Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 8 Ca 1767/99

Zur Rückzahlungsverplfichtung eines überhöhten Ortszuschlages

Bereits aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers folgt unter bestimmten Umständen eine Verpflichtung desselben zur Anzeige von Überzahlungen.

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Der Streitwert wird auf DM 14.067,00 festgesetzt.

 

Tatbestand 

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zur Rückzahlung überhöhten Ortszuschlages verpflichtet ist.

Die Klägerin ist seit 1982 Angestellte der beklagten Stadt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die geschiedene Klägerin hatte seit 1968 ihren 1963 geborenen Sohn bei sich aufgenommen. Dieser begann im Jahre 1983 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Im Juni 1984 verlegte er seinen Nebenwohnsitz nach Mannheim, per 01.09.1992 den Hauptwohnsitz. Ab 1988 setzte er sein Studium an der Universität Passau fort. Im Wintersemester 1998/99 war er dort im 30. Fachsemester, als Doktorant immatrikuliert. Daneben war er selbständig tätig und erzielte hierbei in den Jahren ab 1993 Einkünfte in Höhe von mehr als 23.000,00 DM jährlich. Hinsichtlich der genauen Beträge dieser sowie weiterer Einkünfte wird auf die von der Klägerin am 29.03.1999 unterzeichnete Aufstellung (Bl. 34 d.A.) verwiesen. Die Klägerin beantragte im Dezember 1989 einen höheren Ortszuschlag „wegen Aufnahme einer Person in die Wohnung nach § 40 II Nr. 4 Bundesbesoldungsgesetz/§ 29 b II Nr. 4 BAT“. In der formularmäßigen Erklärung wurden eigene Einkünfte des Sohnes verneint. Das von der Klägerin unterschriebene Formular schließt mit einer Versicherung folgenden Wortlauts: „Ich versichere, dass meine Angaben vollständig und richtig sind. Mir ist bekannt, dass ich verpflichtet bin, jede in den vorstehend dargelegten Verhältnisse künftig eintretende Änderung unverzüglich der für die Anordnung/Festsetzung meiner Bezüge zuständigen Stelle anzuzeigen und zu belegen und dass ich alle Bezüge, die ich infolge unterlassener, verspäteter oder fehlerhafte Mitteilung zu viel erhalten habe, zurückzahlen muss. Eine Durchschrift dieser Erklärung habe ich zurückbehalten“.

Der Antrag wurde auf ähnlichem Formular im Januar 1992 erneuert. Auch hierin wurden eigene Einnahmen des Sohnes verneint. Die Verlegung des Hauptwohnsitzes ihres Sohnes meldete die Klägerin ebenso wie dessen steigende Einkünfte. Die Klägerin erhielt aufgrund ihrer Anträge einen erhöhten Ortszuschlag, im Zeitraum September 1992 bis Dezember 1998 in Höhe von insgesamt DM 14.067,20 brutto. Im Januar 1998 wurde der Klägerin ein Formular „Erklärung zum Bezug von Ortszuschlag“ übersandt, verbunden mit der Bitte, es auszufüllen und zusammen mit einer Kopie ihres Scheidungsurteils der Beklagten zurückzusenden. Nach bestrittener Darstellung der Klägerin rief sie daraufhin den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten an und teilte ihm mit, dass das Scheidungsurteil seit 1989 der Beklagten vorliege, woraufhin dieser entgegnet haben soll, er werde dies überprüfen und sich wieder mit der Klägerin in Verbindung setzen. Ein Rückruf erfolgte nicht. Die Erklärung zum Ortszuschlag übersandte die Klägerin der Beklagten nicht. Im Januar 1999 erfolgte bei der Beklagten eine allgemeine Überprüfung der Ortszuschläge, in deren Zusammenhang die Klägerin erneut zu Angaben hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung erhöhten Ortszuschlages aufgefordert wurde. Nach weiteren Ermittlungen und Verhandlungen mit der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten machte die Beklagte mit Schreiben vom 29.06.1999 zuletzt einen Überzahlungsbetrag von DM 14.067,20 für den Zeitraum September 1992 bis Dezember 1998 geltend. Seit Juli 1999 bringt sie monatlich DM 300,00 vom Gehalt der Klägerin in Abzug. Die Klägerin hält den entsprechenden Rückforderungsanspruch für unbegründet, da ihr Sohn sich 1992 zwar unter der Anschrift seiner Lebensgefährtin in Mannheim angemeldet, gleichwohl aber regelmäßig (mehrmals wöchentlich) in ihrer Wohnung weiter aufgehalten und von ihr auch monatliche Unterhaltszahlungen von bis zu DM 500,00 bekommen habe, so dass die Voraussetzungen für den höheren Ortszuschlag nicht weggefallen seien. Sie wendet ferner den Wegfall der Bereicherung ein, da sie die geringe Überzahlung für den laufenden Lebensunterhalt verwendet und keinerlei Aufwendungen erspart habe. Schließlich sei ein überwiegendes Mitverschulden der Beklagten anzunehmen, da diese bereits im Januar 1998 Anlass zu einer weiteren Überprüfung gehabt hätte. Ein Anspruch der Beklagten sei deswegen auch nach § 70 BAT verfallen. 

Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass ein Rückforderungsanspruch der Beklagten aufgrund einer angeblichen Überzahlung in der Zeit von September 1992 bis Dezember 1998 in Höhe von DM 14.067,20 nicht besteht. 

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger der erhöhte Ortszuschlag für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht zugestanden habe und die entsprechende Überzahlung allein durch sie zu vertreten sei. Sie hafte wegen Verletzung ihrer Mitteilungspflicht und könne sich auf Ausschlussfristen nicht berufen. Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. 

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin nicht gehalten, die Beklagte auf Auszahlung der monatlich jeweils einbehaltenen DM 300,00 zu verklagen.

Denn die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, von der erwartet werden kann, dass sie einbehaltene Beträge auszahlt und weitere Kürzungen nicht vornimmt, sollte die gegen sie gerichtete Feststellungsklage Erfolg haben (Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO, 56. Auflage, § 256 Rz. 82).

Die Klage ist jedoch unbegründet, da der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum der erhöhte Ortszuschlag nicht zustand und sie durch Nichtanzeige des Wegfalls der Voraussetzungen für den Bezug erhöhten Ortszuschlages schuldhaft ihre diesbezügliche Mitteilungspflicht verletzte. Der Beklagten entstand hierdurch zumindest ein Schaden in Höhe des streitgegenständlichen Betrages. Gegen den Ersatzanspruch kann die Klägerin weder ein Mitverschulden der Beklagten noch ihre Entreicherung noch die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT einwenden .

Gem. § 29 B. II Nr. 4 S. 1 erhalten Angestellte, die - wie die Klägerin - nicht bereits unter die vorstehenden Ziffern fallen, den Ortszuschlag der Stufe 2, wenn sie eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen. Gemäß S. 3 gilt als in die Wohnung aufgenommen ein Kind auch dann, wenn der Angestellte es auf seine Kosten anderweitig untergebracht hat, ohne dass dadurch die häusliche Verbindung mit ihm aufgehoben werden soll. Die Voraussetzungen Wohnungsaufnahme und Unterhaltsgewährung müssen kumulativ vorliegen. Dabei reicht es für eine Wohnungsaufnahme im Sinne der tarifvertraglichen Vorschrift - wie gerade S. 3 zeigt - nicht aus, dass eine häusliche Verbindung besteht, etwa dadurch, dass in der Wohnung, der Klägerin noch ein Zimmer für ihren Sohn eingerichtet ist. Vielmehr ist eine Person in die Wohnung „aufgenommen“ nur dann, wenn die Wohnung auch für diese Person als Unterkunft und Heim zum Mittelpunkt der Lebensführung wird, es also zur Bildung einer häuslichen Gemeinschaft kommt (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz vom 23.11.1979, GMBl. 1980 S. 3, Ziff. 40.2.6). Die gemeinsame Wohnung muss auch für die aufgenommene Person Lebensmittelpunkt sein. Dies ergibt sich nicht nur aus dem allgemeinen Sprachsinn von „in eine Wohnung aufnehmen“, sondern auch aus Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung. Diese soll nämlich in Anlehnung an das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip dem Beamten ein amtsangemessenes Auskommen gewährleisten, wobei typisierend unterstellt wird, dass der Bedienstete höhere Aufwendungen für eine Wohnung hat, wenn er eine unterhaltsberechtigte Person aufnimmt. Schon für die Zeit vor dem 01. September 1992 erscheint es fraglich, ob die Klägerin ihren Sohn in diesem Sinne noch in ihre Wohnung „aufgenommen“ hatte, da er bereits seit 1984 einen Nebenwohnsitz in Mannheim hatte. Angesichts der räumlichen Nähe zwischen der Ludwigshafener Wohnung seiner Mutter und der Universität Mannheim bestand kein dringendes Bedürfnis, allein zur Vermeidung längerer Fahrten während der Vorlesungszeit am Studienort ein Zimmer anzumieten. Vielmehr liegt es nahe, dass gerade der Wunsch, eine eigene Wohnung zu beziehen, der Grund für die Begründung eines Nebenwohnsitzes war, was dann dafür spricht, dass dieser de facto Lebensmittelpunkt war. Jedenfalls ab Meldung mit Erstwohnsitz in Mannheim per 01.09.1992 hatte der Sohn der Klägerin - seit 1988 sogar in Passau studierend - auch de jure seinen Lebensmittelpunkt außerhalb der Wohnung der Klägerin (vgl. § 16 II 1 RhPfMG: „Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners“). Damit war er nicht mehr in deren Wohnung „aufgenommen“ i.s.d. § 29 B II Ziff. 4 S. 1 BAT und galt auch nicht als aufgenommen nach S. 3 dieser Norm, da die auswärtige Unterbringung nicht auf Kosten der Klägerin geschah. Denn diese gewährte eigenen Angaben zufolge lediglich monatliche Unterhaltszahlungen von bis zu DM 500,00. Unabhängig von der spätestens ab dem 01.09.1992 fehlenden „Aufnahme“ des Sohnes in ihrer Wohnung hatte die Klägerin ab diesem Zeitpunkt auch keinen Anspruch auf Zahlung des erhöhten Ortszuschlages, da es an der weiteren Voraussetzung des § 29 B II Ziff. 4 BAT fehlt. Selbst wenn sie ihrem Sohn weiter Unterhalt gewährte, geschah dies nicht, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet gewesen wäre. Gem. § 1610 II BGB schulden Eltern Unterhalt für den Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Dabei sind die unterhaltsberechtigten Kinder gehalten, ihre Ausbildung zügig durchzuführen. Eltern können Unterhaltszahlungen einstellen, wenn die Regelstudienzeit ohne entschuldigenden Grund erheblich überschritten wird (Palandt-Diederichsen, BGB, 58. Auflage, § 1610, Rz. 46 m.w.N.). Die Regelstudienzeit für das Studium der Betriebswirtschaftslehre beträgt acht Semester, die durchschnittliche Dauer zwischen zehn und elf Semestern. Selbst wenn man diesen Durchschnittswert zugrunde legt, hätte der Sohn der Klägerin bereits Ende 1989, d.h. zu dem Zeitpunkt, da sie erstmals den Antrag auf höheren Ortszuschlag wegen Aufnahme einer Person in ihre Wohnung stellte, sein Studium beendet haben müssen. Jedenfalls ab dem 01.09.1992, d.h. neun Jahre nach Studienbeginn, hätte die Klägerin Unterhaltszahlungen einstellen können. Eine Promotion braucht vom Unterhaltsverpflichteten nicht finanziert zu werden (a.a.O. Rz. 47). Hinzu kommen die erheblichen eigenen Einkünfte des Sohnes der Klägerin ab Ende 1992, v. a. aus einer selbständigen Tätigkeit, deren Höhe nebenbei bemerkt, auch eine erhebliche zeitliche Inanspruchnahme erwarten und die Ernsthaftigkeit des weiteren Studiums fraglich erscheinen lassen. Bei Gesamteinkünften von monatlich DM 2.195,00 bis zu DM 5.866,00 in den Jahren 1993 bis 1996 ist eine Unterhaltspflicht oder auch nur sittliche Pflicht der Klägerin zu irgendwelchen Zahlungen an ihren Sohn evidentermaßen ausgeschlossen. Nach alledem stand der Klägerin für die Zeit ab dem 01.09.1992 kein erhöhter Ortszuschlag zu, so dass ihr bis September 1998 zu Unrecht insgesamt - der Höhe nach unstreitig - DM 14.067,20 brutto ausbezahlt wurden.

Die Klägerin ist zur Erstattung dieses Betrages nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung verpflichtet, da sie schuldhaft ihre Anzeigepflicht verletzte. Bereits aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers folgt unter bestimmten Umständen eine Verpflichtung desselben zur Anzeige von Überzahlungen (vgl. BAG, Urteil vom 01.06.1995, 6 AZR 912/94 = EzA § 4 TVG Ausschlußfrist Nr. 114 unter II.3.b) der Gründe). Ob die Klägerin schon deshalb zu einer Überprüfung ihrer Gehaltsabrechnung verpflichtet war, mag angesichts der relativ geringen Höhe der monatlichen Überzahlung verneint werden. Sie hatte jedoch mit den Erklärungen zum höheren Ortszuschlag jeweils die Versicherung abgegeben, dass ihr die Verpflichtung bekannt sei, in den vorstehend dargelegten Verhältnissen künftig eintretende Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Diese Verpflichtung hat sie verletzt, denn sie hat weder die Meldung ihres Lohnes mit Erstwohnsitz in Mannheim noch dessen Einkünfte angezeigt. 

Die Klägerin handelte auch grob fahrlässig i.S.v. § 14 BAT i.V.m. § 86 I 1 LBG. Denn ihr hätte klar sein müssen, dass die Gewährung eines höheren Ortszuschlages „wegen Aufnahme einer Person in die Wohnung“ - wie es schon in der Überschrift des Erklärungsformulars heißt - von eben dieser Aufnahme ebenso abhängig ist wie von eigenen Einnahmen der aufgenommenen Person, nach denen unter Ziffer 3.5 - unter näheren Angaben dazu, was hierunter fällt - gefragt wird. Auch die Einkünfte ihres Sohnes gehören demnach zu den „vorstehend dargelegten Verhältnissen“, bei deren Änderung sie sich am Ende ihrer Erklärung zu einer „unverzüglichen“ Anzeige verpflichtete. 

Angesichts der in dieser „Versicherung“ enthaltenen Belehrung über ihre Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen und dem Verbleib einer Durchschrift ihrer Erklärung in ihren Unterlagen stellt sich die Vorgehensweise der Klägerin nicht nur als einfache Fahrlässigkeit, sondern als grobe Fahrlässigkeit dar.

Durch die Nichtanzeige der geänderten Verhältnisse entstand der Beklagten ein Schaden in mindestens der streitgegenständlichen Höhe. Denn wäre die Klägerin unverzüglich ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen, wäre der streitgegenständliche Betrag nicht zur Auszahlung gelangt. Die Beklagte hätte zudem ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern um die entsprechenden Beträge mindern können und dadurch Zinsaufwendungen erspart. Dem Ersatzanspruch steht kein Mitverschulden der Beklagten i.S.v. § 254 BGB entgegen. Zwar ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte den Sachverhalt nicht bereits im Januar 1998 weiter aufklärte. Dass das damalige Anschreiben an die Klägerin in ihrer Personalakte nicht mehr zu finden ist, indiziert nicht gerade eine ordnungsgemäße Aktenführung. Die Kammer glaubt auch dem bestrittenen, aber nicht entscheidungserheblichen und daher auch nicht beweisbedürftigen Vortrag der Klägerin, wonach sie im Januar 1998 sich telefonisch mit dem Sachbearbeiter der Beklagten in Verbindung gesetzt habe. Doch abgesehen davon, dass die unterlassene Weiterverfolgung der Angelegenheit im Jahr 1998 allenfalls für die Überzahlungen im Jahr 1998 - nicht jedoch für die in den Vorjahren - mitursächlich ist, ergibt sich auch insoweit kein Mitverschulden. Denn die Beklagte traf keine der Klägerin gegenüber obliegenden Pflicht, diese zu kontrollieren (vgl. BAG, Urteil vom 16.11.1998, 6 AZR 114/88 = EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 81 unter II.3.c) der Gründe). Kontrollpflichten hat die Beklagte allenfalls im Interesse der Allgemeinheit zu erfüllen. 

Davon abgesehen wäre ein Mitverschulden der Beklagten von derart untergeordneter Bedeutung, dass es bei der im Rahmen des in § 254 BGB gebotenen Abwägung außer Betracht bleiben muss. Denn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts kann grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Bediensteten von sich aus die für die Bemessung ihrer Bezüge relevanten Angaben machen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der streitgegenständliche Zuschlag erst auf Antrag und auf der Grundlage eigener Angaben der Angestellten über ihre persönlichen Verhältnisse gewährt wird, die sich einer direkten Wahrnehmung durch die Beklagte entziehen. Veranlasst die Klägerin die Beklagte durch pflichtwidrig unterlassener Mitteilung über Umstände aus ihrer Sphäre zu Zahlungen, die ihr nicht zustehen, kann sie der Beklagten nicht an dem dadurch entstandenen Schaden ein  Mitverschulden zuweisen, weil die Beklagte eine Nachfrage unterließ, ob die von ihr gemachten Angaben noch zutreffend sind. Ebenso wenig kann sich die Klägerin auf einen Wegfall der Bereicherung i.S.v. § 818 III BGB berufen. Abgesehen davon, dass dieser Einwand gegenüber Schadensersatzansprüchen wie dem vorliegenden schon dem Grunde nach nicht statthaft ist, ist eine Entreicherung auch nicht substantiiert dargelegt. Denn die Bereicherung - die sich allerdings nur auf die Nettobeträge erstreckt - fällt nicht allein dadurch weg, dass empfangenes Geld verwendet wird. Sie besteht vielmehr fort, wenn der Bereicherungsschuldner mit der Ausgabe des Erlangten anderweitige Aufwendungen erspart. Wer sich auf Entreicherung beruft, hat deshalb im einzelnen Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergibt, dass die Bereicherung weggefallen ist und er überdies keine Aufwendung erspart hat, die er ohnehin gemacht hätte (BAG, Urteil vom 12.01.1994, 5 AZR 597/92 = EzA § 818 BGB Nr. 6 unter III.2. der Gründe). Allein die nicht näher substantiierte Behauptung, das Geld für die laufende Lebensführung verwendet und keinerlei Aufwendung erspart zu haben, genügt diesen Anforderungen nicht. Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist schließlich auch nicht nach § 70 BAT verfallen.

Nach der Rechtsprechung des BAG unterliegen zwar auch Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überhöhter Gehaltszahlungen dieser tarifvertraglichen Ausschluss Frist, wobei es für den Beginn der Frist nicht auf die Kenntnis des Arbeitgebers von der Überzahlung und damit von seinem Rückzahlungsanspruch ankommen, sondern ausreichen soll, dass die maßgeblichen Umstände bekannt waren bzw. hätten bekannt sein müssen (BAG, Urteil vom 01.06.1995, 6 AZR 912/94 = EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 114 unter II. 2. Der Gründe). Nach der besagten Rechtsprechung (a.a.O. unter II. 3. der Gründe) kann sich jedoch der Schuldner nicht auf die tarifliche Ausschlussfrist berufen, wenn er den Schuldner durch aktives Handeln von der Einhaltung der Ausschlussfristen abgehalten oder es pflichtswidrig unterlassen hat ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten. Dies ist vorliegend der Fall. Denn die Klägerin war nach den vorstehend ausgeführten dazu verpflichtet, von sich aus den allein in ihrer Sphäre liegenden Wegfall der Voraussetzungen eines erhöhten Ortszuschlages unverzüglich mitzuteilen. Hätte sie ihrer Pflicht genügt, wäre es zu den streitgegenständlichen Überzahlungen nicht gekommen. Es kommt deshalb auch nicht wie im Falle zufälliger, allein durch den Arbeitgeber veranlasster Überzahlungen darauf an, ob der Klägerin die Überzahlung hätte auffallen müssen bzw. ob sie zu einer Überprüfung ihrer Abrechnung verpflichtet gewesen wäre. Nach alledem ist die Klägerin, zur Erstattung der DM 14.067,20, die im Übrigen mit Schreiben vom 29.06.1999 auch innerhalb von sechs Monaten nach der im Januar 1999 erfolgten Überprüfung geltend gemacht wurden, verpflichtet, so dass die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen war.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 I ArbGG. 



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