Bundesarbeitsgericht

Urteil vom - Az: 7 AZR 49/15

Die Verkürzung eines sachgrundlos befristeten Vertrages bedarf eines Sachgrundes

Eine Befristung, mit der die Laufzeit eines nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags verkürzt wird, bedarf eines sachlichen Grundes gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG.
(Leitsatz des Gerichts)

Im vorliegenden Fall wurde das Arbeitsverhältnis des klagenden Arbeitnehmers zunächst auf etwas mehr als 2 jahre sachgrundlos befristet, da dies durch Tarifvertrag zugelassen war. Später vereinbarten die Parteien eine Verkürzung auf insgesamt 2 Jahre; ein Sachgrund wurde nicht angegeben.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist diese Verkürzung unwirksam. Denn bei der zweiten Abrede handele es sich um einen Arbeitsvertrag, dessen Befristung eines Sachgrundes bedarf, weil bereits zuvor ein befristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. September 2014 - 6 Sa 1287/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

 Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Juli 2013 geendet hat.

Die Beklagte ist eine Organisation, die im Wesentlichen Projekte der internationalen Zusammenarbeit für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durchführt. Zudem ist sie in ihrem Geschäftsbereich „International Services“ für öffentliche und private Auftraggeber im In- und Ausland tätig.

Im Jahr 2012 wurde in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich „International Services“ der Beklagten in Y/Saudi-Arabien das „Y College of Applied Technology“ (Y CAT) eingerichtet, an dem technische Trainer systematisch aus- und weitergebildet werden. Die Beklagte wurde von einer Gesellschaft des Königreichs Saudi-Arabien mit der Leitung und dem Betrieb des Y CAT beauftragt.

Der Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er schloss mit der Beklagten am 18. Juni 2012 einen für die Zeit vom 15. Juli 2012 bis zum 31. Juli 2014 befristeten Arbeitsvertrag. Danach übernahm er die Tätigkeit als „Head of Department“ im Rahmen des Vorhabens Y CAT in Saudi-Arabien am Einsatzort Y. In § 4 des Arbeitsvertrags vom 18. Juni 2012 vereinbarten die Parteien eine am 14. Januar 2013 endende Probezeit von sechs Monaten, während derer das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende ordentlich gekündigt werden kann. Auf das Arbeitsverhältnis sind kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des „Manteltarifvertrags für die bei der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH beschäftigten Mitarbeiter/-innen“ vom 2. Dezember 2008 (MTV) anzuwenden. Nach § 2 Nr. 2 MTV kann die Gesellschaft gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG Arbeitsverträge ohne Sachgrund bis zu vier Jahre bei dreimaliger Verlängerung befristen. § 32 Nr. 1 MTV bestimmt, dass Arbeitsverhältnisse, die durch den Tarifvertrag geregelt sind, dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht unterliegen.

Am 13. Dezember 2012 trafen die Parteien unter der Überschrift „Arbeitsvertrag auf Zeit - Änderung der Vertragslaufzeit“ eine Vereinbarung. Darin heißt es auszugsweise:

 „…   

wie mit Ihnen besprochen, ergibt sich unter Bezugnahme auf unseren befristeten Arbeitsvertrag folgende Änderung:

zu § 1

 (1)     Herr S wird bis zum 31.07.2013 beschäftigt.

Alle sonstigen Vertragsbedingungen bleiben unverändert.“

Mit seiner am 16. Mai 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 31. Mai 2013 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Juli 2013 gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam, weil sie nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt und eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ausgeschlossen sei. Danach sei lediglich die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags ohne Sachgrund zulässig, nicht jedoch dessen Verkürzung. Die Befristung verletze das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, weil im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristungsabrede vom 13. Dezember 2012 mit Ablauf des 31. Juli 2013 beendet worden ist.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat den Standpunkt eingenommen, die Befristung zum 31. Juli 2013 sei ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig, da mit ihr die Höchstbefristungsdauer nicht überschritten worden sei. Die Regelung verbiete die Verkürzung der Vertragslaufzeit nicht. Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei nicht verletzt, da lediglich die Laufzeit des bereits bestehenden befristeten Arbeitsvertrags geändert worden sei. Die einvernehmliche Verkürzung eines befristeten Arbeitsvertrags laufe dem gesetzgeberischen Ziel, Kettenbefristungen zu vermeiden, nicht zuwider. Im Übrigen liege auch ein Sachgrund für die Befristung zum 31. Juli 2013 vor. Mit dieser sei der tatsächlichen Laufzeit des Projekts Rechnung getragen worden.

Das Arbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vereinbarten Befristung am 31. Juli 2013 geendet hat.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte gegeben.

1. Die von den Vorinstanzen unterlassene Prüfung, ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist, hat der Senat von Amts wegen nachzuholen (BAG 24. September 2015 - 6 AZR 492/14 - Rn. 12, BAGE 152, 363).   

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das am 16. Mai 2013 anhängig gemachte Verfahren bestimmt sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG L 12 vom 16. Januar 2001 S. 1 ff. - EuGVVO). Bei einem Arbeitsrechtsstreit handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit iSv. Art. 1 Abs. 1 EuGVVO (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 720/14 - Rn. 12 mwN, BAGE 153, 138). Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 60 EuGVVO, da die Beklagte ihren Sitz iSd. Art. 60 EuGVVO in Deutschland hat. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich zudem aus Art. 24 EuGVVO, weil die Beklagte sich in der streitigen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht auf das Verfahren eingelassen hat und eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 22 EuGVVO nicht besteht.

II. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist.

1. Das Landesarbeitsgericht hat die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Vereinbarung vom 13. Dezember 2012 am 31. Juli 2013 geendet hat, zu Recht nach deutschem Recht beurteilt.

a) Auf nach dem 17. Dezember 2009 geschlossene Verträge findet zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. EU L 177 vom 4. Juli 2008 S. 6 ff. - Rom I-VO) Anwendung (Art. 28 Rom I-VO). Diese löst die Regelungen in Art. 27 ff. EGBGB aF ab. Nach Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO gilt diese für alle vertraglichen Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien weist aufgrund des (Wohn-)Sitzes der Parteien Verbindungen sowohl zur Bundesrepublik Deutschland als auch zu Großbritannien und wegen des Ortes der geschuldeten Arbeitsleistung zu Saudi-Arabien auf. Die Rom I-VO ist unabhängig davon anwendbar, ob das berufene Recht dasjenige eines Mitgliedstaats iSd. Art. 1 Abs. 4 Satz 1 Rom I-VO oder eines Drittstaats ist. Sie enthält allseitige Kollisionsnormen (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 767/14 - Rn. 21, BAGE 154, 348).

b) Die Parteien haben gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Alt. 1 Rom I-VO ausdrücklich deutsches Recht gewählt. Nach § 32 Nr. 1 MTV, der kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, unterliegen die der Tarifregelung unterfallenden Arbeitsverhältnisse dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht. Die Parteien haben zudem eine eindeutige konkludente Wahl iSd. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 Rom I-VO zur Anwendung deutschen Rechts getroffen, indem sie sich im Verfahren ausschließlich auf Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland beziehen. Gehen die Parteien - wie vorliegend - während eines Rechtsstreits übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts aus, so liegt darin regelmäßig eine stillschweigende Rechtswahl (vgl. BAG 23. März 2016 - 5 AZR 767/14 - Rn. 28, BAGE 154, 348; 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 20, BAGE 147, 342).

2. Das Landesarbeitsgericht hat die am 13. Dezember 2012 vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013 zu Recht der Befristungskontrolle unterzogen. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich entgegen der in der Revisionserwiderung geäußerten Auffassung der Beklagten nicht um einen Aufhebungsvertrag, sondern um eine auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Abrede. Das ergibt die Auslegung der Vereinbarung vom 13. Dezember 2012.

a) Das Landesarbeitsgericht hat eine entsprechende Auslegung nicht vorgenommen. Der Senat kann die Vereinbarung vom 13. Dezember 2012 selbst auslegen, da der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt und weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien hierzu nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 30, BAGE 149, 144).

b) Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis. Er ist seinem Regelungsgehalt nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Das bringen die Parteien in der Regel durch die Wahl einer zeitnahen Beendigung, die sich häufig an der jeweiligen Kündigungsfrist orientiert, und weitere Vereinbarungen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeendigung zum Ausdruck. Ein solcher Aufhebungsvertrag ist nicht Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 6 AZR 286/06 - Rn. 16, BAGE 121, 257; 12. Januar 2000 - 7 AZR 48/99 - zu 2 und 3 der Gründe, BAGE 93, 162). Demgegenüber ist von einer der Befristungskontrolle unterliegenden, auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Abrede auszugehen, wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet und es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehlt, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen werden. Dazu gehören insbesondere Freistellungen, Urlaubsregelungen, ggf. auch Abfindungen uä. (BAG 15. Februar 2007 - 6 AZR 286/06 - Rn. 16, aaO; 12. Januar 2000 - 7 AZR 48/99 - zu 2 und 3 der Gründe, aaO). Für das Eingreifen der Befristungskontrolle ist nicht die von den Parteien gewählte Vertragsbezeichnung entscheidend, sondern der Regelungsgehalt der getroffenen Vereinbarung.

c) Danach ist die Vereinbarung vom 13. Dezember 2012 auf die befristete Fortsetzung und nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet. Die Parteien haben die Vereinbarung unter der Überschrift „Arbeitsvertrag auf Zeit - Änderung der Vertragslaufzeit“ gefasst und mit dieser lediglich die ursprüngliche Befristungsabrede in § 1 des Arbeitsvertrags abgeändert. Das Arbeitsverhältnis des Klägers war zu diesem Zeitpunkt nach § 4 des Arbeitsvertrags vom 18. Juni 2012 mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende ordentlich kündbar. Mit der am 13. Dezember 2012 vereinbarten Beendigung zum 31. Juli 2013 haben die Parteien eine Laufzeit bestimmt, die ein Vielfaches der Kündigungsfrist beträgt. Regelungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen typischerweise getroffen werden, enthält die Vereinbarung vom 13. Dezember 2012 nicht.

3. Der Senat kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Befristung wirksam ist.

a) Die Befristung gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, denn der Kläger hat deren Rechtsunwirksamkeit mit der am 16. Mai 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 31. Mai 2013 zugestellten Befristungskontrollklage rechtzeitig geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG (vgl. BAG 27. Juli 2016 - 7 AZR 545/14 - Rn. 13 mwN).

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Befristung zum 31. Juli 2013 sei nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund zulässig, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Eine Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

bb) Die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Zwar wird durch die vereinbarte Vertragslaufzeit vom 15. Juli 2012 bis zum 31. Juli 2013 die zulässige zweijährige Höchstbefristungsdauer nicht überschritten. Der Wirksamkeit der Befristung steht jedoch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen, da zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung am 13. Dezember 2012 bereits ein zum 31. Juli 2014 befristetes Arbeitsverhältnis bestand. Die Parteien haben mit der Befristungsabrede vom 13. Dezember 2012 zwar lediglich die Laufzeit des bereits bestehenden Vertrags verkürzt, indem sie das Beendigungsdatum vom 31. Juli 2014 auf den 31. Juli 2013 vorverlegt haben. Damit haben sie jedoch eine neue Befristung vereinbart, die der Befristungskontrolle unterliegt und die wegen des zwischen den Parteien bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund nicht zulässig ist. § 14 Abs. 2 TzBfG erlaubt nur bei einer Neueinstellung die Befristung des Arbeitsvertrags ohne Sachgrund bis zur Dauer von zwei Jahren und bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. Die Verkürzung der Laufzeit eines solchen Vertrags lässt § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund nicht zu.

 (1) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, die den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags ohne sachlichen Grund und dessen Verlängerung erwähnt, nicht hingegen dessen Verkürzung. Aus dem Umstand, dass sich der Gesetzeswortlaut zur Verkürzung der Vertragslaufzeit nicht verhält, kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht geschlossen werden, dass diese ohne weiteres zulässig sein soll. Vielmehr ergibt sich insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang der Befristungsregelungen in § 14 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG, dass die Verkürzung der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags ohne Sachgrund nicht zulässig ist.

Nach § 14 Abs. 1 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags grundsätzlich eines sachlichen Grundes. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist in § 14 Abs. 2 TzBfG geregelt. Danach ist unter bestimmten Voraussetzungen die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne sachlichen Grund möglich. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG erlaubt die Befristung ohne sachlichen Grund bis zur Dauer von zwei Jahren und bis zu dieser Gesamtdauer die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG können die Tarifvertragsparteien die Gesamtdauer und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend regeln. Da nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die Befristung ohne Sachgrund nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit auf Neueinstellungen und die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ermöglichten Vertragsverlängerungen beschränkt (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 2, 13 und S. 14). Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG erfasst nicht nur vorherige Arbeitsverhältnisse, die bereits beendet sind. Vielmehr verbietet die Vorschrift die Vereinbarung einer Befristung ohne Sachgrund auch während eines laufenden Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorgesehenen Vertragsverlängerungen. Sachgrundlose Befristungen sind daher nur in dem begrenzten Rahmen des § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Insoweit hat der Gesetzgeber die Privatautonomie zugunsten des Arbeitnehmerschutzes eingeschränkt. Es muss sich um eine bei einer Neueinstellung vereinbarte Befristung oder um die Verlängerung eines anlässlich einer Neueinstellung abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrags handeln. Liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht vor, bleibt es bei dem in § 14 Abs. 1 TzBfG bestimmten Grundsatz, dass die Befristung eines sachlichen Grundes bedarf. Eine nachträgliche Befristung, mit der die Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags abgekürzt wird, ist nach der gesetzlichen Konzeption daher ohne Sachgrund nicht zulässig, da eine solche Befristungsabrede nicht bei einer Neueinstellung getroffen wird und es sich auch nicht um eine Vertragsverlängerung handelt.

 (2) Für dieses Verständnis spricht auch der Zweck der Regelung zur sachgrundlosen Befristung in § 14 Abs. 2 TzBfG.

Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen nach § 14 Abs. 2 TzBfG soll es zum einen dem Arbeitgeber ermöglichen, auf eine unsichere und schwankende Auftragslage und wechselnde Marktbedingungen durch Neueinstellungen flexibel zu reagieren; zum anderen soll die befristete Beschäftigung für den Arbeitnehmer eine Alternative zur Arbeitslosigkeit und eine Brücke zur Dauerbeschäftigung sein (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 13 f.; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 22, BAGE 137, 275). Der Verwirklichung dieser Ziele dient die Verkürzung der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags nicht. Sie ist weder geeignet, dem Arbeitgeber unter erleichterten Bedingungen eine Neueinstellung zu ermöglichen, da er den Arbeitnehmer bereits beschäftigt, noch kann sie dazu beitragen, den Arbeitnehmer aus der Arbeitslosigkeit heraus in das Arbeitsleben zu integrieren und eine Brücke zur Dauerbeschäftigung sein. Im Gegensatz dazu hält die Verlängerung eines die Höchstbefristungsdauer des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht ausschöpfenden befristeten Arbeitsvertrags die gewünschte Brücke zur Dauerbeschäftigung aufrecht. Deshalb steht es im Einklang mit dem Normzweck, die Möglichkeit zu eröffnen, einen zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrag bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren dreimal zu verlängern, nicht jedoch dessen nachträgliche Verkürzung vorzusehen. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass die Beschränkung der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit auf Neueinstellungen dazu dient, Befristungsketten zu verhindern (BT-Drs. 14/4374 S. 14; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 23, aaO). Durch die Verkürzung der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags wird eine Befristungskette weder ermöglicht noch verhindert. Allerdings könnte die Möglichkeit, die Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zu verkürzen, dazu führen, dass die Vertragsdauer eines bereits bei der Neueinstellung auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrags später abgekürzt und anschließend wieder verlängert wird. Im Extremfall könnte auf diese Weise innerhalb der nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässigen Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren sechsmal die Vertragsdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags geändert werden, obwohl die maximal zulässige Laufzeit von zwei Jahren bereits durch den ersten Vertrag ausgeschöpft war. Dies widerspräche der in § 14 Abs. 2 TzBfG zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers, einen Arbeitsvertrag ohne Sachgrund bis zur Dauer von zwei Jahren befristen und einen zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrag innerhalb der zweijährigen Höchstbefristungsdauer maximal dreimal verlängern zu können (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 13).

 (3) Dieses Verständnis steht auch im Einklang damit, dass die nachträgliche Befristung eines bereits bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses eines sachlichen Grundes bedarf (vgl. etwa BAG 11. Februar 2015 - 7 AZR 17/13 - Rn. 21, BAGE 150, 366; 16. April 2008 - 7 AZR 1048/06 - Rn. 12; 1. Dezember 2004 - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 b und II der Gründe, BAGE 113, 75; 12. Januar 2000 - 7 AZR 48/99 - zu 3 a der Gründe, BAGE 93, 162). Das gilt unabhängig davon, ob mit der nachträglichen Befristung die Laufzeit des Arbeitsverhältnisses auf mehr oder weniger als zwei Jahre begrenzt wird. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, eine Befristungsabrede, die kein unbefristetes, sondern ein bereits befristetes Arbeitsverhältnis auf eine Laufzeit von unter zwei Jahren verkürzt, ohne Sachgrund zu ermöglichen. Der Umstand, dass in dem einen Fall ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erstmals befristet und in dem anderen Fall die Laufzeit eines bereits befristeten Arbeitsverhältnisses verkürzt wird, rechtfertigte eine solche unterschiedliche Behandlung in Bezug auf § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht. Danach scheidet eine sachgrundlose Befristung bei einer Vorbeschäftigung unabhängig davon aus, ob das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet ist.

III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Wirksamkeit der Befristung zum 31. Juli 2013 hängt davon ab, ob diese durch einen Sachgrund gerechtfertigt ist. Das kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - das Vorliegen eines Sachgrundes für die Befristung nicht geprüft. Die Beklagte hat sich im Wesentlichen darauf berufen, die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Juli 2013 sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt, weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestanden habe. Sie hat dazu ua. vorgebracht, mit der Befristung sei der tatsächlichen Laufzeit des Projekts Rechnung getragen worden, ihr Auftraggeber habe sie mit Schreiben vom 31. Mai 2012 mit der Durchführung des Vorhabens für den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 beauftragt. Das Landesarbeitsgericht wird - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - zu prüfen haben, ob dies die Befristung rechtfertigt.



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