Landesarbeitsgericht Köln

Urteil vom - Az: 7 Sa 766/12

Arbeitszeitverringerung im Schichtbetrieb

Auch in einem Drei-Schicht-Betrieb kann ein Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverringerung (§8 TzBfG) verlangen. Der organisatorische Aufwand, den eine Arbeitszeitverringerung mit sich bringt, ist für den Arbeitgeber in der Regel zumutbar. Insbesondere führen zusätzlich notwendige Schichtübergaben nicht zur Unzumutbarkeit.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten und Berufungsklägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien haben ursprünglich um eine Forderung des Klägers gestritten, nach Abschluss seiner Elternzeit das arbeitsvertraglich vereinbarte Vollzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des § 8 TzBfG in ein solches mit einer Arbeitszeitverpflichtung von 20 Wochenstunden umzuwandeln, wobei die dann vierstündige tägliche Arbeitszeit in der Frühschicht zwischen 09:00 Uhr und 14:00 Uhr liegen sollte. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien in erster Linie darum, ob sich der Rechtsstreit durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 im Rechtssinne erledigt hat.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die zweite Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, der Klage auf Arbeitszeitverringerung mit der gewünschten Verteilung der Wochenarbeitszeit in vollem Umfange stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.07.2012 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 03.08.2012 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 09.08.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 05.11.2012 am 05.11.2012 begründet.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie dem Wunsch des Klägers auf Arbeitszeitverringerung ausreichende betriebliche Ablehnungsgründe entgegengesetzt habe. Dies habe das Arbeitsgericht Bonn verkannt. So stehe der Teilzeitwunsch des Klägers schon generell dem bei ihr in Vollzeit praktizierten Schichtbetrieb entgegen, da er zu einem nicht zumutbaren Aufwand führe. Nur für den Kläger müssten zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden, was zu einem zeitlichen Verzug bei der Produktion und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führe.

Weiter argumentiert die Beklagte, da der Kläger eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Zeiten von Montag bis Freitag zwischen 09:00 Uhr und 14:00 Uhr beantragt habe, müsse für ihn eine tägliche Pause von einer Stunde angesetzt werden, während sonst eine Pause von 30 Minuten pro Schicht betriebsüblich sei. Auch dies führe zu unzumutbarem Organisationsaufwand.

Es sei auch nicht möglich, den Kläger der Tagschicht im Lagerbereich zuzuordnen. Dies müsse zum einen daran scheitern, dass mit dem Kläger arbeitsvertraglich ausdrücklich eine Tätigkeit als Maschinenführer vereinbart sei. Zum anderen sei es aber auch nicht möglich, im Gegenzug zu einem Einsatz des Klägers im Lager einen im Lager beschäftigten Mitarbeiter auf die Position eines Maschinenführers umzusetzen, wie der Kläger sie innehabe. Im Lager würden nur angelernte Kräfte beschäftigt, die nicht in der Lage seien, die Maschinenführertätigkeit auszuüben oder diese in zumutbarer Zeit zu erlernen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die technischen Anforderungen an die Maschinenführertätigkeit in den letzten 1 ½ Jahren erheblich gestiegen seien und selbst die bereits als Maschinenführer beschäftigten Mitarbeiter wie z. B. der Kläger umfangreiche betriebsinterne Fortbildungsmaßnahmen durchlaufen müssten. Bei dem für den Kläger eingesetzten Elternzeitvertreter habe es sich zwar auch nur um einen angelernten Mitarbeiter gehandelt. Dieser habe aber auf Grund seiner Ausbildung als Kraftfahrzeugmechatroniker genügend technisches Verständnis mitgebracht, um die Maschinenführertätigkeit bewältigen zu können.

Ein freier Arbeitsplatz im Lager sei ebenfalls nicht vorhanden.

Der Einsatz des Klägers als teilzeitbeschäftigter Maschinenführer im Schichtbetrieb führe zu einem unzumutbaren Organisationsaufwand auch dann, wenn die tägliche Arbeitszeit des Klägers von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr festgelegt werde. Das gesamte Konzept der Schichtplanung müsste wegen des Wunsches eines einzelnen Mitarbeiters aufgehoben werden. Andere Mitarbeiter müssten häufiger die Schichten wechseln, was bei diesen zu Unmut führe. Auch die Regelung einer Urlaubsvertretung wäre unzumutbar erschwert. Hinzu komme, dass das Begehren des Klägers sehr wohl auch deshalb Auswirkungen auf Organisation und Arbeitsablauf haben könne, da die von ihm gewünschte Gestaltung seiner Arbeitszeit als Vorbild für andere Mitarbeiter dienen könnte.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.07.2012, Aktenzeichen 2 Ca 645/12 EU, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte

erklärt in erster Linie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt;

für den Fall, dass keine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten sei, beantragt er,

die Berufung gegen Gegenseite zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte verweist darauf, dass die Parteien- unstreitig - auf Veranlassung der Beklagten unter dem 22.08./01.09.2012 einen unbefristeten neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben, welcher seinem Wunsch nach Arbeitszeitverringerung Rechnung trage und eine Arbeitszeit arbeitstäglich in der Frühschicht von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr vorsehe. Ausdrücklich heiße es unter Ziffer 2 dieses Vertrages, dass er "alle zwischen Ihnen und uns geschlossenen früheren Arbeitsverträge ersetzt". Zudem enthalte der Arbeitsvertrag vom 22.08./01.09.2012 gegenüber dem ursprünglichen Arbeitsvertrag noch weitere Änderungen, die mit dem Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nichts zu tun hätten, so z. B. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Rentenbezug, zu Vertragsstrafen, zur Urlaubsgewährung bei unterjährigem Ausscheiden und zu den Geheimhaltungspflichten des Klägers.

Aus seiner Sicht sei daher seinem im vorliegenden Verfahren verfolgten Rechtsschutzbegehren durch den Abschluss des neuen Arbeitsvertrages genüge getan und habe sich der Rechtsstreit deshalb in der Hauptsache erledigt.

Im Übrigen verteidigt der Kläger und Berufungsbeklagte das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Urteil. Der Kläger führt aus, seit Abschluss des neuen Arbeitsvertrages werde er mit anderen Mitarbeitern zusammen bei der Reklamationsbearbeitung eingesetzt. Ansonsten arbeite er an einer laufenden Maschine mit oder fahre eine stehende Maschine an. Die Einweisung in die jeweils anfallenden Arbeiten pro Schicht dauere, wie früher auch, nur wenige Sekunden. Eine Pause müsse bei einer Vier-Stunden-Schicht überhaupt nicht gemacht werden. Die Urlaubs- und Krankheitsvertretung sei auch schon in der Vergangenheit immer so geregelt worden, dass die Mitarbeiter des eigenen Teams den Ausfall des Kollegen kompensierten. Wenn aber schon der Ausfall von Vollzeitmitarbeitern nicht zu Wechseln von Mitarbeitern innerhalb des Schichtsystems führen müsse, sei dies in Anbetracht einer Teilzeittätigkeit erst recht nicht der Fall.

Der Kläger bestätigt, dass die Beklagte derzeit ein umfangreiches, auf Jahre hinaus angelegtes innerbetriebliches Qualifizierungsprogramm für Maschinenführer durchführe. Die Schulungen würden dabei während der Tagschichten durchgeführt und es werde jeweils ein Mitarbeiter für eine Stunde für seine Trainingseinheiten aus der Produktion herausgenommen. Dadurch entstünden ständige Vertretungsaufgaben, mit denen er, der Kläger, bereits auf mehrere Jahre hinaus entsprechend seinem Teilzeitwunsch beschäftigt werden könnte.

Schließlich meint der Kläger, ihm könne auch nicht entgegengehalten werden, dass sein Arbeitszeitwunsch unter Umständen entsprechende Begehrlichkeiten bei anderen Mitarbeitern wecken könnte. Abgesehen davon, dass bisher kein anderer Mitarbeiter einen Teilzeitwunsch geäußert habe und dies auch eher als Ausnahmefall anzusehen sei, komme es für die Beurteilung seines Arbeitszeitbegehrens nicht darauf an, ob gegebenenfalls nur eine begrenzte Anzahl von Teilzeitarbeitsplätzen zumutbar vorgehalten werden könnte.

Die Beklagte und Berufungsklägerin schließt sich der Erledigungserklärung des Klägers und Berufungsbeklagten ausdrücklich nicht an.

Die Beklagte und Berufungsklägerin meint, der Rechtsstreit habe sich in der Hauptsache durch Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 nicht erledigt. Dieser Arbeitsvertrag sei vielmehr lediglich als unmittelbare Folge des erstinstanzlichen Urteils anzusehen, welches noch einer konkretisierenden Umsetzung bedurft habe. Da sie, die Beklagte, mit Schriftsatz vom 07.08.2012 Berufung eingelegt, mit Schriftsatz vom 28.09.2012 um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gebeten und die Berufungsbegründung am 05.11.2012 schließlich auch eingereicht habe, sei für den Kläger ersichtlich gewesen, dass der Abschluss des Arbeitsvertrages nur als erforderliche Maßnahme zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung erfolgt sei und keine dauerhafte Neuregelung hätte beinhalten sollen.

Auf den vollständigen Text des Arbeitsvertrages vom 22.08.2012/01.09.2012 (Anlage K 6, Bl. 159 ff. d. A.) wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.07.2012 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Beklagten konnte jedoch keinen Erfolg haben. Der Rechtsstreit der Parteien um den Arbeitszeitverringerungswunsch des Klägers ist durch Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 in der Hauptsache erledigt. Der Kläger hat eine entsprechende Erledigungserklärung abgegeben und diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nochmals ausdrücklich wiederholt. Nachdem die Beklagte der Erledigungserklärung ausdrücklich entgegengetreten ist, ist der Erledigungserklärung zugleich der konkludente Antrag des Klägers auf Feststellung zu entnehmen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

1. Mit Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 haben die Parteien dem Wunsch des Klägers auf Verringerung seiner Arbeitszeit bei bestimmter Verteilung der Arbeitsstunden auf die Arbeitstage der Frühschicht uneingeschränkt und dauerhaft Rechnung getragen. Das hierauf gerichtete Klagebegehren ist erfüllt. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Rechtsstreits ist damit auf Seiten des Klägers entfallen. Hätte der Kläger den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt, hätte die Klage nunmehr auf Grund des nicht mehr fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen werden müssen.

2. Dagegen kann die Beklagte nicht damit gehört werden, dass der Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 nur der Abwehr einer Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.07.2012 habe dienen sollen.

a. Eine solche Interpretation des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das erstinstanzliche Urteil vom 18.07.2012 keinerlei vollstreckbaren und schon gar nicht einen vorläufig vollstreckbaren Inhalt aufweist und somit eine Zwangsvollstreckung des Klägers aus diesem Urteil gar nicht drohen konnte. Das auf § 8 TzBfG gestützte Klagebegehren des Klägers ist auf Zustimmung der Beklagten zu einer Arbeitsvertragsänderung und damit auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet. Der Vollzug eines solchen Urteils richtet sich nach § 894 Satz 1 ZPO. Dies bedeutet, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils die streitige Willenserklärung als abgegeben fingiert wird. Darüberhinausgehende Folgerungen sind aus einem solchen Urteil nicht abzuleiten. Insbesondere hätte der Kläger auf der Grundlage dieses Urteils auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung eine vorläufige Beschäftigung zu den geänderten Arbeitsbedingungen erzwingen können.

b. Nun erscheint es zwar grundsätzlich anerkennenswert, wenn die Beklagte gewillt war, den Kläger, dem Ergebnis des erstinstanzlichen Urteils folgend, schon vor Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils seinem Klagebegehren entsprechend zu behandeln. Wenn die Beklagte sich dabei aber ihre Rechte aus einer etwaigen späteren Abänderung des erstinstanzlichen Urteils hätte vorbehalten wollen, hätte sie mit dem Kläger eine entsprechende, für die Dauer des Rechtsstreits befristete oder durch die etwaige Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils auflösend bedingte Regelung treffen können und müssen.

c. Dies ist jedoch gerade nicht geschehen.

aa. Die Parteien haben gerade nicht eine auf den Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits beschränkte Regelung der Arbeitszeit getroffen, sondern einen komplett neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen und ihr Arbeitsverhältnis damit insgesamt auf eine vollständig neue Grundlage gestellt.

bb. Der Arbeitsvertrag vom 22.08./01.09.2012 enthält auch weder eine Befristung noch eine auflösende Bedingung. Der gesamte Wortlaut des mehrseitigen Arbeitsvertrages enthält nicht einmal andeutungsweise eine Aussage, die dafür sprechen könnte, dass der Arbeitsvertrag nur vorübergehend gültig sein sollte. Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf aber ebenso wie die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung gemäß §§ 14 Abs. 4, 21 TzBfG der Schriftform. Hieran fehlt es jedoch.

cc. Im Gegenteil: Indem die Parteien in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages ausdrücklich bestimmt haben, dass der Vertrag vom 22.08./01.09.2012 "alle zwischen Ihnen und uns geschlossenen früheren Arbeitsverträge ersetzt", haben sie ausdrücklich verdeutlicht, dass sie ihr gesamtes Arbeitsverhältnis auf eine vollständig neue Grundlage stellen wollten. Auch die in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages weiter enthaltene Anrechnungsklausel über die seit dem 01.07.2006 zurückgelegten Vordienstzeiten wäre bei einer Vereinbarung über eine zeitlich befristete bzw. auflösend bedingte Änderung der Arbeitszeitregelung gänzlich überflüssig gewesen. Ferner haben die Parteien sich auch nicht auf eine Abänderung der Arbeitszeitregelungen beschränkt, sondern diverse andere Punkte ihrer bis dahin bestehenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen abgeändert, die zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits in keinem Bezug stehen.

d. Aus alledem folgt zwingend, dass sich die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien aus ihrem Arbeitsverhältnis seit Abschluss des Vertrages vom 22.08./01.09.2012 nunmehr bis auf weiteres unbefristet und ausschließlich nach diesen Vertragsregeln richtet. Da dieser Vertrag die vom Kläger gewünschte Arbeitszeitverringerung und die dazugehörige Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage enthält, ist dem Klagebegehren des Klägers genüge getan.

3. Die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits, verbunden mit der für die Beklagte nachteiligen Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO, setzt desweiteren voraus, dass die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, also dem Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012, auch zulässig und begründet war. Auch dies ist der Fall.

a. Die zweite Kammer des Arbeitsgerichts Bonn hat in ihrem Urteil vom 18.07.2012 die streitigen Standpunkte der Parteien umfassend und angemessen gewürdigt. Es hat die einschlägige Rechtsprechung, insbesondere auch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG, sorgfältig und sachgerecht ausgewertet und ist dabei mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Klagebegehren stattzugeben sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich das Berufungsgericht die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen.

b. Konzentriert zusammengefasst begründet das Arbeitsgericht seine Entscheidung letztlich damit, dass das Arbeitszeitbegehren des Klägers der Beklagten zwar gewisse organisatorische Anstrengungen abverlangt, dass diese aber keine für die Beklagte nicht mehr zumutbare Intensität erreichen. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsinstanz, die im Wesentlichen in einer Wiederholung der erstinstanzlich bereits vorgebrachten Argumentation bestehen, vermag diese Einschätzung nicht in Frage zu stellen.

aa. So führt die Teilzeitbeschäftigung des Klägers nicht zu unzumutbaren zusätzlichen Schichteinweisungszeiten. Die Schichteinweisung besteht darin, dass der Schichtführer dem einzelnen Mitarbeiter bei Schichtbeginn jeweils konkret und aktuell mitteilt, was er in der folgenden Schicht zu tun hat. Eine solche Einweisung musste dem Kläger auch im Rahmen seiner Vollzeitbeschäftigung erteilt werden, nur zu einem anderen Zeitpunkt. Zudem hat der Kläger nachvollziehbar und letztlich unwidersprochen ausgeführt, dass die entsprechende Einweisung nur wenige Sekunden Dauer in Anspruch nimmt. Die Behauptung der Beklagten, dass durch eine solche Einweisung des Klägers während der für die anderen Maschinenführer bereits laufenden Schicht die Gefahr eines Produktionsstillstandes hervorgerufen werde, entbehrt jeglicher Substantiierung.

bb. Die Ausführungen der Beklagten zu der mit der Arbeitszeitreduzierung angeblich verbundenen Pausenproblematik liegen ersichtlich neben der Sache. Auch die im Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils genannte tägliche Arbeitszeitspanne "zwischen 09:00 Uhr und 14:00 Uhr" ließ bei verständiger Auslegung schon ohne weiteres einen täglichen Einsatz des Klägers von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu. Bei einer Schichtdauer von nur vier Stunden schreibt das Arbeitszeitgesetz bekanntlich keine zwingende Arbeitspause vor.

cc. Auf die Ausführungen der Beklagten dazu, dass es ihr nicht möglich sei, den Kläger in der sogenannten Tagesschicht im Lager einzusetzen, kommt es schon deshalb nicht mehr an, weil die Parteien mit Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 offenbar einen Weg gefunden haben, den Kläger auch teilzeitbeschäftigt als Maschinenführer zu beschäftigen.

dd. Ebenso erscheint es unerheblich, ob im Lager Mitarbeiter beschäftigt werden, die persönlich in der Lage wären, den Kläger im Schichtbetrieb der Maschinenführer zu ersetzen oder das dort durch den Kläger freigemachte Arbeitszeitkontingent im Umfang eines halben Arbeitsplatzes auszufüllen. Diese Frage braucht nicht weiter vertieft zu werden. Anzumerken bleibt aber, dass die Beklagte nicht erklärt, warum der ebenfalls nicht einschlägig ausgebildete Mitarbeiter, der den Kläger während seiner Elternzeit erfolgreich vertreten hat, dies nicht auch im Teilzeitumfang weiter verwirklichen könnte.

ee. Schließlich vermag das Berufungsgericht auch nicht nachzuvollziehen, warum die Urlaubs- und/oder Krankheitsvertretung des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit ohne weiteres bewältigt werden konnte, dies aber bei einer Teilzeittätigkeit nicht mehr der Fall sein soll.

c. Bei alledem verkennt das Berufungsgericht wie schon das Arbeitsgericht keineswegs, dass die vom Kläger gewünschte Arbeitszeitänderung auf Seiten der Beklagten gewisse organisatorische Anstrengungen erfordert und dass dabei auch die unmittelbar mit dem Kläger zusammen arbeitenden Kollegen gehalten sind, sich an die dadurch für sie ergebenden Neuerungen zu gewöhnen. Auch wenn im Ausgangspunkt außer Frage steht, dass der Beklagten grundsätzlich die Organisationshoheit für ihren Betrieb zukommt, ist bei dessen Ausübung die gesetzgeberische Intention des § 8 TzBfG zu beachten. Aus objektiver Sicht ist nicht erkennbar, dass die von der Beklagten vorzunehmenden Umstellungen für diese selbst und die mit betroffenen Kollegen des Klägers ein unzumutbares Maß annehmen.

d. Aus der Sicht des Berufungsgerichts bleibt abschließend noch Folgendes hinzuzufügen:

aa. Das Arbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung angeführt, dass es für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 8 TzBfG nicht auf die Gründe ankommt, die den Mitarbeiter dazu veranlassen, seinen Wunsch nach Arbeitszeitverringerung vorzubringen.

bb. Das Berufungsgericht ist demgegenüber der Auffassung, dass bei der Bestimmung des Maßes der Anstrengungen, die einem Arbeitgeber noch zumutbar sind, um einen Arbeitszeitverringerungswunsch realisieren zu können, die Gründe, die den Arbeitnehmer zu seinem Wunsch veranlasst haben, nicht völlig außer Betracht bleiben können.

cc. Im vorliegenden Fall geht es bei dem Wunsch des Klägers nach Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit ersichtlich um die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit. Diese Vereinbarkeit zu fördern, entspricht einer dringenden gesamtgesellschaftlichen Zielsetzung, der auch § 8 TzBfG Rechnung tragen will. Das individuelle Anliegen des Klägers ist somit als Ausfluss einer aktuell drängenden Problematik in der Arbeitswelt insgesamt anzusehen. Diese Problematik zu bewältigen liegt nicht nur in einem subjektiv-individuellen Interesse eines Einzelnen, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit. Vor diesem Hintergrund vorgebrachte Wünsche nach Anpassung der Arbeitszeit rechtfertigen zur Überzeugung des Berufungsgerichts deshalb auch erhöhte Anforderungen an den Maßstab der Unzumutbarkeit.

4. Demnach konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben. Es war vielmehr festzustellen, dass der Rechtsstreit auf Grund des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 erledigt ist.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 91, 97 ZPO.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist bei der Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht gegeben.



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