im weiteren im Qualifikationsprofil genannten Profilbestandteile und die in der Verantwortungsbeschreibung im ersten Teil der Stellenausschreibung aufgelisteten Aufgaben, lassen für einen Interessenten für die ausgeschriebene Stelle ohne weiteres erkennen, dass die Beteiligte zu 1. mit der Stellenausschreibung erhoffte, einen routinierten und vielfältig einsetzbaren Praktiker für die Position des Gewerksleiters LCSC zu gewinnen. Auch und gerade der ausführlich beschriebene Verantwortungsbereich - anders als nur die Beschreibung von für den zukünftigen Stelleninhaber zu bewältigenden Aufgaben - macht nach Meinung der Beschwerdekammer die erforderliche Praxisbezogenheit eines möglichen Bewerbers unverkennbar und lässt die demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung eines Ausbildungsschwerpunkts der erforderlichen kaufmännischen Ausbildung deutlich werden. Hinzukommt, dass nach dem Verständnis der Beschwerdekammer die Ausführlichkeit der Beschreibung des Verantwortungsbereichs für im Luftfrachttransport bereits Tätige, wie es sämtliche Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1. sind, erst recht die Feststellung rechtfertigt, dass auch eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung aus einem anderen Bereich ausreichend sein kann, um den Anforderungen der Stelle des Gewerksleiters LCSC gerecht werden zu können. Zur Überzeugung der Kammer steht in Ansehung der Stellenausschreibung vom 4. Dezember 2014 fest, dass ein an der Stelle des Gewerksleiters LCSC interessierter Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1. nicht deswegen von der Bewerbung Abstand nehmen wird, weil er einzig die kaufmännische Berufsausbildung nicht im Bereich Spedition und Logistik abgeschlossen hat.

b) Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats ist auch nicht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG.

aa) Gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. "Sonstige Nachteile" sind nicht unerhebliche Verschlechterungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Stellung eines Arbeitnehmers. Regelungszweck des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG ist die Erhaltung des status quo der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Ist mit der beabsichtigten Maßnahme für andere Arbeitnehmer lediglich der Verlust einer Chance auf eine vorteilige Veränderung verbunden, stellt dies keinen Nachteil dar. Dazu müsste entweder ein Rechtsanspruch auf die erstrebte Veränderung bestanden oder zumindest eine tatsächliche Position sich bereits zu einer rechtlich erheblichen Anwartschaft verstärkt haben (BAG 1. Juni 2011 - 7 ABR 117/09 - Rn. 47).

bb) Für die Annahme, dass bereits bei der Beteiligten zu 1. beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch oder eine rechtlich erhebliche Anwartschaft auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages als Gewerksleiter LCSC haben, fehlt es an Anhaltspunkten aus dem tatsächlichen Vorbringen der Beteiligten. Im Übrigen bestehen auch mindestens Zweifel, dass der Widerspruch des Beteiligten zu 1. in Bezug auf diesen Widerspruchsgrund die "durch Tatsachen begründete Besorgnis" hinreichend beinhaltet.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.



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