Arbeitsgericht Koblenz

Urteil vom - Az: 12 Ca 1058/99

Eingruppierungsfeststellungsklage

Der von einer Angestellten im Sozialamt auszuübende Arbeitsvorgang „Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen“ erfüllt nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 1 b.

I. Die Klage wird abgewiesen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten um eine Höhergruppierung der Klägerin. Die am 30. Januar 1940 geborene Klägerin, die seit 1954 als Verwaltungsangestellte bei der Beklagten beschäftigt ist, ist innerhalb des Sachgebiets „Soziales“ bei der Beklagten verantwortlich für die sozialhilferechtlichen Fälle in den Ortsgemeinden ... und .... Die Vergütung der Klägerin richtet sich nach der allgemeinen Vergütungsordnung für die Gemeinden (Anlage 1 a zum BAT VKA, im folgenden kurz: BAT). Seit 1993 wird die Klägerin nach Vergütungsgruppe V b BAT vergütet. Nach einer Stellenbewertung der Beklagten vom 30. April 1993 (Bl. 4 der Gerichtsakte) ist die Klägerin nach Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 1 a, BAT zu vergüten.

Die Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 1a lautet:
 „Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.“

Zu einer von der Klägerin vorgelegten Stellenbeschreibung (Bl. 5 ff. d.A.) nahm die Beklagte mit Schreiben vom 05. November 1996 (Bl. 44 d.A.) Stellung. Mit Schreiben ihrer Prozessvertreter erläuterte die Klägerseite ihren Antrag auf Höhergruppierung (Bl. 40 ff. der Gerichtsakte). 

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin die begehrte Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b weiter.

Diese Fallgruppe lautet:
„Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist, nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b“. Die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b lautet: „Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus Buchstabe a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.“

Die Klägerin trägt vor,
sie habe mit Schreiben vom 03. Januar 1996 erstmals ihre Eingruppierung nach Vergütungsgruppe IV b BAT beantragt. Der Anteil an besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten an ihrer Arbeitszeit betrage 52,11 %. Die Beklagte sei so aufgebaut, dass zum Geschäftsbereich II, deren Leiter Oberamtsrat ... sei, unter andrem das Sachgebiet Soziales gehöre. Hierzu gehöre der Bereich Sozialhilfe, in dem die Klägerin, der Verwaltungsangestellte ... und der Verwaltungsangestellte ...tätig seien. Herr ... und sein Stellvertreter Herr ... würden nahezu nie Aufgaben der Sozialhilfe erledigen. Die Klägerin sei innerhalb ihres Aufgabengebietes selbst zeichnungsberechtigt. Sie unterzeichne Sozialhilfebescheide (Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen und einmalige Sozialhilfeleistungen). Sie unterzeichne weiter Schriftstücke, mit denen Unterhaltspflichtige, Erben oder zum Kostenersatz wegen schuldhaften Verhaltens Verpflichtete herangezogen werden. Darüber hinaus fertige sie Stellungnahmen zu Widersprüchen gegenüber dem Kreisrechtsausschuss. Ein Arbeitsvorgang sei die Bearbeitung einer Bedarfsgemeinschaft. 1998 habe sie insgesamt 114 Bedarfsgemeinschaften bearbeitet, davon seien 8 Widerspruchsverfahren gewesen, insgesamt 32 Kostenerstattungsfälle und in 47 Fällen seien Unterhaltspflichtige herangezogen worden. Dadurch ergebe sich ein prozentualer Anteil von 6,23 % für Widerspruchsverfahren, 25,26 % für Kostenerstattungsfälle und 34,21 % an reinen Unterhaltsfällen.  

Ihre Tätigkeit sei deshalb von besonderer Bedeutung, da die Sozialhilfe vor allem auf den Verfassungsgeboten des Schutzes der Menschenwürde und der Sozialstaatlichkeit beruhe. Die besondere Bedeutung ergebe sich auch aus den Kosten der Sozialhilfe und der Bedeutung der Sozialhilfe für die persönliche und wirtschaftliche Existenz der Sozialhilfeempfänger. Nach § 3 BSHG sei der Einzelfall maßgeblich, nach § 4 Abs. 2 BSHG würden Entscheidungen nach pflichtgemäßen Ermessen getroffen. Auf Grund des § 5 BSHG erhöhe sich die Verantwortung der zuständigen Angestellten wegen der Gewährung der Sozialhilfe von Amts wegen. Besonders verantwortungsvoll sei ihre Tätigkeit in Widerspruchsverfahren, in Kostenerstattungsfällen und in Unterhaltsfällen.

In den Widerspruchsfällen führe sie eine Abhilfeprüfung durch und erörtere die Angelegenheit mit den Widerspruchsführern. Dies führe oftmals zu einer Rücknahme des Widerspruchs. In anderen Fällen fertige sie selbständig einen Abhilfebescheid. Könne dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, fertige sie eine Stellungnahme, die dem Kreisrechtsausschuss vorgelegt werde. Sie vertrete die Beklagte in den Verhandlungen der Widersprüche vor dem Kreisrechtsausschuss. Ihr Vorgesetzter Herr ... nehme im Einzelfall auch an den Sitzungen des Kreisrechtsausschusses teil. Er überlasse Ausführungen zur Sache aber stets ihr. In den Kostenerstattungsfällen mache sie gegenüber anderen Sozialhilfeträgern die Erstattung der geleisteten Sozialhilfe geltend. Andererseits prüfe sie, ob Erstattungsansprüche anderer Sozialhilfeträger berechtige. In den Fällen nach § 92 BSHG prüfe sie, ob grob fahrlässiges Verhalten eines Unterhaltspflichtigen die unterhaltsberechtigten Angehörigen zum Bezug von Leistungen nach dem BSHG berechtigt seien. Dabei sei zu klären, ob zwischen dem schuldhaften Verhalten und Gewährung von Sozialhilfe ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Gleiches gelte für die Frage, ob vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorliege. Zu ihrem Aufgabengebiet gehöre es auch, etwaige Ansprüche wegen Kostenersatz gegen Erben nach § 92 c BSHG geltend zu machen. In den Unterhaltsfällen habe sie den Anspruch gegen Unterhaltspflichtige durch Forderungsschreiben geltend zu machen. Hierzu sei eine rechtswahrende Mitteilung an die Unterhaltspflichtigen über die Sozialhilfegewährung nach § 91 Abs. 3 BSHG vorzunehmen, die den Übergang des Unterhaltsanspruchs bewirke. Erfolge keine Zahlung, seien die offenstehenden Forderungen unter Fristsetzung anzumahnen. Dabei seien die vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen anzudrohen und gegebenenfalls anzuwenden. Bei Vollzug der Vollstreckungsmaßnahmen sei insbesondere der entsprechende Auftrag dem Gerichtsvollzieher zu erteilen. Im Einzelfall sei die Umschreibung vollstreckbarer Ausfertigungen von Titeln nach § 727 ZPO bei den Gerichten zu beantragen. In dem vorgenannten Bereich würden die Bearbeitungen von ihr eigenverantwortlich und abschließend durchgeführt und ihr sei seit Jahren die Unterschriftsbefugnis erteilt. 

Ihr sei ein Mitarbeiter unterstellt, der die sozialhilferechtlichen Bearbeitungen für sie vorbereite. Diese Bearbeitungen würden dann von ihr geprüft und unterzeichnet. Sie benötige daher zur Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Die Vielzahl der anzuwendenden Gesetze würden zu der Annahme nötigen, dass ihre Tätigkeit neben gründlichen auch vielseitige Fachkenntnisse verlange. Sie erbringe auch selbständige Leistungen. Dies ergebe sich schon aus ihrer Befugnis, die Bearbeitung nicht nur unterschriftsreif zu erstellen, sondern auf dem Bescheid zu unterzeichnen. Da in vielen Fällen ein erheblicher Ermessensspielraum bestehe, müsse sie regelmäßig, intensiv und eigenständig Überlegungen anstellen, welche Ergebnisse zu erzielen seien. Von ihr werde eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung verlangt. Dies gehe nicht ohne eigene Initiative. Das Ergebnis müsse von ihr selbständig ermittelt werden. 

Dass ihre Tätigkeit auch durch besondere Verantwortung herausgehoben sei, gründe darin, dass sie insbesondere im Widerspruchsverfahren intensive Fachkenntnisse des Sozialhilferechts benötige sowie daraus, dass sie ihren Dienstherrn vertrete. Eine solche Vertretung des Dienstherrn werde gegenüber Dritten auch wahrgenommen, wenn Kostenersatz geltend gemacht werde oder wenn Unterhaltspflichtige in Anspruch genommen würden. Die Teilnahme am Lehrgang zur Erlangung der zweiten Angestelltenprüfung sei ihr aus dienstlichen Gründen verwehrt worden. 

Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.01.1996 aus der Vergütungsgruppe BAT IV b zu vergüten; 

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweiligen Nettodifferenzbeträge zwischen der Vergütungsgruppe V b zuzüglich Zulage und der Vergütungsgruppe IV ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,
die Klägerin habe nach den Unterlagen der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 um Neubewertung ihrer Stelle und höhere Eingruppierung gebeten. Sie weist auf die tarifliche Ausschlussfrist des § 70 BAT hin. Sie trägt weiter vor, der Vortrag der Klägerin genüge nicht den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast. Die beiden anderen Mitarbeiter im Bereich Sozialhilfe stünden der Klägerin nicht zur Seite, sondern seien vielmehr Sachbearbeiter, die eigenständig unterschiedliche Aufgabengebiete wahrnehmen würden. Der Vorgesetzte der Klägerin, Herr ... und sein Vertreter ..., würden zwar grundsätzlich keine laufenden Aufgaben der Sozialhilfe erledigen, schwierige Fälle (z. B. Widerspruchsverfahren und sonstige Rechtsstreitigkeiten) würden dem Geschäftsbereichsleiter aber vorgelegt, der letztendlich die Entscheidung treffe.

Die Unterschriftsbefugnis der Klägerin deute keineswegs auf eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit hin. Zeichnungs- bzw. unterschriftsberechtigt seien auch Sachbearbeiter, die unterhalb der Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert seien. Die Stellungnahmen zu Widersprüchen gegenüber dem Kreisrechtsausschuss würden von der Klägerin nach Rücksprache bzw. in Abstimmung mit dem Geschäftsbereichsleiter gefertigt. Nachfolgende Schriftstücke würden jedoch vom Geschäftsbereichsleiter unterzeichnet. Aus der Anzahl der von der Klägerin bearbeiteten Bedarfsgemeinschaften, könnten keinerlei Hinweise für einen tariflichen Eingruppierungsanspruch gezogen werden. Aus den Zahlenangaben der Klägerin sei weder die tatsächlich auszuübende Tätigkeit zu entnehmen, noch sei die tarifliche Wertigkeit dieser Tätigkeiten erkennbar. Die von der Klägerin ermittelten Prozentzahlen seien nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht diejenigen der vermeintlich besonders verantwortlichen Fallbearbeitung. Aus den Kosten der Sozialhilfe könne nicht geschlussfolgert werden, dass diese Tätigkeit der Klägerin besonders verantwortungsvoll sei. Denn dann müssten alle Sachbearbeiter, die über öffentliche Gelder verfügen und Zahlungsanweisungen tätigen würden, in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert werden. Dass im Rahmen der Sozialhilfesachbearbeitung grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden werden müsse, sei allenfalls ein Hinweis auf selbständige Leistungen im tariflichen Sinne und würde bei vorausgesetzten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c/V b BAT rechtfertigen. Auch bestehe nach § 4 Abs. 1 BSHG ein Anspruch auf Sozialhilfe, soweit dieses Gesetz bestimme, dass die Hilfe zu gewähren sei. Nach § 4 Abs. 2 BSHG sei über Form und Maß der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, soweit dieses Gesetz das Ermessen nicht ausschließe. Dies sei aber in den überwiegenden Fällen gegeben, da z. B. die Hilfe zum Lebensunterhalt nach Regelsätzen gewährt werde, die kein Ermessen einräumten.

Im Hinblick auf die Verhandlung von Widersprüchen würden die entsprechenden Bescheide vom Geschäftsbereichsleiter unterschrieben. Dieser nehme an den Sitzungen des Kreisrechtsausschusses in der Regel teil. Entscheidungen, die dort in der Sache zu treffen seien, würden vom Geschäftsleiter getroffen. Aus der Unterschriftsbefugnis der Klägerin ergebe sich nicht die besondere Verantwortung ihrer Tätigkeit. Jeder Mitarbeiter der Beklagten habe für sein Geschäftsbereich die Befugnis, die sachliche und rechnerische Richtigkeit von Anordnungen festzustellen. Ferner sei vom Geschäftsleiter die Unterschriftsbefugnis für wiederkehrende Vorgänge delegiert worden.

Auch über diese Befugnis verfügten die meisten Mitarbeiter. Der Klägerin sei kein Mitarbeiter unterstellt. Dieser Mitarbeiter, Herr ..., sei ebenfalls ein Sachbearbeiter mit einem Sachgebiet, das jedoch völlig andere Tätigkeitsmerkmale erfordere. Zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b sei im Übrigen gemäß § 25 BAT in Verbindung mit der Anlage 3 (Ausbildungs- und Prüfungspflicht des Angestellten im kommunalen Verwaltungs- und Kassendienst sowie im Sparkassendienst) eine zweite Angestelltenprüfung abzulegen. Die Klägerin habe diese nicht abgelegt und verfüge insofern auch nicht über die subjektiven Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b BAT. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig.

Bei der gewählten Klageart handelt es sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und anerkannt wird und deren Zulässigkeit von der ständigen Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen wird.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) nebst den ihn ändernden oder ergänzenden Bestimmungen Anwendung. Die Klägerin wird zurzeit nach der Vergütungsgruppe V b BAT vergütet.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt sie ihre Höhergruppierung nach der Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1 a zum BAT VKA. Die Eingruppierung der Klägerin ist gemäß § 22 Abs. 2, 1. Unterabsatz BAT davon abhängig, welchen Tätigkeitsmerkmalen die gesamte, von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dabei genügt es, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen den Anforderungen der begehrten Vergütungsgruppe entsprechen, sofern nicht in den einzelnen Tätigkeitsmerkmalen ein geringeres zeitliches Maß bestimmt ist. Die Tätigkeitsmerkmale der hier in Frage stehenden Vergütungsgruppen bauen aufeinander auf. Die Vergütung der Klägerin richtet sich nach der allgemeinen Vergütungsordnungen für die Gemeinden (Anlage 1 a zum BAT). Die insoweit in Betracht kommende Tätigkeitsmerkmale sind so angeordnet, dass mit der entsprechenden Steigerung der Vergütungsgruppe auch zusätzliche Qualifikationen bzw. Kenntnisse oder höherwertige Leistungen erbracht werden. Wenn ein Angestellter Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe verlangt, genügt er seiner Darlegungslast nur dann, wenn er zu Beschreibung der von ihm auszuübende Tätigkeit jeweils zu den qualifizierenden Merkmalen Tatsachen vorträgt, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der dazu vorgegebenen Qualifizierungen auch erfüllt sind. Da die Klägerin die tarifliche Mindestvergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT seit dem 01.01.1996 beansprucht, muss sie zur Feststellung dieser Anspruchsgrundlage vortragen, dass innerhalb der bei ihr anfallenden Arbeitsvorgängen in dem tariflich geforderten Maß Tätigkeiten vorliegen, die den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b entsprechend, ihr diese Tätigkeit länger als 4 Jahre vor dem 01.01.1996 übertragen wurde und die Klägerin sich in der vorbeschriebenen Zeit bewährt hat. Vorabentscheidende Frage ist somit zunächst die Feststellung, welche Arbeitsvorgänge aus dem von der Klägerin beschriebenen Tätigkeitsbild ermittelt werden könne. Ein Arbeitsvorgang ist eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichem Gesichtspunkt abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit, der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten. Danach ist nach Auffassung der Kammer die Bearbeitung von Widerspruchsfällen, diejenige von Kostenerstattungsfällen und diejenige von Unterhaltsfällen jeweils als Arbeitsvorgang anzusehen. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass ihre Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen erfordert und zu mindestens einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin für ihre Tätigkeiten gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen erfordert. Jedenfalls hat sie im vorliegenden Fall nicht ausreichend dargelegt, dass ihre Tätigkeit zu mindestens einem Drittel besonders verantwortungsvoll im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b und IV b Fallgruppe 1 b ist. Zumindest hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Bereich Kostenerstattung und Unterhaltsfälle, kann die Kammer aus dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, wieso ihre Tätigkeit insoweit als besonders verantwortungsvoll einzustufen ist. Soweit die Klägerin im Hinblick auf die Kostenerstattungsfälle vorträgt, sie mache gegenüber anderen Sozialhilfeträgern die Erstattung der geleisteten Sozialhilfe geltend und sie prüfe, ob die Erstattungsansprüche anderer Sozialhilfeträger berechtigt seien, sowie sie prüfe in den Fällen nach § 92 BSHG, ob grob fahrlässiges Verhalten eines Unterhaltspflichtigen die unterhaltsberechtigten Angehörigen zum Bezug von Leistungen nach dem BSHG berechtige, lässt der Vortrag der Klägerseite allenfalls darauf schließen, dass sie selbständige Leistungen erbringt. Diese sind jedoch schon Voraussetzung der Eingruppierung nach Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT. Allein daraus, dass es sich um Fragen der Sozialhilfe handelt, die besondere Kosten verursache, kann sich die Einstufung der Tätigkeit der Klägerin als besonders verantwortungsvoll nicht ergeben, da sonst die Vergütungsordnung des BAT für Sozialhilfesachbearbeiter nur Vergütung ab Vergütungsgruppe IV b BAT vorzusehen bräuchte. Im Übrigen ist in einer Vielzahl von Aufgabenbereichen die Tätigkeit der Sachbearbeiter mit hohen Kosten verbunden. So hat auch das LAG Niedersachsen in einer Entscheidung vom 08. März 1995 (4 Sa 2370/94 E) entschieden, dass die Tätigkeit eines Sachbearbeiters der Sozialhilfe im Sozialamt sich nicht aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT dadurch heraushebe, dass sie besonders verantwortungsvoll sei. Auch hinsichtlich der Unterhaltsfälle kann die Kammer dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, dass ihre Tätigkeit insoweit besonders verantwortungsvoll war. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der Unterschriftsbefugnis der Klägerin, da auch teilweise geringer eingruppierten Angestellten Unterschriftsbefugnis für ihren Bereich erteilt ist. Der von einer Angestellten im Sozialamt  auszuübende Arbeitsvorgang „Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen“ erfüllt daher nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 1 b (LAG Hamm, Westfalen vom 20.11.1992 - 18 Sa 424/92). Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat daher nicht dargelegt, dass sie die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b BAT erfüllt.

Das Gericht konnte daher dahingestellt sein lassen, ob die Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate Januar bis April 1996 gemäß § 70 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 BAT nicht innerhalb der Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Die Kammer musste auch nicht entscheiden, ob die Klägerin bereits deshalb nicht die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe I b BAT verlangen kann, da sie die zweite Angestelltenprüfung (§ 25 BAT in Verbindung mit der Anlage 3 Ausbildungs- und Prüfungspflicht der Angestellten im kommunalen Verwaltungs- und Kassendienst sowie im Sparkassendienst) nicht abgelegt hat.

Die Klage konnte daher kein Erfolg haben. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß §§ 61 Abs. 1, 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG auf den dreijährigen Unterschiedsbetrag zwischen der Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT und der begehrten Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT festzusetzen.



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