Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 8 Ca 1473/97

Feuerwehrzulage

Durch die Feuerwehrzulage soll gerade ein Ausgleich für die Risiken für Leben und Gesundheit geschaffen werden, denen diejenigen ausgesetzt sind, die direkt einen Brand- bzw. Katastrophenfall bekämpfen .

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 8.722,80 festgesetzt. 

Tatbestand 

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Zahlung der sog. Feuerwehrzulage gemäß der Sonderregelung 2x Nr. 2 Abs. 2 BAT.

Der Kläger ist seit 1995 bei der beklagten Stadt Speyer als Angestellter im Ordnungsamt in der Feuerwache beschäftigt. Er arbeitet dabei überwiegend im Schichtdienst rund um die Uhr in der Feuerwehreinsatzzentrale der Stadt Speyer. Dabei hat er Notrufmeldungen entgegenzunehmen und für die Alarmierung der Feuerwehr und der Rettungsdienste zu sorgen. Hinzu kommen Wartungstätigkeit bzgl. der für die Feuerwehr notwendigen Gerätschaften sowie administrative Tätigkeiten. Der Kläger, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, ist darüber hinaus verpflichtet, im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beklagten sich für den Einsatz im Rahmen des Brand- und Katastrophenschutzes weiterzuqualifizieren sowie an Einsätzen vor Ort teilzunehmen. Im Jahre 1995 war er an 12 von 144, im Jahre 1996 an 22 von 130 Einsätzen beteiligt. Die Stadt unterhält keine Berufsfeuerwehr. Der Kläger ist bei der Beklagten gemäß der Eingruppierungsbestimmung für Angestellte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst nach Vergütungsgruppe 2x BAT eingruppiert. Mit seiner - im Hinblick auf gleichermaßen beschäftigte Kollegen als „Musterverfahren“ betriebenen - Klage begehrt der Kläger die Zahlung der sog. Feuerwehrzulage gemäß der Anlage 2x zum BAT „Sonderregelungen für Angestellte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst (SR 2x BAT)“. Diese bestimmen in Nr. 2 Abs. 2: „Angestellte im Einsatzdienst erhalten eine Zulage unter den gleichen Voraussetzungen, in der gleichen Höhe und in dem gleichen Umfang, wie sie die entsprechenden vergleichbaren Beamten des Arbeitgebers nach Nr. 10 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes erhalten (Feuerwehrzulage).“ Der Kläger ist der Auffassung, ein Anspruch auf Zahlung dieser Zulage ergäbe sich daraus, daß er als Angestellter im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst einzustufen sei. Da die Stadt unbestrittenermaßen bei Brand- und Katastrophenschutzeinsätzen primär auf diejenigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zurückgreift, die zugleich bei ihr hauptamtlich beschäftigt sind, halte die Beklagte zudem eine „versteckte Berufsfeuerwehr“. Die Beklagte umgehe letztlich zwingende tarifliche Vorschriften, wenn sie ihn zu Einsätzen vor Ort verpflichtet, dann aber geltend macht, dieser Einsatz erfolge im Rahmen seiner Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr. 

Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.04.1996 die Zulage gemäß Nr. 2 Abs. II SR 2x BAT zu bezahlen. 

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Zur Begründung verweist sie darauf, dass die beanspruchte Zulage nur Angestellten im Einsatzdienst zustehe, d.h. solchen die in ihrer Eigenschaft als kommunaler Angestellte unmittelbar im Brandbekämpfungs- und Hilfeleistungsdienst eingesetzt werden. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Soweit dieser nämlich - unbestrittenermaßen während der Arbeitszeit - an Einsätzen vor Ort teilnimmt, erfolge dies ausschließlich aufgrund seiner Eigenschaft als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen, da im vorliegenden Rechtsstreit eine Körperschaft des öffentlichen Rechts verklagt ist. Von einer solchen ist zu erwarten, dass sie im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung ihren festgestellten Pflichten ohne weiteres nachkommt.

Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Kläger die nach Nr. 2 Abs. 2 der Sonderregelung für Angestellte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst, für die Gewährung der Feuerwehrzulage erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Es handelt sich bei ihm nämlich nicht um einen Angestellten im Einsatzdienst. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 06.08.1997 (10 AZR 167/97) zu dem insofern wortgleichen BAT-Ost entschieden hat, folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang und deren Sinn und Zweck, dass die tariflichen Begriffe „Feuerwehrtechnischer Dienst“ und „Einsatzdienst“ zu unterscheiden sind. Zum Einsatzdienst zählen - wie sich auch aus den beamtenrechtlichen Vorschriften ergibt, auf die der BAT verweist - nur diejenigen, die aktiv am Brand- bzw. Katastrophenort tätig werden. Denn durch die Feuerwehrzulage soll gerade ein Ausgleich für die Risiken für Leben und Gesundheit geschaffen werden, denen diejenigen ausgesetzt sind, die direkt einen Brand- bzw. Katastrophenfall bekämpfen (a.a.O., II. 3.). Der Kläger ist deshalb kein Angestellter im Einsatzdienst i.S.d. der SR 2x BAT, weil seine Tätigkeit im Rahmen der Einsatzzentrale nicht mit derartigen Gefahren für Leib und Leben verbunden ist. Zur weiteren Begründung kann auf die Gründe des vorgenannten BAG-Urteils verwiesen werden, das von der Beklagten zur Gerichtsakte gereicht und auch in der mündlichen Verhandlung besprochen wurde. Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Zulage ergibt sich auch nicht aus dem - im Kammertermin primär erörterten - Umstand, dass die Beklagte den Kläger - unstreitig - zu Einsätzen heranzieht. Denn er hat an diesen Einsätzen nicht als Angestellter der Stadt, sondern als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr teilzunehmen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die beklagte Stadt damit faktisch eine „versteckte Berufsfeuerwehr“ unterhält, um die Formulierung seines Prozessbevollmächtigten im Kammertermin aufzugreifen. Diese Vorgehensweise der Beklagten stellt jedoch keine Umgehung tarifrechtlicher Bestimmungen dar, sondern steht vielmehr im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen der Stadt. Brandbekämpfung ist schon historisch gesehen primär eine - im eigenen Interesse wahrgenommene - Aufgabe der Gemeindebürger, an deren Erfüllung die Gemeinde als Gebietskörperschaft nur subsidiär beteiligt war. Mit der zunehmenden Wirtschaftskraft der Gemeinden haben diese zwar die Brandbekämpfung mehr und mehr in eigene Regie übernommen, womit auch eine erhebliche Verbesserung des Brandschutzes einherging. In tatsächlicher Hinsicht mag die Brandbekämpfung sich daher heutzutage als eine kommunale Dienstleistung wie die Unterhaltung einer Gemeindehalle darstellen. In rechtlicher Hinsicht bestehen jedoch entscheidende Unterschiede. Im Bereich des Brandschutzes sind öffentlich-rechtliche Körperschaften und Ämter nach wie vor subsidiär tätig. Dies ergibt sich schon aus § 1 Abs. 4 des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (LBKG), in dem es heißt: „Der Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und der Katastrophenschutz sollen die Selbsthilfe der Bevölkerung durch im öffentlichen Interesse gebotene behördliche Maßnahmen ergänzen.“ Dementsprechend haben die Gemeinden nach dem Gesetz grundsätzlich auch keine Berufsfeuerwehr aufzustellen, sondern gemäß § 3 Abs. 1 LBKG nur eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende Feuerwehr aufzustellen und die Selbsthilfe der Bevölkerung zu fördern. Mit diesen Subsidiaritätsgrundsätzen korrespondiert die sich aus § 12 Abs. 2 LBKG ergebende - verfassungskonforme (vgl. Art. 21 Landesverfassung) - Verpflichtung aller Einwohner vom 18. bis 60. Lebensjahr zur Teilnahme am ehrenamtlichen Feuerwehrdienst. Mit seinen Einsätzen bei der Brandbekämpfung erfüllt der Kläger - dankenswerterweise - gerade diese gesetzliche Verpflichtung. Ohne seine Verdienste durch dieses Engagement im geringsten schmälern zu wollen, ist aus rechtlicher Sicht doch darauf hinzuweisen, dass er zu diesen Einsätzen gemäß § 9, Abs. 3 S. 2 LBKG auch zwangsweise herangezogen werden könnte. Deshalb ergibt sich aus der entsprechenden Weisung des Oberbürgermeisters an den Kollegen Sold ebenso wenig, dass die Stadt Speyer die Freiwillige Feuerwehr als eine Berufsfeuerwehr unterhielte. Denn Freiwillige Feuerwehr ist nach der Legaldefinition des § 9 Abs. 1 S. 2 LBKG eine „aus ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen“ bestehende Feuerwehr. Auch eine Feuerwehr, die ausschließlich aus zwangsweise herangezogenen Ehrenbeamten besteht, ist demnach entgegen dem Sprachsinn eine „Freiwillige“ Feuerwehr. Deshalb ist es vorliegend auch unerheblich, inwiefern die Stadt in der Feuerwache nur Angestellte beschäftigt, die zugleich Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr sind, bzw. umgekehrt alle ihre dortigen Angehörigen zum Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr verpflichtet. 

Auch aus der bevorzugten Heranziehung gerade des Klägers und seiner Kollegen ergibt sich nichts anderes. Es ist insbesondere nicht gleichheitswidrig, sondern sachgerecht, daß die Stadt, vertreten durch den Oberbürgermeister, dem die Feuerwehr gemäß § 14 Abs. 1 LBKG untersteht, für Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr primär auf die Angestellten der Feuerwache zurückgreift, denn diese sind als hauptamtliche Gerätewarte, Einsatzzentralenmitarbeiter usw. regelmäßig besser qualifiziert als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, die andersgearteten Berufen nachgehen. Nach alledem erweist sich die Handhabung der Brandwehr seitens der Beklagten nicht nur als öffentlich-rechtlich zulässig. Vielmehr erfüllt die Stadt damit ihre Verpflichtungen aus dem Brand- und Katastrophenschutzgesetz in recht- und zweckmäßiger Weise. Die „versteckte Berufsfeuerwehr“ entspricht gerade Sinn und Zweck diese Gesetzes. Die Beklagte umgeht deshalb auch nicht das Tarifrecht, wenn durch diese Organisation ausgeschlossen wird, dass Angestellte von ihr - auch soweit sie im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst beschäftigt werden - die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 2 Abs. 2 SR 2x BAT erfüllen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Als Streitwert war gemäß § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG der Wert des dreijährigen Bezugs der begehrten Feuerwehrzulage anzusetzen. 



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