Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 5 Sa 3/17

Kassiererin im Baumarkt: Samstagsarbeit nur in ungeraden Kalenderwochen?

Die Parteien streiten über die Lage der Arbeitszeit der Klägerin, insbesondere darüber, ob sie auch in geraden Kalenderwochen samstags zur Arbeit eingeteilt werden darf. Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter und arbeitete als Kassiererin in einem Baumarkt der Beklagten. Dieser teilte die Klägerin mit, sie habe in den geraden Kalenderwochen samstags keine Betreuung für ihre Tochter, da das Kind nur jedes zweite Wochenende bei seinem Vater verbringe. Von Frühjahr 2014 bis Mitte 2016 nahm die Beklagte darauf Rücksicht und setzte die Klägerin wunschgemäß samstags nur in ungeraden Wochen ein. Ab Juli 2016 setzte die Beklagte die Klägerin auch an Samstagen in geraden Kalenderwochen ein. Hiergegen klagte die Arbeitnehmerin. Sie blieb jedoch in zwei Instanzen erfolglos. Weder aus dem Ladenschlussgesetz des Bundes, noch aus dem geltenden Manteltarifvertrag oder aus ihrem Arbeitsvertrag könne sie einen Anspruch darauf herleiten, nur in ungeraden Wochen arbeiten zu müssen. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Samstag sei der mit Abstand umsatzstärkste Tag im Baumarkt. Durchschnittlich 40 % mehr Umsatz und 1.000 Kunden mehr als an den übrigen Wochentagen verzeichne der Markt dann. Es bestehe deshalb aus Sicht der Beklagten die Notwendigkeit, gerade samstags besonders viele Mitarbeiter an den Kassen einzusetzen. Vor diesem Hintergrund komme dem Belang der Beklagten, den Kassierern nicht mehr als 15 freie Samstage im Jahr zu gewähren, besonderes Gewicht zu. Dem berechtigten betrieblichen Interesse der Beklagten, die Klägerin an maximal 37 (= 52-15) Samstagen einsetzen zu können, steht deren Interesse gegenüber, nur an ungeraden Samstagen arbeiten zu müssen. Die Klägerin habe jedoch nicht begründet, warum sie in geraden Kalenderwochen samstags keine Betreuung für ihre Tochter sicherstellen könne. Im Hinblick darauf, dass auch die Arbeitskollegen hohes Interesse an freien Samstagen haben, überwiege das Interesse der Beklagten, die Klägerin nicht generell von der Samstagsarbeit in geraden Wochen auszunehmen.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 8. Dezember 2016, Az. 8 Ca 1314/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Lage der Arbeitszeit der Klägerin, insbesondere darüber, ob sie auch in geraden Kalenderwochen samstags zur Arbeit eingeteilt werden darf.

Die 1975 geborene, geschiedene Klägerin ist Mutter einer Tochter. Sie ist seit 01.01.2005 im Baumarkt der Beklagten in O. als Erstkassiererin zuletzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden zu einem Bruttomonatsgehalt von ca. 1.500 Euro angestellt. Die Beklagte beschäftigt in diesem Baumarkt nach Kopfteilen insgesamt ca. 100 Arbeitnehmer. Von den 15 bis 18 Kassierern sind 4 Erstkassierer (mit Tresorverantwortung). Es besteht ein Betriebsrat.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz Anwendung. In § 5 Abs. 6 des Manteltarifvertrags ist zur Arbeitszeit folgendes geregelt:

„In Betrieben mit einer Ladenöffnungszeit montags bis freitags nach 18:30 Uhr und samstags nach 16:00 Uhr sind Arbeitnehmer/innen von einer Beschäftigung montags bis freitags nach 18:30 Uhr und/oder samstags nach 16:00 Uhr auf deren Verlangen auszunehmen, für die aus dringenden persönlichen Gründen die Teilnahme an der Spätöffnung nicht zumutbar ist.“

Im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 11.11.2010 haben die Parteien ua. folgendes vereinbart:

"§ 11

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt seit 01.09.2010 60,00% einer Vollzeitkraft und wird ungleichmäßig entsprechend den gesetzlichen Ladenöffnungszeiten auf die Werktage Montag bis Samstag verteilt. Verteilung von Arbeitszeit, Freizeitausgleich und Pausen richten sich nach der jeweiligen betrieblichen Arbeitszeitregelung.

(2) Der Mitarbeiter verpflichtet sich, im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse Nacht-, Schicht-, Sonntags- und Mehrarbeit zu leisten.

(3) …

(4) Es wurde vereinbart, dass der Mitarbeiter im Bedarfsfall (Urlaub, Krankheit von Kollegen, während der eigenen Ausbildung usw.) auch eine beschränkte Zeit täglich bzw. ganztags tätig sein wird. …"

In einer Konzernrichtlinie der Beklagten, die im November 2013 verabschiedet wurde ("Leitlinien der Personalsteuerung"), ist zu den freien Samstagen folgendes geregelt:

"2.5. Freie Samstage

2.5.1. Gesetzlicher Rahmen sowie tarifvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche Bedingungen

Gemäß § 17 IV Ladenschlussgesetz können Mitarbeiter verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden.

Vom Grundsatz her besteht kein gesetzlicher Anspruch auf ein langes Wochenende (FR/SA/SO oder SA/SO/MO).

2.5.2. X. Baumarkt AG erwartet…

- Gemäß § 17 IV Bundesladenschlussgesetz muss 1 freier Samstag pro Monat auf Verlangen des Mitarbeiters gewährt werden.

Bei X. werden max. 15 freie Samstage im Kalenderjahr gewährt.

- Bei darüber hinausgehenden Regelungen der Ladenschlussgesetze sind diese anzuwenden.

- Da der regelmäßige Rhythmus durch Urlaube oder Wünsche der Mitarbeiter immer wieder unterbrochen wird, sollen die Märkte die freien Samstage zusammen mit dem Jahresurlaub planen (die ATOSS-Jahresplanung unterstützt sie dabei).

2.5.3. Anmerkungen

- Mit den 15 Samstagen gewährt X. 25% mehr Samstage als die gesetzlichen Anforderungen lt. § 17 IV Bundesladenschlussgesetz es vorschreiben.

- Werden die freien Samstage und die Urlaubswochen über das kommende Jahr abgestimmt und geplant, hat der Markt die Möglichkeit, während der Saison und in der Ferienzeit eine bessere Samstagsabdeckung zu erreichen. Die Mitarbeiter können gezielt nach freien Samstagen fragen und haben somit die Möglichkeit, familiärer Anlässe besser zu berücksichtigen.

- Wünschen von Mitarbeitern nach einem fixen freien Tag können Sie gerne entgegenkommen, solange es sich nicht um den Samstag dreht."

Der Samstag ist der mit Abstand umsatzstärkste Tag im Baumarkt der Beklagten. Samstags erzielt der Markt im Schnitt etwa 40% mehr Umsatz als an einem der übrigen Wochentage. Im Schnitt wird der Markt an Samstagen von 1.000 Kunden mehr als an einem übrigen Wochentag besucht. Samstags setzt die Beklagte 25-30% mehr Mitarbeiter ein. Für Mitarbeiter, die verbindlich zur Samstagsarbeit eingeteilt sind, besteht die Möglichkeit, untereinander den Dienst zu tauschen.

Die im Juni 2008 geborene Tochter der Klägerin geht nach der Schule zu einer Tagesmutter und muss dort spätestens um 16:00 Uhr abgeholt werden. Alle zwei Wochen - in den ungeraden Wochen - holt der Kindesvater die Tochter freitags bei der Tagesmutter ab und nimmt sie über das Wochenende zu sich. Die Klägerin behauptet, dass sie in geraden Kalenderwochen samstags keine Möglichkeit habe, die Betreuung ihrer Tochter sicherzustellen. Von April 2014 bis einschließlich Juni 2016 nahm die Beklagte auf die familiären Verhältnisse der Klägerin Rücksicht und setzte sie wunschgemäß samstags nur in ungeraden Wochen ein. Seit Juli 2016 wird die Klägerin vom Marktleiter an Samstagen sowohl in geraden als auch in ungeraden Kalenderwochen zur Arbeit eingeteilt. Damit ist die Klägerin nicht einverstanden.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 08.12.2016 Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie in geraden Kalenderwochen von montags bis freitags in der Zeit von 8:30 bis 15:00 Uhr und in ungeraden Kalenderwochen von montags bis donnerstags in der Zeit von 8:30 bis 15:00 Uhr und freitags und samstags bis 20:30 Uhr zur Ableistung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit einzuteilen.

Die Beklagte hat den Anspruch wegen der gewünschten Lage der Arbeitszeit von montags bis freitags teilweise anerkannt und im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat am 08.12.2016 folgendes Teilanerkenntnis- und Schlussurteil verkündet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in geraden Kalenderwochen von montags bis freitags in der Zeit von 8:30 bis 15:00 Uhr und in ungeraden Kalenderwochen von montags bis donnerstags in der Zeit von 8:30 bis 15:00 Uhr und freitags bis 20:30 Uhr zur Ableistung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit einzuteilen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin könne nicht verlangen, nur an jedem zweiten Samstag zur Arbeit eingeteilt zu werden. Ein derartiger Anspruch ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus dem Manteltarifvertrag. Bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit habe die Beklagten gem. § 106 S. 1 GewO billiges Ermessen walten zu lassen. Die Beklagte habe aufgrund der branchenspezifischen Besonderheiten des Einzelhandels ein berechtigtes betriebliches Interesse daran, die Klägerin nicht nur an jedem zweiten Samstag einzusetzen. Die Beklagte müsse wegen des erhöhten Kundenaufkommens samstags mehr Personal einsetzen als von montags bis freitags. Dabei nehme die Beklagte auf die Freizeitinteressen ihrer Belegschaft Rücksicht, weil sie samstags nicht 40% mehr Personal einsetze, sondern lediglich 25-30%. Zugunsten der Klägerin sei ihre familiäre Situation als alleinerziehende Mutter einer 8-jährigen Tochter zu berücksichtigen. Die Betreuung der Tochter durch den Kindesvater sei nur an jedem zweiten Samstag gewährleistet. Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen überwögen die Interessen der Beklagten. Sie habe seit April 2014 und damit über zwei Jahren auf die Klägerin Rücksicht genommen. Diese Rücksichtnahme sei ihr nicht mehr zumutbar, weil es in der Belegschaft zu Unmutsäußerungen gekommen sei. Die Klägerin habe dies zwar bestritten. Der bestehende Unmut werde aber bereits daraus deutlich, dass die Klägerin keine tauschwilligen Arbeitskollegen für ihre Samstagsdienste finde. Die Klägerin habe mit ihren privaten Problemen keinen Rückhalt mehr in der Belegschaft. Die Beklagte müsse auf diese Situation reagieren, um eine Störung des Betriebsfriedens zu vermeiden. Zudem habe sie durch ihr langes Zuwarten der Klägerin hinreichend Gelegenheit gegeben, die Betreuungssituation für ihre Tochter an Samstagen zu regeln. Wegen weiterer Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 08.12.2016 Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das am 03.11.2016 zugestellte Urteil mit am 30.11.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 02.01.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie macht geltend, bei Abwägung der gegenseitigen Interessen sei zu ihren Gunsten zu entscheiden. Es sei der Beklagten zumutbar, weiterhin auf ihre Belange als alleinerziehende Mutter Rücksicht zu nehmen. Die Beklagte dürfe keine Anordnungen treffen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf behinderten. Sie habe bereits erstinstanzlich bestritten, dass in der Belegschaft Unmutsäußerungen aufgekommen seien. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass sich der Unmut daran ablesen lasse, dass sie keinen Arbeitskollegen mehr finde, der bereit sei, den Samstagsdienst mit ihr zu tauschen, sei nicht nachvollziehbar. Sie sei in der Vergangenheit nicht darauf angewiesen gewesen, einen Tauschpartner zu finden. Da Arbeitnehmer in der Regel samstags frei haben möchten, sei ein Tausch schon aus diesem Grund generell schwierig. Sie habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass sie etwa sechs weitere freie Samstage im Jahr begehre. An diesen Tagen müssten - wie in der Vergangenheit auch - andere Mitarbeiter tätig werden. Bei 18 Kassierern bedeute dies, dass jeder in einem Zeitraum von drei Jahren einen zusätzlichen Samstag arbeiten müsse. Es sei nicht vorstellbar, dass dies den Betriebsfrieden störe. Unstreitig nehme die Beklagte auf die gesundheitlichen Probleme einer Mitarbeiterin (Frau St.) Rücksicht. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb diese Rücksichtnahme bei familiären Problemen nicht möglich sein soll.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.12.2016, Az. 8 Ca 1314/16, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie ausschließlich in ungeraden Kalenderwochen samstags bis 20:30 Uhr zur Ableistung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit einzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, von der Beklagten ausschließlich in ungeraden Kalenderwochen samstags zur Arbeitsleistung herangezogen zu werden. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt zu einer abweichenden Entscheidung keine Veranlassung.

1. Die Klägerin hat keinen einzelvertraglichen Anspruch auf eine bestimmte zeitliche Lage der Arbeitszeit. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Parteien zuletzt am 11.11.2010 (zwei Jahre nach der Geburt der Tochter der Klägerin) geändert haben, ist nicht festgelegt worden, dass die Klägerin von der Beklagten ausschließlich an Samstagen in ungeraden Kalenderwochen zur Arbeit eingeteilt werden darf. Die Parteien haben zwar die Arbeitszeit der Klägerin auf 60% einer Vollzeitkraft verringert, sie haben jedoch keine konkreten Festlegungen zu freien Samstagen getroffen. Es ist im Gegenteil geregelt worden, dass die Arbeitszeit ungleichmäßig entsprechend den gesetzlichen Ladenöffnungszeiten auf die Werktage Montag bis Samstag verteilt wird. Hierin kommt klar zum Ausdruck, dass die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit weiterhin Teil des Direktionsrechts der Beklagten sein sollte.

2. Auch der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin mit Rücksicht auf ihre persönliche Situation von April 2014 bis einschließlich Juni 2016 nur an ungeraden Samstagen zur Arbeit eingeteilt hat, führt für sich genommen nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrags. Es ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig aber keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (st. Rspr., vgl. zB BAG 10.12.2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.

3. Aus dem Ladenschlussgesetz des Bundes (LadSchlG) kann die Klägerin keinen Anspruch darauf herleiten, maximal an 26 Samstagen im Kalenderjahr (nur in ungeraden Wochen) arbeiten zu müssen. Nach § 17 Abs. 4 LadSchlG können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden. Danach besteht ein Anspruch auf 12 freie Samstage im Kalenderjahr. Auch nach § 13 Abs. 3 des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz (LadöffnG) besteht lediglich ein Anspruch auf einen freien Samstag in jedem Kalendermonat. Mit diesen Regelungen zur Freistellung an Samstagen haben sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber dafür Sorge getragen, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbar sind (vgl. zum Thüringer Ladenöffnungsgesetz BVerfG 14.01.2015 - 1 BvR 931/12).

4. Die Klägerin hat auch aus dem Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, keinen Anspruch darauf, nur an Samstagen in ungeraden Kalenderwochen arbeiten zu müssen. In § 5 Abs. 6 des Manteltarifvertrags ist geregelt, dass in Betrieben mit einer Ladenöffnungszeit von montags bis freitags nach 18:30 Uhr und samstags nach 16:00 Uhr Arbeitnehmer/innen von einer Beschäftigung montags bis freitags nach 18:30 Uhr und/oder samstags nach 16:00 Uhr auf deren Verlangen auszunehmen sind, für die aus dringenden persönlichen Gründen die Teilnahme an der Spätöffnung nicht zumutbar ist. Darum geht es hier nicht. Die Klägerin will nicht von der Spätöffnung ausgenommen werden, sondern generell an 26 Samstagen im Kalenderjahr (in geraden Wochen) nicht zur Arbeitsleistung herangezogen werden.

5. Auch aus der Konzernrichtlinie der Beklagten folgt kein Anspruch der Klägerin auf die gewünschte Lage der Arbeitszeit. Nach Ziff. 2.5. gewährt die Beklagte ihren Beschäftigten maximal 15 freie Samstage im Kalenderjahr. Die Arbeitnehmer sind im Umkehrschluss verpflichtet, jährlich an maximal 37 Samstagen (52-15) zu arbeiten.

6. Ein Anspruch der Klägerin auf 26 freie Samstage im Kalenderjahr folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Soweit die Beklagte einer Arbeitnehmerin (Frau St.) aus gesundheitlichen Gründen mehr als 15 freie Samstage im Jahr gewährt, kann die Klägerin daraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Die Begünstigung der Arbeitnehmerin St. bei der Einteilung zu Samstagsdiensten erfolgt aus gesundheitlichen Gründen. Das ist sachlich vertretbar und rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung.

7. Ein genereller Anspruch der Klägerin darauf, an Samstagen in geraden Wochen nicht arbeiten zu müssen, folgt schließlich nicht aus § 106 Satz 1 GewO.

Der Arbeitgeber kann gem. § 106 Satz 1 GewO ua. die Lage der Arbeitszeit nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung -wie hier- nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Die billigem Ermessen entsprechende Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber verlangt nach ständiger Rechtsprechung eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (vgl. BAG 16.12.2014 - 9 AZR 915/13 – Rn. 20 mwN).

Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensausübung der Beklagten, wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin generell 26 freie Samstage im Kalenderjahr zu gewähren.

Es ist unstreitig, dass der Samstag der mit Abstand umsatzstärkste Tag im Baumarkt der Beklagten ist. Samstags erzielt der Markt durchschnittlich 40% mehr Umsatz als an einem der übrigen Wochentage. Im Schnitt wird der Markt an Samstagen von 1.000 Kunden mehr als an einem der übrigen Wochentag besucht. Es besteht deshalb aus unternehmerischer Sicht die Notwendigkeit, gerade samstags besonders viele Mitarbeiter im Kassenbereich einzusetzen. Dem unternehmerischen Belang, den Kassierern nicht mehr als 15 freie Samstage im Jahr zu gewähren, kommt besonderes Gewicht zu. Dem berechtigten betrieblichen Interesse der Beklagten, auch die Klägerin an max. 37 Samstagen (52-15) im Kalenderjahr als Erstkassiererin einsetzen zu können, steht auf Seiten der Klägerin das Interesse gegenüber, nur an ungeraden Samstagen arbeiten zu müssen. Sie macht - ohne dies näher zu begründen - geltend, dass es ihr in geraden Kalenderwochen samstags nicht möglich sei, die Betreuung ihrer im Juni 2008 geborenen Tochter sicherzustellen. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer auf Befragen keinen Grund dafür benennen, weshalb es dem Kindesvater, der nach ihrem Vortrag als selbständiger Handwerker tätig ist, nicht möglich sein sollte, seine Tochter noch an weiteren 11 Samstagen (52-26-15) im Kalenderjahr selbst zu betreuen oder für eine anderweitige Betreuung zu sorgen. Ihr Vortrag erschöpft sich in der bloßen Behauptung, dass dem so sei. Im Hinblick darauf, dass auch die Arbeitskollegen der Klägerin, was sie selbst einräumt, ein erhebliches Interesse an freien Samstagen haben, überwiegt das Interesse der Beklagten, die Klägerin nicht generell von der Samstagsarbeit in geraden Wochen auszunehmen. Hinzu kommt, dass die Beklagte auf die schutzwürdigen Belange der Klägerin durch ihr Teilanerkenntnis Rücksicht genommen hat. Sie hat sich verpflichtet, die Klägerin in geraden Wochen montags bis freitags nur in einem Zeitfenster von 8:30 bis 15:00 Uhr einzusetzen und in ungeraden Wochen montags bis donnerstags in der Zeit von 8:30 bis 15:00 Uhr und freitags bis 20:30 Uhr, obwohl sie auch abends Erstkassierer mit Tresorverantwortung benötigt. Damit hat die Klägerin an fünf Werktagen Planungssicherheit, um die Betreuung ihrer Tochter sicherzustellen, obwohl sie nach den Regelungen im Manteltarifvertrag (§ 5 Abs. 6) montags bis freitags erst für die Zeit ab 18:30 Uhr die Teilnahme an der Spätöffnung ablehnen könnte. Im Übrigen hat die Klägerin die Möglichkeit, wenn sie vom Marktleiter verbindlich zur Samstagsarbeit eingeteilt wird, mit ihren Arbeitskollegen zu tauschen. Selbst wenn die Klägerin einzelfallbezogen in Zukunft keine Möglichkeit haben sollte, die Betreuung ihrer Tochter an einem konkreten Samstag sicherzustellen, so dass die Beklagte im Rahmen einer Interessenabwägung verpflichtet sein könnte, die Klägerin freizustellen, rechtfertigt dies nicht, die Ermessensausübung der Beklagten für jeden zweiten Samstag generell einzuschränken.

III.

Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).



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