Arbeitsgericht Mainz

Urteil vom - Az: 7 CA 2895/03

Zum Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Ausstellung einer Bestätigung zu getätigten Untersuchungen unterliegt -wie auch der Zeugnisanspruch- der Ausschlussfrist des §70 BAT.

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. 

III. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand  

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Ausstellung einer Bescheinigung über die von der Klägerin durchgeführten Untersuchungen im Bereich der Nuklear-Medizin während deren Assistenztätigkeit.

Die Klägerin war vom 01.07.1992 bis zum 30.09.2001 bei der Beklagten als Assistenzärztin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die Klägerin war zunächst in der radiologischen Abteilung eingesetzt, bis sie vom 01.03.1993 bis zum 30.09.1993 zur internistischen Abteilung versetzt wurde, wobei sie vom 26.06. bis zum 31.12.1993 im Erziehungsurlaub war. Seit dem 01.01.1994 war sie wieder in der radiologischen Abteilung tätig. Am 06.03.1998 erwarb sie die Facharztanerkennung für radiologische Diagnostik. Von August 1999 bis zu ihrem Ausscheiden am 30.09.2001 befand sich die Klägerin wiederholt im Erziehungsurlaub.

Ein Arbeitszeugnis wurde unter dem Datum des 01.12.2000 erstellt. Auf den Inhalt des Zeugnisse wird Bezug genommen (vgl. Bl.43 f d.A.). Gem. einer Mitteilung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz vom 11.12.2003 wurde Herrn Dr. W keine Befugnis zur Vermittlung der Sachkunde beim Umgang mit radioaktiven Stoffen gem. Strahlenschutz- Verordnung erteilt (vgl. Bl.33 d.A.). Mit Schriftsatz vom 18.11.2003, eingegangen bei Gericht am 20.11.2003, hat die Klägerin zunächst Klage auf Erteilung eines Weiterbildungszeugnisses gem. der Vereinbarung zur Strahlendiagnostik und -therapie erhoben. Die Klage wurde der Beklagten am 27.11.2003 zugestellt.  Die Klägerin trägt vor, nach dem abgeleisteten internistischen Jahr ab April 1995 sei sie regelmäßig als Urlaubs- und Krankheitsvertretung für den Oberarzt Dr. W bis zum Mai 1999 eingesetzt gewesen. Sowohl während dieser Urlaubs- und Krankheitsvertretung als auch während ihrer Tätigkeit in der radiologischen Fachabteilung habe sie die in ihrem Antrag genannten Untersuchungen in der Nuklearmedizin sowie Strahlentherapie durchgeführt. Zusätzlich habe sie in den Bereitschaftsdiensten sowie an den Wochenenddiensten die Notfall-Lungen- Perfusion-Szintigraphie durchgeführt.

Die Beklagte habe bereits mit dem Zeugnis vom 01.12.2000 anerkannt, dass sie während ihrer Tätigkeit im Bereich der Nuklear- Medizin Untersuchungen durchgeführt habe. Im dortigen Zeugnis sei allerdings nur das Gesamtspektrum im Bereich Nuklear-Medizin aufgeführt worden. Die einzelnen, von ihr selbst verantwortlich durchgeführten Untersuchungen seien dort allerdings nicht erwähnt worden. Dies sei der Beklagten möglich und zumutbar, da nach wie vor sämtliche Patienten-Befunde einschließlich Bilder und Befundblätter bei der Beklagten archiviert seien. Sie habe selbständig im Bereich der nuklearmedizinischen Diagnostik gearbeitet und die dargestellten Untersuchungszahlen selbständig erbracht. Die Beklagte sei der richtige Antragsgegner, weil nur diese aufgrund der vertraglichen Beziehungen verpflichtet sei, die schriftliche Bestätigung auszustellen. Die geltend gemachte schriftliche Bestätigung unterfalle nicht der tariflichen Ausschlussfrist des § 70 BAT. Die Verpflichtung folge aus dem Recht der Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und sei damit Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Dadurch, dass sich die Beklagte weigere, diese Bescheinigung auszustellen, verletzte sie ihr Persönlichkeitsrecht. Ansprüche  aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts unterfielen jedoch nicht den tariflichen Ausschlussfristen. 

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte bei Meidung eines Zwangsgeldes zu verurteilen, der Klägerin schriftlich zu bestätigen, dass diese während ihrer beruflichen Tätigkeit bei der Beklagten folgende Untersuchungen insgesamt ausgeführt hat: - Myocardszintographie - 120 Untersuchungen - MAG 3 - Clearance - 48 Untersuchungen - Schilddrüsenszintographie - 240 Untersuchungen - Knochenszintigramme - 200 Untersuchungen - Lungenszintigramme - 150 Untersuchungen  Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.  Sie ist der Ansicht, ein Anspruch auf Aufstellung der von der Klägerin geforderten Bescheinigung bestehe nicht. Der Anspruch sei ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis und somit gem. § 70 BAT verfallen. Sollte sich der Anspruch gegen den zur Weiterbildung ermächtigten Arzt richten, wäre die Klage abzuweisen, weil sie sich gegen die falsche Beklagte richte. Es werde bestritten, dass die Klägerin selbständig in der nuklearmedizinischen Diagnostik eingesetzt gewesen sei und dass die von ihr genannten Untersuchungszahlen von ihr erbracht worden seien. Die gelegentliche und unregelmäßige schriftliche Dokumentation der Befunde sei immer nach Fallbesprechung und Vorlage beim Chefarzt bzw. vertretenden Oberarzt erfolgt. Die arbeitstägliche Qualitätskontrolle in der Nuklearmedizin mit Protokollierung und Vorlage bei Gewerbeaufsichtsamt in der Nuklearmedizin sei zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin durchgeführt worden. Die computerunterstützte Auswertung der nuklearmedizinischen Rohdaten sei der Klägerin nicht übertragen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle Bezug genommen. 

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Anspruch auf Erstellung der geforderten Bescheinigung ist nicht gegeben.

I. Die Klägerin begehrt die Erstellung einer Bescheinigung über die von ihr während ihrer Assistenzzeit durchgeführten Untersuchungen im Bereich der Nuklearmedizin. Da der Assistenzvertrag zwischen den Parteien und nicht zwischen der Klägerin und dem Chefarzt der Radiologie, Herrn. Dr. med. W, abgeschlossen worden ist, richtet sich der Anspruch zu Recht gegen die Beklagte.

II. Die Klägerin kann jedoch die geforderte schriftliche Bestätigung nicht verlangen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung wie ein Zeugnis- bzw. Zeugnisberichtigungsanspruch aus § 630 BGB (nunmehr § 109 GewO) oder aus nach nachwirkenden vertraglichen Nebenpflichten i.S.d. §§ 611, 242 BGB herzuleiten ist. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Einzelnen substantiiert dargelegt hat, dass sie die in ihrem Antrag formulierten Untersuchungen selbständig durchgeführt hat. Auf jeden Fall ist der Anspruch gem. § 70 BAT verfallen. Für das am 30.09.2001 endende Arbeitsverhältnis der Klägerin war § 70 BAT in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung maßgeblich. Gem. § 70 S. 1 BAT verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits für einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses entschieden, dass dieser Anspruch der Ausschlussfrist des § 70 BAT unterliegt. Beim Zeugniserteilungsanspruch handele es sich um einen Anspruch, der aus dem Arbeitsverhältnis hergeleitet werde. Darauf, dass der Anspruch erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe, komme es nicht an. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe nicht dazu, dass der Zeugnisanspruch nicht mehr dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen sei. Auch solche Leistungen, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch aufgrund des Arbeitsverhältnisses zu erbringen seien, stünden mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang (vgl. BAG, Urt.v.23.02.1983, AP Nr. 10 zu § 70 BAT). Der Anspruch auf Zeugniserteilung ist daher auch spätestens mit Ende des Arbeitsverhältnisses fällig geworden (BAG, Urt.v.30.01.1991, AP Nr. 18 zu § 630 BGB). Vorliegend begehrt die Klägerin nicht einmal ein qualifiziertes Zeugnis, sondern die Ausstellung einer schriftlichen Bestätigung über von ihr getätigte Untersuchungen in der Nuklearmedizin. Es ist nicht erkennbar, warum dieser Anspruch - ähnlich wie ein Zeugnisanspruch - den Ausschlussfristen nicht unterliegen sollte. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass das Statusverhältnis der Arbeitnehmer prägende und besonders wichtige Ansprüche, die z.T. aus dem Persönlichkeitsrecht herrühren, von allgemeinen tariflichen Ausschlussfristen nicht erfasst werden. Hierzu gehören jedoch nach allgemeiner Rechtsprechung beispielhaft etwa der Anspruch auf Beseitigung einer Abmahnung, auf Beschäftigung, auf Karenzentschädigung oder Ansprüche aus Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Wie das BAG in seiner oben zitierten Entscheidung vom 23.02.1983 angenommen hat, gehört der Zeugnisanspruch nicht hierzu. Dieser Anspruch wird auch nicht dadurch zu einem Anspruch aus Verletzung von Persönlichkeitsrechten, wenn nach Auffassung der Klägerin die Weigerung der Beklagten, diese Bescheinigung auszustellen, das Persönlichkeitsrecht verletzen soll. Vorliegend ist die Klägerin am 30.09.2001 bei der Beklagten ausgeschieden.

Mit Schreiben vom 28.05.2003 (vgl. Bl.8 d.A.), also 20 Monate später machte die Klägerin erstmalig einen Anspruch auf „Bescheinigung über die Durchführung von nuklearmedizinischen Untersuchungen nach Art und Anzahl“ beim Chefarzt Dr. W geltend. Das Schreiben ging auch nachrichtlich an die Beklagte. Später aufgrund geänderten Klageantrags vom 04.02.2004 wurde nun die streitgegenständliche Bescheinigung verlangt. Diese unterschiedlichen Bescheinigungen wurden somit wesentlich später als sechs Monate nach Arbeitsvertragsende geltend gemacht. Würde man den streitgegenständlichen Antrag als einen Berichtigungsanspruch im Zusammenhang mit dem Zeugnis vom 01.12.2000 betrachten, hätte auch dieser Berichtigungsanspruch innerhalb von sechs Monaten nach Zeugniserteilung erhoben werden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist der Anspruch gem. § 70 BAT verfallen.

Die Klage war daher abzuweisen.  



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