Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Beschluss vom - Az: 5 Ta 192/14

Weniger Prozesskostenhilfe bei großer Eigentumswohnung

Eine selbstgenutzte Eigentumswohnung, die eine Wohnfläche von 80 Quadratmetern überschreitet, fällt bei Belegung mit nur einer Person regelmäßig nicht unter das Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO iVm. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Das Grundvermögen, das nicht unter das Schonvermögen fällt, ist uneingeschränkt zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen.
(Leitsatz)

Hier: Die Antragstellerin lebt alleine in ihrer 135 qm - Wohnung. Um eine Rechtsanwaltsgebühr i.H.v. 357,- Euro begleichen zu können, hat sie Prozesskostenhilfe beantragt. Nach Ansicht des Gerichts ist sie jedoch gehalten, sich die zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel durch Belastung oder notfalls auch durch Verwertung der in ihrem Alleineigentum stehenden Eigentumswohnung zu verschaffen.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 26. Juni 2014, 3 Ca 995/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird mit Wirkung ab 17. Mai 2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. B. bewilligt.

Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Antragstellerin am 1. November 2014 eine Rate iHv. € 357,- an die Landeskasse zu leisten hat.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin mit der Maßgabe zu tragen, dass die zu zahlende Gebühr auf 4/5 ermäßigt wird.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen insgesamt zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Antragstellerin für ihre Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr die Zahlung monatlicher Raten iHv. € 468,- auferlegt. Es sind jedoch nur Rechtsanwaltskosten iHv. € 357,- entstanden, so dass die Einmalrate auf diesen Betrag zu reduzieren ist. Eine Aufhebung des Bewilligungsbeschlusses vom 26.06.2014 verbietet sich, weil bei Beschwerden der Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren das Verschlechterungsverbot gilt.

Die Antragstellerin verfügt aufgrund Rentenbescheids vom 16.07.2014 über eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung iHv. € 867,82, die ihr von der gesetzlichen Rentenversicherung rückwirkend ab 01.01.2013 bewilligt worden ist. Ob sie noch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt, ist unerheblich, denn die Antragstellerin ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO gehalten, neben ihrem Einkommen auch ihr Vermögen für die Prozessfinanzierung einzusetzen. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestimmt sich die Zumutbarkeit in entsprechender Anwendung des § 90 SGB XII.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung in B-Stadt mit einer Wohnfläche von 135 m², die sie allein bewohnt.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass diese Eigentumswohnung, deren Verkehrswert die Antragstellerin nicht angegeben hat, bereits aufgrund der Wohnfläche nicht mehr zu den nach § 115 Abs. 3 ZPO iVm. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten Vermögenswerten zählt, weil sie im prozesskostenhilferechtlichen Sinne nicht angemessen ist. Nach der bereits vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich auch das Beschwerdegericht anschließt, ist bei einer selbstgenutzten Eigentumswohnung regelmäßig bei Belegung mit nur einer Person eine Wohnfläche von 80 m² noch als angemessen anzusehen (vgl. nur BSG 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - NZS 2007, 428). Für eine außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslage der Antragstellerin besteht vorliegend kein Anhaltspunkt.

Grundvermögen, das nicht unter das Schonvermögen fällt, ist uneingeschränkt zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen. Die Antragstellerin ist deshalb gehalten, sich die zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel durch Belastung oder notfalls auch durch Verwertung der in ihrem Alleineigentum stehenden Eigentumswohnung zu verschaffen.

Die Beschwerde hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sich die Antragstellerin unter Berücksichtigung des Werts einer Eigentumswohnung in B-Stadt den relativ geringfügigen Betrag von € 357,-, um die Kosten der Prozessführung zu begleichen, nicht durch Kreditaufnahme bzw. eine weitere Ausnutzung des Dispo-Rahmens beschaffen kann. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass es der Antragstellerin nicht zu zumutbaren Kosten gelingt, für die Rechtsanwaltskosten ein Darlehen zu erlangen, um sich einen Betrag von € 357,- zu verschaffen.

Soweit die sofortige Beschwerde abzuweisen war, resultiert die Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf das teilweise Obsiegen der Antragstellerin wird die nach Ziffer 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG zu zahlende Gebühr auf 4/5 ermäßigt.

Die Rechtsbeschwerde (§§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG iVm. § 574 ff ZPO) war nicht zuzulassen. Die Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.



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