Arbeitsgericht Berlin

Urteil vom - Az: 28 Ca 18485/14

Wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau trotz Kündigungsverbot

1. Kündigt der Arbeitgeber (hier: Rechtsanwalt) das Arbeitsverhältnis einer schwangeren Frau zum wiederholten Male ohne Beteiligung der Schutzbehörde (§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG), so kann die darin liegende Missachtung der besonderen Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes zugunsten der werdenden Mutter deren Benachteiligung wegen Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AGG i.V.m. § 1 AGG) indizieren (wie BAG 12.12.2013 - 8 AZR 838/12 - NZA 2014, 722 - Rn. 31).

2. Diese indizielle Wirkung seines Handelns kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres mit dem Einwand ausräumen, er habe nach Ablauf eines individuellen Beschäftigungsverbots (§ 3 Abs. 1 MuSchG) für den anschließenden Lauf der Mutterschutzfrist (§ 3 Abs. 1 MuSchG) in Ermangelung irgendwelcher Nachrichten der Frau irrtümlich angenommen, die Schwangerschaft (und damit der Sonderkündigungsschutz) sei unterdessen "anders schon beendet" gewesen.

3. Hier: Verurteilung zur Geldentschädigung (§ 15 Abs. 2 AGG) von 1.500,-- Euro.
(Leitsätze des Gerichts)

(4.) Verstößt der Arbeitgeber zum wiederholten Male gegen das Allgemein Gleichbehandlungsgesetz hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Geldentschädigung aus § 611 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 2 AGG.

(5.) Die Geldentschädigung soll nicht nur als Ausgleich für die Kränkung des Arbeitnehmers dienen, sondern auch künftig Hemmungen gegen das Diskriminierungsverhalten erzeugen.

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten im Schreiben vom 18. Dezember 2014 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat. 

II. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.500,-- Euro (eintausendfünfhundert 00/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2015 zu zahlen. 

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 

IV. Der Wert der Streitgegenstände wird auf 5.025,-- Euro festgesetzt.

Tatbestand

Es geht um (wiederholte) Kündigung während Schwangerschaft trotz Kündigungsverbots (§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) und um Geldentschädigung wegen Geschlechtsbenachteiligung (§ 15 Abs. 2 AGG). - Vorgefallen ist dies:

I. Die (heute) 31-jährige Klägerin trat im April 2014 unter Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit als „Rechtsanwaltsfachangestellte“(Kopie Arbeitsvertrag: Urteilsanlage I.) in die Dienste des Beklagten, der eine Anwaltskanzlei betreibt. Hier bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei wöchentlich regelmäßig 30 Arbeitsstunden ein Monatsgehalt von 1.175,-- Euro (brutto).

II. Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:

1. Nachdem der Beklagte unter dem Datum des 11. Juni 2014 das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zu kündigen versucht, die Klägerin ihm jedoch rechtzeitig ihre seinerzeit bestehende Schwangerschaft angezeigt hatte, stellte die (zufällig) auch diesmal wieder befasste Kammer des Arbeitsgerichts Berlin im Vorprozess gleichen Rubrums (28 Ca 9310/14) durch Urteil vom 8. August 2014 (Kopie: Urteilsanlage II.) antragsgemäß fest, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien in Ermangelung vorheriger Konsultation der zuständigen Schutzbehörde nicht aufgelöst habe. In den Gründen verwies das Gericht auf das in § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG kodifizierte Kündigungsverbot, dessen Text es im dortigen Urteil zugleich wörtlich zitierte.

2. Unterdessen hatte die behandelnde Ärztin der Klägerin (wohl) per 1. Juli 2014 zum Schutz des Schwangerschaftsverlaufs für die Zeit bis 13. Dezember 2014 – sechs Wochen vor der zum 25. Januar 2015 prognostizierten Entbindung - sogenanntes individuelles Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 1 MuSchG) verfügt, von dem der Beklagte Kenntnis erhielt .

3. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 (Kopie: Urteilsanlage III.), das seine Adressatin tags darauf (19. Dezember 2014) erreichte, ließ er die Klägerin wiederum ohne Konsultation der vorerwähnten Schutzbehörde folgendes wissen:

„Kündigung des Arbeitsverhältnisses

… hiermit

 k ü n d i g e

ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund. 

Das Beschäftigungsverbot Ihrer Frauenärztin vom 01.07.2014 ist am 13.12.2014 ausgelaufen – wenn es nicht ohnehin schon vorher geendet hat, was sich meiner Kenntnis entzieht. 

Ich hatte Sie schon im Schreiben vom 14.07.2014 darauf hingewiesen, dass ich mir für den Fall des unentschuldigten Fehlens von der Arbeit die fristlose Kündigung vorbehalte. 

Bitte melden Sie sich umgehend beim Arbeitsamt. 

Für die bevorstehenden Feiertage wünsche ich Ihnen alles Gute“.

III. Damit will es die Klägerin nicht bewenden lassen. Sie hat den Beklagten mit ihrer am 23. Dezember 2014 bei Gericht eingereichten und 13 Tage später (5. Januar 2015) zugestellten Klage zunächst auf Feststellung in Anspruch genommen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe. Sie bezieht sich auf ihren dem Beklagten schon aus dem Vorprozess bekannten „Mutterpass“(Kopie: Urteilsanlage IV.), dem zu entnehmen ist, dass voraussichtlicher Geburtstermin der 25. Januar 2015 sei. Hiernach falle die Kündigungserklärung seit 14. Dezember 2014 in das – diesmal gesetzliche - Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 2 MuSchG ). Außerdem sei die Kündigung mit Rücksicht auf § 9 Abs. 1 MuSchG unwirksam. - Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 (Zustellung: 30. Januar 2015) hat die Klägerin ihre Rechtsschutzbegehren unter Hinweis auf jüngere Judikatur des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und § 15 Abs. 2 AGG um den Antrag auf Geldentschädigung erweitern lassen, die sie mit 1.500,-- Euro beziffert sehen will. Sie hält es wegen der „Umstände der streitgegenständlichen Kündigung“ und wegen seines Kenntnisstandes aus dem Vorprozess für nahe gelegt, dass der Beklagte sie wegen ihrer Schwangerschaft und somit unmittelbar wegen ihres Geschlechts gekündigt habe.

IV. Die Klägerin beantragt zuletzt sinngemäß,

1. festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten im Schreiben vom 18. Dezember 2014 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat;

2. den Beklagten zu verurteilen, ihr eine der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung, die 1.500,-- Euro nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageerweiterungsschrift zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

V. Er hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos. Hierzu legt er zunächst Wert auf die Feststellung, die Klägerin habe „schon bei der Einstellung“ gewusst, dass sie schwanger gewesen sei. Gleichwohl habe sie der Kanzlei im Mai 2014 mitgeteilt, einen „Magen-Darm-Infekt“ zu haben, und dies in mehreren E-Mails wiederholt bestätigt. Nachdem sie am 3. Juni 2014 erneut mitgeteilt habe, weiterhin krank zu sein, habe er sie in der Probezeit gekündigt. Acht Tage nach Empfang der Kündigung habe sie ihm dann ihre Schwangerschaft mitgeteilt. - Im Übrigen habe die Klägerin, wie er meint, spätestens nach Ablauf des (individuellen) Beschäftigungsverbots mit dem 13. Dezember 2014 „mitteilen müssen, dass sie im Mutterschutz sei“. Da eine solche Mitteilung jedoch nicht erfolgt sei, habe er die hiesige Kündigung ausgesprochen. Zu dieser Zeit habe er „davon ausgehen“ müssen, „dass die Mitteilung des Mutterschutzes deswegen nicht erfolgt“, „weil die Schwangerschaft anders schon beendet“ sei. Demgegenüber habe er „erst aus der Klage“ erfahren, „dass die Klägerin noch schwanger“ sei. Erstmals unter dem 9. Januar 2015 habe sie auch „ihren Mutterschutz“ mitgeteilt, „der seit dem 14.12.2014 laufe“. Schließlich habe sie auch ihren Antrag auf Elternzeit erst mit der Geburt des Kindes am 13. Januar 2015 gestellt . „Trotz später Mitteilung“ sei Elternzeit „gewährt“ worden . Auf diesem Hintergrund sei auch die hiesige Klage „jedenfalls erledigt im Punkte der Frage des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses“. Man könne, wie er meint, „nicht vorbehaltlos zahlen und Elternzeit gewähren und gleichzeitig an einer vorher ausgesprochenen Kündigung festhalten“. - Es gebe aber auch keinen „Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz“. Er hätte die Klägerin gerne weiterbeschäftigt, „wenn sie nicht wiederholt nach Einstellung (!) wissentlich die Unwahrheit gesagt hätte, wenn sie nicht ersichtlich in Abstimmung mit ihrem früheren (und mutmaßlich auch zukünftigen) Arbeitgeber, ihrem Prozessbevollmächtigten sich darauf versteift hätte, jede Kommunikation mit … [ihm; Beklagtem] so, wie es einem Arbeitsverhältnis entspricht, zu verweigern und statt irgendeiner sinnvollen außergerichtlichen Kommunikation nur die Konfrontation über Rechtsstreit zu suchen“. Für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gebe es „schlicht keine Grundlage aufgrund des Verhaltens der Klägerin“. - Schließlich legt der Beklagte Wert auf die Feststellung, es könnten „diverse gegenwärtige und frühere Mitarbeiterinnen als Zeugen dafür benannt werden dafür, dass Mitarbeiterinnen mit kleinen Kindern, auch Alleinerziehende“ in seiner Kanzlei „stets bevorzugt“ worden seien und würden, und dies aufgrund seiner persönlichen Einstellung mit selber drei Kindern. Auch gegenwärtig werde „eine Schwangere beschäftigt – die Nachfolgerin der Klägerin“, die voraussichtlich am 4. Juni 2015 entbinden werde.

VI. Hierzu erwidert die Klägerin unter anderem, sie habe erst durch entsprechende Feststellung ihrer Ärztin am 28. Mai 2014 von ihrer Schwangerschaft erfahren. Im Übrigen versuche der Beklagte „offensichtlich, sein streitgegenständliches Verhalten – die erneute Kündigung“ ihres Arbeitsverhältnisses „trotz Vorliegen des Schwangerschaftsnachweises (Anlage K 3 [Urteilsanlage IV.; d.U.]) - mit der verleumderischen Behauptung zu relativieren“, sie habe „wiederholt nach Einstellung (!) wissentlich die Unwahrheit gesagt“. Insofern werde Beweis durch Zeugnis der damals behandelnden Ärztin dafür angeboten, dass die damaligen Krankschreibungen seit 14. und 21. Mai 2014 von der Ärztin in der Tat mit einem Magen-Darm-Infekt begründet worden seien . - Im Übrigen sei eine schwangere Arbeitnehmerin natürlich „in der Pflicht, den Arbeitgeber über eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft zu informieren“. Sie sei aber, wie § 5 MuSchG belege, nicht in der Pflicht, den Arbeitgeber über die Fortdauer der Schwangerschaft zu informieren. - Unabhängig davon habe sie dem Beklagten am 16. Dezember 2014 – dem Tag, an dem das gesetzliche Beschäftigungsverbot begonnen habe – eine Bescheinigung ihrer Frauenärztin über den Eintritt des gesetzlichen Beschäftigungsverbots per Einwurfeinschreiben übersandt. Diese Sendung sei dem Beklagten am 19. Dezember 2014 zugestellt worden.

VII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Klage konnte der Erfolg nicht versagt bleiben. Das gilt für beide Antragsbegehren der Klägerin. - Im Einzelnen:

I. Die Kündigung (Antrag zu 1.)

Die beantragte Feststellung war zu treffen. Die Kündigung im Schreiben vom 18. Dezember 2014 (Urteilsanlage III.) hat das Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung bei Zugang aufgelöst und sie wird diesen Effekt mangels Wirksamkeit auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt erzielen. - Der Reihe nach:

1. Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (19. Dezember 2014) bei Gericht einreichen lassen (23. Dezember 2014). Die Zustellung ist am 5. Januar 2015 bewirkt worden. Damit hat die Klägerin selbst ohne die andernfalls rechtlich gebotene Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO die ihr durch § 4 Satz 1 KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigung „gilt“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz) als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedarf hier zwar zu ihrer Wirksamkeit keines besonderen Grundes, darf jedoch nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.

2. Letzterem (kein Gesetzesverstoß) entspricht die Kündigung indessen nicht und das bedarf nicht vieler Worte: Wie im Vorprozess bereits der damaligen Kündigung vom 11. Juni 2014 bescheinigt werden musste, verstößt auch die hiesige Kündigungserklärung in Ermangelung vorheriger Konsultation der zuständigen Schutzbehörde gegen § 9 MuSchG, sodass ihr rechtliches Schicksal nach § 134 BGB gleichfalls auf Anhieb besiegelt ist. Anders als im Vorprozess war das mutterschutzrechtliche Konsultationsgebot dem Beklagten diesmal allerdings sogar positiv bekannt. Dies hat ihn zur einschlägigen Verfahrensvorsorge jedoch ersichtlich nicht motivieren können.

3. Die Konsequenzen verdeutlicht der Tenor zu I. des Urteils.

II. Die Geldentschädigung (Antrag zu 2.)

Als berechtigt erweist sich nach den Verhältnissen des Streitfalls auch der Wunsch der Klägerin nach Geldentschädigung in der erbetenen Höhe. Der Anspruch auf die Hauptforderung ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 2 AGG, während Prozesszinsen aufgrund der §§  288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) wie beantragt geschuldet sind.

1. § 15 Abs. 2 AGG flankiert das Benachteiligungsverbot der §§ 7 Abs. 1, 1 AGG neben dem materiellen Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG mit der Zubilligung „angemessener Entschädigung in Geld“, die nicht nur der – gesetzlich unwiderlegbar unterstellten – Kränkung des Betroffenen einen materiellen Ausgleich verschaffen, sondern durch Verhängung und Bemessung auch möglichst künftige Hemmungen gegen das normativ verpönte Diskriminierungsverhalten erzeugen soll. Zur prozessualen Handhabung bestimmt § 22 AGG dabei, dass der Anspruchsgegner die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen trägt, wenn der Anspruchsteller zumindest „Indizien“ beweist, die eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG vermuten lassen.

2. Nach diesen Grundsätzen ist einer Haftung des hiesigen Beklagten auf Geldentschädigung in der Tat nicht auszuweichen. Daran können seine Einwände nichts ändern. - Insofern, letztmalig, der Reihe nach:

a. Der Achte Senat des BAG hat im von der Klägerin denn auch für sich aufgegriffenen Urteil das in der Tat äußerst rücksichtslose Gebaren eines Arbeitgebers zum Anlass genommen, den Rechtssatz aufzustellen, dass die Missachtung der besonderen Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes zu Gunsten der werdenden Mutter bei Erklärung (dort) der ersten Kündigung eine Benachteiligung der (dortigen) Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Satz 2, 1 AGG indiziere. Den Einwand des dortigen Arbeitgebers, er habe seinerzeit „nicht gewusst, ob 'bei der Klägerin die Schutzvorschriften zum Mutterschutz noch gelten oder nicht'“, beschied der Senat mit den Worten, dies wirke (sogar) „verstärkend“: Ein Arbeitgeber, der die Möglichkeit eines geschlechtsspezifischen Kündigungsverbotes erkennt und gleichwohl eine Kündigung ausspricht oder die Kündigung aus genau dieser Überlegung wiederholt, wolle „erst recht“ wegen des Geschlechts der Arbeitnehmerin benachteiligen.

b. Das muss auch der hiesige Beklagte gegen sich gelten lassen: Er nimmt zwar für sich in Anspruch (s. oben, S. 5 [oben]), nach Ablauf des (individuellen) Beschäftigungsverbots mit dem 13. Dezember 2014 „davon ausgegangen“ zu sein, dass die Schwangerschaft der Klägerin „anders schon beendet“ sei. Für die Plausibilität einer solchen Annahme liefert er allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Tatsächlich bedeutet seine Einlassung somit im Klartext nichts anderes, als dass er angesichts seiner Vorkenntnisse aus Vorprozess (s. oben, S. 2 [II.1.]) und „Mutterpass“ der Klägerin (s. oben, S. 3 [III.]; Urteilsanlage IV.) mit der Fortdauer der Schwangerschaft hat rechnen müssen, sich dieser Einsicht indessen rundheraus verschlossen hat. Statt die Klägerin in solcher Lage kurzerhand neuerlich ohne Wahrung des Konsultationsgebots des des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG im Alleingang den Belastungen einer Kündigungsprozedur auszusetzen, hätte es ihm zur Vermeidung besagter indizieller Wirkung oblegen, etwaige Zweifel an der Fortdauer ihrer Schwangerschaft notfalls über deren Bevollmächtigten durch einfache Rückfrage auszuräumen. Wie schon durch die erwähnte Judikatur des Achten Senats des BAG vorgezeichnet, bleibt der Hinweis auf vermeintliche „Gutgläubigkeit“ folglich auch hier untauglich, einer Haftung auf Geldentschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu entgehen. Dasselbe gilt für die übrige Rechtsverteidigung des Beklagten: Soweit er insofern im Blick auf andere Beschäftigte seiner Kanzlei der Sache nach für sich in Anspruch nimmt (s. oben, S. 5 [unten]), diesen mit Wohlwollen und Empathie zu begegnen, möge er darin aus vollem Herzen bestärkt sein. Das ändert allerdings nichts daran, dass davon im Falle der Klägerin nichts zu spüren ist: Insofern stimmte es, käme es darauf an noch, spätestens nachdenklich, dass er seine hiesige Kündigung noch mit den Worten hat ausklingen lassen: „Für die bevorstehenden Feiertage wünsche ich Ihnen alles Gute“. - Was schließlich den Betrag der nach allem verwirkten Entschädigung angelangt, so erscheint dieser mit 1.500,-- Euro in der Tat auch weder zu hoch, noch zu gering, sondern in jeder Hinsicht als angemessen beziffert.

3. Das Ergebnis dieser Befunde spiegelt der Tenor zu II.

III. Kosten und Streitwerte

Für Kosten und Streitwerte lässt es sich kurz machen:

1. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO). Diese Kosten hat das Gericht dem Beklagten als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; Tenor zu III.).

2. Den Wert der Streitgegenstände hat es aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG im Tenor festgesetzt und für die Kündigungsschutzklage nach Maßgabe des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG mit der dreifachen Monatsvergütung der Klägerin bemessen, also mit (3 x 1.175,-- Euro = ) 3.525,-- Euro. Der Wert des Entschädigungsantrags ist mit dem bezifferten Betrag der Forderung veranschlagt, also mit 1.500,-- Euro. Damit macht zusammen (3.525,-- Euro + 1.500,-- Euro = ) 5.025,-- Euro und erklärt den Tenor zu IV.

 

 

 

 

 



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