Bundesarbeitsgericht

Urteil vom - Az: 9 AZR 347/15

Kein Rauch am Arbeitsplatz - außer das Publikum darf rauchen

1. Nach § 5 Abs. 2 ArbStättV hat der Arbeitgeber nicht rauchende Beschäftigte in Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr nur insoweit vor den Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen zu schützen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen. Dies kann dazu führen, dass er nur verpflichtet ist, die Belastung durch Passivrauchen zu minimieren, nicht aber sie gänzlich auszuschließen.
(Leitsatz des Gerichts)

(2.) Ein nicht rauchender Beschäftigter muss nicht darlegen, dass ein Raucherarbeitsplatz seine Gesundheit durch Passivrauchen gefährdet.

(3.) Der Arbeitgeber ist nach § 5 Abs. 1 ArbStättV verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, dass keine Tabakrauchemissionen im Aufenthaltsbereich des nicht rauchenden Beschäftigten nachweisbar oder wahrnehmbar sind. Eine Verringerung des Tabakrauchs auf ein Minimum genügt nicht.

(4.) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 ArbStättV nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen (§ 5 Abs. 2 ArbStättV).
Bei der Prüfung, welche Schutzmaßnahmen erforderlich und dem Arbeitgeber zumutbar sind, ist eine Abwägung zwischen der unternehmerischen Betätigungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Lange SAE 2010, 152, 156) vorzunehmen.

(5.) Von einem Arbeitgeber (hier: Spielbank) kann nicht verlangt werden im gesamten Betrieb ein Rauchverbot zu erlassen, wenn ihm nach dem (hier: hessischen) Landesrecht erlaubt ist, rauchendes Publikum einzulassen. Dies würde den unternehmerischen Tätigkeitsbereich verändern. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Gestaltungsspielraum bei der Wahl der zur Minimierung oder Vermeidung von Gesundheitsgefahren zu treffenden Maßnahmen. Neben technischen und organisatorischen Maßnahmen kann der Arbeitgeber unter Umständen auch verpflichtet sein, sein Direktions- und Weisungsrecht gemäß § 106 GewO, § 315 BGB auszuüben.

(6.) § 5 ArbStättV schützt alle nicht rauchenden Beschäftigten vor den objektiven Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen. Dieser Schutz gilt unabhängig vom Willen der Beschäftigten. Geschützt werden nicht nur Nichtraucher, sondern auch rauchende Beschäftigte, die nicht an ihrem Arbeitsplatz rauchen. Nur Beschäftigte, die bei der Arbeit rauchen, sind nicht schutzbedürftig.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. März 2015 - 3 Sa 1792/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger ist seit 1993 für die beklagte Spielbank und deren Rechtsvorgängerin mit Sitz in B als Croupier tätig. Er ist Nichtraucher.

Bis zum Jahr 2008 galten in der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten betriebenen Spielbank keine Einschränkungen für Raucher. Es durfte überall geraucht werden. Seit 2008 sind in der Spielbank drei getrennte Räume mit Spieltischen vorhanden. In einem kleineren Raum ist das Rauchen gestattet (Raucherraum). In einem größeren Raum ist das Rauchen nicht gestattet (Nichtraucherraum). In dem frei zugänglichen Nebenraum ohne Tür stehen zwei Pokertische. Im Raucherraum beträgt der Personalbedarf sonntags bis donnerstags ca. 11 bis 12 Croupiers, im Nichtraucherraum ca. 13 Croupiers. Freitags und samstags werden im Raucherraum etwa 16 und im Nichtraucherraum etwa 20 Croupiers benötigt. Besucher der Spielbank gelangen über den Haupteingang in den Nichtraucherraum. Von dort erreicht man über einen Durchgang ohne Tür den Barbereich, in dem das Rauchen erlaubt ist. Vom Barbereich ist der Raucherraum über einen offenen Durchgang ohne Tür zu erreichen. Über eine weitere automatische Tür gibt es einen unmittelbaren Übergang vom Raucher- in den Nichtraucherraum. Der Raucherraum und der Barbereich sind mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet. Es herrscht dort Unterdruck. Damit soll erreicht werden, dass der Rauch in diesen Räumlichkeiten verbleibt und nicht in die Nichtraucherbereiche zieht. Über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage sowie der Be- und Entlüftungsanlage liegt ein DEKRA-Gutachten von November 2011 vor.

Bei der Beklagten sind insgesamt ca. 120 Croupiers beschäftigt. Ihre Arbeitszeit wird unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach einem Dienstplan verteilt. Dieser wird jeweils für eine Periode von sechs Wochen erstellt. Die Verteilung führt dazu, dass innerhalb eines Dienstplanblocks, dh. innerhalb von sechs Tagen, ein Croupier im Durchschnitt ein bis zwei Dienste und damit sechs bis zehn Stunden im Raucherraum zu arbeiten hat. Durch kurzfristig erforderlich werdende Vertretungen kann es ausnahmsweise zu einem erhöhten Einsatz im Raucherraum innerhalb eines Dienstplanblocks kommen. Bis einschließlich Dezember 2013 wurde der Kläger zwischen sechs und zehn Stunden pro Dienstplanblock im Raucherraum eingesetzt. Es werden grundsätzlich alle Croupiers im Raucherraum beschäftigt. Ausgenommen werden Croupiers, die ein ärztliches Gutachten vorlegen, aus dem sich ihre gesundheitliche Beeinträchtigung durch das Arbeiten im Raucherbereich ergibt. Ein solches Gutachten hat der Kläger nicht vorgelegt. Zudem ist für einen Croupier aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts die Beschäftigung im Raucherraum untersagt. Es besteht eine Betriebsvereinbarung, wonach Mitarbeiter nach Vollendung des 55. Lebensjahres nicht am „Black-Jack-Tisch“ eingeteilt werden dürfen und weitere fünf Croupiers, darunter auch der Kläger, an maximal 21 Tagen im Kalenderjahr am „Black-Jack-Tisch“ tätig sein dürfen.

Mit Schreiben vom 5. März 2012 bat der Kläger die Rechtsvorgängerin der Beklagten, ihn ausschließlich im Nichtraucherraum der Spielbank einzusetzen. Dies lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 22. März 2012 ab.

Der Kläger verlangt, ihm einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Er leide, wenn er im Raucherraum eingesetzt werde. Tabakrauch sei gesundheitsschädlich. Sein Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz ergebe sich aus § 618 BGB iVm. § 5 ArbStättV und der GewO. Die Entscheidung, ihn dennoch im Raucherraum einzusetzen, sei unsachlich und willkürlich. Es seien genügend Mitarbeiter der Beklagten vorhanden, die gegen ihren Einsatz im Raucherraum nichts einzuwenden hätten. Es obliege der Beklagten darzulegen, wie viele ihrer Mitarbeiter rauchen und nichts gegen einen Einsatz im Raucherbereich hätten. Der Prüfbericht von November 2011 habe Mängel der Klimaanlage und der Be- und Entlüftungsanlage ergeben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm während seiner Dienstzeit in den Räumen der Beklagten einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und es der Beklagten zu untersagen, ihn in der in den Räumen der Beklagten eingerichteten Raucherzone zur Erbringung seiner Arbeitsleistung einzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Gesundheitsschädlichkeit passiven Rauchens sei nicht unumstritten. Ein Großteil der „vom TÜV“ festgestellten kleineren Mängel sei bereits behoben und der Rest sei in „Abarbeitung“. Es gebe auch nicht genügend Mitarbeiter, die gegen einen Einsatz im Raucherraum nichts einzuwenden hätten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dieser verfolgt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuweisung eines ausschließlich tabakrauchfreien Arbeitsplatzes.

I. Die Klage ist zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt (zur Bestimmtheit eines solchen Klageantrags vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 241/08 - Rn. 17 bis 21, BAGE 131, 18).

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gemäß § 618 Abs. 1 BGB iVm. § 5 ArbStättV keinen Anspruch auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes.

1. § 618 Abs. 1 BGB wird durch § 5 ArbStättV konkretisiert. Gemäß § 5 Abs. 1 ArbStättV hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Anspruch nicht isoliert aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet werden. § 618 BGB konkretisiert iVm. den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen. Den Vorschriften des technischen Arbeitsschutzes kommt eine Doppelwirkung zu, wenn ihre Schutzpflichten über § 618 Abs. 1 BGB in das Arbeitsvertragsrecht transformiert werden (BAG 12. August 2008 - 9 AZR 1117/06 - Rn. 13, BAGE 127, 205).

2. Der Kläger ist ein nicht rauchender Beschäftigter iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV und unterliegt somit dem persönlichen Schutzbereich des § 5 ArbStättV.

3. Der Kläger hat grundsätzlich Anspruch darauf, vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt zu werden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger habe weder Tatsachen vorgetragen, die auf die Intensität der Belastung durch Tabakrauch schließen lassen, noch habe er dargetan, von welchen allgemeinen oder konkreten Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen er ausgeht. Ein nicht rauchender Beschäftigter muss nicht darlegen, dass ein Raucherarbeitsplatz seine Gesundheit durch Passivrauchen gefährdet. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe insoweit seinen schriftsätzlichen Vortrag übergangen und unter Verletzung von § 139 ZPO keine Hinweise erteilt, ist daher nicht entscheidungserheblich.

a) Bereits nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbStättV müssen die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Der Gesetzgeber ist damit davon ausgegangen, dass Tabakrauch zwangsläufig die Gesundheit gefährdet.

b) Dies wird durch das Gesetzgebungsverfahren bestätigt. Es war Ziel des Gesetzgebers, die bestehenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Diese könnten sich vor allem daraus ergeben, dass in jedem Einzelfall festgestellt werden müsste, ob das Passivrauchen nach Konzentration und zeitlicher Belastung zu einer Gesundheitsgefährdung führt. Nach dem Inhalt der Debatte im Bundestag wurde es als untragbar angesehen, dass der Einzelne nachweisen müsse, inwieweit er durch die Einflüsse des Rauchens gesundheitlich geschädigt werde. Gerade diese Situation sei Grund für die Gesetzesinitiative gewesen (vgl. Plenarprotokoll 14/111 vom 29. Juni 2000 S. 10530 f.). Zudem sollte die Präzisierung der ArbStättV den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen, die grundsätzlich von einer krebserzeugenden Wirkung des Passivrauchens ausgingen (BT-Drs. 14/3231 S. 4). Der Gesetzgeber wollte deshalb das Passivrauchen generell als gesundheitsgefährdend ansehen. Hierfür spricht auch, dass er unter Hinweis auf eine Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. November 1994 (- 5 Sa 732/94 -) die bisherige Rechtsprechung fortschreiben wollte (BT-Drs. aaO). Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte in dieser Entscheidung angenommen, bereits eine subjektiv wahrgenommene Tabakrauchkonzentration löse die Schutzpflicht des Arbeitgebers aus.

c) Diese Auslegung wird durch den mittlerweile aufgehobenen § 32 ArbStättV idF vom 20. März 1975 bestätigt. Dieser verlangte für Erholungsräume geeignete Maßnahmen zum Schutz der Nichtraucher vor Belästigungen durch Tabakrauch. Die Aufhebung dieser Vorschrift wurde damit begründet, die bisherige Nichtraucherschutzregelung sei inhaltlich in § 3a ArbStättV idF vom 27. September 2002 (nunmehr § 5 ArbStättV) enthalten. Damit schützt § 5 ArbStättV vor jeder Form des Passivrauchens. Im Übrigen wurde § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbStättV zur Umsetzung der Tabakrahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO)eingefügt (BT-Drs. 16/5049 S. 7). Nach Art. 8 Abs. 1 der Tabakrahmenkonvention erkennen die Vertragsparteien an, dass wissenschaftliche Untersuchungen eindeutig bewiesen haben, dass Passivrauchen Tod, Krankheit und Invalidität verursache. Deshalb folgt auch aus Art. 2 Abs. 2 GG eine staatliche Schutzpflicht vor dem Passivrauchen (BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08 - Rn. 119, BVerfGE 121, 317).

d) Diese Auslegung führt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts dazu, dass der Arbeitgeber nach § 5 Abs. 1 ArbStättV verpflichtet ist, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, dass keine Tabakrauchemissionen im Aufenthaltsbereich des nicht rauchenden Beschäftigten nachweisbar oder wahrnehmbar sind (vgl. Schmieding ZTR 2004, 12, 13). Die Beklagte hat nicht behauptet, dass dieser Effekt durch die Klimatisierung sowie Be- und Entlüftung der Raucherzone erreicht wird. Sie hat lediglich gemeint, durch die installierte Anlage werde die Luftverunreinigung durch Tabakrauch auf ein Minimum verringert. Dies reicht nicht. Objektiv erforderlich iSv. § 5 Abs. 1 ArbStättV wären Maßnahmen, die eine tabakrauchfreie Atemluft in der Arbeitsstätte gewährleisten. Dazu dürfte keinerlei Tabakrauch wahrnehmbar sein (BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 241/08 - Rn. 20, BAGE 131, 18).

4. Der Anspruch des Klägers wird jedoch gemäß § 5 Abs. 2 ArbStättV eingeschränkt. Danach hat der Arbeitgeber in Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr Schutzmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 ArbStättV nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, § 5 Abs. 2 ArbStättV sei nicht anwendbar. Denn die Beklagte habe sich nicht darauf berufen, dass mit dem Spiel in Spielbanken untrennbar die Gefahr durch tabakrauchende Gäste verbunden sei.

aa) Die Anwendung von § 5 Abs. 2 ArbStättV folgt bereits aus den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Danach arbeitet der Kläger in einer Arbeitsstätte mit Publikumsverkehr. Die Art der Beschäftigung schränkt die Schutzpflicht des Arbeitgebers gemäß § 5 Abs. 2 ArbStättV ein, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Einzelfall zwingend mit dem Kontakt zu rauchendem Publikum verbunden ist. Das sind Arbeitsstätten, zu denen Außenstehende - wie zB Kunden und Gäste - Zugang haben und in denen diese Personengruppen üblicherweise aufgrund der Verkehrsanschauung auch rauchen (vgl. Kollmer ArbStättV 3. Aufl. § 5 Rn. 32).

bb) Diese Voraussetzungen sind zumindest für den Raucherbereich der Spielbank der Beklagten erfüllt. Dort haben die Besucher Zugang und dürfen rauchen. Die Beklagte macht in ihrer Spielbank von der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) Gebrauch, die das Rauchen in Spielbanken ermöglicht. Damit haben die dort arbeitenden Beschäftigten zwangsläufig Kontakt zu rauchenden Gästen.

b) Die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 ArbStättV sind erfüllt.

aa) Wegen des Schutzes der Natur des Betriebs kann der Arbeitnehmer keine nichtraucherschützenden Maßnahmen verlangen, die zu einer Veränderung oder einem faktischen Verbot der rechtmäßigen unternehmerischen Betätigung führen würden (BAG 8. Mai 1996 - 5 AZR 971/94 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 83, 95). Die Natur des Betriebs lässt Schutzmaßnahmen für die nicht rauchenden Beschäftigten in Raucherräumen von Einrichtungen mit Publikumsverkehr nur eingeschränkt zu (zu Gaststätten vgl. BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08 - Rn. 99, BVerfGE 121, 317). Bei der Prüfung, welche Schutzmaßnahmen erforderlich und dem Arbeitgeber zumutbar sind, ist eine Abwägung zwischen der unternehmerischen Betätigungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Lange SAE 2010, 152, 156) vorzunehmen. Das kann zur Folge haben, dass unter Umständen die unternehmerische Betätigung zu beschränken ist, wenn dem Recht des Arbeitnehmers auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG der Vorrang einzuräumen ist. Deshalb ist die gerichtliche Überprüfung nicht darauf beschränkt, ob die unternehmerische Entscheidung zur Ausübung seiner erlaubten Tätigkeit offenbar unsachlich oder willkürlich ist (so noch BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 241/08 - Rn. 29, BAGE 131, 18).

bb) Von der Beklagten kann nicht verlangt werden, für die gesamte Spielbank ein Rauchverbot auszusprechen. Ein Rauchverbot würde den unternehmerischen Tätigkeitsbereich verändern, da die Beklagte von der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 5 HessNRSG in zulässiger Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. hierzu Ahrens AR-Blattei SD 1310 Rn. 96). Im Rahmen der Abwägung zwischen körperlicher Unversehrtheit des Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und der unternehmerischen Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ist der Arbeitgeber gehalten, Maßnahmen zu ergreifen, die die gesundheitlichen Belastungen des Arbeitnehmers möglichst weitgehend minimieren. § 5 Abs. 2 ArbStättV enthält unter Abwägung der widerstreitenden Grundrechte ein Minimierungsgebot. Der Arbeitgeber ist gehalten, an die besondere Situation angepasste und unter Umständen weniger aufwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen (vgl. BT-Drs. 14/3231 S. 4 f.).

c) Grundsätzlich hat der Arbeitgeber einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Gestaltungsspielraum bei der Wahl der zur Minimierung oder Vermeidung von Gesundheitsgefahren zu treffenden Maßnahmen. Neben technischen und organisatorischen Maßnahmen kann der Arbeitgeber unter Umständen auch verpflichtet sein, sein Direktions- und Weisungsrecht gemäß § 106 GewO, § 315 BGB auszuüben (vgl. Kollmer ArbStättV 3. Aufl. § 5 Rn. 20).

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ausreichende Maßnahmen getroffen. Sie habe getrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche eingerichtet. Deshalb würden die Croupiers nunmehr zeitlich deutlich überwiegend im Nichtraucherraum eingesetzt. Weniger als ein Drittel ihrer Arbeitszeit müssten sie, von Krankheitsvertretungen abgesehen, im Raucherraum arbeiten. Zudem sei die Beklagte bemüht, die Belastung durch Tabakrauch durch das Betreiben einer Be- und Entlüftungsanlage und einer Klimaanlage im Raucherbereich gering zu halten. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass mangels Vortrags des Klägers davon auszugehen sei, die von ihm behaupteten Mängel der Be- und Entlüftungsanlage und der Klimaanlage entsprechend einem DEKRA-Gutachten von November 2011 lägen nicht mehr vor, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass danach noch Mängel festgestellt worden seien, hat der Kläger in der Revision nicht angegriffen.

bb) Die Beklagte ist mit diesen Maßnahmen ihrer Pflicht zur Minimierung der Gesundheitsbelastung durch Passivrauchen gemäß § 5 Abs. 2 ArbStättV nachgekommen. Sie hat einen größeren Nichtraucherbereich geschaffen und die Belastung durch die Tätigkeit im Raucherbereich zeitlich verringert. Darüber hinaus hat sie im kleineren Raucherraum technische Maßnahmen zur Luftverbesserung umgesetzt. Weiter gehende Maßnahmen hat auch der Kläger nicht aufgezeigt. Der Verhängung eines absoluten Rauchverbots im gesamten Betrieb stehen die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung entgegen.

Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, die Beklagte könne seinen Anspruch erfüllen, indem sie ausschließlich Beschäftigte im Raucherraum einsetze, die sich hierzu freiwillig bereit erklären würden. Dem steht schon entgegen, dass § 5 ArbStättV alle nicht rauchenden Beschäftigten vor den objektiven Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen schützt. Dieser Schutz gilt unabhängig vom Willen der Beschäftigten. Dass das Dienstleistungsangebot der Beklagten auch aufrechtzuerhalten wäre, wenn ausschließlich bei der Arbeit rauchende Beschäftigte, die dem Schutzbereich des § 5 ArbStättV nicht unterfallen, im Raucherraum eingesetzt würden, hat der Kläger nicht behauptet. Dazu genügt es auch nicht vorzutragen, es gebe rauchende Beschäftigte. § 5 ArbStättV schützt nicht nur Nichtraucher, sondern auch rauchende Beschäftigte, die nicht an ihrem Arbeitsplatz rauchen. Nur Beschäftigte, die bei der Arbeit rauchen, sind nicht schutzbedürftig (vgl. Kollmer ArbStättV 3. Aufl. § 5 Rn. 29).

B. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.



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